1 mythos

155
8/19/2019 1 mythos http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 1/155 Ulrich Enderwitz Reichtum und Religion Der Mythos vom Heros Ça ira

Upload: zelebrant

Post on 07-Aug-2018

213 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 1/155

Ulrich Enderwitz

Reichtum und Religion

Der Mythos vom Heros

Ça ira

Page 2: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 2/155

Werkverzeichnis

REICHTUM UND RELIGIONVier Bücher in sieben Bänden

Buch 1: Der Mythos vom Heros (1990)Buch 2: Der religiöse Kult (1991)Buch 3: Die Herrschaft des Wesens

Band 1: Das Heil im Nichts (1996)Band 2: Die Polis (1998)Band 3: Der Konkurs der alten Welt (2001)Band 4: Die Krise des Reichtums (2005)

KONSUM, TERROR UND GESELLSCHAFTSKRITIK (2004)Eine tour d’horizon

HERRSCHAFT, WERT, MARKT (2004)Zur Genese des kommerziellen Systems

DIE  SEXUALISIERUNG DER GESCHLECHTER (1999)Eine Übung in negativer Anthropologie

DER  KONSUMENT ALS IDEOLOGE (1994)200 Jahre deutsche Intelligenz

ANTISEMITISMUS UND VOLKSSTAAT (1998)Zur Pathologie kapitalistischer Krisenbewältigung

DIE  MEDIEN UND IHRE INFORMATION

Ein Traktat (1996)

TOTALE REKLAME (1986)Von der Marktgesellschaft zur Kommunikationsgemeinschaft

DIE  REPUBLIK FRISST IHRE KINDER (1986)Hochschulreform und Studetenbewegungin der Bundesrepublik Deutschland

Page 3: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 3/155

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Ulrich Enderwitz:Reichtum und Religion [vier Bücher in sieben Bänden] / UlrichEnderwitz. - Freiburg i. Breisgau: Ça iraDer Mythos vom HerosISBN: 3-924627-23-1

c Ça ira, Freiburg i. Breisgau, 1998Postfach 27379002 FreiburgSatz: MK Druck BerlinUmschlaggestaltung: HoyerdesignDruck: Schwarzdruck Berlin

Page 4: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 4/155

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Einleitung: Das andere Subjekt des Reichtums   . . . . . . . . . . . . . 8. Der Held der Arbeit   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

. Der Herr des Fests   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

. Das Geschöpf des Reichtums   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

. Der absolute Anfang   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Page 5: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 5/155

Vorwort

Zentraler Punkt der folgenden Überlegungen ist ein politisch-ökonomi-

sches Zwangsverhältnis, das die Geschichte der menschlichen Gesell-schaften seit je bestimmt und das im Kapitalismus der Moderne seinemöglicherweise unüberbietbare Krönung findet: der Zwang, gesellschaft-lichen Reichtum nicht unmittelbar seinen Schöpfern überlassen zu kön-nen, sondern partout anderen  als ihnen (Heroen, Göttern, menschlichenHerren) zur Verfügung stellen und schließlich die gesamte Reproduktionder Gesellschaft, die ganze gesellschaftliche Subsistenz an die Bedingun-gung dieser Arbeit für andere binden, zum Vehikel dieser entfremdetenReichtumproduktion machen zu müssen. Ist traditionell der produzierteReichtum noch als ein von den Subsistenzmitteln unterschiedenes Quan-tum, als ein von der Selbstversorgung der Produzenten abgezweigter

Überschuß bestimmt und zeichnen sich die anderen Subjekte, denen erzufällt, noch dadurch aus, daß sie ihn apart verwenden, ein von derSubsistenz der Produzenten unterschiedenes Leben im Überfluß mitihm führen oder große Dingen mit ihm verrichten, so ist im modernenKapitalismus der Reichtum in eine durchgängige Qualität oder innereFormbestimmung der Subsistenzmittel selbst verwandelt. Er ist auf einenin den letzteren steckenden Wert reduziert, den seine Aneigner tenden-ziell nur mehr als Kapital verwenden, das heißt in seiner Gestalt alsSubsistenzmittel den Produzenten zum Lohn dafür überlassen, daß diesefür sie, die Aneigner, neuen und vermehrten Reichtum, mehr Wert in

Gestalt von Subsistenzmitteln erzeugen. Indem so der konsumtiven Rollenach die Produzenten in die Position der früheren Aneigner einrücken,verwandeln sich die letzteren in Reichtumsagenten, die, während sie inihrer privaten Existenz sich zunehmend der neugewonnenen konsumti-ven Fasson der gewöhnlichen Produzenten angleichen, in ihrer sozialen

5

Page 6: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 6/155

Funktion zu quasi selbstlosen Maklern einer als Wertschöpfung bestimm-

ten Reichtumsbildung werden, bei der sie nicht der Reichtum als solcher,den sie in seiner Subsistenzmittelgestalt bereitwillig den Produzentenüberlassen, sondern einzig und allein seine als Kapitalakkumulationfortlaufende Vermehrung, seine kontinuierliche Anhäufung zum Zweckekontinuierlicher Anhäufung, interessiert. Dieser funktionalisiert abstrak-ten Haltung, die seine Aneigner gegenüber dem zur Wertbestimmung,zum Wesen aller Subsistenz aufgehobenen gesellschaftlichen Reichtuman den Tag legen, entspricht ihre eigene Zurücknahme als Subjekte, ihreVerflüchtigung zu Funktionären von mit der Reichtumsverwaltung be-faßten Institutionen, Managements, die nach Maßgabe ihres die ganzeSubsistenz durchdringenden universalisierten Wertschöpfungsinteressesmehr und mehr mit dem traditionellen Sachwalter des gemeinen Wesens,dem Staat, verschmelzen.

Eben diese Zurücknahme der entfremdeten Reichtumproduktion ineine qua Wertschöpfung interne Bestimmung der gesellschaftlichen Re-produktion und Verflüchtigung ihrer Nutznießer zu Funktionären solcherWertschöpfung, Kapitalagenten, läßt nun aber das Zwanghafte des Ver-hältnisses in aller Schärfe hervortreten. Wenn unter dem im modernenKapitalismus mittlerweile fast perfekten Anschein einer ausschließlichzum Nutzen der gesamtgesellschaftlichen Reproduktion, das heißt einervon den Produzenten für die Produzenten veranstalteten Subsistenzmit-

telerzeugung, jene entfremdete Reichtumsbildungsrücksicht sich nichtnur beibehalten, sondern mehr noch zu einer die gesamte ökonomischeTätigkeit durchdringenden transzendentalen Bedingung totalisiert zeigt,dann muß es sich bei ihr um eine Obsession handeln, zu deren Erklärungmehr erfordert ist als die landläufigen historischen oder systematischenGründe oder Rationalisierungen, die für sie bemüht werden: daß sieProdukt einer in kriegerischer Macht gründenden gewaltsamen Enteig-nungspraxis, Ergebnis einer als List der Vernunft wirksamen Strategieder zukunftssichernden Mehrarbeit, der ökonomische Preis für politischeOrganisation, für Vergesellschaftung, Ausdruck menschlichen Autoritäts-

oder Transzendenzbedürfnisses, Nachwirkung einer unbewältigten vor-kapitalistischen Klassenstruktur sei.Dieses Mehr an Erklärung für die obsessive Reichtumsbildungsrück-

sicht suchen unsere Überlegungen durch den Rekurs auf die archaischenAnfänge der Entstehung gesellschaftlichen Reichtums zu gewinnen, als

6

Page 7: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 7/155

deren Zeugnis der Mythos in seiner Grundform als Heroologie begrif-

fen wird. Expliziert wird der Mythos dabei ebensowohl als Dokumentder fundamentalen “politischen” Krise, in die die Stammesgesellschaftdurch die Entstehung von Reichtum gestürzt wird, wie als Strategie zurBewältigung der Krise. Auf Basis dieser Explikation, die den Inhalt desvorliegenden ersten Teils der vierteilig angelegten Studie bildet, soll dannim zweiten Teil (der im nächsten Jahr erscheinen wird) unter dem Titel“Der religiöse Kult” das in Begriffen der Religionsentwicklung beschreib- bare Schicksal nachgezeichnet werden, das das mythologische Bewäl-tigungskonzept unter dem doppelten Einfluß seiner eigenen Dynamikund der Produktivkraftentfaltung der Gesellschaften nimmt. Unter denÜberschriften “Die Herrschaft des Wesens” und “Die kapitale Macht”soll schließlich die radikale Neuorientierung thematisch werden, die nachdem endgültigen Scheitern des religiös-opferkultlichen Krisenbewälti-gungskonzepts die gesellschaftliche Stellung zum Reichtum und die ansie geknüpfte Bestimmung von Herrschaft erfährt, – eine Neuorientie-rung, als deren letzte Konsequenz das Kapitalverhältnis sichtbar gemachtwerden soll.

Der Erfolg des Gesamtunternehmens wird daran zu messen sein, in-wieweit es gelingt, von der in diesem ersten Teil entfalteten archaischenProblemstellung aus die wesentlichen Etappen der Religionsgeschichtesystematisch überzeugend zu entwickeln und schließlich Licht auf dieebenso ungebrochene wie radikal veränderte Obsession zu werfen, als diein Gestalt des modernen Kapitalfetischismus die archaische Reichtums- bildungsrücksicht sich präsentiert.

7

Page 8: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 8/155

Einleitung: Das andere Subjekt des Reichtums

Soweit historische Überlieferung zurückreicht und wahrscheinlich schon

lange vorher – seit Menschengedenken also – weisen die Hervorbringun-gen menschlicher Arbeit einen eigentümlichen Doppelcharakter, eine selt-same Zwieschlächtigkeit auf: Sie fungieren als Lebensmittel, und sie figu-rieren als Reichtum.

Arbeitsprodukte dienen als Lebensmittel; der Arbeitende braucht undgebraucht sie, um sich als solcher zu erhalten, sein Leben, sein Sein zureproduzieren, sich im Status quo eines Arbeitenden zu reaffirmieren.Aber zugleich stellen sie je schon mehr als Lebensmittel, Reichtum dar;der Arbeitende sieht etwas in ihnen, nimmt sie für etwas, das nebenoder jenseits aller reproduktiven Funktion auf ein vielmehr verändertes

Sein, ein von Grund auf anderes Leben verweist, etwas, das neben oder jenseits aller bloßen Reaffirmation das Versprechen einer Initiation, dasVersprechen des Übergangs in einen ontologisch differenten Status, derÜberführung in einen qualitativ neuen Zustand enthält.

Die mit diesem Zustand verknüpften Konnotationen, an diesen diffe-renten Status geknüpften Erwartungen sind mannigfach. Sie reichen vonVorstellungen unerschöpflicher Potentialität, Vorstellungen der Entfesse-lung und Befreiung, der Erhebung und Verklärung, der schöpferischenTätigkeit und Selbstentfaltung, des verhaltenen Privatisierens, eines sor-genfreien Daseins, ewiger Ruhe, sublimen Genusses bis zu Phantasien

unersättlicher Laszivität, Phantasien von Macht und Einfluß, Rang undGeltung, immerwährendem Zeitvertreib und permanentem Spiel, auf-trumpfendem Luxus, Schlaraffenland, ewigem Fest, schierer Lust. Aberwas allen diesen divergierenden Vorstellungen gemeinsam bleibt, isteben das qualitativ Neue des mit ihnen umschriebenen Zustands selbst,

8

Page 9: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 9/155

ist die ontologische Differenz, in der sich der durch Reichtum vermit-

telte Status gegenüber aller durch Lebensmittel bestimmten Verfassung behauptet. Und was diese divergierenden Vorstellungen auch allemalgleichermaßen implizieren und voraussetzen, ist die absolut initiativeBedeutung und konversionsartig kriterielle Funktion, die die in ihrerEigenschaft als Reichtum jenen qualitativ neuen Zustand und ontologischdifferenten Status repräsentierenden Arbeitsprodukte beanspruchen. Woals Lebensmittel das Arbeitsprodukt nur gerade dazu taugt, das Sub- jekt, das sich in seiner Verfolgung erschöpft, in seiner Hervorbringungverausgabt hat, als solches zu regenerieren und das heißt in einer Ver-fassung wiederherzustellen, die es ihm erlaubt, ersteres ein weiteres Mal

anzustreben, aufs neue hervorzubringen, da scheint als Reichtum das Ar- beitsprodukt vielmehr geeignet, das Subjekt dieser zirkulären Immanenzvon Selbstverzehr und Verzehr, Produktion und Konsumtion überhauptzu entrücken und nämlich der Transzendenz eines alle Regenerations-notwendigkeit kurzerhand erübrigenden veritablen Gattungswechselsteilhaftig werden zu lassen. Und wo also der Konsum und Verbrauch derFrüchte seiner Arbeit dem Subjekt, das diese als Lebensmittel realisiert,nur gerade die Restauration der für ihre Hervorbringung aufgewendetenund für ihre neuerliche Herstellung erforderlichen Arbeitskraft gewähr-leistet, da eröffnet dem Subjekt, das diese Früchte der Arbeit als Reichtum

wahrnimmt, ihr Konsum und Gebrauch vielmehr den Eintritt in ein allerrestaurativen Rücksicht sich entschlagendes und jeglichen Kraft-durch-Freude-Mechanismus außer Kraft setzendes Nutznießungsverhältnis suigeneris.

Dabei ist die Eigenschaft der Hervorbringungen menschlicher Arbeit,als Reichtum zu figurieren, und ist die Potenz, die sie in dieser ihrer Ei-genschaft verkörpern, die Transzendenz, die sie bedeuten, der Transport,den sie verheißen, durchaus nicht etwa an einen qualitativ besonderenZustand der Arbeitsprodukte geknüpft, geschweige denn von einer be-sonderen Natur der Arbeitsprodukte abhängig beziehungsweise auf eine

 besondere Klasse von ihnen beschränkt. Wo das eine oder das andere derFall scheint, wo es also auf den ersten Blick der historische Traditionswert,die handwerkliche Kunstfertigkeit, die empirische Seltenheit oder dienatürliche Kostbarkeit scheint, was den Arbeitsprodukten ihren Wertverleiht, d.h. ihnen den Charakter von Reichtum vindiziert, da stellen

9

Page 10: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 10/155

sich bei näherem Zusehen diese vermeintlich realen Qualitäten und ob-

 jektiven Charakteristika ebensowohl als stellvertretende Ausdrücke undsymbolische Kennzeichen heraus, deren die gesellschaftliche Konventionsich bedient, um der in ihrer reinen Universalität ebenso unanschaulichenwie in ihrer schieren Potentialität unbehaftbaren Eigenschaft Reichtumzu einer dennoch zitierbar eigentümlichen Repräsentanz und verfügbareigenständigen Erscheinung zu verhelfen.

Wenn überhaupt jene Eigenschaft in den Arbeitsprodukten unmittelbaranschaulich wird, wenn überhaupt Reichtum an den Hervorbringungenmenschlicher Arbeit als solcher in Erscheinung tritt, so nicht als quali-tative Bestimmtheit, sondern als ein quantitatives Verhältnis. Reichtumwird dort als Eigenschaft vorstellig, wo die menschliche Arbeit ein Mehr-

produkt schafft, Überschuß erzielt, wo sie mehr, als für den Zweck einerzirkulären Konsumtion, den Zweck einer Regeneration des Arbeitendenselbst und Reproduktion seiner Arbeitskraft erforderlich, hervorbringt.Diese die Bedarfsdeckung überschreitende Mehrproduktion, diese alsÜberschußerzeugung quantitative Anhäufung von Arbeitsprodukten,ist es, was an irgendeinem, unvorhersehbar bestimmten Punkt das Maßeiner bloß regenerativen Orientierung, einer ausschließlich reproduktivenDetermination voll sein läßt und damit jenen qualitativen Sprung undUmschlag herbeiführt, durch den aus mehr oder minder vielen Körnernein Haufen, aus einem mehr oder minder großen Quantum Lebensmittelunerschöpflicher Reichtum wird und durch den an die Stelle der Erfah-

rung einer bestenfalls relativen Subsistenz, Sättigung und Befriedigungdas jedenfalls absolute Erlebnis von Überfluß, Fülle, Pleroma tritt. Eindie Arbeitsprodukte im Zuge ihrer quantitativen Vermehrung in totoereilender Wechsel des Maßes ist es, was die Eigenschaft Reichtum inErscheinung treten läßt, – und nicht etwa die jenen Wechsel des Maßeshöchstens und nur symbolisch zu repräsentieren und in permanenterAnschauung zu erhalten fähige, qualitativ besondere Existenz eines Pan-optikums von natürlicher- oder historischerweise wertvollen Dingenim Universum der empirischer- oder traditionellermaßen brauchbarenGegenstände. ∗

Allerdings können, wie noch zu sehen sein wird (2. Teil, zur Rolle der aristokrati-schen Lebensart), qualitative Bestimmungen des Reichtums, seine Besonderung zu Lu-xusgütern und spezifischen Kostbarkeiten, bei dem Bemühen eine Rolle spielen, denReichtum als Maßbestimmung zu erhalten und nämlich vor seiner von einem Übermaßder Reichtumproduktion her drohenden Auflösung und Disqualifizierung zu einem inschlechter Unendlichkeit ebenso sinn- wie maßlosen Quantum zu bewahren.

10

Page 11: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 11/155

Der Punkt, an dem dieser Wechsel im Maß, dieser Umschlag von Le-

 bensmittel in Reichtum sich ereignet, ist ein unvorhersehbar bestimmter.Unvorhersehbar, weil seinem Eintreten keinerlei kriterielle Veränderungin der Sache, keinerlei maßgeblich objektiver Prozeß und also nichtsvorauszugehen scheint, was ihn als diskursives Ergebnis und schließlicheKonsequenz nachvollziehbar, geschweige denn antizipatorisch erkennbarwerden ließe. Und dennoch bestimmt, weil sein Eintreten von Vorgängenauf der Subjektseite gefolgt und vielmehr koinzidentiell begleitet ist, dieihn als eingetretenen unmißverständlich markieren. Für sich genommen,liefert die rein quantitative Akkumulation von Lebensmitteln weder einenHinweis auf, noch einen Anhaltspunkt für das schließliche Ereignis des

als förmlicher Wechsel im Maß und veritabler Sprung im Kontinuumqualifizierten Resultats Reichtum. Wodurch dies Ereignis vielmehr alsFait accompli unter Beweis gestellt wird, ist die mit geradezu reflexologi-scher Spontaneität auftretende Reaktion, die es auf der Seite des Subjektshervorruft. Diese Reaktion, wenn anders man den ausgelösten Vorgangüberhaupt so nennen kann, ist allerdings auffällig und monströs genug.Sie hat, je nach dem Blickwinkel, unter dem man sie betrachtet, den Cha-rakter einer das Subjekt befallenden Dissoziation beziehungsweise dieForm eines das Subjekt heimsuchenden Wechsels der Identität. Indem dasproduzierende, Arbeitsprodukte als Lebensmittel hervorbringende eine

Subjekt sich mit jenem – die bisherige quantitativ unendliche Bestimmungins definitiv qualifizierte Maß umschlagen lassenden – Sprung im Konti-nuum konfrontiert und mithin selber im Begriff sieht, aus der habituellenImmanenz einer im Sein fürs Lebensmittel bestehenden Selbsterhaltungherauszuspringen und in die existentielle Transzendenz einer qua Lebenim Reichtum sich entfaltenden Selbstverwirklichung überzuwechseln,reagiert es darauf mit einer – wie man will – Spaltung oder Verdoppelungseiner selbst, in deren Konsequenz es das Fait accompli der potientiaihm sich eröffnenden differenten Perspektive und sich erschließendenneuen Dimension mit stereotyper Zwangsläufigkeit als je schon bezogen

auf und vielmehr relativiert durch das Factum brutum eines eben diesedifferente Perspektive und neue Dimension ihm actu verstellenden, strei-tig machenden und vorenthaltenden regelrechten Doppelgängers undförmlichen Alter ego erfährt. Und so stereotyp und zwangsläufig ist dieseim Augenblick der Verwandlung von Lebensmitteln in Reichtum dem

11

Page 12: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 12/155

produktiven Subjekt widerfahrende Selbstentzweiung oder Selbstentäu-

ßerung, daß in der Tat das Auftreten eines ante portas des Reichtumsdem produktiven Subjekt Konkurrenz machenden Doppelgängers undden Rang ablaufenden Alter ego zum obliquo modo sichersten Kennzei-chen und post festum untrüglichen Beweis für den tatsächlichen Eintritt jenes, für sich genommen, unvorhersehbar flüchtigen Augenblicks derVerwandlung und als solcher ungreifbar kursorischen Umschlagspunktswird.

Unmittelbar – und das heißt im Mittel seiner als unvordenkliche Rou-tine geübten Tätigkeit und zur zweiten Natur herausgekehrten Arbeit– findet das Subjekt sich gleichermaßen eingespannt in den Wechselund eingebunden in den Zirkel von Produktion und Konsumtion, vonProduktion dessen, was es zum Leben braucht, und Reproduktion des Le- bens selbst, von Hervorbringung der Lebensmittel durch die Arbeitskraftund Regeneration der Arbeitskraft durch die Lebensmittel. In solchempermanent polaren Hin und Her, solchem kontinuierlich antithetischenAuf und Ab bleibt für entscheidende Augenblicke keine Zeit und ist fürIdentitätskrisen kein Platz. Das ändert sich erst, wenn aus den strukturellebenso systematischen wie historisch akzidentiellen Gründen sei’s einerquantitativen Erhöhung der Arbeitsleistung, sei’s einer qualitativen In-tensivierung der Produktivität, sei’s einer Verbesserung der natürlichenArbeitsbedingungen mit einer gewissen Beständigkeit ein Überschuß

an Arbeitsprodukten hervorgebracht, ein Mehrprodukt geschaffen wird.Sobald dies der Fall ist, machen die Arbeitsprodukte insgesamt Miene,die Couleur zu wechseln, nehmen sie allesamt jenen differenten Cha-rakter an, der sie dem Reproduktionszirkel entfremdet und aus einemimmanenten Umschlagsplatz in einen transzendenten Springpunkt, auseinem Moment des immer gleichen Wechsels in den Augenblick einerunvergleichlichen Neubestimmung, kurz, aus Lebensmitteln in Reichtumkonvertiert, stellen sie in toto jene von Grund auf andere Orientierungunter Beweis, in deren Verfolgung sie aufhören, bloße Subsistenzmittelzu sein, und sich anschicken, ein schieres Transportmittel zu werden,

schlagen sie durchgängig jene fundamental neue Richtung ein, in derenKonsequenz sie dem Subjekt, statt es im Status quo zu reaffirmieren,es als solches immer wieder zu regenerieren, vielmehr einen veritablenGattungswechsel eröffnen, eine regelrechte Initiation in Aussicht stellen.Im Überfluß vorhanden, zeigen die Arbeitsprodukte sich im Begriff, dem

12

Page 13: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 13/155

Subjekt eine im Vergleich zu seinem subsistierenden Dasein und aus-

kömmlich zirkulären Bestehen von Grund auf andere Perspektive und abovo neue Dimension zu erschließen. Aber kaum daß sie dies tun, findetdas Subjekt sich von eben der Spaltung seiner selbst beziehungsweisepersonalen Verdoppelung betroffen, die es der augenblicklich eröffnetenAussicht augenblicklich auch wieder beraubt. In ein und demselbenMoment, in dem die Produkte seiner Arbeit ihm in ihrer ebenso initia-tiven wie transportativen neuen Funktion erscheinen, muß das Subjektfeststellen, daß sie ihm zwar erscheinen, aber einem ex improviso ihrerneuen Funktion zugleich erscheinenden Doppelgänger seiner selbst, ei-nem ex machina ihrer konversionshaften Umfunktionierung auftretendenanderen Subjekt gelten. Auf dem Sprung, die Produkte seiner Arbeitin dieser ihrer, den Regenerationszirkel eines bloßen Subsistenzverhält-nisses zu durchbrechen bestimmten, generisch differenten Eigenschaftals Reichtum wahrzunehmen, muß das betroffene Subjekt erfahren, daßes sie in dieser Eigenschaft zwar wahrnimmt und realisiert, aber einihm Konkurrenz machend anderes, per modum der neuen Eigenschaftunvermittelt provoziertes Subjekt sie für sich reklamiert und in Anspruchnimmt.

13

Page 14: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 14/155

Identitätswechsel im Individuum

Diese Konkurrenzdynamik oder vielmehr Identitätsdialektik, die ihn justin dem Augenblick um die wahren Früchte seiner Arbeit bringt, in demer sie zu ernten im Begriff steht, erfährt der einzelne gewissermaßen ameigenen Leib und von Kindesbeinen an. Er lernt atmen, essen, laufen;und im Moment oder Stadium des Lernens reicht das, was er dadurchhervorbringt, nur gerade dazu hin, ihn bei der Stange der jeweiligen Tä-tigkeit zu halten, ist das, was er durch die Tätigkeit erwirbt, nur eben dasLebensmittel, das ihm gestattet, jene fortzusetzen beziehungsweise wie-deraufzunehmen. Er atmet um des Atmens, genauer: um der Verschnauf-und Erholmomente willen, in denen die geschöpfte Luft über den Blut-kreislauf die erschöpfte Atemmuskulatur in den Stand versetzt, aufs neueLuft zu schöpfen. Er ißt um des Essens, genauer: um der Verdauungs-und Sättigungspausen willen, in denen die aufgenommene Nahrung ihmper Assimilation durch den Körper die Kraft verleiht, aufs neue Nahrungaufzunehmen und zu verarbeiten. Er läuft um des Laufens, genauer:um der Ruhe- und Haltepunkte willen, in und an denen die erlaufenePosition ihm die Gelegenheit gibt, die für einen neuen Laufversuch nötigeSammlung, Balance und Orientierung zu gewinnen. Wegen der Unfertig-keit und Ungeschicktheit, mit der der einzelne anfänglich die Tätigkeitübt, sind der Kraftaufwand und Selbstverbrauch, den sie ihm abverlangt,

so groß beziehungsweise die Zweckdienlichkeit und Effektivität, die sie beweist, so gering, daß das erzielte Ergebnis mit knapper Not dazu taugt,die Tätigkeit als solche in Gang zu halten und nämlich die für ihre Prak-tizierung erforderliche Grundlage wiederherzustellen oder zu sichern,und daß also auch der einzelne selbst in jenen ebenso kontinuierlichenwie wechselvollen und ebenso einmütigen wie doppelsinnigen Kreislauf eingebunden bleibt, der der Zirkel des mittels seiner Produktionen alssolches sich reproduzierenden Daseins, des in den Lebensmitteln, die eshervorbringt, als solches sich regenerierenden Lebens ist. Indes ändertsich dies zirkuläre Verhältnis nur zu bald, beim Atmen schon nach kür-

zester Zeit. In dem Maß, wie die funktionelle Perfektionierung, zu der dasEinüben in die Tätigkeit verhilft, und die organische Kräftigung, die dieeinfache Wiederholung der Tätigkeit mit sich bringt, eine zugleich quali-tative Verbesserung und quantitative Erhöhung der Arbeitsleistung zurFolge haben, fängt der einzelne an, ein Mehrprodukt hervorzubringen.

14

Page 15: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 15/155

In dem Maß, wie er aus einem ebenso leicht erschöpften wie ungeschick-

ten Lernenden in einen ebenso kraftgesättigten wie perfekten Routiniersich verwandelt, beginnt er Überschuß zu produzieren. Er schöpft mehrAtem, als für den Akt des Atemholens selber unabdingbar; er nimmtmehr Nahrung zu sich, als für den Prozeß der Nahrungsaufnahme alssolchen nötig; er erläuft sich mehr Positionen, als für die Erhaltung undSicherstellung der Bewegungsfähigkeit in abstracto erforderlich. Undindem er dies tut, kann er, was er hervorbringt, für anderes und mehrverwenden als bloß für die Aufrechterhaltung der als der Status quowohlverstandenen Tätigkeit des Hervorbringens als solcher, kann ermit dem Überfluß, den er produziert, mehr und anderes anfangen alseben und nur die Wiederherstellung der für eine neuerliche Produktionerforderlichen Ausgangsbedingungen und nötigen Initialfaktoren.

Indes, nicht eigentlich er gewinnt diese Entfaltungsmöglichkeit undBewegungsfreiheit, sondern ein anderer in ihm. Nicht er als routiniertAtmender, Essender, Laufender zieht aus dem längeren Atem, der über-schüssigen Kraft, dem größeren Spielraum, zu denen die Routine verhilft,den Nutzen nicht im Atmen sich erschöpfender Inspirationen, nicht auf die Ernährung beschränkter Vorhaben, nicht in der Bewegung aufgehen-der Aktivitäten, sondern ein in ihm anderes Ich, dessen auszeichnendesCharakteristikum gerade seine Abstraktion von und Unvermitteltheitmit eben jener routinierten Tätigkeit beziehungsweise tätigen Routine ist.

Was dies nutznießend andere Subjekt vom Überschuß produzierendeneinzelnen, dem es entspringt, unterscheidet, ist gerade die Tatsache, daßes nicht weniger ex post als sub conditione, nicht weniger im nachhin-ein als in der Konsequenz der als Überschußproduktion vom einzelnenetablierten Routine in Erscheinung tritt und also in ebenso existentiellerUnabhängigkeit von wie konstitutioneller Abstraktheit zu der letzterensich zu behaupten imstande ist. So wie diese Unabhängigkeit und Ab-straktheit dem anderen Subjekt die Freiheit verleiht, sich ungeteilt undvorbehaltlos jenen anderen Perspektiven und neuen Möglichkeiten zuwidmen, die auf Grund des produzierten Überschusses an Atem, Kraft

oder Spielraum die Routine des einzelnen ihm eröffnet, so gibt sie ihmzugleich die Kaltblütigkeit und Unverfrorenheit, hierbei den routinierteneinzelnen selbst ebensosehr als einen in tätiger Routine befangenen Auto-maten hinter sich und sich selbst zu überlassen wie doch aber auf ihn alseinen für das eigene Bestehen unabdingbaren Faktor, ein für die eigene

15

Page 16: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 16/155

Selbständigkeit unverzichtbares Faktotum, sich permanent und quasi

 blind zu verlassen. Übertrumpft und ausgestochen von jenem anderenSubjekt, das ex improviso des routinemäßig produzierten Reichtumsihm den Rang abläuft und sich präsupponiert, findet der routinierteeinzelne teils ersteres zur selbstbewußt lenkenden Seele des Ganzen er-hoben und zur angesichts der Fülle von Möglichkeiten, die die Routineeröffnet, eigenverantwortlich handelnden Person deklariert, teils sichselber zum ebenso selbstlos zureichenden wie bewußtlos grundlegen-den Organ herabgesetzt und der Rolle eines zum willfährigen Corpusmaterialisierten dienstbaren Geists überführt. Nicht daß der solcher-art in den Bann seiner eignen Routine geschlagene und ins Faktotumdessen, der als ex improviso anderes Subjekt dem Bann entrinnt, sichverwandelnde einzelne von dem Atem, den er routinemäßig schöpft,selber gar nichts hätte, an der Kraft, die er routinemäßig sammelt, nichtselber auch partizipierte, beim Bezug der Positionen, die er routinemäßigeinnimmt, selber ganz und gar leer ausginge. Aber in der Tat findet ersich stricto sensu abgespeist; bemißt sich seine Teilhabe, sein Anteil, seinProfit streng am Prinzip eines – wie immer restriktiv oder großzügigdefinierten – Regenerationserfordernisses, am Prinzip des Erfordernisseseiner Reaffirmation des einzelnen im kreisläufigen Status quo seinerroutiniert tätigen Existenz; und fällt das Produkt in seiner überschüssigenTotalität, in seiner ganzen, mit einfachen Reproduktionsansprüchen nicht

mehr zu erschöpfenden Fülle, seinem ganzen, als bloßes Lebensmittelnicht mehr faßlichen Reichtum, jenem anderen Subjekt zu, das ex officioseiner unmittelbaren Abstraktion und Befreiung von aller tätigen Routinedas Produkt mit Beschlag belegt und das ex cathedra der konstitutivdifferenten Einstellung, die seine Unmittelbarkeit ihm ermöglicht, mitihm wesentlich mehr und anderes als nur noch einmal und immer erneutdie routinierte Tätigkeit anzufangen weiß.

Diese dem routinemäßig tätigen einzelnen im Angesicht der Entfal-tungsmöglichkeiten, Kraftressourcen und Spielräume, die er sich schafft,widerfahrende Herabsetzung zum leibhaftig beschworenen Geist und

automatenhaft organisierten Faktotum in Diensten eines zum allein-herrschend intelligenten Wesen und zur allgegenwärtigen Hauptperson jeglicher Nutznießung sich aufwerfenden anderen Subjekts müßte eigent-lich eine tiefergreifende Identitätskrise, um nicht zu sagen umfassendePersönlichkeitsspaltung zur Folge haben. Daß es dazu nicht kommt,

16

Page 17: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 17/155

verdankt sich am Ende einzig und allein der Bereitschaft des einzelnen,

der akuten Schizophrenie, mit der jenes andere Subjekt ihn bedroht,durch eine spontane Identifikation mit dem Aggressor zuvorzukommen.Vor die kruzifikatorische Alternative gestellt, jenem inmitten seiner selbstund auf seinem eigenen Grund und Boden ihm in die Parade fahrendenund den Rang ablaufenden anderen Subjekt entweder um den Preis ei-nes Persönlichkeitszerfalls die Stirn bieten oder aber um den Preis derSelbstaufgabe die Stange halten zu müssen, entscheidet sich der einzelnefür das letztere: Er akzeptiert das andere Subjekt als seine eigene Per-sönlichkeit, adoptiert es als sein höchstpersönliches Ich. Sub specie derdistanzlosen Immanenz und vollkommenen Gleichzeitigkeit, in der jenesandere Subjekt ihm widerfährt und sich beweist, bleibt dem einzelnen,will er es nicht auf eine interne Dissoziation und Persönlichkeitsspal-tung ankommen lassen, gar keine andere Wahl, als dem Aggressor dasFeld zu räumen oder vielmehr sich als das zu jenes Gunsten geräum-te Feld zur Verfügung zu stellen. Kaum daß dem einzelnen uno actuseiner Überschuß produzierend routinierten Tätigkeit jenes unverse-hens andere Subjekt in die Quere kommt und als angesichts der neuenMöglichkeiten alleinherrschende Instanz oder autokratisch handelndePerson sich aufdrängt, läuft er auch schon zu letzterem über, akzeptiertes, eine als Bruderzwist oder Bürgerkrieg zerstörerisch intime Ausein-andersetzung vermeidend, als seinen generalbevollmächtigten Vertreter,

seinen höchsteigenen Repräsentanten, seine persönliche Identität undsetzt in dem Maß, wie er es zum essentiellen Reflexionspunkt, personalenZentrum, Ich seiner selbst erhebt, sich selbst zu dessen koexistentiellemGaranten, integralem Träger, leiblichem Dasein herab.

So vollständig ist diese mit dem Aggressor vollzogene Identifikation,die aus dem machtvoll generellen Konkurrenten des einzelnen seinen ge-neralbevollmächtigten Repräsentanten, aus einem Pfahl in seinem Fleischsein gekröntes Haupt werden läßt, daß angesichts dessen jeder Gedan-ke an eine in solchem Verhältnis vorliegende Konkurrenzdynamik undvollends jede Rede von einer in ihm vorfallenden Identitätskrise wie eine

Spitzfindigkeit anmuten muß. Eben deshalb, weil er mit dem, was ihnanficht, immer bereits sich zu identifizieren, durch das, was ihn bannt,immer bereits sich zu reflektieren, in dem, was ihn aussticht, immer bereits sich aufzuheben bereit ist, erfährt der einzelne den unvermutetenEintritt und unvermittelten Triumph jenes in völliger Gleichzeitigkeit ihm

17

Page 18: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 18/155

den Rang ablaufenden anderen Subjekts, der ihn andernfalls persönlich

 betreffen und in eine verheerende Identitätskrise stürzen müßte, immerschon nicht mehr in eigener Person, sondern bloß noch am eigenen Leib,nämlich aus der Perspektive des triumphierenden anderen selbst. Er er-fährt den Triumph des anderen an eben dem entäußert eigenen Leib, auf den er sub specie des anderen sich reduziert: als ein im Sinne seiner Iden-titätsfindung kraft Identifikation mit dem Aggressor verdientes Schicksaloder vielmehr naturgemäßes Ergebnis, als Unterwerfung und Integrationder automatenhaft korporalen Unperson, die er ist beziehungsweise alsdie er sich sub specie des anderen herausstellt, durch eben das selbst- bewußt personale Ich, mit dem er sich identifiziert beziehungsweisedas er in specie des anderen Geltung gewinnen läßt. Daß unter diesen

Umständen nicht überhaupt die ganze Unterscheidung zweier im ein-zelnen koexistierender Seelen oder Naturen, die ganze Unterscheidungzwischen dem einzelnen selbst und einem ihm sich oktroyierenden ande-ren Subjekt, zwischen einem als Faktotum routiniert tätigen Körpergeistund einer als Nutznießer der tätigen Routine frei handelnden Person auf eine schiere Haarspalterei hinausläuft und daß, wie der synthetische, auf einem Identifizierungsvorgang basierende Charakter des vom einzelnenzu sich selber unterhaltenen Verhältnisses halbwegs erinnerbar, so denndie Möglichkeit einer das Verhältnis in Frage stellenden konkurrenzdyna-mischen Auseinandersetzung oder gar eines das Verhältnis sprengenden

identitätskritischen Zerwürfnisses immerhin denkbar bleibt, dafür sorgeneinzig und allein die im Verhältnis gelegentlich auftretenden Störungen.Sei’s, daß das frei handelnde personale Ich-Subjekt den routiniert tätigendienstbaren Körpergeist kräftemäßig-quantitativ überanstrengt und inden physischen Kollaps, die automatische Leistungsverweigerung stürzt,sei’s, daß es ihn konstitutionell-qualitativ überfordert und in den psy-chischen Widerstand, die symptomatische Fehlleistung treibt, – so oderso vergeht es sich zuweilen gegen seinen eigenen, in seinem Dasein alseinzelner ihm vorausgesetzten und zur Verfügung gestellten Grund undläßt damit andeutungsweise jene existentialontologische Differenz sicht- bar werden, reißt damit ansatzweise jene identitätskritische Kluft auf, die

das einzelne Dasein durch die Herabsetzung und Entäußerung seinerselbst zum Grund oder dienstbaren Geist des ersteren und durch dieIdentifizierung mit dem ersteren als mit seinem eigenen Ich oder höchst-persönlichen Wesen gerade zu schließen oder wenigstens zu überbrücken bemüht ist.

18

Page 19: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 19/155

Subjektwechsel als Geschlechterfolge

In die Enge getrieben durch die strikte Gleichzeitigkeit, in der als un-verhoffter Nutznießer des von ihm geschaffenen Reichtums das andereSubjekt ihm widerfährt, kommt der einzelne einer andernfalls unaus-weichlichen Identitätskrise durch die spontane Identifikation mit demAggressor zuvor. Ganz anders aber als in der Sphäre des einzelnen ver-hält es sich im Rahmen der Gattung. Ein und dieselbe Differenz, diein der Konsequenz der vom einzelnen unmittelbar vollzogenen Iden-tifikation mit seinem Alter ego auf der individuellen Ebene nur mehrandeutungsweise oder höchstens noch symptomatisch sichtbar wird, trittim generischen Bereich als die sprichwörtliche Figur einer fundamentalenDisjunktion und Ungleichzeitigkeit der Instanzen klar und überdeutlichzutage. Wie der einzelne als solcher erfährt auch die Gattung in toto die bannkräftige Macht und unwiderstehliche Gewalt einer ex improviso desReichtums und Überflusses, den sie hervorbringt, ihr erwachsenden per-sonalen Alternative und den Rang ablaufenden subjektiven Konkurrenz;aber sie erfährt sie nicht als eine ihr drohende Aufhebung vor Ort, als sieereilenden Identitätswechsel, sondern als ihr bevorstehende Ablösung inder Zeit, als sie heimsuchende Generationenfolge. Wie als förmlicher Ge-meinplatz feststeht, sind es andere, die das ernten, was wir gesät haben,sind es die Nachkommen, Nachfahren, folgenden Generationen, die in

den Besitz und Genuß dessen gelangen, was die Gattung hier und jetzt,die gegenwärtige Generation, mit ihrer Hände Arbeit an Reichtümernhervorbringt. Im Verlauf der Gattungsgeschichte sind es mit sentenziösstereotyper Regelmäßigkeit Spätere, Nachkommende, denen das, was dieFrüheren, Vorangehenden im Schweiße ihres Angesichts schaffen und auseigener Kraft ins Werk setzen, am Ende zuteil wird und zu guter Letzt zurVerfügung steht. Gleichgültig, ob das Geschaffene ihnen in pejorativer Be-deutung als unverdiente Beute in die Hände fällt, ob sie ein von früherenGenerationen als ihren Vorgängern Gestiftetes, Angehäuftes, Aufgebautesverschleudern, vergeuden, vertun oder ob ihnen das Geschaffene in affir-

mativem Sinn als rechtmäßiges Erbe anheimfällt, ob sie ein von früherenGenerationen als ihren Vorläufern Vorbereitetes, Angelegtes, Gegründetesnutzen, genießen, verwirklichen – so oder so sind es die Nachgeborenen,denen das, was die Gattung hier und jetzt produziert, schließlich zu eigenwird und zugute kommt, sind es die Kinder, die im Klappmechanismus

19

Page 20: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 20/155

sprichwörtlicher genealogischer Paradoxie schließlich den Lohn für die

elterliche Arbeit ernten, die Erfüllung, nach der die Eltern gestrebt haben,erlangen, in das gelobte Land, das die Eltern aufgetan haben, an derenStatt einziehen.

Dabei ist diese sprichwörtlich stereotpye Ersetzung der sorgendenEltern durch die erbenden Kinder, des Lebensmittel als Reichtum pro-duzierenden vorangehenden Geschlechts durch die den Reichtum alssolchen realisierende nachkommende Generation weder ein äußerer Kon-tingenz, der Kürze menschlichen Lebens, geschuldetes Zufallsprodukt,noch ein innerer Teleologie, der Erhaltung der menschlichen Gattung, ver-pflichtetes rationelles Erfordernis. Mag noch so häufig zur Erklärung desVersäumnisses der produzierenden Generation, sich selber in den Genußder Früchte ihrer Arbeit zu bringen, und ihrer Eigenart, die Nutznießungdes Geschaffenen vielmehr der nachfolgenden, nächsten Generation zuüberlassen, der historische Zufall äußerer Abhaltungen, verpaßter Gele-genheiten, vorzeitigen Ablebens bemüht werden; diese Erklärungen blei- ben allein schon durch die tödliche Regelmäßigkeit und quasi naturge-setzliche Stereotypie des angeblichen Zufalls, den sie bemühen, in ihremScheincharakter entlarvte Rationalisierungen, die über den im Gegenteilobjektiven Zwang und systematischen Charakter der zwischen den Ge-nerationen unfehlbar eintretenden Funktionstrennung, um nicht zu sagenArbeitsteilung schwerlich hinwegtäuschen können. Nicht anders als auf 

der individuell-anthropologischen Ebene beim Verhältnis zwischen demeinzelnen selbst und seinem als unmittelbar anderes Subjekt ihm sichoktroyierenden personalen Ich scheint auch im generell-genealogischenBereich die von der elterlichen Generation ausgebildete Routine mit einerschließlichen Nutznießung des auf solchem Wege Geschaffenen ebensoprinzipiell unvereinbar wie diese Nutznießung essentiell geknüpft andie ganz unvermittelte Position und dezidiert abstrakte Einstellung, diedie nachkommenschaftliche Generation der elterlichen Arbeitshaltunggegenüber an den Tag legt. Und mag auch noch so oft und noch so nach-drücklich die im entscheidenden Augenblick vollzogene genealogische

Substitution der werkschaffenden Eltern durch die nutznießenden Erbenvon den Betroffenen selbst als eine aus eigenem Antrieb vollzogene Dele-gation reaffirmiert und als ein aus freiem Instinkt oder sittlichem Willenvollbrachter Akt elterlicher Selbstlosigkeit und Aufopferung gutgeheißenwerden; – diese Reaffirmation bleibt eine sekundäre Bearbeitung des

20

Page 21: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 21/155

Verhältnisses, die das pointiert besondere Problem eines angesichts der

Hervorbringung von generischem Reichtum funktionsbedingten Sprungsin der Gattung und genealogischen Subjektwechsels in das gemeinplätzigallgemeine Phänomen einer auf Grund der Vergänglichkeit menschlichenLebens naturgegebenen Geschlechterfolge und Fortpflanzung der Gat-tung zurückeskamotiert und so aus der äußersten Not eines schicksalhaftunwillkürlichen Mechanismus, der allem Anspruch auf generische Kon-tinuität offen ins Gesicht schlägt, die übliche Tugend einer sittlich freienHandlung macht, die klärlich dem Arterhaltungserfordernis korrespon-diert. Analog zu den Verhältnissen auf der individuell-anthropologischenEbene scheint auch im generell-genealogischen Bereich die als veritablerIdentitätswechsel firmierende Ersetzung des einen durch das andereSubjekt so ganz und gar keine Sache des freien Willens oder der reiflichenÜberlegung und so voll und ganz das Ergebnis eines ebenso überstürztwie zwanghaft reflexologischen Automatismus, daß jeder Versuch einernachträglichen motivationalen Affirmation und intentionalen Anerken-nung jenes Resultats durch die Betroffenen eine – bei aller Bedeutung fürden psychischen Haushalt der letzteren – objektiv leere, rationalisierendeGeste einer Rechtfertigung oder Akklamation dessen bleibt, was ohnehinder Fall ist.

Genausowenig aber wie auf der Ebene des einzelnen führt im Bereichder Gattung diese ebenso unabwendbare wie unvorhersehbare Substituti-

on des einen durch das andere Subjekt zu einer tatsächlichen Konkurrenz-dynamik, einer ernsthaften Identitätskrise. Und zwar wird im generell-genealogischen Bereich die Identitätskrise durch das exakte Gegenteildessen abgewendet, was sie auf der individuell-anthropologischen Ebeneverhindert: nämlich durch ein dem dortigen Übermaß an Gleichzeitigkeitaufs Haar korrespondierendes Zuviel an Ungleichzeitigkeit zwischen denKonkurrenten. Wie die exakte Gleichzeitigkeit, in der auf der individu-ellen Ebene der ex improviso erscheinende personale andere neben demroutiniert tätigen korporalen einzelnen auftritt, diesen zwingt, sich mit jenem als wohlverstandenem Aggressor auf Anhieb zu identifizieren,

so erlaubt die ungefähre Ungleichzeitigkeit, in der im genealogischenBereich die nutznießend lachenden Erben den werkschaffend strebendenErwerbern nachfolgen, diesen, sich jene als wohlverstandene Sukzes-soren in einem Verhältnis generationenmäßiger Disjunktion vom Leibezu halten. Das Resultat ist in beiden Fällen das gleiche: Im einen wie

21

Page 22: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 22/155

im anderen Fall geht der statthabende Subjektwechsel ohne einen zwi-

schen den Konkurrenten ausbrechenden Konflikt, und also ohne daß derAuftritt des Substituts beim Substituierten eine Identitätskrise auslöste,vor sich. Im einen – dem individuell-anthropologischen – Fall schafft esder einzelne durch seine als paradoxe Vorwärtsstrategie der Not per-fekter Gleichzeitigkeit entsprungene Identifikation mit dem Aggressor,der Konfrontation mit dem letzteren sich dergestalt zu entziehen, daßer dessen Konkurrenz nur noch am eigenen, selbstverleugnend willfäh-rigen Leib und jedenfalls nicht mehr in eigener, mit dem Konkurrentenunwiderruflich identifizierter und in dessen unmittelbarem Eigenwillen jenseits aller identitätskritischen Verwicklungen todsicher aufgehobenerPerson erfährt. Im anderen – dem generell-genealogischen – Fall gelingtes der jeweiligen Generation durch eine als natürliches Trägheitsverhaltendie Chance ungefährer Ungleichzeitigkeit nutzende Disjunktion vomSukzessor der Konfrontation mit dem letzteren so völlig auszuweichen,daß sie dessen Konkurrenz gar nicht mehr als solche wahrnimmt, son-dern nur noch als Aufruf zur fürsorglichen Solidarität und Angebot zuidentitätserweiternder Partizipation realisiert. Dort, auf der individuellenEbene, ist der Konkurrenzdruck, dem der andere den einzelnen aussetzt,so gleichzeitig, stark und direkt, daß der einzelne gezwungen ist, sichselber zu transformieren und dem System des anderen als dessen eben-so untergeordneter wie tragender Bestandteil einzuverleiben. Hier, imGattungsbereich, ist der Konkurrenzdruck, den die Nachkommen auf die betreffende Generation ausüben, so ungleichzeitig, schwach und oblique,daß diese die Möglichkeit hat, jene umzufunktionieren und in ein eben-so marginales wie integrierendes Moment der eigenen genealogischenPerspektive zu verwandeln. Zu einem konkurrenzdynamisch gespanntenVerhältnis oder gar einer identitätskritisch zugespitzten Situation kommtes weder hier noch dort.

22

Page 23: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 23/155

Page 24: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 24/155

sind die aus der Vereinigung der Subjekte resultierende und in ihrem

Vergesellschaftungszustand gründende arbeitsteilige Differenzierungund kooperative Gemeinsamkeit der Anstrengung keine dem Arbeits-vorgang äußerliche Bestimmtheit, kein ihm aufgesetztes Charakteristi-kum, sondern wesentliche Bestimmung und inneres Kriterium der Arbeitselbst, und zwar sowohl im Sinne einer konstitutiven Bedingung für denProzeß der Produktion im allgemeinen als auch im Verstand eines zu-reichenden Grunds für den Fortschritt der Produktivität im besonderen.Funktionsteilung und Kooperation sind ineins die den Vorgang bestim-menden Momente und die zum Fortschritt disponierenden Faktoren beider als Arbeit firmierenden menschlichen Subsistenzmittelerzeugung.

Bestimmende Momente sind sie, weil allererst durch sie die angegebenenGrundbedingungen für diese spezifisch menschliche Lebensmittelerzeu-gung objektiv realisierbar werden. Nur wenn die Menschen sich zu einemebenso arbeitsteilig differenzierten wie kooperativ komplexen Corpus zu-sammenfinden, sind sie imstande, jener doppelten Forderung einer ineinsumständehalber analytisch-operativen Entfaltung und zweckentspre-chend systematisch-prozessualen Vermittlung des Arbeitsvorgangs zugenügen, die das Grunderfordernis menschlicher Produktion überhauptist. Zugleich aber sind Funktionsteilung und Kooperation zum Fortschrittdisponierende Faktoren in dem Maß, wie ihnen eine quasi selbsttätige –

weil in der eigenen Logik oder vielmehr Dynamik gelegene – Tendenz zurprogressiven Perfektionierung der funktionellen Differenzierung und zurunaufhörlichen Intensivierung der kooperativen Komplexität des durchsie bestimmten Corpus innewohnt. Diese ihnen eingeschriebene Tendenzist die Bedingung der Möglichkeit für die Erschließung und Nutzbar-machung jenes Reservoirs an schöpferischer Kraft, das im prinzipiellenCharakter, in der spezifischen Form der menschlichen Arbeit als einesgleichermaßen in der analytischen Entwicklung und der systematischenVermittlung seiner Momente bestehenden Prozesses logischerweise be-schlossen liegt und das per modum einer unablässigen Fortentwicklung

des analytisch Entwickelten und infinitesimalen Weitervermittlung dessystematisch Vermittelten empirischerweise zur Realisierung kommt.Die durch arbeitsteilige Differenzierung und kooperative Komplexität

 bestimmte korporative Vereinigung der arbeitenden Subjekte, ihre inFunktionsteilung und Zusammenarbeit gründende Gesellschaftlichkeit,

24

Page 25: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 25/155

ist also ebensosehr konstitutive Bedingung für das menschliche Pro-

duzieren im allgemeinen wie zureichender Grund für die Entfaltungmenschlicher Produktivkraft, die Steigerung menschlicher Produktivitätim besonderen. Aber in dieser letzteren Eigenschaft eines zureichendenGrunds für Fortschritte in der Produktivkraft erweist sich die kooperativ-funktionsteilige Vereinigung der arbeitenden Subjekte zugleich als die Be-dingung der Möglichkeit und unwillkürliche Basis der sozialökonomischgrundlegenden Veränderung, in der solcher Produktivitätsfortschrittfrüher oder später resultiert: jener Veränderung nämlich, die sich – ganznach dem oben beschriebenen Muster – den korporativ Arbeitenden alsein ebenso unabwendbares wie unvorhergesehenes Umschlagen ihrergewohnt zirkulären Lebensmittelerzeugung in eine exorbitant hyperboli-sche Produktion von Reichtum aufdrängt und die für das Corpus der Ar- beitenden selbst die – ganz im oben beschriebenen Sinn eines veritablenSubjektwechsels – gravierendsten gesellschaftspolitischen Konsequenzenhat.

Indem sie der durch Funktionsteilung und Kooperation ihrem Pro-duzieren zugewiesenen Entwicklungsrichtung Folge leisten und die indieser Richtung sich ihnen eröffnenden Möglichkeiten zu einer Entfaltungihrer Produktivkraft wahrnehmen, erreichen auch im speziell-soziologi-schen Zusammenhang, und das heißt als gesellschaftlich arbeitende Sub- jekte, die Menschen früher oder später den Punkt, an dem die Summe

dessen, was sie produzieren, die Menge dessen, was sie zu ihrer Repro-duktion als Produzenten brauchen, dauerhaft übersteigt, an dem sie mit-hin anfangen, ein Surplus, ein Mehrprodukt zu erwirtschaften, das überden unmittelbaren Zweck einer zirkulären Konsumtion, den Zweck einerRegeneration der arbeitenden Subjekte selbst und Reproduktion ihrer Ar- beitskraft, zuverlässig hinausreicht und an dem ex abrupto der kritischenMasse dieser Überschußproduktion jener qualitative Wechsel im Maßerfolgt, durch den aus einfachen Lebensmitteln schierer Reichtum, auseiner gewohnt subsistentiellen Ration ein existentiell neues Medium, auseinem relativ bestimmten Quantum eine absolut differente Totalität wird.

Aber kaum daß die gesellschaftlich Arbeitenden diesen kritischen Punkterreicht haben und des als neues Medium und als differente Totalitätvon ihnen selber und aus eigener Kraft geschaffenen Reichtums gewahrwerden, finden sie sich mit geradezu tödlich anmutender Sicherheit von jener persönlichen Spaltung beziehungsweise personalen Verdoppelung

25

Page 26: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 26/155

 befallen, in deren Ergebnis ihnen aus dem Hinterhalt des neuen Mediums

oder ex improviso des differenten Totums als dessen wahrer Besitzer undwirklicher Nutznießer eine politisch andere Art Subjekte beziehungs-weise gesellschaftlich neue Klasse Menschen in die Quere kommt. Eineandere Art Subjekte, die – ganz entsprechend den Verhältnissen auf derindividuell-anthropologischen Ebene und im generell-genealogischenBereich – von den korporativ produzierenden Subjekten eben dadurchsich unterscheiden, daß sie mit deren Arbeit nicht das geringste zu schaf-fen haben und paradoxerweise aber exakt auf diese ihre prinzipielleAbstraktheit gegenüber den Produktionsfaktoren und fundamentale Un-abhängigkeit vom Arbeitsprozeß ihren Anspruch auf Inbesitznahme derFrüchte der Arbeit der letzteren und ihre Forderung nach Nutznießungdes von den letzteren geschaffenen Reichtums zu gründen scheinen.Indem die Arbeitenden mehr, als für ihren Unterhalt im Status quo vonArbeitenden erforderlich, erzeugen, Überfluß produzieren, der ein imVergleich mit dem Status quo ihres Arbeitslebens anderes und neuesDasein ostentiert, unterliegen sie offenbar dem Zwang, jene andere ArtSubjekte beziehungsweise neue Klasse Menschen, die nach Maßgabe ihrerAbstraktheit gegenüber den Entstehungsbedingungen des Produkts mitdiesem etwas seiner Andersartigkeit und Neuheit Gemäßes anzufangenversprechen und die im Kriterium ihrer Unabhängigkeit vom Arbeitspro-zeß sich als für das Leben im Überfluß a priori disponiert behaupten,

quasi automatisch mitzuproduzieren.Wesentlich nicht für sich selbst, sondern für diese andere Art Subjekte

 bauen die gesellschaftlich Arbeitenden seit alters – genauer: von Anfangder Entstehung gesellschaftlichen Reichtums an – Häuser, fertigen sieKleider und Schuhe, fabrizieren sie Verkehrsmittel. Wesentlich für diesedifferente Klasse Menschen produzieren sie, insofern jener Teil ihrer Her-vorbringungen, den sie den ersteren zu überlassen oder gar zuzueignengenötigt sind, Produkt in sichselbstgleich progressiver Bedeutung, in derBedeutung eines in seiner eigenen objektiven Potenz sich erschließendeninitiativen Mediums, Produziertes also in der Eigenschaft von Reichtum

ist, wohingegen das, was für sie selber übrigbleibt, Produkt nur im reduk-tiv eingeschränkten Sinn eines bloß die reale Subsistenz der Produzentenals solcher sicherstellenden reproduktiven Mittels, mithin Produziertesin der Eigenschaft von Lebensmitteln ist. Was aus den Häusern, die diegesellschaftlich Arbeitenden bauen, der Bekleidung, die sie fertigen, den

26

Page 27: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 27/155

Verkehrsmitteln, die sie fabrizieren, jene andere Art Subjekte gewin-

nen, sind die aus der objektiven Natur der Produkte erschlossenen Mög-lichkeiten residentiellen Wohnens, staffierender Ausstattung, freizügig-individueller Beförderung; was die Arbeitenden selber davon haben,ist die durch ihre eigene subjektive Notdurft erzwungene Wirklichkeit beherbergender Unterkünfte, bedeckender Hüllen, routiniert-kollektivenTransports. Und das ist nicht etwa das Ergebnis eines dinglich-reellenUnterschieds zwischen Klassen von Gegenständen, einer quasi natürli-chen Differenz zwischen Hütte und Palast, Kittel und Kleid, Karren undKutsche, sondern die Folge eines objektiv-funktionellen Gegensatzes zwi-schen Klassen von Subjekten, einer zwischen Arbeiter und Nutznießer,

Produzent und Eigentümer, Knecht und Herr ganz und gar praxologi-schen Disjunktion, einer kraft der Bildung gesellschaftlichen Reichtumsprimären gesellschaftspolitischen Unterscheidung, zu der alle des wei-teren natürliche Differenzierung, aller im übrigen dingliche Unterschiedhöchstens als sekundäre Versinnbildlichung, symbolischer Beleg sichverhält.

Ganz entsprechend den oben erörterten Verhältnissen auf der indivi-duell-anthropologischen Ebene und im generell-genealogischen Bereichhat auch im speziell-soziologischen Zusammenhang das den Umschlagvon Subsistenzmitteln in Reichtum markierende Auftreten einer ex im-

proviso des geschaffenen Reichtums als dessen wahrer Eigentümer undwirklicher Nutznießer sich präsentierenden anderen Art Subjekt für denSchöpfer des Reichtums selbst, das Corpus der in arbeitsteiliger Differen-zierug und kooperativer Komplexität gesellschaftlich Arbeitenden, die imSinne eines veritablen Subjektwechsels gravierendsten Konsequenzen. Inder Tat zieht das Erscheinen jener anderen Art Subjekte, die mit dem pa-radoxen Recht ihrer Abstraktion von allen Produktionsbedingungen undUnabhängigkeit von aller Arbeit das Arbeitsprodukt, den geschaffenenReichtum, sich höchstpersönlich zu eigen und zunutze zu machen bean-spruchen, für die Produzenten selbst die als Umwertung aller sozialen

Werte durchschlagendsten gesellschaftspolitischen Veränderungen nachsich. Im Reflexionspunkt jener differenten Klasse Menschen nämlich,die er als seine wahren Eigentümer promoviert und als seine wirklichenNutznießer in Szene setzt, gewinnt der Überfluß, den das Corpus dergesellschaftlich Arbeitenden im Zuge der Entfaltung der Produktivität

27

Page 28: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 28/155

der Arbeit hervorbringt, die Bedeutung eines seine eigenen ökonomi-

schen Voraussetzungen, den naturwüchsig unmittelbaren Prozeß, demer entspringt, reaktiv umwälzenden und systematisch vermittelndenErgebnisses: Im Reflexionspunkt jener anderen Art Subjekte, die partoutnur im Reichtum gründen, verwandelt letzterer sich aus einem ebensoa posteriori wie zwangsläufig konsequierenden Resultat in ein eben-so a priori wie zielstrebig organisierendes Prinzip der Produktion, auseinem überraschenden Schlußeffekt, in dem als in ihrem pikanten Höhe-punkt, ihrer paradoxen Krönung, die Subsistenzmittelerzeugung immeraufs neue kulminiert, in den aller Subsistenzmittelerzeugung vielmehr jeschon als spekulativer Stachel und schöpferischer Widerspruch zugrundeliegenden planmäßigen Endzweck. Und in dem Maß, wie dies geschieht,wie also im Kriterium jener ex improviso des Reichtums in Erscheinungtretenden neuen Subjektklasse aus der in die Produktion von Reichtumals in ihr ebenso unvermitteltes wie unvorhergesehenes Gegenteil immerwieder a posteriori umschlagenden zirkulär-pragmatischen Lebensmitte-lerzeugung eine die Lebensmittelerzeugung als ihren ebenso irrelevantenwie selbstverständlichen Bestandteil je schon a priori einbegreifendegezielt-systematische Produktion von Reichtum wird, verändert sichmit der neuen Perspektive auch und natürlich der kraft ökonomischerFunktion soziale Status der diesen Reichtum produzierenden Korpora-tion gesellschaftlich Arbeitender. Als systematische Produzenten eines

Reichtums, den prinzipiell andere mit Beschlag belegen, statt als prag-matische Erzeuger von Lebensmitteln, mit denen sie habituell sich selberversorgen, hören die gesellschaftlich Arbeitenden auf, ein einzig undnur der Erhaltung und Sicherung seiner Mitglieder angemessenes un-abhängiges Corpus zu bilden, und verwandeln sich vielmehr in ein derEtablierung und Ausstattung jener anderen dienliches und förderlichesabhängiges Organ. Aus der bis dahin selbsttätig und in eigener Verant-wortung produzierenden freien Assoziation wird ein im Dienste jenesneuen und anderen gesellschaftlichen Subjekts sich betätigender Pro-duktionsapparat. Und wie denn die grundlegende Neubestimmung und

durchgängige Umorientierung, die im Kriterium jenes als der Deus exmachina des geschaffenen Reichtums in Erscheinung tretenden neuenSubjekts die gesellschaftliche Produktion ereilt, den kraft ökonomischerFunktion sozialen Status der gesellschaftlich Produzierenden verändert,so zugleich auch den als politischer Charakter sozialen Modus ihres

28

Page 29: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 29/155

Zusammenschlusses. So wie aus dem selbstmächtigen Corpus ein aus-

führendes Organ, aus der Tätigkeit im eigenen Interesse eine Funktion infremden Diensten, aus der naturnotwendig dauernden Veranstaltung zurSelbstversorgung eine zwangswirtschaftlich feste Einrichtung zur Berei-cherung anderer wird, so tritt an die Stelle der – gemeinsamer Absichtentspringenden – Assoziation von Subjekten eine – fremder Rücksichtgeschuldete – objektive Organisation, an die Stelle des Prinzips eineraus den freien Stücken natürlicher Notdurft sich bildenden Vereinigungdas Gesetz einer durch den Zwangsmechanismus sozialer Entfremdunginduzierten Vergesellschaftung.

Nicht daß diese gesellschaftspolitisch ebenso weitreichenden wie so-

zioökonomisch tiefgreifenden Veränderungen allesamt bereits im Au-genblick des ersten Erscheinens jener dem Schoße des Reichtums ent-springenden neuen Subjektklasse eintreten müßten. Es mag durchauseine lange historische Entwicklung brauchen, bis der Statuswechsel, dendas Auftauchen jener neuen Subjektklasse für das Corpus der gesell-schaftlich arbeitenden Subjekte impliziert, und der modale Umbruch,den es für ihren institutionellen Charakter, ihre korporative Verfassungals solche, bedeutet, tatsächlich vollzogen sind. Aber in der Hauptsa-che der zu verfolgenden Entwicklungsrichtung scheint doch selbst derlangwierigste historische Prozeß ad hoc des Erscheinens jenes neuen

gesellschaftlichen Subjekts vorprogrammiert. Haben nur erst die gesell-schaftlich arbeitenden Subjekte jene andere Subjektart, die ihnen als einDeus ex machina ihres als Reichtum überschüssigen eigenen Produktsin die Quere kommt, als ebenso wesentliches Resultat wie notwendigeKonsequenz ihrer Überschußproduktion zur Kenntnis genommen; habensie nur erst jene differente Klasse Menschen ex improviso des Reichtums,den sie, die Arbeitenden selbst, hervorgebracht haben, als dessen vonseinen eigenen Gnaden etablierten wahren Eigentümer und wirklichenNutznießer realisiert; haben sie mithin ihre Verdrängung durch jenes neuegesellschaftliche Subjekt, das ihnen aus dem Stand ihres als gesellschaft-

licher Reichtum fix und fertigen Produkts heraus und in ostentativerAbstraktheit gegenüber der diesem Produkt zugrunde liegenden gesell-schaftlichen Arbeit den Rang abläuft, als ein Fait accompli anerkannt;und haben sie also das Erscheinen jenes von Grund auf neuen Subjekts,mit dem sie sich im ebenso paradoxen wie unerwarteten Resultat ihres

29

Page 30: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 30/155

eigenen Tuns und Vollbringens konfrontiert finden, als eben den objek-

tiven Subjektwechsel, als der er sich darstellt, akzeptiert, so scheint allesweitere die Sache einer als Konsequenzzieherei quasi logischen Entwick-lung und höchstens noch eine Frage der empirisch passenden Zeit undhistorisch günstigen Gelegenheit. Wenn wirklich das Erscheinen jenerneuen Subjektklasse diese anerkannte Bedeutung hat, daß im Augenblickseines Umschlagens aus einer Quantität genossenschaftlich erzeugterLebensmittel in die Qualität gesellschaftlich produzierten Reichtums dasProdukt gesellschaftlicher Arbeit aller habituell natürlichen Rückbin-dung an seine Produzenten sich entschlägt, um in der objektiv neuenRelation förmlicher Reflexion-in-sich einem dem eigenen Schoß entsprun-genen – um nicht zu sagen: aus dem eigenen hohlen Bauch geschöpften –toto coelo anderen Referenzpunkt sich zu übereignen, so ist die tiefgrei-fende Rückwirkung, die diese reflexive Umorientierung und vielmehrobjektive Konversion des Produkts auf den sozioökonomischen Statusund den gesellschaftspolitischen Modus seiner Produzenten haben muß,vorhersehbar. Wenn erklärtermaßen der – Lebensmittel in Reichtum ver-wandelnde – qualitative Sprung im Produkt darin resultiert, daß alsneuer Reflexionspunkt des ganzen Prozesses an die Stelle des im Geniti-vus subiectivus dem Produkt selbstmächtig vorausgesetzten identischenProduzenten ein im Genitivus obiectivus vom Produkt eigenmächtiggesetzter differenter Prätendent oder vielmehr an die Stelle des im Geniti-

vus productivus dem Produkt zugrunde liegenden subjektiv motivierteneinen Urhebers ein im Genitivus possessivus dem Produkt sich unter-stellender objektiv promovierter anderer Eigentümer tritt, so kann derdergestalt substituierte Produzent und verdrängte Urheber auf Dauergar nicht umhin, einer der anerkannten Objektivität der Ersetzung undakzeptierten Endgültigkeit der Verdrängung entsprechenden objekti-vierenden Umzentrierung und finalen Neuordnung seiner Verhältnissestattzugeben. Nach und nach muß er dies in Reichtum umgeschlageneProdukt in die Revision jenes ihm entspringenden differenten Bezugs-punkts treiben und als dessen prinzipielles Objekt und systematisches

Eigentum aus einem unvermittelten Schlußeffekt in den maßgebendenEndzweck aller Produktion transformiert sehen und zugleich sich, denProduzenten selbst, mittels dieses ihm zur Auflage gemachten und als derneue Endzweck ausgesetzten revidierten Produkts der Autorität jenes alsdie Revisionsinstanz figurierenden anderen Bezugspunkts unterworfen

30

Page 31: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 31/155

und aus einem in eigener Sache operierenden selbständigen Corpus in

ein in fremden Diensten laborierendes abhängiges Organ umgewandeltfinden.Eben das allerdings: die Wahrnehmung jener ex improviso des Um-

schlags von Lebensmittelerzeugung in Reichtumproduktion in Erschei-nung tretenden anderen Subjektklasse in der Bedeutung eines resultativkonstituierten, maßgebend neuen Referenzpunkts des ganzen Prozes-ses; die Realisierung jener als andere Art Subjekte spontanen Setzungund schieren Ausgeburt des in Reichtum umgeschlagenen Produkts inder Rolle einer ex cathedra des Produkts dessen tatsächliche Schöpferverdrängenden qualitativ differenten Identität; kurz, die Anerkennung jenes Deus ex machina des gesellschaftlichen Reichtums in der Funk-

tion eines als wahrer Eigentümer und wirklicher Nutznießer des letz-teren von diesem selbst anstelle der Produzenten in Szene gesetztenkonversionshaft anderen gesellschaftlichen Subjekts – eben das ist für dasCorpus der gesellschaftlich Arbeitenden die entscheidende Schwierig-keit. Es ist durchaus keine Übertreibung, wenn die als Reflexion-in-sich beschriebene Neubestimmung, die bei seinem Umschlagen in gesell-schaftlichen Reichtum das Produkt genossenschaftlicher Arbeit erfährt,in Begriffen einer konversionshaft totalen Abkehr des Produkts von sei-nen Produzenten, eines kriteriell fundamentalen Bruchs des Reichtumsmit seinen Schöpfern dargestellt und also in der ganzen gravierenden

Bedeutung eines die letzteren ereilenden pauschalen Enteignungsverfah-rens und radikalen Entfremdungsvorgangs aufgefaßt wird. Keine Frage,daß die Art und Weise, wie hier, in der speziell-soziologischen Sphä-re, das in Reichtum umschlagende Produkt den Zirkel seiner bis dahinunmittelbar-reduktiven, kontinuierlichen Rückbeziehung auf seine em-pirischen Produzenten durchbricht und in einer unvermittelt-reaktiven,diskreten Konversionsbewegung einem die letzteren verdrängenden qua-litativ differenten Bezugspunkt sich zuwendet, die letzteren selbst, dieempirischen Produzenten, in eine abgrundtiefe Identitätskrise stürzenmuß. Womit die gesellschaftlich Arbeitenden ex improviso des von ih-nen geschaffenen Reichtums sich konfrontiert finden, ist ihresgleichen,

sind sie selber, – sie selbst aber in der, wie man will, unendlich gene-rischen Entzweiung oder unüberbrückbar sphärischen Verdoppelung jenes nach Maßgabe der Abstraktheit, die es gegenüber den Produkti-onsbedingungen im besonderen hervorkehrt, qualitativ anderen Sub- jekts und im Kriterium der Unabhängigkeit, in der es sich gegenüber

31

Page 32: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 32/155

dem Arbeitsprozeß im allgemeinen behauptet, absolut neuen Wesens.

Und jenen abstrakten Zwilling oder unvermittelten Doppelgänger ihrerselbst sollen sie in der Rolle des mit resultativer Schlüssigkeit an ihreStelle tretenden tatsächlichen Adressaten des gesellschaftlichen Reich-tums zur Kenntnis nehmen; ihn sollen sie mithin in der Funktion desmit objektiver Verbindlichkeit sie zu ersetzen bestimmten wirklichengesellschaftlichen Subjekts anerkennen; ihn sollen sie als ihr dem Standder Dinge entsprechendes wahres Selbst, ihre in der Natur der Sachegelegene wesentliche Identität akzeptieren. Fürwahr ein befremdliches,ein unerhörtes Ansinnen! Ein Verlangen, das sie um so härter ankom-men muß, als die existentiell-positionelle Distinktion beziehungsweisetopisch-funktionelle Differenz, in der ihr Zwilling oder Doppelgängersich ihnen gegenüber beweist und aus der heraus er seinen Anspruchauf die Rolle des wirklichen gesellschaftlichen Subjekts gegen sie geltendmacht, hier, im speziell-soziologischen Zusammenhang, jegliche sei’s denKonkurs forcierenden verschärfenden Konditionen, sei’s zum Kompro-miß einladenden mildernden Umstände vermissen läßt und ihnen wederwie auf der individuell-anthropologischen Ebene die geforderte Aner-kennung zwingender noch wie im generell-genealogischen Bereich denin der Anerkennung implizierten Subjektwechsel leichter werden läßt.Weder nämlich sehen sie sich wie auf der individuell-anthropologischenEbene mit dem anderen Subjekt und neuen Selbst in der dynamisch zuge-

spitzten Form unentrinnbarer Immanenz und aggressiver Gleichzeitigkeitkonfrontiert, noch finden sie wie im generell-genealogischen Bereich dasandere Subjekt in der perspektivisch-entspannten Figur unverfänglicherTranszendenz und versöhnlicher Ungleichzeitigkeit sich vorgesetzt; viel-mehr begegnet es ihnen in der topisch entschiedenen Bedeutung einerkategorischen Präsenz und dominierenden Insistenz. Jene klassenför-mig anderen Subjekte, mit denen sie sich hier konfrontiert finden, sindihresgleichen, ihres Wesens, aber sie sind selbständige einzelne, anderePersonen; sie sind selbständige einzelne, andere Personen, aber sie sindkein späteres Geschlecht, keine andere Generation. Und weder können sie

also wie im individuell-anthropologischen Fall die von jener anderen ArtSubjekt ausgehende Anerkennungsforderung durch den Salto mortaleeiner das Schlimmste, den als selbstzerstörerische Auseinandersetzungintimen Bruderzwist, verhütenden Identifikation mit dem augenblick-lich und auf dem Fleck hereinbrechenden Aggressor gegenstandslos

32

Page 33: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 33/155

werden lassen, noch können sie wie in der generell-genealogischen Situa-

tion dieser Anerkennungsforderung durch die Umarmungstaktik einerin gezielt elterlicher Verblendung auf nichts als die Wahrung der Gat-tungskontinuität bedachten Solidarisierung mit dem früher oder spätereintretenden Sukzessor die Spitze abbrechen; vielmehr werden sie hier,im speziell-soziologischen Zusammenhang, mit einer Aufforderung zurebenso bedingungslosen wie erklärten Kapitulation vor dem hic et nuncerscheinenden Konkurrenten konfrontiert.

Als ihr objektiv wahres Selbst anerkennen sollen die gesellschaftlichArbeitenden einen Konkurrenten, der in seiner durch keine faktischeImmanenz koinzidentiell zugespitzten Präsenz und durch keine futu-ristische Transzendenz perspektivisch entspannten Insistenz wesentlichnur dadurch vor ihnen sich auszeichnet, daß er von den besonderenArbeitsverhältnissen, an denen sie selber ihre existentielle Bestimmt-heit finden und den planen Verstand ihres Daseins haben, nicht wenigerqualitativ als total zu abstrahieren weiß und von dem produktiven Zu-sammenhang, der ihnen selber ihren faktischen Selbstbezug vermittelt,sich nicht weniger absolut als prinzipiell unabhängig behauptet. Dasheißt also, als ihre objektiv bezeugte, wirkliche Identität sollen sie einenKonkurrenten anerkennen, an dem das absolut Neue in seiner abstrak-tiv pauschalen Verwerfung ihres eigenen faktischen Selbstverhältnisses,seiner disjunktiv unendlichen Ausschließung ihrer eigenen empirischen

Identität besteht. Wie sollte eine solche Anerkennung ihnen nicht alsKapitulation par excellence, als schiere Selbstpreisgabe erscheinen? Sogewiß die qualitativ andere Konstitution jenes unvermittelt doppelgänge-rischen Konkurrenten, mit dem als mit ihrer wirklichen gesellschaftlichenIdentität sie sich identifizieren sollen, wesentlich in nichts weiter bestehtals in der totalen Abstraktheit und prinzipiellen Unabhängigkeit, die erin Ansehung der ihnen eigenen faktischen Beschaffenheit an den Taglegt, so gewiß gewinnt für sie der ihnen abgeforderte Identitätswechseldie krasse Konnotation eines Identitätsverlusts. Was jener in bezug auf ihre eigene empirische Identität ebenso exklusiv abstrakte wie disjunk-

tiv unvermittelte Konkurrent ihnen offenbar zufügt, ist Substitution imunmetaphorisch-vollen Sinn einer rücksichtslos totalen Ersetzung undrelationslos prinzipiellen Verdrängung. Und was er ihnen mit seinerForderung nach Anerkennung zumutet, ist demnach Entfremdung impräzis-paradoxen Verstand der Desertion zu und Identifizierung mit

33

Page 34: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 34/155

einem ebenso unendlich wie total anderen und ebenso ausschließlich

wie prinzipiell Fremden. Weil das, was jenen abstrakt zwillingshaftenKonkurrenten von ihnen unterscheidet, nichts weiter ist als die zu qua-litativer Andersartigkeit totalisierte unendliche Disjunktion, in der ersich gegenüber dem als gewohnheitsmäßiges Selbstverhältnis ihnen ei-genen faktisch bestimmten Dasein verhält, nichts sonst also ist als diezu unendlicher Fremdheit verabsolutierte prinzipielle Ausschließung,in der er sich gegen ihre als unmittelbare Sichselbstgleichheit empirischentwickelte Identität verwahrt, können die gesellschaftlich Arbeitendengar nicht umhin, jene Forderung, ihn als ihr objektiv wahres Selbst undals ihre gesellschaftlich wirkliche Identität zur Kenntnis zu nehmen, alsein Ansinnen zu erfahren, dessen Erfüllung für sie in ihrer faktischen

Unmittelbarkeit eine Selbstentfremdung ungeheuerlichsten Ausmaßesund mithin die gravierendste Identitätskrise zur Folge hat.

Und nicht etwa wird den gesellschaftlich Arbeitenden die solcher-art kruzifikatorische Zumutung dadurch leichter erträglich, daß es derebenso geheimnisvolle wie erklärte Sachzwang ihres eigenen Tuns ist,was die Forderung ihres Konkurrenten als einen gegründeten Anspruchsanktioniert, ja als diesen Anspruch überhaupt erst konstituiert. Vielmehrist es im genauen Gegenteil ihre so prozeßförmig objektive Deduktionund produktspezifisch resultative Affirmation, was sie ihnen vollendsunverdaulich werden läßt. Daß sie einen durch nichts als durch seine

disjunktive Abstraktheit von ihnen sich abhebenden und durch nichts alsdurch seine exklusive Unvermitteltheit vor ihnen sich auszeichnendenKonkurrenten als ihr wahres Selbst anerkennen sollen, ist schlimm genug;aber daß sie ihn im ebenso unbezweifelbaren wie unverhofften Resultatihres qua Überschußproduktion eigenen Tuns in dieser Eigenschaft geltenlassen sollen – dies läßt nun vollends die Zumutung zum abgründigenTort geraten. In der Tat ist es dieser besondere Umstand, der den gesell-schaftlich Arbeitenden die in Gestalt jener abrupt anderen Art Subjektesie ereilende Identitätskrise zum nicht weniger existentiell diskriminie-renden als objektiv zwingenden Widerfahrnis, zum psychologisch ebensounverwindbaren wie empiriologisch unabwendbaren Schicksalsschlag

werden läßt. Daß es die Frucht ihrer eigenen Fron und Arbeit ist, was jener ihnen gegenüber anderen Art Subjekte zur Stellung des objektivwahren Selbst verhilft, läßt die korporiert Arbeitenden aus bloß ent-schieden Unterlegenen zu entscheidend Hintergangenen, aus bloß hoff-nungslos Mißachteten und Entrechteten zu erbarmungslos Verratenen

34

Page 35: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 35/155

und Verkauften werden. Daß es das Produkt ihrer eigenen Hände ist, der

Reichtum, den sie selber geschaffen haben, was jene differente Identitätin all ihrer disjunktiven Unvermitteltheit auf den Schild hebt, spezifiziertdas historische Übel des seiner eigenen Schöpfung beraubten Schöpferszum systematischen Bösen einer von ihrem eigenen Schöpfer abfallendenSchöpfung. Weil das, was jene andere Art Subjekte von den gesellschaft-lich Arbeitenden unterscheidet, nur die disjunktive Unvermitteltheit ist,in der sie gegenüber deren faktisch bestimmtem Dasein sich behaupten,nichts sonst als die exklusive Abstraktheit ist, die sie gegenüber derenempirisch entwickelter Identität herauskehren, gewinnt der Umstand,daß es ihr eigenes Produkt ist, was den gesellschaftlich Arbeitenden das

Nachsehen gegenüber jener anderen Art Subjekte gibt, die Bedeutungdes vom Produkt den Produzenten bewiesenen schwärzesten Undanks,eines an den gesellschaftlich Arbeitenden vom Werk ihrer eigenen Händegeübten finstersten Verrats. Indem in seiner Eigenschaft als Reichtumdas Produkt seine gewohnt reproduktive, zirkulär reflektorische Bindungan die unmittelbaren Produzenten der als förmliche Reflexion-in-sichqualitativ und kriteriell neuen Beziehung zu jener ex improviso seinerselbst unvermittelt anderen Subjektivität zum Opfer bringt, macht essich de facto der besonderen Natur jener anderen Subjektivität einerpauschalen Mißachtung seiner eigenen Existenzbedingungen schuldig,

verleugnet es in der Gestalt jenes neuen Reflexionspunkts seine eigeneEntstehung und Herkunft. In seiner Eigenschaft als Reichtum läßt sichdas Produkt von den Produzenten nur hervorbringen, um im Augenblickseiner Fertigstellung den letzteren ihre Arbeit und Mühe mit dem Undankeiner im Kriterium jenes spontan anderen Eigentümers und neuen Herrnexklusiv pauschalen Verwerfung ihrer gesamten faktischen Existenz unddisjunktiv totalen Ausschließung ihrer ganzen empirischen Identität zulohnen. Eben die empirische Natur, der der gesellschaftliche Reichtumsein eigenes Entstehen verdankt, erklärt er in specie jener ihm als solchementspringenden unvermittelt anderen Subjektivität zum absolut vernach-

lässigenswerten Modus vivendi und vielmehr unbedingt abzulegendenschlechten Habitus und in der Tat zur regelrechten Kontraindikation undzum förmlichen Ausschließungsgrund für jede zu ihm, dem Reichtumselbst, unterhaltene existentielle Beziehung und für alles an ihm, demÜberfluß als solchem, sich erbauende residentielle Verhältnis.

35

Page 36: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 36/155

Daß das neue gesellschaftliche Wesen, mit dem als mit seinem wahren

Nutznießer und wirklichen Eigentümer das in Reichtum umschlagendeWerk ihrer eigenen Hände die korporativ Arbeitenden konfrontiert, seine– ironisch so zu nennende – spezifische Differenz in der exklusiven Ab-straktheit und disjunktiven Unvermitteltheit hat, die es dem gesamtenfaktischen Dasein und ganzen empirischen Zusammenhang der letzterengegenüber beweist, muß in dem Maß, wie es für diese jeden Akt derIdentifizierung mit ihm zu einer Aktion faktischer Selbstverleugnungund empirischer Selbstentfremdung werden läßt, dem ihnen objektivangetragenen und gesellschaftlich zugemuteten Identitätswechsel dieBedeutung einer fundamentalen Identitätskrise verleihen. Und daß espartout das Werk ihrer eigenen Hände ist, das solch unerhörte Zumutungfür sie bereithält, muß in dem Maß, wie es die ihnen hierbei abverlangtefaktisch-private Selbstverleugnung und empirisch-persönliche Selbs-tentfremdung zur Sache einer vielmehr öffentlichen Diskriminierungerhebt und mit der Sanktion einer quasi offiziellen Exkommunikationversieht, die Identitätskrise zur existentiellen Verzweiflung geraten las-sen. Sollen die gesellschaftlich Arbeitenden dieser Verzweiflung nichterliegen, so können und dürfen sie jene mit Bezug auf sie selber relati-onslose Abstraktheit des anderen Subjekts, jene hinsichtlich ihrer selbstrücksichtslose Unvermitteltheit des neuen Wesens durchaus nicht hin-nehmen. Soll nicht die durch das Werk ihrer eigenen Hände geforderte

Kapitulation vor jenem als ihr objektiv wahres Selbst ihnen sich auf-drängenden anderen Subjekt als eine verzweiflungsvolle Kapitalstrafesich herausstellen, die eben dies Werk ihrer eigenen Hände an ihnenvollzieht, so können die gesellschaftlich Arbeitenden die über ihre eigenefaktische Bestimmtheit das unendliche Urteil fällende, ebenso abruptewie pauschale Bestimmungslosigkeit, in der jenes andere Subjekt ihnenad hoc erscheint, können sie die ebenso absolute wie totale Indifferenz,in der jenes neue Wesen sich ihnen auf Anhieb vorstellt, unter keinenUmständen dulden. Wollen sie bei der ihnen objektiv angesonnenenKapitulation vor und Identifizierung mit jener neuen Klasse Mensch

nicht die unglücklich-schmähliche Rolle eines von dem, dem es kapitu-lierend sich darbringt, unbesehen verworfenen Selbstopfers spielen oderdie erbarmungswürdig-unselige Figur eines von dem, dem es identifi-katorisch sich zueignet, indifferentistisch abgestoßenen Fremdkörpersmachen, so müssen sie alles daransetzen, jener anderen Subjektivität

36

Page 37: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 37/155

sei’s den Schneid ihrer unvermittelt pauschalen Andersartigkeit abzu-

kaufen, sei’s die Spitze ihrer abstraktiv-totalen Fremdheit abzubrechenund sie in eine bestimmte Relation, ein vertretbares Verhältnis zu ihnen,den gesellschaftlich Arbeitenden selbst, zurückzubringen. Das heißt,sie müssen den Versuch machen, aus eigener Kraft, mit eigenen Mit-teln und dank eigener Recherchen jenem anderen Subjekt die auf sieselbst und ihr faktisches Dasein bezügliche Relativität, die es von sichaus so peremptorisch-pauschal verleugnet, dennoch nachzuweisen unddie sie selbst und ihren empirischen Zusammenhang betreffende Ver-gleichbarkeit, die es an sich so kategorisch-total ignoriert, dennoch zuvindizieren.

Zwar, das Factum brutum als solches: daß es gerade seine gegenüberihrem faktischen Dasein bewiesene Abstraktheit und ihrem empirischenZusammenhang bezeugte Unvermitteltheit ist, was als ein jenes andereSubjekt allein vor ihnen auszeichnendes paradoxes Charakteristikum beziehungsweise ein jenes neue Wesen einzig und nur von ihnen un-terscheidendes ironisches Spezifikum ihre eigene Schöpfung offenbardazu bringt, jenem anderen Subjekt vor ihnen den Vorzug zu geben –dies Factum brutum können die gesellschaftlich Arbeitenden schwerlichaus der Welt schaffen. Aber was sie immerhin erreichen können und beiStrafe einer in existentielle Verzweiflung einmündenden Identitätskriseauch erreichen müssen, ist eine Abmilderung der Brutalität des Fakts

und die Zurücknahme jener vom Werk ihrer eigenen Hände verräterischprivilegierten Abstraktheit und pietätlos prämiierten Unvermitteltheitaus einem Zustand der ihnen gegenüber rein disjunktiven Beschaffen-heit und absoluten Indifferenz in den Charakter einer mit Rücksichtauf sie bloß negativen Bestimmtheit und ohne Ironie spezifischen Dif-ferenz. Was sie erreichen können, ist eine revidierende Überprüfungoder reflektierende Interpretation, der es gelingt, die Abstraktheit jenesanderen Subjekts, allen abstrakten Prätentionen zum Trotz, als Ausdruckeines bloßen, an ihnen – den gesellschaftlich Arbeitenden – durchaus bemeßbaren differentiellen Abstands nachzuweisen, die Unvermitteltheit

 jenes neuen Wesens, allem unvermittelten Vorgeben entgegen, als Aus-weis eines bloßen, auf sie – die gesellschaftlich Arbeitenden – durchaus beziehbaren wesentlichen Unterschieds vorzuführen, und die es ebendamit fertigbringt, den peremptorisch abschneidenden Disjunktiv solcherAbstraktheit zum wie immer amputatorisch einschneidenden Negativ

37

Page 38: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 38/155

abzuschwächen oder das absolut niederschmetternde Exklusiv solcher

Unvermitteltheit zum wie sehr auch relativ überwältigenden Komparativzu ermäßigen. Nur unter der Bedingung, daß sie imstande sind, jenesandere Subjekt der ad hoc unendlichen Unbestimmtheit, in der es ihnenerscheint, und der unmittelbar vernichtenden Indifferenz, die es ihnen bezeigt, zu entreißen und es in eine – wie sehr auch als kritisches Urteilvon ihnen wahrgenommene – komparativ bestimmte Relation zu ihremeigenen faktischen Dasein zu stellen beziehungsweise in ein – wie sehrauch als Negationsbewegung von ihnen erfahrenes – spezifisch differen-tes Verhältnis zu ihrem eigenen empirischen Zusammenhang zu setzenund, kurz also, in eine – wie auch immer als ein diskreter Scheidungs-prozeß von ihnen begriffene – kriterielle Kontinuitätsbeziehung zu ihrereigenen, individuellen Existenz zu bringen, können die gesellschaftlichArbeitenden hoffen, die als unendliches Urteil pauschale Verwerfung,die auf den ersten Blick die Bevorzugung jenes anderen Subjekts durchihre eigene Schöpfung für sie bedeutet, in eine bei näherem Zuseheneinfache, als spezielle Zurücksetzung bestimmte Negation zu verwandelnund damit der existentiellen Verzweiflung zu entrinnen, mit der auf denersten Blick des ihm vom Werk ihrer eigenen Hände gegebenen unendlichexklusiven Vorzugs jenes andere Subjekt sie bedroht.

Und in der Tat ist eben dies: die das verräterisch-pietätlose Verhaltenihrer eigenen Schöpfung aus einem Fall von unendlichem Urteil in eine

Form von bestimmter Negation zu verwandeln bemühte Suche nach einerim Grunde der oberflächlich unendlichen Unbestimmtheit jenes anderenSubjekts dennoch wahrnehmbaren bestimmten Relation zu ihrem eigenenfaktischen Dasein, nach einer im Kern der äußerlich totalen Indifferenz jenes neuen Wesens dennoch auszumachenden spezifischen Differenz zuihrem eigenen empirischen Zusammenhang, die zentrale Reflexionsauf-gabe und die wesentliche intellektuelle Okkupation, zu der im Angesicht jenes anderen Subjekts die gesellschaftlich Arbeitenden sich verstehen.Von Beginn der Erfahrung gesellschaftlichen Reichtums an und vornehm-lich in den Anfängen dieser Erfahrung, dort also, wo gesellschaftlicher

Reichtum eben erst entsteht, gerade erst eine Rolle zu spielen beginnt,zeigen sich die gesellschaftlich Arbeitenden gleichermaßen disponiertund getrieben, dem ex improviso des Reichtums sich ihnen ergebendenexistentiellen Selbstbestimmungsproblem und kruzifikatorischen Identi-tätsdilemma ihre gesamte Reflexionskraft und ihre ganze intellektuelle

38

Page 39: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 39/155

Aufmerksamkeit zuzuwenden. Überall da, wo ex improviso des just im

Entstehen begriffenen Reichtums jene andere Art Subjekt gleichermaßenmit der exklusiven Abstraktheit eines Glückskinds und der disjunktivenUnvermitteltheit eines Wechselbalgs den Produzenten des Reichtumsineins das Nachsehen ihrer ökonomischen Stellung gibt und den Rangpolitischer Geltung abläuft, haben diese offenbar nichts Vordringlichereszu tun, als in der unschwer erkennbaren Absicht einer Abschwächungdes unendlichen Exklusiv zur spezifischen Differenz und einer Ermä-ßigung des absoluten Disjunktiv zur relativen Negation dem auf denersten Blick niederschmetternden Präsentationsgestus und vernichtendenErscheinungsmodus jenes abstrakten Widersachers und unvermitteltenNebenbuhlers mit ebensoviel Spürsinn wie Reflexionskraft teils seine in bezug auf ihr eigenes faktisches Dasein historisch näheren Umständeabzumerken, teils seine im Verhältnis zu ihrem eigenen empirischenZusammenhang systematisch genaueren Bestimmungen nachzuweisen.Ergebnis dieser intellektuellen Anstrengung und Ausdruck dieser reflexi-ven Bemühung ist der Mythos.

39

Page 40: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 40/155

. Der Held der Arbeit

 Archaik und Kursorik: Das andere Subjekt wird durch den Mythos als Vorfahr

und als Vorbild identifiziert.

Der Mythos handelt vom qualitativen Sprung in der gesellschaftlichenProduktion, vom Moment des Umschlagens gemeinschaftlicher Sub-sistenz in gesellschaftlichen Überfluß, vom Augenblick der Entstehunggesellschaftlichen Reichtums. Der Mythos erzählt vom Fest. Mit dem Festerreichen die im kooperativ-arbeitsteiligen Corpus, in stammesförmigerGemeinschaft, von Natur und anfänglich arbeitenden Subjekte jenen –den Zuwachs an Produktivität in einer Neubestimmung des Produktskulminieren lassenden – entscheidenden Zeitpunkt, jenen – das Maß der

quantitativen Anhäufung zur neuen Qualität vollmachenden – kriteri-ellen Fixpunkt, an dem aus Lebensmittel Reichtum, aus regenerativemStoff ein generatives Gut, aus zirkulären Selbsterhaltungsmitteln ein in-itiatorisches Selbstverwirklichungsmedium wird. Im Augenblick desFestes nehmen die Hervorbringungen der arbeitenden Stammesgenossen,die Produkte ihrer arbeitsteilig-kooperativen Anstrengung, jenen vonGrund auf veränderten Charakter an, der ihre auf die Erhaltung desStatus quo, auf die Reproduktion ihrer Erzeuger gerichtete Funktionin den Hintergrund treten und sich zum Randphänomen verflüchtigenläßt, um anstelle dieser Funktion eine auf die Initiierung eines überhaupt

anderen Daseins, auf die Realisierung eines ontologisch differenten Sta-tus gemünzte qualitativ neue Bestimmung Platz greifen zu lassen. In jenem Augenblick, den das Fest markiert, kehren die Erzeugnisse dergemeinschaftlich Arbeitenden eine radikal andere Orientierung und totalneue Dimension hervor, die sie aus definitiven Mitteln zur Erhaltung

40

Page 41: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 41/155

einer nichts als sie selber bedingenden Arbeits- und Lebenskraft plötz-

lich ins affirmative Medium der Verwirklichung einer auf wesentlichanderes als auf sie selber zielenden bedingungslosen Kraftentfaltungund einer im qualitativen Jenseits ihrer selbst sich vollziehenden freienLebensgestaltung umschlagen läßt. Kurz, der Augenblick, in dem dasFest sich ereignet, ist der Augenblick jener tiefgreifenden Veränderungund grundlegenden Konversion, in deren Konsequenz die Produkte derArbeit sich aus genossenschaftlichen Lebensmitteln, das heißt aus ge-wohnheitsmäßigen Objekten einer relativ gleichförmigen Subsistenz, ingesellschaftlichen Reichtum, nämlich in die naturhafte Substanz einervöllig neuartigen Existenz verwandeln.Von diesem im Leben des gemeinschaftlichen Corpus oder genossen-schaftlichen Stammes einschneidenden Ereignis und kriteriellen Au-genblick handelt der Mythos. Aber als wesentlich Mythos vom Fest ister ebensowohl und um nichts weniger wesentlich Mythos vom Herrndes Festes. Indem der Mythos vom Eintreten des Festes erzählt, erzählter zwangsläufig auch und zugleich vom Auftreten jenes anderen Sub- jekts, dem als wahrem Adressaten und wirklichem Nutznießer das Festgilt. Jenes andere Subjekt ist der Heros. Im Heros ersteht den korporativArbeitenden, den stammesförmig Produzierenden ex improviso des fest-lichen Augenblicks, den ihre eigene fortlaufende Überschußproduktionherbeiführt, und aus dem Hinterhalt also des festlichen Ereignisses, das

ihre eigene zunehmende Produktivität zeitigt, der Doppelgänger undWechselbalg, der ihnen als der im Fest gekürte eingeborene Held dasNachsehen ihrer ökonomischen Stellung zu geben und als der durchs Festgefeierte angestammte Herr den Rang politischer Geltung abzulaufen bestimmt ist. Kaum daß sie im Begriff sind, den festlichen Augenblick,in dem ihr kontinuierlicher Arbeitsfleiß resultiert, wahrzunehmen, trittden als stammesförmige Korporation gesellschaftlich Arbeitenden imHeros jenes abstrakt andere Subjekt entgegen, das in dem Maß, wie esals die von Gnaden des festlichen Augenblicks zentrale Gestalt sich inSzene setzt und als die ex cathedra des festlichen Ereignisses dominie-

rende Figur sich herausstellt, den gesellschaftlich Arbeitenden als ihrmit objektivem Grund wahres Selbst, ihre mit wirklicher Verbindlichkeitgesellschaftliche Identität sich aufdrängt. Wie Ziethen aus dem Busch desfestlichen Augenblicks oder Deus ex machina des festlichen Ereignissesist zu Anfang des Festes der Heros plötzlich da und gibt als der dem

41

Page 42: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 42/155

Überfluß, der im Fest sich auftut, statt seiner eigentlichen Erzeuger abrupt

eingeborene wahre Nutznießer, als der dem Reichtum, der qua Fest sicherschließt, in Substitution seiner tatsächlichen Schöpfer unvermittelt an-gestammte wirkliche Eigentümer dem Mythos um keinen Deut wenigerals das Fest selbst Stoff zu reflektieren und Gelegenheit zu erzählen.

Und diesen Reflexionsstoff, den der beim Fest erscheinende Herosihm bietet, versteht der Mythos zu entfalten, diese Gelegenheit zu er-zählen, die der Herr des Festes mehr noch als das Fest selber ihm gibt,weiß der Mythos zu nutzen. In der Tat weiß er vom Heros entschiedenmehr und prononciert anderes zu berichten als bloß dessen beim Eintrittdes Festes abstraktes Auftreten, sein im festlichen Augenblick unver-mitteltes Erscheinen. In der Tat weiß der Mythos vom Auftreten desHeros so entschieden genauer und prononcierter zu erzählen, daß damitdies abstrakte Auftreten, aller angeblich bedingungslosen Abstraktheit,aller scheinbar umstandlosen Unvermitteltheit zum Trotz, dennoch ineine angebbar temporale Beziehung zum faktischen Dasein der korpo-rativ Arbeitenden, in ein erkennbar modales Verhältnis zur empirischenBestimmtheit der stammesförmig Produzierenden tritt. In seine in Anse-hung des festlichen Ereignisses resultativ ausgezeichnete Stellung, unddas heißt als Herr des Festes ante portas des festlichen Augenblicks,gelangt, wie der Mythos zu erzählen weiß, der Heros auf einem dem dergesellschaftlich Arbeitenden durchaus vergleichbaren Weg und vermittels

eines dem Produktionsprozeß der gemeinschaftlich Arbeitenden durch-aus entsprechenden Vorgehens. Nicht anders als die gemeinschaftlichArbeitenden muß sich auch der Heros einer Reihe von intellektuellenund physischen Anstrengungen unterziehen, muß auch er eine Serievon spontanen beziehungsweise habituellen Leistungen vollbringen,eine Abfolge von bestimmten teils improvisierten, teils routinierten Ar- beitsprozessen durchlaufen, ehe er als der Herr des Festes die in festli-chen Reichtum umgeschlagenen Früchte solcher Anstrengung genießenkann. Auch der Heros, nicht anders als die gesellschaftlich Arbeitenden,fällt Holz, rodet Land, bestellt den Acker, schichtet Steine, flicht Wände,

knüpft Netze, schmiedet Werkzeuge und Waffen, baut Dämme, drilltFeuer, geht auf Jagd, legt Reusen, mistet Ställe aus, melkt das Vieh, bevorer am Ende den solch mannigfaltiger Tätigkeit entspringenden Überflußin bevorzugter Stellung und mit privilegiertem Recht als Eigentümer undNutznießer mit Beschlag belegen kann. Zugleich allerdings weist bei aller

42

Page 43: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 43/155

prinzipiellen Ähnlichkeit mit dem Tun der stammesförmig Produzieren-

den das Vorgehen des Heros zwei charakteristische Besonderheiten auf,ist bei aller generellen Vergleichbarkeit mit der Arbeit, die jene ausführen,die von ihm verrichtete Arbeit in zweifacher Hinsicht spezifisch different.Und zwar besteht diese doppelte Differenz einerseits im Tempus undandererseits im Modus der beiden Arbeitsgänge und Verfahrensweisen:Der Heros verrichtet seine Arbeit in einer entschieden anderen Zeit, under verrichtet sie auf eine markant andere Art als der Stamm.

Macht auch der Heros, wie vom Mythos dargelegt, eine im Prinzipähnliche Entwicklung durch und durchläuft er die in genere gleichen Sta-dien wie die Stammessubjekte, so tut er es aber, wie der Mythos ebenfallsfesthält, zeitlich entschieden früher als diese und hat sein Tun vor ihrereigenen Tätigkeit die eindeutig temporale Priorität: Der Heros figuriert imMythos als Vorfahr. Jene Produktionsprozesse, die vor dem festlichen Au-genblick die Stammessubjekte eben erst beendet, jene Arbeitsleistungen,die sie ante portas des festlichen Ereignisses gerade erst erbracht haben,hat im Unterschied zu ihnen der Heros als Vorfahr schon vor ebensodezidiert wie unbestimmt langer Zeit, in einem ebenso unbezweifelbarenwie unvordenklichen Prius vollbracht und abgeschlossen. Da, wo diegemeinschaftlich Produzierenden in der qualitativ sprunghaften Konse-quenz ihrer quantitativ kontinuierlichen Arbeitsanstrengung sich geradeerst einfinden, findet der Heros, dank der zeitlichen Priorität, die als das

ältere Geschlecht, als generationsmäßiger Vorgänger, er mitsamt der ihmeigenen, entsprechenden Arbeitsanstrengung genießt, längst schon sichvor; da, wo sie, die stammesförmig Arbeitenden, eben erst als am Zielihres Vorgehens eintreffen, läßt er, der zielstrebig ihnen vorausgegangeneHeros, schon seit langem sich antreffen. Als Mann der ersten Stundeund Vertreter ältester Generation ist der Heros in eben dem festlichenAugenblick, den die Stammessubjekte im Begriff stehen zu feiern, undan genau dem entscheidenden Punkt, den sie auf dem Sprung sind zuüberschreiten, je schon ebenso allzeit wie zeitig gewesen, ebenso zeitloswie vorzeitlich präsent, ebenso ewig wie eh allda.

Erklärt nun zwar diese vom Mythos dem Heros mitsamt seinen Ar- beitsprozessen nachgesagte Archaik, diese ihm zugewiesene Stellung alsVorfahr, warum im kritischen Augenblick der Heros den Stammessub- jekten je schon zeitlich voraus ist, warum er am entscheidenden Punkteinen topisch unbestreitbaren Vorsprung vor ihnen hat, so ist dadurch

43

Page 44: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 44/155

indes noch keineswegs verständlich, warum mit seinem zeitlichen Vor-

aussein der Heros den Stammessubjekten sachlich etwas voraushaben,warum sein topisch unbestreitbarer Vorsprung zugleich in der Bedeutungeines logisch unbezweifelbaren Vorzugs erscheinen soll. Aber auch hierweiß der Mythos Rat. Hier nämlich kommt die zweite charakteristischeEigenart ins Spiel, die beim Erzählen der Mythos am Heros und seinemTun beschreibt. Nicht bloß durch die temporale Distanz des Vorgangs,sondern ebensowohl durch die modale Differenz der Vorgehensweiseunterscheidet sich der Heros von den Stammessubjekten. Was nach Aus-kunft des Mythos zur zeitlichen Archaik der vom Heros – uneinholbarfern von den Stammessubjekten – verrichteten Arbeit als weitere aus-zeichnende Besonderheit hinzukommt, ist die sächliche Kursorik, mitder der Heros – unbestreitbar anders als die Stammessubjekte – seineArbeit verrichtet. Anders als die gemeinschaftlich Arbeitenden, stammes-förmig Produzierenden durchläuft der Heros die Arbeitsvorgänge undProduktionsprozesse, die dem festlichen Augenblick vorhergehen, imgenauen Sinne des Wortes; das heißt, er macht sie nicht sowohl durch,quält sich nicht mit ihnen herum, arbeitet sich nicht an ihnen ab, wiedie Stammessubjekte das tun, sondern er bewegt sich vielmehr in ihnenfort, eilt durch sie hindurch, bringt sie, ohne sich ernstlich mit ihnenaufzuhalten, hinter sich. Das Verhältnis, das der Heros zu den Stadiendes Arbeitsverfahrens, den Momenten des Produktionsprozesses unter-

hält, ist von Anfang an und durchgängig kursorisch. Der Heros bauteinen Damm, um einen Stausee zum Fischen anzulegen, er schlägt Feuer,um eine Mittagsmahlzeit zu kochen, er schmiedet eine Waffe, um einBeutetier zu erjagen, er fällt Holz, um ein Boot für einen Flußübergangzu bauen; aber sowenig er mit der jeweiligen Arbeit etwas anderes alseinen definierten, ebenso einzelnen wie stereotypen Zweck verfolgt, so-wenig engagiert er sich in ihr, verweilt er bei ihr, gewöhnt er sich an sie.Offenbar fühlt sich der Heros ebensowenig bemüßigt, die betreffendeArbeit über den besonderen Zweck hinaus, dem sie hier und jetzt dient,zu wiederholen, zu kontinuieren, auszuüben, wie er sich allem Anschein

nach genötigt sieht, sie vor dem besonderen Zweck, den er mit ihr ver-folgt, zu initiieren, zu erlernen, einzuüben. Ad hoc des ebenso einzelnenwie stereotypen, kurz: besonderen Zwecks, dem sie dient, ersonnen,eingeführt und aufgenommen, ist die betreffende Arbeit und Produktion,kaum daß sie ihren Zweck erfüllt hat, auch schon wieder abgeschlossen,

44

Page 45: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 45/155

passiert und vergessen. Eben noch mit dieser besonderen Arbeit, dieser

 bestimmten Aufgabe beschäftigt und befaßt, ist im nächsten Augenblickschon der Heros mit ihr fertig, über sie hinaus, und zu einer nicht minderspezifisch anderen Aufgabe übergewechselt, mit einer nicht weniger bestimmt weiteren Arbeit zugange.

Es ist diese dem Heros eigene sprunghafte Gangart, dieser seinemTun eigentümliche rasche Wechsel, was der heroischen Lebensführunginsgesamt, der nach Auskunft des Mythos analog zur empirischen Le- bensweise der Stammessubjekte konzipierten heroischen Existenzformals solcher, den Charakter von etwas Unstetem und Vorübergehendem,ihren Zug von Kursorik verleiht. Und zwar legt der Heros Kursorik dabei

nolens volens in doppelter Bedeutung an den Tag, nämlich im gewis-sermaßen horizontalen Sinn professionssystematischer Unbehaftbarkeitund Wechselhaftigkeit nicht weniger als im quasi vertikalen Verstandproduktionsprozeduraler Unaufhaltsamkeit und Flüchtigkeit. Sowenigder Heros in den naturwüchsig konsequierenden einzelnen Arbeiten, dieer in Analogie zum Tun der Stammessubjekte ausführt, mehr realisiertals episodisch zu durcheilende Abschnitte, Stadien, Momente eines al-ler produktionsprozeduralen Festschreibung trotzenden, unaufhaltsamflüchtigen Lebenslaufs, sowenig nimmt er in den arbeitsteilig differen-zierten besonderen Aktivitäten, die diese einzelnen Arbeiten sei’s im-

plizit enthalten, sei’s explizit entfalten, anderes wahr als proteisch zuwechselnde Einstellungen, Haltungen, Positionen eines aller berufssyste-matischen Einordnung spottenden unbehaftbar unsteten Erdenwandels.Genausowenig, wie der Heros sich im Laufe des Arbeitsprozesses fixie-ren läßt, läßt er sich im Rahmen der Arbeitsorganisation spezialisieren.In eben dem Maß, wie er sich, anders als die Stammessubjekte, zumGesamtprozeß der Arbeitsausführung kursorisch, das heißt als zu einerAbfolge von ebenso rasch überstandenen wie durchlaufenen Episoden,verhält, verhält er sich zugleich auch, ebenfalls anders als die Stammes-subjekte, zu dem in jenem Prozeß beschlossenen und sich entfaltenden

Gesamtsystem der Arbeitsteilung proteisch, das heißt als zu einem Rei-gen von ebenso leicht angenommenen wie gewechselten Gestalten. Mitder Rüstigkeit des gestandenen Wanderers die Reihe ungleichzeitig ge-übter Tätigkeiten durchmessend, aus denen die gesellschaftliche Pro-duktion sich arbeitszyklisch-prozessual zusammensetzt, durchmustert

45

Page 46: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 46/155

er mit der Wendigkeit des geborenen Verwandlers den Plan gleichzei-

tig gegebener Fertigkeiten, die implizit oder explizit diese Produktionarbeitsorganisatorisch-systematisch voraussetzt, und läßt sich ebensowe-nig, wie er dort zu bewegen ist, nach Art der Stammessubjekte in einem bestimmten Abschnitt des Prozesses sich unwiderruflich einzurichtenund Routine zu entwickeln, hier dazu bringen, nach dem Muster derStammessubjekte eine bestimmte Funktion des Plans ein für allemal zuübernehmen und zur Gewohnheit auszubilden. Gleichermaßen unbe-einflußt vom Prozeß der Arbeiten und unbeeindruckt vom System derProfessionen, geht er aus seinem episodischen Durchgang durch erstereund aus seinem proteischen Umtrieb in letzteren schließlich hervor, umeben den qualitativen Springpunkt einer in Überfluß umschlagendenLebensmittelerzeugung, eben den kritischen Augenblick der Entstehunggesellschaftlichen Reichtums zu erreichen, den auch die gemeinschaft-lich arbeitenden Stammessubjekte, seine Nachfahren, früher oder spätereinmal zu erreichen bestimmt sind.

So gewiß indes der Weg und Modus, durch den der Heros diesen qua-litativen Springpunkt und entscheidenden Augenblick erreicht, sich vomentsprechenden Duktus der Stammessubjekte deutlich unterscheidet, sogewiß ist auch die Verfassung, in der er ihn erreicht, im Vergleich mit demanalogen Status der Stammessubjekte markant anders. Der Leichtfüßig-keit und Unbehaftbarkeit, mit der im Unterschied zu seinen Nachfahren

der Heros sei’s im System der simultanen Professionen sich umtreibt,sei’s im Prozeß der sukzessiven Okkupationen sich bewegt, korrespon-diert die Unbekümmertheit und Unbelastetheit, mit der er anders alsseine Nachfahren im entscheidenden Augenblick sei’s aus dem Systemheraustritt, sei’s aus dem Prozeß hervorgeht. Weil dank seiner ange-stammten Flüchtigkeit oder angeborenen Kursorik der Heros sich imProzeß der Tätigkeiten nicht festhalten beziehungsweise vom System derFertigkeiten nicht gefangennehmen läßt, kann er am Ende rücksichtlichaller im Prozeß gewonnenen Eindrücke und sämtlicher im System ge-machten Erfahrungen eine Unberührtheit und Unbetroffenheit an den

Tag legen, die ihn von den mit den Prozeßeindrücken im Gegenteil aufsintensivste beschäftigten und in den Systemerfahrungen vielmehr zutiefst befangenen Stammessubjekten ebenso vorteilhaft wie markant unter-scheidet. Und zwar in dem Sinn, daß diese schließliche Unbefangenheit,mit der der Heros dem vorangegangenen Arbeitsprozeß sich entzieht,

46

Page 47: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 47/155

sub specie des entscheidenen Augenblicks, den er erreicht hat, und im

Hinblick auf den in jenem Augenblick bevorstehenden Zustandswech-sel genau die richtige Einstellung und ideale Grundhaltung scheinenmuß. In exakt dem Maß, wie diese Unbeschwertheit und Unbefangen-heit dem Heros am Ende erlaubt, sich vom vorangegangenen Prozeßebenso kurzentschlossen freizumachen wie umstandslos abzusetzen,ermöglicht sie ihm auch, dem in jenem kritischen Augenblick, den ererreicht hat, beschlossenen anderen Zustand sich ebenso rückhaltlos zuübereignen wie uneingeschränkt zuzuwenden. Dank seiner permanen-ten Flüchtigkeit und durchgängigen Kursorik schlußendlich frei voneinem Arbeits- und Berufszusammenhang, der, im Unterschied zu ihm,die Stammessubjekte dauerhaft präokkupiert, erweist sich der Heroszugleich als – im Unterschied zu den Stammessubjekten – bestens auf-gelegt zu einem Neubeginn, dessen existentielles Merkmal und conditiosine qua non gerade eine springpünktlich-qualitative Abkehr von undein absolut-augenblicklicher Bruch mit jenem vorherigen Arbeits- undBerufszusammenhang ist. Was sein in specie der mythologischen Schil-derung permanent kursorisches Verhalten im Prozeß der Arbeiten undpenetrant flüchtiges Verhältnis zum System der Tätigkeiten dem Herosabschließend ermöglicht, ist eben die Einstellung, die in genere unse-rer Exposition als Abstraktheit und Unvermitteltheit vorgestellt wurde,– eine Haltung, die in dem Maß, wie sie den Heros als hier und jetzt

gleichermaßen vom durchlaufenen Prozeß absolviert und vom durch-musterten System dispensiert erscheinen läßt, ihn auch als hier und jetztgleichermaßen zum neuen Anfang privilegiert und zum anderen Daseinprädestiniert zeigen muß.

Seine von der mythologischen Darstellung hervorgehobene Archaikund seine in der mythologischen Schilderung hervorstechende Kursorik– dies beides ist es, was dem nach Auskunft des Mythos ganz und garanalog zu den Stammessubjekten prozedierenden anderen Subjekt amEnde als im Moment des Umschlags von Lebensmitteln in Reichtum, imfestlichen Augenblick also, zum Vorteil gereicht und im Vergleich zu den

Stammessubjekten eine ebenso funktionelle wie positionelle Vorrangstel-lung verschafft. Seine vom Mythos festgestellte Archaik und seine imMythos festhaltene Kursorik – dies beides ist es, was das nach Auskunftdes Mythos den Stammesubjekten in genere gleichartige und prinzipiellhomogene andere Subjekt zugleich als in specie different und effektiv

47

Page 48: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 48/155

andersgeartet, eben als Heros, konstitutiert. Weil es im Blick aufs Fest

mit seinem dem Verfahren der Stammessubjekte existential analogenVorgehen den letzteren temporal voraus ist, einen ebenso uneinholbarwie unbestimmt zeitlichen Vorsprung vor seinen Artgenossen hat, Vor-fahr ist, kann und muß das vom Mythos als Heros konzipierte andereSubjekt an jener ante portas des Festes entscheidenden Stelle, an der seineArtgenossen gerade erst nach vollbrachtem Werk sich zusammenfinden,nach durchlaufenem Prozeß gerade erst eintreffen, vielmehr je schon an-zutreffen sein. Und weil es in bezug aufs Fest mit seiner der Verfahrensartder Stammessubjekte kategorial analogen Vorgehensweise den letzte-ren modal etwas voraushat, gegenüber seinen Artgenossen im ebensounbestreitbar wie unabsehbar sachlichen Vorteil, im Vergleich zu ihnenvorbildlich ist, kann und muß es an jener ante portas entscheidenden Stel-le in einer Art und Weise anzutreffen sein, die es zum erklärten Herrn derLage und offenbaren Nutznießer der Situation macht. Das zeitliche Priusseines Vorgehens, dies, daß es früher als seine Artgenossen den gesell-schaftlichen Arbeitsprozeß durchläuft und das System gesellschaftlicherTätigkeiten durchmustert, kurz, seine archaische Stellung als Vorfahr,erklärt, warum am Ende das als Heros konzipierte andere Subjekt imBlick aufs Fest jene positionelle Priorität, jenen zum Eklat eines Auftrittsad hoc und Erscheinens aus dem Stegreif ihm geratenden topischen Vor-sprung aufweist, der es den nach ihm eintreffenden Artgenossen immer

schon den Platz streitig machen läßt. Und zugleich begründet der andereModus seines Vorgehens, dies, daß es, anders als seine Artgenossen, vomgesellschaftlichen Arbeitsprozeß sich nicht aufhalten und vom Systemgesellschaftlicher Tätigkeiten nicht sich gefangennehmen läßt, kurz, seinevorbildlich kursorische Einstellung, warum schließlich das als Heroskonzipierte andere Subjekt in bezug aufs Fest jenes kriterielle Privileg, jenen im Charakter unbeschwerter Abstraktheit und unbefangener Un-vermitteltheit bestehenden logischen Vorzug genießt, der es den bei ihremEintreffen mit ihm konfrontierten Artgenossen immer schon den Rangablaufen läßt.

Dies ist also das topisch-temporale Verlaufsschema und logisch-modaleVerfahrensmodell, das zur Begründung der im kriteriellen Augenblickabstrakten Priorität und unvermittelten Privilegiertheit des anderen Sub- jekts der Mythos bereithält und den gemeinschaftlich Arbeitenden, stam-mesförmig Produzierenden bei Bedarf zur Verfügung stellt. Und dies

48

Page 49: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 49/155

ist in der Tat nun auch das Erklärungsschema und Begründungsmo-

dell, an das sich im Bedarfsfall des Auftretens jenes anderen Subjektsdie Stammessubjekte halten und als an ihr eigenstes Urteil, ihren eigen-tümlichen Begriff gebunden fühlen. Überall wo und immer wenn jenesandere Subjekt im spontanen Resultat des von den Stammessubjektenerreichten Umschlags der Lebensmittelerzeugung in Überflußproduktionin Erscheinung tritt, haben die letzteren selbst nichts Eiligeres zu tun,als den solcherart in Erscheinung Tretenden mit Hilfe des mythologi-schen Erklärungsschemas in der Rolle des Heros dingfest zu machen.Um die Aneignungspriorität, die es als wahrer Eigentümer des vomStamm geschaffenen Reichtums in Anspruch nimmt, erklärlich werdenzu lassen, muß das andere Subjekt nach dem Willen der Stammessubjektein die vom Mythos vorgeschriebene Rolle des den energischen Prozeßund systematischen Verlauf der Arbeit des Stammes archaisch vorweg-nehmenden Vorfahren schlüpfen. Und um das Nießrechtsprivileg, dases als wirklicher Nutznießer des vom Stamm erzielten Überflusses fürsich reklamiert, seine Begründung finden zu lassen, muß es nach demWillen der Stammessubjekte die vom Mythos vorgezeichnete Funktiondes jenen energischen Prozeß und systematischen Verlauf der Arbeitdes Stammes kursorisch hinter sich bringenden Vorbilds übernehmen.So suggestiv ist die Form, in der die produzierenden Stammessubjekte jenem ex improviso ihrer Produktion originierenden anderen Subjekt

ihren mythologisch artikulierten Willen kundtun und so obsessiv derGestus, mit dem sie ihm das mythologisch entworfene Erklärungsschema,dem es sich subsumieren soll, vorstellen, vorführen, vorzaubern, daß estatsächlich, ehe es sich’s versieht und ohne daß es recht weiß, wie ihmgeschieht, sich der Funktion als vorbildlicher Vorfahr überführt, mithinals der Heros identifiziert zeigt.

Und zwar zeigt sich im Zuge der suggestiv mythologischen Vorstellun-gen und mythologisch obsessiven Vorhaltungen, die die Stammessubjekteihm machen, jenes überflußentsprossen andere Subjekt seiner Rolle alsVorfahr und seiner Funktion als Vorbild, kurz, seiner Stellung als Heros,

nicht etwa bloß theoretisch, im kontemplativen Sinn eines reminiszie-renden Eingeständnisses und ideellen Erinnerns, sondern durchaus auchpraktisch, im hochaktiven Verstand eines realisierenden Nachvollzugsund existentiellen Wiederholens, überführt. Indem die Stammessubjektemit dem Anspruch, es in seiner nur erst ad hoc und aufs Geratewohl

49

Page 50: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 50/155

 behaupteten Priorität, seinem nur erst besinnungslos und auf gut Glück

geltend gemachten Privileg zu begründen, dem anderen Subjekt jenesebenso topisch-temporale wie logisch-modale Verlaufsschema, das derMythos ihnen an die Hand gibt, suggestiv unterstellen, geben sie sichnicht etwa damit zufrieden, dies Schema ihm einfach als das seine zuBewußtsein zu bringen und bloß als sein eigen in Erinnerung zu rufen,sondern sie lassen das andere Subjekt den ideellen Bewußtwerdungsaktdurchaus in der reellen Anschaulichkeit einer gelebten Erfahrung vollzie-hen, den theoretischen Erinnerungsvorgang in der ganzen Lebendigkeiteiner praktischen Aneignungsprozedur vollbringen. Während sie es mitdem Versprechen einer allgemein akzeptierten Erklärung seiner anteportas des festlichen Reichtums eingenommenen Vorrangstellung lockenund ihm mit der Prämie einer kollektiv verbindlichen Begründung sei-nes im festlichen Augenblick behaupteten privilegierten Status winken,veranlassen sie es dazu, dies Schema und Modell, das sie ihm als seineneigenen Modus vivendi vorführen beziehungsweise als seinen persönli-chen Modus procedendi nachweisen, schematisch gleich auch mit Lebenzu erfüllen und modellhaft rasch einmal durchzugehen. Nicht genugdamit, daß der Mythos ihm theoretisch referiert, intellektuell vorgeführt,episch ins Gedächtnis gerufen wird, muß es ihn praktisch reproduzieren,rituell aufführen, dramatisch wiederholen.

Macht sich so aber unter dem mythologischen Druck der Stammesge-

nossen und in der Aussicht auf eine kollektiv verbindliche Begründungseines ante portas des festlichen Reichtums abstrakt behaupteten Vor-rangs und unvermittelt beanspruchten Privilegs das andere Subjekt dievom Mythos ihm vorgezeichnete Rolle als vorbildlicher Vorfahr, Heros,gleichermaßen theoretisch und praktisch, erinnernd und wiederholend,zu eigen, so kann die Funktion, die es übernimmt, gar nicht verfehlen, esselber regelrecht umzufunktionieren, kann das Rollenspiel, auf das es sicheinläßt, gar nicht umhin, ihm als solchem eine förmliche Umcharakteri-sierung zu bescheren. Weil nämlich diese Rolle, die es spielt, für es selbstdie Rolle eines es in seiner eigenen prioritätischen Existenz überhaupt erst

erklärenden Existentials spielt, weil diese Funktion, die es übernimmt,für es selbst die Funktion einer es in seinem eigenen privilegierten Soseinallererst begründenden Grundbestimmung übernimmt, verfällt das ande-re Subjekt unfehlbar dem Quidproquo einer dank attributiver Rolle undkraft funktioneller Prädizierung vollzogenen fundamentalen Konversion

50

Page 51: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 51/155

und erweist sich nämlich am Ende die übernommene Funktion als das

hypostatisch wahre Subjekt, das die Funktion und mit ihr in Wahrheit sichselbst übernehmende Subjekt hingegen als eine epiphanisch bloße Funk-tion. In dem Maß, wie sich das andere Subjekt in die vom Mythos ihmübertragene Rolle als archaischer Vorfahr und kursorisches Vorbild theo-retisch findet und praktisch fügt, erinnernd vertieft und wiederholendeinlebt, wechselt es ebenso unvermeidlich wie unmerklich den persönli-chen Charakter und verwandelt sich aus einer selbständigen Kraft undGestalt ex improviso der Entstehung gesellschaftlichen Reichtums, die,von den Stammessubjekten instigiert, eine ihr zugetragene mythologi-sche Überlieferung vom heroischen Vorfahren aus eigenen Stücken zur

Darstellung kommen läßt, in eine abhängige Figur und Erscheinung jenesheroischen Vorfahren, der, von den Stammessubjekten kommentiert, imZuge einer mythologischen Geschichte, deren Träger er selber ist, sich ausAnlaß der Entstehung gesellschaftlichen Reichtums zwangsläufig wiedereinmal in Szene setzt. Mag der Form nach das dem Verhaltensschemades Mythos sich fügende und seinem Handlungsmodell sich beugendeandere Subjekt vielleicht noch prätendieren, bloß Darsteller einer ihm an-getragenen Rolle beziehungsweise Repräsentant einer ihm aufgedrängtenFunktion zu sein – wegen der essentiell konstitutiven Bedeutung und derexistentiell entscheidenden Relevanz, die diese Rolle und Funktion für

es selber gewinnt, bleibt ihm in Wirklichkeit gar nichts anderes übrig, alssich aus einem Darsteller und Repräsentanten des Vorfahren in desseneigene Reproduktion und Verkörperung, aus einer Imitation und Simula-tion des Vorbilds ins personifizierte und gestaltgewordene Vorbild selbst,aus einem als Heros figurierenden und erscheinenden lebendig präsentenSubjekt in die lebendige Figur und präsente Erscheinung des heroischenSubjekts als solchen zu verkehren. Indem das andere Subjekt erinnerndund wiederholend eine Rolle spielt, die es in seinem eigenen Daseinüberhaupt erst zu erklären beansprucht, und eine Funktion übernimmt,die es so, wie es selber ist, allererst zu begründen behauptet, gerät ihm

unvermeidlich das Rollenspiel zum epiphanischen Akt, die Funktions-übernahme zur sakramentalen Selbsterzeugung, und das, was es bloßmimisch nachzuahmen oder maskenhaft vorzutäuschen die Miene macht,ist es plötzlich vielmehr in doppelnaturig voller Gestalt und in zweieinigeigener Person selbst: der erscheinende Vorfahr, der manifeste Heros.

51

Page 52: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 52/155

Der Gewinn für die Stammessubjekte: Aus dem als Sprung in der Gattung erfah-

renen Alter ego wird das andere Subjekt zu einem die Gattungseinheit wahrendenParadigma.

Machen so aber die Stammessubjekte das ex improviso des festlichenÜberflusses, den sie selber hervorgebracht haben, in Erscheinung tre-tende andere Subjekt mit Hilfe des mythologischen Erklärungsschemaserinnernd und wiederholend als den in Szene sich setzenden vorbild-lichen Vorfahren dingfest, identifizieren sie es in Wort und Tat als denleibhaftig erscheinenden Heros, so gelingt ihnen damit tatsächlich, esder exklusiven Abstraktheit und disjunktiven Unvermitteltheit, in der esihnen zunächst sich zeigt, zu entreißen und in eine erträglich relative Be-ziehung respektive ein annehmbar kontinuierliches Verhältnis zu ihnen,den Stammessubjekten, zurückzubringen. Der um einer Bewältigungihres abgrundtiefen Identitätsdilemmas willen vordringlich sich stellen-den Aufgabe, die ad hoc unendliche Unbestimmtheit und unmittelbarvernichtende Indifferenz, in der das neue Wesen ihnen entgegentritt, alsdennoch eine Art von relativer Bestimmtheit und Form von spezifischerDifferenz vorzuführen, entledigen sie sich kraft des Mythos mit eben-soviel Fortüne wie Bravour und mit ebensoviel scharfsichtigem Instinktwie blinder Entschlossenheit. Was ihnen mittels der mythologischenErzählung vor allem glückt, ist die Zurücknahme jenes unvermittelt

neuen Wesens in die durch sie, die Stammesgenossen, bestimmte und begrenzte Einheit der Gattung. Indem sie in die Länge und Breite dermythologischen Schilderung seines Werdegangs dem anderen Subjekt dasim Prinzip gleiche faktische Dasein beilegen, das sie selber führen, undden in der Sache gleichen empirischen Zusammenhang nachweisen, indem sie selber stehen, berauben sie es gleich zu Anfang jener bedrohlichgenerischen Sprengkraft, die es als unendlich abstrakter Deus ex machinades von ihnen produzierten Überflusses besitzt, verschlagen ihm schoneingangs den verderblichen Sprung in der Gattung oder vielmehr ausder Gattung heraus, zu dem es mit der absoluten Unvermitteltheit eines

Günstlings der Natur des von ihnen geschaffenen Reichtums ansetzt.Mythologisch von den Stammessubjekten auf ein ihrem eigenen Vorgehenparalleles Procedere zurückgeführt und an eine ihrer eigenen Verfah-rensweise analoge Vorgeschichte zurückgebunden, verwandelt sich dasAuftreten jenes anderen Subjekts ante portas des festlichen Reichtums aus

52

Page 53: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 53/155

der widernatürlichen Reaktion eines gegen seinen eigenen Produzenten

sich erhebenden Produkts in die naturgemäße Konsequenz des zumGenuß der Früchte seiner Produktion sich erhebenden Produzenten,aus einem die Kontinuität der Gattung sprengenden Widerfahrnis eximproviso des Resultats der gemeinsamen Arbeit vieler in ein der Ver-laufsform der Gattung durchaus entsprechendes Ergebnis ex principiodes allen gemeinsamen Ziels der Arbeit. Und erst im Rahmen der sozwischen dem anderen Subjekt und ihnen rekonstruierten lebensprak-tischen Gleichartigkeit und gesellschaftsempirischen Kontinuität sindnun die Stammessubjekte bereit, dem exponiert besonderen Standort unddezidiert außerordentlichen Status Rechnung zu tragen, den ante portasdes festlichen Reichtums das andere Subjekt in Anspruch nimmt. Erstunter der Voraussetzung der festgestellten Gattungseinheit und unterder Bedingung der garantierten gesellschaftsempirischen Homogenitätverstehen sie sich mythologisch dazu, dem anderen Subjekt diesen vonihm beanspruchten besonderen Standort im referierten Sinn einer es alsVorfahr identifizierenden logisch-temporalen Priorität und in der expli-zierten Bedeutung eines es als Vorbild etablierenden logisch-modalenPrivilegs einzuräumen.

Wie könnte die dergestalt mit dem topisch-logischen Instrumentari-um einer zugleich generischen Vereinnahmung und spezifischen Unter-scheidung operierende mythologische Methode den ihr aufgegebenen

Zweck verfehlen, jenes neue Wesen, all seiner scheinbaren Abstraktheitund vorgeblichen Unvermitteltheit zum Trotz, in eine erträglich rela-tive Beziehung respektive ein annehmbar kontinuierliches Verhältniszu den Stammessubjekten zurückzubringen? Indem auf dem mytholo-gisch reaffirmierten Boden der einen identischen Lebensweise und immythologisch rekonstruierten Rahmen des einen kontinuierlichen Erfah-rungszusammenhangs das andere Subjekt als paradigmatischer Vorfahridentifiziert, als der Heros dingfest gemacht wird, reduziert sich, was es beansprucht, aus einem Vorrang, der ihm einfach ex cathedra seines –der Situation des Überflusses gemäß – abstrakten Auftretens zukommt,

auf einen Vorsprung, den es vielmehr infolge der zeitlich besonderenTopik seines – aller Überflußsituation zuvor – gattungskonform konkre-ten Vorgehens erringt, und löst sich, was es geltend macht, aus einemVorzug, der ihm rein ex improviso seines – der Natur des Reichtumszupaß – unvermittelten Erscheinens eignet, in einen Vorteil auf, den es

53

Page 54: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 54/155

vielmehr auf Grund des sachspezifischen Modus seines – diesseits aller

Reichtumsnatur – gattungsanalog vermittelten Verhaltens sich verschafft.Das heißt also, es verwandelt sich, was das andere Subjekt reklamiert, auseinem existentialen Vorrang, den ebenso hinterhältig wie launisch dasProdukt der Arbeit der Stammessubjekte einem anakoluthisch anderenund verhältnislos Jüngeren als seinen Produzenten einräumt, in eine tem-porale Priorität, die ebenso notwendig wie natürlich ein antizipatorischfrüherer und verhältnismäßig älterer Produzent als die Stammessubjekteim Blick aufs Produkt in Anspruch nimmt; und es verkehrt sich, wasdas andere Subjekt prätendiert, aus einem unerklärlichen Vorzug, dendie allen Gattungszusammenhang sprengende, beispiellose Unberechen- barkeit und Tücke des gemeinsamen Objekts dem anderen Subjekt vorden Stammesgenossen gibt, in ein verständliches Privileg, das nichts alsseine eigene, durchaus im Gattungsrahmen sich entwickelnde, exempla-rische Tüchtigkeit und Zielstrebigkeit in Ansehung des gemeinsamenObjekts dem anderen Subjekt vor den Stammesgenossen beschert. Wiesollte diese mythologisch vollbrachte Transformation des anderen Sub- jekts aus dem mutmaßlichen Günstling einer von anderen geschaffe-nen Natur in den nachweislichen Schmied seines eigenen Glückes, auseinem die Schranken der Gattung durchbrechenden Deus ex machinaoder naturentsprungenen Homo novus in einen die Gattung bloß auf die Spitze treibenden exemplarischen Menschen oder selbstgefertigten

Homo sapiens – wie sollte dies nicht dem Erfordernis einer bei genau-erem Zusehen annähernden Konkretisierung des auf den ersten Blickunerreichbar Abstrakten, einer zu guter Letzt relativen Vermittlung desdem ersten Anschein nach absolut Unvermittelten genügen? Zwar bleibtder Andersartigkeit jenes anderen Subjekts ein Moment von abstrakti-ver Absonderung und unaufhebbarer Verneinung auch jetzt; jetzt aberin einer Form, die den Zusammenhang mit den durch die Absonde-rung Zurückgelassenen und vielmehr Zurückgesetzten wesentlich wahrt,die die Vergleichbarkeit mit den durch die Verneinung Beeinträchtigtenund vielmehr Ausgeschiedenen wesentlich einschließt, mithin in einer

Bestimmtheit, die dazu angetan ist, in Erfüllung der oben gestellten Auf-gabe das dem unmittelbaren Anschein nach absolut niederschmetterndeExklusiv jener anderen Subjektivität zum wie sehr auch relativ über-wältigenden Komparativ zu ermäßigen und den auf den ersten Blickperemptorisch abschneidenden Disjunktiv jener neuen Wesenheit zum

54

Page 55: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 55/155

wie sehr auch amputatorisch einschneidenden Negativ abzuschwächen.

Gleichermaßen generisch begründet in einem allen Stammessubjektengemeinsamen grundlegenden Arbeitsprozeß beziehungsweise umfassen-den Arbeitszusammenhang und spezifisch erklärt aus einem es alleinauszeichnenden Arbeitsvorsprung und einem ausschließlich ihm vor- behaltenen Arbeitsethos, verwandeln sich die topische Stellung, die dasandere Subjekt im Unterschied zu den Stammesgenossen ante portas desgeschaffenen Reichtums einnimmt, und die sachliche Einstellung, die es,anders als die Stammesgenossen, im Blick auf den geschaffenen Reich-tum beweist, aus einem Fall von unendlichem Urteil in eine Form von bestimmter Negation und wird, wie jene Stellung aus einem Standpunktdisjunktiver Beschaffenheit zu einer negativ bestimmten Position, so dieseEinstellung aus einer Attitüde absoluter Indifferenz zu einer spezifischdifferenten Haltung. Und solcherart zurückgenommen in eine nega-tiv bestimmte Relation oder ein spezifisch differentes Verhältnis zu denStammessubjekten, legt für die letzteren jenes andere Subjekt den absolutschreckenerregenden Charakter eines aus der aktuellen Situation herausihnen als Wechselbalg ins Gesicht springenden sphingischen Änigmasab und nimmt stattdessen das vergleichsweise versöhnlichere Anseheneines aus ihrer eigenen Potentialität heraus sich ihnen als wahres Selbstvor Augen stellenden heroischen Paradigmas an.

Daß die dergestalt mit mythologischen Mitteln durchgesetzte Trans-

formation des anderen Subjekts aus einem den Stammesgenossen eximproviso ihrer gemeinsamen Schöpfung entgegentretenden Doppel-gänger, einem nach Topos und Logos sphingischen Änigma in einenex principio der ihm mit den Stammesgenossen gemeinsamen Gattunghervortretenden vorbildlichen Vorfahren, ein nach Tempus und Modusheroisches Paradigma den Stammessubjekten die resultativ geforderteKapitulation vor ihm in einem entschieden günstigeren Licht zeigenmuß, liegt auf der Hand. Indem die Stammessubjekte jenes aus demHinterhalt der resultativen Situation oder ex improviso der objektivenLage sie konfrontierende andere Subjekt mythologisch transformieren,

hört die mit ihm verfügte Identifizierung das zu sein auf, als was siesich ihnen unmittelbar suggeriert: eine zur Kapitalstrafe geratende, imAutodafé kulminierende kruzifikatorische Verzweiflungstat. In dem Maß,wie kraft seiner mythologischen Transformation das andere Subjekt stattaus dem Hinterhalt der resultativen Umstände und ex improviso der

55

Page 56: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 56/155

objektiven Verhältnisse hervorzubrechen, sich vielmehr durch die pro-

zessuale Kontinuität des Stammes hindurch und aus der generischenHomogenität der Stammessubjekte heraus entwickelt, wie es also kraftmythologischer Transformation aus der änigmatischen Figur eines ebensounwillkürlich wie resultativ produktentsprungenen und ebenso objek-tiv wie unvermutet situationsgeborenen, monströsen Günstlings derNatur in die paradigmatische Rolle eines aus eigener Kraft dem Gat-tungszusammenhang entsteigenden und aus dem Prozeß und System dergemeinschaftlichen Arbeit und Reproduktion selbstmächtig sich erheben-den, ingeniösen Artgenossen überwechselt, entlastet es die qua Überflußerzeugte Objektivität, vor der es auftritt und im Blick auf die es erscheint,vom schrecklichen Verdacht einer in ihm von ihren persönlichen Schöp-fern abfallenden Schöpfung und befreit so für die Stammessubjekte dievor ihm verlangte Kapitulation vom Ruch einer jenen Abfall der eige-nen Schöpfung sanktionierenden, jenen Verrat des Werks der eigenenHände ratifizierenden existentiellen Verzweiflungstat. Das, worein diegeforderte Identifizierung mit dem anderen Subjekt die Stammessubjektestürzt, ist nun nicht mehr existentialontologische Verzweiflung vor derRücksichts- und Treulosigkeit der das andere Subjekt im Schilde füh-renden beziehungsweise auf den Schild hebenden eigenen Objektivität,sondern höchstens noch eine einfache identitätslogische Krise angesichtsder Anders- und Neuartigkeit eben nur jenes die Objektivität als seine ei-

gene in Anspruch nehmenden anderen Subjekts. Oder nicht einmal mehrals Krise, als tatsächliches identitätslogisches Dilemma überlebt die Ver-zweiflung, da ja das neue Wesen mit dem Schein natürlicher Gegebenheitund der Prätention spontaner Gesetztheit zugleich auch seine schein- bar rein abstrakte Andersartigkeit und angeblich absolut unvermittelteNeuartigkeit einbüßt. Ein und dieselbe mythologische Transformations-leistung, die das Auftreten des anderen Subjekts aus dem änigmatischenZwielicht einer ebenso grundlos objektiven Setzung wie unerklärlich si-tuativen Spontanhandlung befreit und des paradigmatischen Charakterseines aus der Stammesgeschichte erklärlichen Faktums und aus dem

Gattungsprozeß begründbaren Resultats überführt, schafft ja auch eineverhältnismäßige Kontinuität und relative Komparabilität zwischen demanderen Subjekt und seinen Stammesgenossen und beraubt – oder ei-gentlich entsetzt – das erstere jener als reine Andersartigkeit abstraktenNegativität oder als absolute Neuartigkeit unvermittelten Indifferenz, in

56

Page 57: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 57/155

der es den letzteren auf Anhieb entgegenzutreten prätendiert. Genau dies

meint die Rede von einer Abschwächung des scheinbaren Disjunktiv zumtatsächlichen Negativ oder Ermäßigung des vorgeblichen Exklusiv zumnachweislichen Komparativ: daß ein und dieselbe mythologische Erzäh-lung beziehungsweise rituelle Handlung, die den besonderen Standortdes anderen Subjekts aus dem Resultat eines ex improviso der Objekti-vität gattungssprengend subjektsetzenden Vorgangs ins Ergebnis einesex ingenio der anderen Subjektivität selbst gattungsentsprungen ob- jektstiftenden Vorgehens transformiert, diesen Standort zugleich auchseinen Charakter einer gegenüber dem faktischen Dasein und empiri-schen Zusammenhang der Stammessubjekte unerklärlich unendlichenIndifferenz und unergründlich bestimmungslosen Negativität verlie-ren und die Fasson stattdessen einer mit Rücksicht auf diese Empirieder Stammesgenossen erklärlich spezifischen Differenz und begründbarnegativen Bestimmtheit gewinnen läßt; und daß also ein und dieselbeErzählung und Handlung, die die Stellung des anderen Subjekts anteportas des Reichtums aus einem Fall von unendlichem Urteil in eine Formvon bestimmter Negation verwandelt und das heißt als Ergebnis des vorseinen Stammesgenossen sich ebenso resolut wie durchgängig in Szenesetzenden anderen Subjekts statt als Resultat des das andere Subjektebenso rücksichtslos wie spontan vor den Stammessubjekten auf denSchild hebenden Reichtums begreiflich werden läßt, jenes andere Subjekt

damit zugleich einer definierbar verhältnismäßigen Kontinuität und refe-rierbar relativen Vergleichbarkeit mit seinen Art- und Stammesgenossenüberführt.

Wie aber sollte die Identifizierung mit dem so des Anscheins reinerAndersartigkeit oder absoluter Neuartigkeit beraubten und in der Stel-lung und Figur einer bloß relativen Negation oder spezifischen Differenznachgewiesenen anderen Subjekt die Stammessubjekte noch in eine iden-titätslogische Krise stürzen können? Zwar, ein Moment von Selbstverzichtund Selbstaufgabe impliziert der den Stammessubjekten abgeforderteÜbertragungsakt und Identitätswechsel auch jetzt noch. Auch jetzt noch

will die Differenz, mit der sie sich identifizieren, die Negation, vor dersie kapitulieren, von den Stammessubjekten verkraftet sein. Aber weildank mythologischer Transformation diese Differenz nicht mehr eine dieStammessubjekte ausschließende, unerklärlich generische Verschieden-heit, sondern nur mehr ein das andere Subjekt vor den Stammessubjekten

57

Page 58: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 58/155

exemplarisch auszeichnender, erklärbar spezifischer Unterschied, nicht

mehr eine die Stammessubjekte vom anderen Subjekt peremptorischabschneidende, grundlos totale Disjunktion, sondern nur mehr eine dasandere Subjekt von den Stammesgenossen paradigmatisch abhebende, begründbar reale Distinktion ist, kann der in der Kapitulation vor solchnegativer Bestimmung enthaltene Selbstverzicht, die in der Identifizie-rung mit solch spezifischer Differenz begriffene Selbstaufgabe schlech-terdings nicht mehr im Charakter einer krisenhaften Selbstverleugnungoder dilemmatischen Selbstentfremdung sich behaupten. Als eine Dif-ferenz, die ebenso gewiß, wie sie im Blick auf den gesellschaftlichenReichtum das andere Subjekt vor den Stammessubjekten auszeichnet,

als die einfache Konsequenz eines in actu ihres gemeinsamen faktischenWerdegangs vom anderen Subjekt vor den Stammessubjekten behaupte-ten temporalen Vorsprungs und als das direkte Ergebnis eines im Zugeihres gemeinsamen empirischen Zusammenhangs vom anderen Subjektüber die Stammesgenossen errungenen modalen Vorteils erklärlich wird,legt die Andersartigkeit des anderen Subjekts allen Anschein von sphin-gisch abstrakter Negativität und änigmatisch unvermittelter Indifferenzab und nimmt stattdessen die Züge einer konkret maßgebenden Vor- bildlichkeit und kriteriell bestimmten Mustergültigkeit an. Verwandeltsich demnach kraft mythologischer Transformation das Verhältnis der

Stammessubjekte zum anderen Subjekt aus der Konfrontation mit einemebenso vernichtenden wie ausschließenden Gegensatz in die Beziehungzu einem ebenso maßgebenden wie disziplinierenden Vorbild, aus derRefutation durch ein ebenso unbestimmtes wie direktes Gegenstück indie Relation zu einem ebenso kriteriellen wie komparativen Muster, sokann für die Stammessubjekte die ihnen abgeforderte Kapitulation vorsolch maßgebendem Vorbild und kriteriellem Muster unmöglich nochdie Bedeutung einer pauschalen Selbstverleugnung beziehungsweisetotalen Selbstentfremdung haben. So gewiß das, womit sie sich identifi-zieren sollen, nunmehr sie selber in der spezifischen Differenz einer ante

portas des Reichtums dank günstigerer temporaler Stellung erlangtenPriorität, sie selber in der komparativen Bestimmtheit eines im Blick auf den Reichtum kraft besserer modaler Einstellung errungenen Privilegssind, so gewiß verliert der qua Kapitulationsforderung den Stammes-subjekten abverlangte Selbstverzicht alle Bedeutung einer abstrakten

58

Page 59: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 59/155

Selbstverleugnung und gewinnt stattdessen den Sinn einer ihrem ei-

genen, in spezifischer Differenz besseren Ich geschuldeten konkretenSelbstüberwindung, legt die qua Identifizierungsverlangen ihnen zuge-mutete Selbstaufgabe allen Charakter purer Selbstentfremdung ab undnimmt stattdessen die Züge einer purifizierenden Selbstaufhebung zuihrem eigenen, in komparativer Bestimmtheit wahren Wesen an. Indemdas Subjekt, dem sie sich ausliefern sollen, auf Grund der mythologischvollbrachten topisch-temporalen Erklärung seiner differenten Stellung beziehungsweise logisch-modalen Begründung seines neuen Status auf-hört, ihnen gegenüber abstrakt anders und unvermittelt neu zu sein,und in der Tat aus einem exklusiven Gegenstück zu ihnen in ein fürsie konklusives Maß, aus einer disjunktiven Alternative zu ihnen in ein

resultatives Kriterium für sie sich verwandelt, büßt es alles Vermögenein, durch die Forderung, mit ihm sich zu identifizieren, die Stammes-subjekte einem existentialontologisch zerreißenden Dilemma auszusetzenoder in eine identitätslogisch vernichtende Krise zu stürzen, und behältnichts weiter zurück als die Fähigkeit, kraft seiner Präsenz und Persondie Stammesgenossen einer als Selbstbeurteilungsform recht begriffe-nen idealtypisch konstruktiven Kritik zu unterwerfen oder zu einer alsSelbstbeziehungsakt wohlverstandenen identitätspraktisch wesentlichenEntscheidung zu zwingen.

Der Gewinn für das andere Subjekt: Seine Vorrang- und Vorzugsstellung vordem Reichtum wird zur erklärten Priorität und zum begründeten Privileg.

So erfüllt das von den Stammessubjekten jenem anderen Subjekt ok-troyierte mythologische Begründungsmodell voll und ganz seinen Zweck:Es konkretisiert das Abstrakte, vermittelt das Unvermittelte und läßt da-durch die vor dem Abstrakten objektiv geforderte Kapitulation für dieStammessubjekte aus einer krisenhaften Verzweiflungstat zu einem blo-ßen Akt identitätspraktischer Selbstüberwindung und selbstkritischerIdentitätsbestimmung sich ermäßigen. Dank mythologischem Schemain seiner objektiven Vorrangstellung aus einem topisch-temporalen Vor-

sprung und logisch-modalen Vorteil sich erklärend, den es im Zuge desgemeinsamen faktischen Produktionsprozesses vor seinen Stammesge-nossen behauptet, verwandelt sich das andere Subjekt aus einem sphin-gischen Änigma, einem gegenüber dem faktischen Dasein der Stammes-subjekte unvergleichlichen Anderssein, in das heroische Paradigma, den

59

Page 60: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 60/155

im Verhältnis zur Empirie der Stammessubjekte vorbildlichen Vorfahren,

und gewinnt damit eine relative Vergleichbarkeit, die dazu angetan ist,die mit ihm verlangte Identifizierung allen Anscheins eines ausschlie-ßend drakonischen Verdikts und existentiell vernichtenden Widerfahr-nisses zu entkleiden und in der klärlich akzeptableren Bedeutung einesmaßgebend kritischen Urteils, einer kriteriell entscheidenden Bestim-mung sichtbar werden zu lassen. Die so mit mythologischen Mittelnvollbrachte Überführung des anderen Subjekts in eine als Maßverhält-nis komparative Kontinuität mit den Stammesgenossen hat allerdingsihren Preis: Im Blick auf das gemeinsame Objekt, den gesellschaftlichenReichtum, erkennen die Stammessubjekte das in eine verhältnismäßigeKontinuität mit ihnen Zurückgenommene uno actu seiner Zurücknahmezugleich in aller Form als ein mit Priorität Versehenes an, lassen sie dasdergestalt einer kriteriellen Vergleichbarkeit mit ihnen Überführte unterder Hand seiner Überführung definitiv zugleich als ein BevorrechtigtesGeltung gewinnen. Indem den Stammessubjekten mittels Mythologiegelingt, die exponierte Stellung, die dem anderen Subjekt im Blick auf den gesellschaftlichen Reichtum zukommt, auf einen topisch-temporalenVorsprung und logisch-modalen Vorteil zurückzuführen, den es in actudes gemeinsamen Arbeitsverfahrens vor seinen Stammesgenossen er-ringt, hört seine exponierte Stellung zwar in genere seines subjektivenVerhältnisses zu ihnen, den gesellschaftlich Arbeitenden, auf, der absolut-

abstrakte Vorrang zu sein, den es ex improviso einer unerklärlichen Topikvor ihnen beansprucht, beziehungsweise der blind-unvermittelte Vorzugzu sein, den es von Gnaden einer unergründlichen Logik vor ihnen be-hauptet; aber zugleich konkretisiert sich ihnen in specie seiner objektivenBeziehung zum gesellschaftlichen Reichtum der Vorrang zum Vortritt,den in der Konsequenz der von ihnen selber dafür gefundenen topischenErklärung sie dem anderen Subjekt lassen müssen, und vermittelt sichihnen der Vorzug zum Vorrecht, das ex cathedra der von ihnen selberdafür gelieferten logischen Begründung sie dem anderen Subjekt ein-räumen müssen. Gibt das mythologische Erklärungsschema – seiner

refutativen Funktion nach – den Stammessubjekten einerseits ein idealesMittel an die Hand, die Vorrangstellung und Vorzugsposition, in der jenes andere Subjekt sich präsentiert, ihrer dem unmittelbaren Anscheinnach exklusiven Abstraktheit und auf den ersten Blick disjunktiven Un-vermitteltheit ihnen selber gegenüber zu entkleiden und vielmehr in

60

Page 61: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 61/155

einer kraft spezifischer Differenz komparativen Kontinuität oder kraft

negativer Bestimmtheit distinktiven Homogenität mit ihrem, der Stam-mesgenossen, eigenen Standpunkt nachzuweisen, so erlegt es – seineraffirmativen Implikation nach – den Stammessubjekten andererseits diereale Verpflichtung auf, in Ansehung des als gesellschaftlicher Reichtumgemeinsamen Objekts den qua komparative Differenz kontinuierlichgemachten Vorrang dem anderen Subjekt als erklärten Vortritt zu konze-dieren und den qua distinktive Bestimmtheit vergleichbar gewordenenVorzug ihm als gegründetes Vorrecht zuzubilligen. In genau dem Maß,wie mittels mythologischem Schema die Stammessubjekte den Vorrang,den das andere Subjekt vor ihnen behauptet, durch seine Herleitung auseinem bloß temporalen Vorsprung als generisches Reflexiv determinieren,sanktionieren sie ihn auch als spezifisches Objektiv und bestätigen ihnals Priorität stricto sensu, als den Vortritt, den mit dem Fug und Rechteben dieses ihn nach sich ziehenden temporalen Vorsprungs das andereSubjekt im Blick auf das gemeinsame Objekt in Anspruch nimmt. Und indem Maß, wie kraft mythologischem Modell die Stammessubjekte denVorzug, den das andere Subjekt vor ihnen hat, durch seine Rückführungauf einen einfachen modalen Vorteil zum selbstverhaltenen Komparativrelativieren, legitimieren sie ihn auch als sachbezogenes Prärogativ undrechtfertigen ihn als wortwörtliches Privileg, als ein Vorrecht, das mitdem guten Grund eben dieses ihm zugrundeliegenden modalen Vorteils

das andere Subjekt in Ansehung des gesellschaftlichen Reichtums geltendmacht.

Das also ist der Preis, den die Stammessubjekte dafür zahlen müssen,daß ihnen mit Hilfe der Mythologie gelingt, der objektiv gefordertenIdentifizierung mit jenem anderen Subjekt das Stigma einer identitätslo-gischen Entäußerung an ein ex improviso des produzierten Reichtumsentspringendes disjunktiv anderes Sein und absolut fremdes Genus zunehmen und stattdessen den Charakter einer selbstkritischen Läuterungzum ex consequentia der Produktion von Reichtum resultierenden kom-parativ eigenen Wesen und relativ wahren Selbst zu verleihen. Zwar

erlaubt das mythologische Erklärungsschema den Stammessubjekten,die ante portas des Reichtums ausgezeichnete Stellung des anderen Sub- jekts, aller scheinbar abstrakten Unbestimmtheit und vorgeblich unmit-telbaren Negativität zum Trotz, an ihrem eigenen faktischen Dasein zukonkretisieren und mit ihrem eigenen empirischen Zusammenhang zu

61

Page 62: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 62/155

vermitteln, aber was sie damit konkretisieren, ist eben nichts anderes als

die im Blick auf den Reichtum dem anderen Subjekt zukommende ausge-zeichnete Stellung. Insofern ist ein und dieselbe Begründung, die es denStammessubjekten ermöglicht, das andere Subjekt einem gemeinsamenProzeß und Kontinuum, der gemeinschaftlichen Arbeit, vergleichsweisezuzuschlagen, zugleich ein Berechtigungsnachweis, der es dem ande-ren Subjekt gestattet, das gemeinsame Produkt und Objekt der Arbeit,den gesellschaftlichen Reichtum, mit – von den Stammessubjekten sel- ber eingeräumter – Priorität in Besitz zu nehmen und mit – von denStammessubjekten selber zugestandenem – Privileg zu genießen.

Und diese in Ansehung des Reichtums ihm von seiten der Stammes-subjekte zuteil werdende positionelle Sanktionierung und statusmäßigeLegitimation ist auch der wesentliche Gewinn, den das andere Subjektaus der ihm aufgebürdeten Rolle als vorbildlicher Vorfahr, der ihm über-tragenen Funktion als heroisches Paradigma zu ziehen vermag. DieseSanktionierung seines aus einem temporalen Vorsprung hergeleitetenVorrangs als Vortritt und Legitimierung seines auf einen modalen Vorteilzurückgeführten Vorzugs als Vorrecht ist die Prämie, die für die Über-nahme der heroischen Rolle das andere Subjekt erwarten und die ihmsolch paradigmatisches Funktionieren sei’s immerhin erträglich, sei’s garam Ende angenehm machen kann. Sachlich-faktisch kann ja dem anderenSubjekt diese mythologische Rolle, mit der es die Stammessubjekte –

ehe es sich’s versieht und ohne daß es recht weiß, wie ihm geschieht – betrauen und vielmehr belasten, eigentlich gar nicht plausibel sein. Wasdie Übernahme dieser Rolle ihm bestenfalls einbringt, ist ja nur noch ein-mal die in Ansehung des gesellschaftlichen Reichtums augenscheinlicheVorrangstellung und offenkundige Vorzugsposition, die es dank einesobjektiv begünstigten Auftretens und situativ glücklichen Erscheinensohnehin bereits einnimmt und also ganz unabhängig von aller mythologi-schen Konkretisierung oder Vermittlung dieses ihm glücklich Gegebenenund mit Gunst Gewährten je schon de facto innehat. Von daher kann jenesgleichermaßen als theoretisch-intellektuelles Konzept und als praktisch-

rituelles Konstrukt ausgewiesene heroische Rollenspiel, das die Stammes-subjekte ihm zur Auflage machen, dem anderen Subjekt eigentlich nur einunsinniger Aufwand, ein lästiger Aufenthalt scheinen. Jene Funktion alsvorbildlicher Vorfahr und heroisches Paradigma, die es nach dem Willender Stammessubjekte ja nicht bloß in der präzisen Form eines ideellen

62

Page 63: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 63/155

Bewußtwerdungsakts und theoretischen Erinnerungsvorgangs akzep-

tieren, sondern mit der ganzen Ausführlichkeit einer reellen Erfahrungund praktischen Aneignungsprozedur zelebrieren muß, kann sich ihmeigentlich nur als eine es von der Wahrnehmung seines wesentlichen In-teresses abhaltende ärgerliche Unterbrechung, eine es von der Erfüllungseiner wahren Bestimmung ablenkende anstößige Störung präsentieren.Indes kann, was sachlich-faktisch dem anderen Subjekt als ein sinnlosesUnterfangen sich darstellen muß, zugleich doch gesellschaftlich-praktischeinen vernünftigen Zweck für es haben. Sowenig allem Anschein nach dieÜbernahme der Vorfahrenrolle und Ausübung der Heroenfunktion dieObjektbeziehung des anderen Subjekts zum gesellschaftlichen Reichtum

verändert, so sehr verändert sie sein diese Objektbeziehung begleitendesArtverhältnis zu den Stammesgenossen. Zwar erreicht kraft der ihmverschriebenen Rolle und übertragenen Funktion das andere Subjektnur noch einmal den sachlich unverändert gleichen Punkt, an dem esauch vorher schon steht; aber es erreicht ihn nun mit ganz anderer ge-sellschaftlicher Pointierung, will heißen, mit der erklärten Billigung unddem begründeten Einverständnis seiner Stammesgenossen. Wozu demanderen Subjekt vorher bloß eine aller vernünftigen Solidarität mit denStammesgenossen ins Gesicht schlagende und all ihrem Anspruch auf Gerechtigkeit hohnsprechende paradox-abstrakte Laune der objektiven

Umstände und extravagant-unvermittelte Gunst der situativen Stundeden Weg zu bahnen scheint, dazu findet es sich dank der heroischenRolle, die es nach dem Willen des Stammes übernimmt, und dank derparadigmatischen Funktion, die es im Auftrag des Stammes ausübt, nunplötzlich durch die solidarische Vernunft und den Gerechtigkeitssinnder Stammesgenossen selbst erklärtermaßen promoviert und begrün-deterweise konzessioniert. Und was es vorher bloß in der Heimlichkeitund Exklusivität einer aller allgemeinen Sanktion entbehrenden undaller verbindlichen Legitimierung entratenden abstrakt daseienden Ver-schiedenheit und unvermittelt naturgegebenen Privatheit sich zu eigen

machen kann, das kann es dank seines mythologischen Rollenspiels nunplötzlich coram populo und in der repräsentativen Form einer ihm vonden Stammesgenossen öffentlich eingeräumten Aneignungspriorität undeines vom Stamm ihm verbindlich zugestandenen Nutznießungsprivilegsmit Beschlag belegen.

63

Page 64: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 64/155

Stammessubjekten und anderem Subjekt gleichermaßen bringt dem-

nach jenes mythologische Erklärungsschema und BegründungsmodellGewinn und Verlust, Nutzen und Beschwer. Den Stammessubjekten er-laubt der Mythos, die ausgezeichnete Stellung und den besonderen Statusdes ex improviso der Entstehung gesellschaftlichen Reichtums sie kon-frontierenden anderen Subjekts einer im Verhältnis zu ihrem eigenenfaktischen Dasein ausreichend relativen Bestimmtheit und im Vergleichzu ihrem eigenen empirischen Zusammenhang hinlänglich komparativenVermitteltheit zu überführen, um alle vor dem anderen Subjekt ihnenobjektiv abgeforderte Kapitulation vor dem Sturz in einen Akt kruzi-fikatorischer Selbstentfremdung zu bewahren und in der vertretbarenFassung stattdessen einer bloßen Handlung selbstkritischer Resoluti-on oder entschlossener Selbstüberwindung, einer als Selbstaufhebungidentitätspraktischen Entscheidung zum kriteriell besseren Ich festzu-halten. Zugleich aber müssen sie die dem anderen Subjekt mit Erfolgabgerungene Rückbindung an ihr eigenes Dasein augenscheinlich damit bezahlen, daß sie in der relativ restringierten Bedeutung und kompara-tiv integrierten Funktion, deren sie ihn mit Mitteln des mythologischenErklärungsschemas überführen, diesen besonderen Status des anderenSubjekts nun auch mit allen die Priorität und Privilegierung des letz-teren im Verhältnis zum gemeinsamen Objekt, zum gesellschaftlichenReichtum, betreffenden Konsequenzen anerkennen. Das andere Subjekt

hingegen nötigt der Mythos, von jedem unmittelbaren Gebrauch dessen,was seine ausgezeichnete Stellung ihm verschafft, Abstand zu nehmenund erst einmal vielmehr zu jener Rolle als vorbildlicher Vorfahr, alsparadigmatischer Heros sich bereitzufinden, die es nicht etwa bloß imformellen Verstand reminiszierenden Eingestehens, sondern durchaus imvollen Sinn eines realisierenden Nachvollzugs in Anspruch nimmt undmit Leib und Seele also des in ihm sich verkörpernden Vorfahren odermit Haut und Haar des in ihm erscheinenden Heros engagiert und diefür die Arbeit, die solche hautnah-leibhaftige Verkörperung macht, ihmdoch nichts weiter einbringt als nur noch einmal jenen objektiv identi-

schen und der Sache nach tautologischen ausgezeichneten Standort und besonderen Status ante portas des gesellschaftlichen Reichtums, den es jaex improviso dieses gesellschaftlichen Reichtums auch bereits vor allemheroischen Rollenspiel innehat. Dafür aber, daß es etwas auf sich nimmt,was es sachlich-faktisch nur als unnütze Abhaltung vom Eigentlichen

64

Page 65: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 65/155

ansehen kann, findet sich das andere Subjekt mit dem keineswegs zu

verachtenden gesellschaftlich-praktischen Gewinn entschädigt, daß es jene identische Vorrangstellung und tautologische Vorzugsposition, diees zum Abschluß des heroischen Umwegs und im Anschluß an den pa-radigmatischen Aufenthalt zu guter Letzt wieder erreicht, nicht mehrwie vorher unter den scheelsüchtigen Blicken der Stammessubjekte alseinen völlig unverdienten Glückstreffer und durch nichts gerechtfertigtenGnadenerweis sich bieten lassen muß, sondern im Gegenteil mit dererklärten Billigung und dem gegründeten Konsens der Stammesgenossenals sanktionierten Vortritt und legitimes Vorrecht in Anspruch nehmenkann.

Am Ende scheinen beide, Stammessubjekte und anderes Subjekt, glei-chermaßen gut durch das mythologische Verfahren bedient, scheint bei beiden, zieht man Bilanz, der Gewinn, den das Verfahren mit sich bringt,den Verlust, den es nach sich zieht, zu überwiegen. Die Stammessubjekteerkennen eine ohnehin eingetretene gesellschaftliche Veränderung an,fügen sich einem ohnehin nicht mehr rückgängig zu machenden neuenVergesellschaftungszustand und erhalten zum Lohn für diese Anpas-sungsfähigkeit die Möglichkeit, der neu entstandenen Situation eine mitihrer eigenen historischen Erfahrung und empirischen Lage relativ konti-nuierliche und vergleichsweise kompatible Interpretation zu geben und

damit allen Anschein einer ihnen, den Stammessubjekten, mit dem Schre-cken pauschalen Selbstverlusts drohenden existentialontologischen Krisezu verschlagen beziehungsweise jegliche Suggestion eines sie, die Stam-messubjekte, mit der Gefahr totaler Selbstentfremdung konfrontierendenidentitätslogischen Dilemmas zu nehmen. Das andere Subjekt läßt sichauf eine Rolle und Funktion ein, die ihm physische Arbeit und intellektu-elle Mühe macht, ohne ihm faktisch mehr und sachlich anderes zu bieten,als es auch vor aller Arbeit und ohne alle Mühe schon hat – eine Rolle,die, abgesehen von der Arbeit und Mühe, die sie ihm bereitet, es aberauch weiter nichts kostet, es um das, was es vorher schon hat, nicht bringt

 beziehungsweise von dem, was es nachher wieder erlangt, nicht abbringtund die ihm immerhin für seinen Aufwand die gesellschaftlich-praktischgewichtige Entschädigung gewährt, daß es das, was es vorher nur erstdank heimlicher Begünstigung und privativer Dotierung besitzt, nachhervielmehr mit allgemeiner Billigung und öffentlicher Berechtigung sein

65

Page 66: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 66/155

eigen nennt. Bewahrt vor der identitätslogischen Tortur einer kruzifika-

torischen Selbstentfremdung, können die Stammessubjekte sich jenemkapitulatorischen Selbstfindungsakt fügen, jenem identifikatorischenSubjektwechsel unterziehen, den ihnen das Werk ihrer eigenen Händezum objektiv zwingenden Erfordernis werden läßt. Und gleichermaßenerhaben über den Verdacht einer es grundlos bevorteilenden Günstlings-wirtschaft und gesichert gegen den Vorwurf einer gewissenlos auf deneigenen Vorteil bedachten Erschleichung kann das andere Subjekt das,was ihm nicht mehr nur als dem erstbesten zuteil wird, sondern mit Prio-rität zukommt, was ihm nicht mehr bloß privativ zufällt, sondern kraftPrivileg zusteht: die Früchte der Arbeit der Stammesgenossen, den vonden Stammesgenossen hervorgebrachten gesellschaftlichen Reichtum, inder Stellung des sanktionierten Eigentümers sich zu eigen machen undmit dem Status des legitimen Nutznießers genießen.

66

Page 67: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 67/155

. Der Herr des Fests

Der Heros geht aus seiner vorfahrlich-vorbildlichen Tätigkeit als ein genuß- und

verschwendungssüchtiger Gastgeber hervor.

Eben dies allerdings: den in Besitz genommenen Reichtum zu genießen,scheint, näher besehen, dem durch solch heroisches Rollenspiel hindurch-gegangenen und solch paradigmatischen Funktionierens überführtenanderen Subjekt doch nicht oder jedenfalls nur im höchst beschränk-ten Verstand und aufs äußerste reduzierten Sinn vergönnt. Genuß inder vollen Bedeutung eines dauerhaft-ausführlichen Gebrauchs des Er-reichten und einer zuverlässig-umfänglichen Nutzung des Erworbenenscheint aus jener Rolle als Vorfahr, die das andere Subjekt übernimmt,keineswegs notwendig zu folgen, aus jener Funktion als Vorbild, die

das andere Subjekt ausübt, durchaus nicht im logischen Automatismuszu entspringen. Was im Gegenteil aus jener heroischen Rolle folgt, istGenuß in der ephemeren Form und an sich selber verschwindenden Figureines kurzlebig-ausgiebigen Verbrauchs des Eroberten, einer haltlos-umfassenden Verschwendung des Errungenen. Dem Heros, den nachdem mythologisch kodifizierten Willen der Stammessubjekte das an-dere Subjekt zur Erscheinung bringt, gelingt zwar, wie die Mythen be-zeugen, mit schöner Regelmäßigkeit, sich dank des topisch-temporalenVorsprungs, den er hat, und kraft des logisch-modalen Vorteils, überden er verfügt, ebenso berechtigtermaßen wie bevorrechtigterweise in

den Besitz des gesellschaftlichen Reichtums zu bringen; aber wie dieMythen gleichfalls zeigen, gelingt ihm dies nur, damit er mit nicht minderschöner Regelmäßigkeit den in Besitz genommenen Reichtum vergeu-det, verschleudert, verschwendet, das als Genußmittel und Brauchtumgewonnene Objekt durch exzessiven Genuß, durch rasenden Verbrauch

67

Page 68: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 68/155

 beseitigt, aus der Welt schafft, zum Verschwinden bringt. Jener vorbild-

liche Vorfahr, den das andere Subjekt theoretisch-reminiszierend vertrittund praktisch-reiterierend darstellt, gelangt zwar mit der unfehlbarenStereotypie seiner mythologisch verbürgten Karriere als erster und alsPrivilegierter ans Ziel, aber mit gleichermaßen unfehlbarer Stereotypiegelangt er ans Ziel, nicht um sich an ihm auf Dauer niederzulassen, inZukunft einzurichten und ausführlich zu entfalten, sondern nur um sichan ihm ad hoc zu verköstigen, hier und jetzt zu ergötzen und erschöpfendzu befriedigen. Jener paradigmatische Heros, in den durch die Mytho-logie der Stammesgenossen das andere Subjekt sich personaliter hinein-zuversetzen und realiter einzuleben genötigt wird, gewinnt zwar mitunverbrüchlicher Gewißheit den Preis, aber mit gleich unverbrüchli-cher Gewißheit zerrinnt ihm, was er gewinnt, unter den Händen. AmEnde unfähig, den gesellschaftlichen Reichtum, den er in Besitz nimmt,als einen ihm langfristig sich eröffnenden Erfüllungsprospekt zu erfas-sen, ergreift er ihn als den kurzfristig ihm sich darbietenden Augenblickder Fülle. Am Ende unvermögend, das gemeinsame Objekt, das er mitBeschlag belegt, als ein ebenso weitreichendes wie umfassendes Reali-sierungsmedium auszumachen, kostet er es als ein ebenso kurzlebigeswie totales Genußmittel aus. Und am Ende also außerstande, jene respublica, die er übernimmt und zu seiner eigenen Sache macht, als einefortan verfügbare verheißungsvolle Wirklichkeit mit unabsehbar neuen

und unvorstellbar anderen Möglichkeiten wahrzunehmen, antizipiert ersie als die sofort gegebene, lustvolle Möglichkeit zu unverhofft mehr undunverstellt potenzierter Wirklickeit.

Indem das ex improviso der Entstehung gesellschaftlichen Reichtumsin Erscheinung tretende andere Subjekt nach dem mythologisch dekla-rierten Willen der Stammessubjekte die kraft Tempus und Modus para-digmatische Funktion des heroischen Vorfahren personifiziert, verkörpertes den Heros auch und zuletzt in dieser genußvoll finalen Vergeudungdes Reichtums, dieser exzessiv abschließenden Konsumtion des Objekts.Indem es – dem mythologischen Druck der Stammessubjekte nachgebend

und verlockt durch die Aussicht auf eine allgemeine Anerkennung seinerin bezug auf den Reichtum ausgezeichneten Stellung – sich bereden läßt,vor aller Realisierung des Reichtums theoretisch und praktisch, erinnerndund wiederholend jene Figur des Mythos, jener heroische Vorfahr zusein, erliegt am Ende das andere Subjekt dem gleichen unwiderstehlichen

68

Page 69: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 69/155

Zwang wie der von ihm simulierte Heros selbst: dem Zwang, die po-

tentiell sukzessive Nutzung des Reichtums in aktuell rasenden Konsumumschlagen, die nach Möglichkeit ausführliche Realisierung des Objektszur in Wirklichkeit galoppierenden Verschwendung sich verflüchtigen zulassen. Auf der vom heroischen Paradigma durchlaufenen Bahn an ebendem Ziel wieder angelangt und mit erklärter Priorität und begründetemPrivileg retabliert, von dem als von einer unmittelbaren Errungenschaftes um jener mythologischen Nachfolge willen erst einmal bereit ist ab-zusehen, erblickt das andere Subjekt dies Ziel mit den Augen dessen, indessen Nachfolge es steht, und packt das Erreichte in der Manier dessenan, als dessen verkörpertes Ebenbild oder leibhaftige Personifizierung es

zurückkehrt. Ihren allgemeinsten und grundlegendsten Ausdruck findendiese der heroischen Rolle, die es übernimmt, entspringende Sichtweiseund diese der paradigmatischen Funktion, die es ausübt, entsprechendeVerhaltensweise des anderen Subjekts in der von ihm selber nicht we-niger als von den Stammessubjekten akzeptierten und als verbindlicheSchlußbestimmung überhaupt sämtlicher mythologischer Aktivitätengeltend gemachten Definition des resultierenden Reichtums als Fest.Damit, daß zum krönenden Abschluß jener mythologischen Funktiondas andere Subjekt das, wozu die heroische Rolle ihm erklärtermaßenverhilft: eben den gesellschaftlichen Reichtum, als ein hauptsächlich fest-

liches Ereignis ins Auge faßt, wie denn auch sich, den Eigentümer undNutznießer selbst, als den hauptamtlich dies Ereignis zu feiern und nachGebühr zu begehen bestimmten Herrn des Festes in Szene setzt, stelltes unzweifelhaft klar, daß es auch und gerade in dieser entscheidendenFrage der schließlichen Realisierung des Ziels dem Beispiel dessen folgt,den es vertritt und verkörpert. Indem es das in der Konsequenz seinesheroischen Rollenspiels ihm mit Priorität zukommende gemeinschaftlicheMehrprodukt, den infolge seines paradigmatischen Funktionierens ihmals Privileg zustehenden gesellschaftlichen Reichtum als hauptsächlich bloß eine Gelegenheit zu feiern wahrnimmt, gibt das andere Subjekt zu

erkennen, daß es nicht etwa darauf aus ist, diesen Reichtum als eineauf lange Sicht sich eröffnende verheißungsvolle Perspektive, einen mitErfüllung winkenden langfristigen Prospekt zu beziehen und zu nutzen,sondern – dem heroischen Habitus folgend und dem paradigmatischenUsus gemäß – einzig und allein darauf abzielt, ihn als die zur Völlerei

69

Page 70: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 70/155

einladende vielversprechende Fülle, als den dimensionslos reinen Über-

fluß, der zum Schwelgen verführt, ad hoc beim Schopf zu fassen und zugenießen. In den Spuren des von ihm verkörperten Vorfahren wandelndund der von ihm repräsentierten heroischen Tradition entsprechend,zeigt mit seiner Bestimmung des Reichtums als Fests das andere Subjektunmißverständlich an, daß seine Absicht keineswegs dahin geht, denReichtum als Grund und Boden eines fundamental erneuerten Lebens,als aufschließenden Anfang eines omni modo erfüllenden Werdens, alsden Kontext, in dem Möglichkeiten Wirklichkeit, Träume wahr werden,kurz, als Realisierungsmedium sui generis nutzbar zu machen, zu ver-wenden und festzuhalten, sondern durchaus nur darin besteht, ihn alsden Inhalt und Gegenstand eines radikal gesteigerten Erlebens, als denabschließenden Augenblick eines toto coelo krönenden Seins, als denStoff, mit dem Wirklichkeiten möglich, aus dem Träume gemacht sind,kurz, als Genußmittel ohnegleichen auszubeuten, zu verschwenden unddurchzubringen.

Und dieser mit der Bestimmung des Reichtums als Fests erklärtenAbsicht gemäß verfährt das andere Subjekt denn auch. Coram populoder Stammessubjekte macht sich, seiner mythologischen Bestimmungfolgend, das andere Subjekt mit ebensoviel paradigmatischer Unbeirr- barkeit wie heroischer Entschlossenheit daran, den ihm kraft Prioritätüberlassenen und als Privileg übereigneten gesellschaftlichen Reichtum

zu verzehren, zu verprassen, zu verschwenden. Unter den Augen derStammessubjekte und mit ihnen als Zeugen macht es sich an die Aufgabe,der Fülle Herr und mit dem Überfluß fertig zu werden. Tatsächlich abersind hierbei die Stammessubjekte nicht einfach bloß passive Zuschauer, beobachtende Zeugen; sie sind vielmehr geladene Gäste, teilnehmendeFestgenossen. So gewiß die Absicht des heroisch-paradigmatisch anderenSubjekts einem dem Augenblick lebenden unbekümmerten Genuß, eineraufs Ganze gehenden großzügigen Verschwendung des Reichtums gilt,so gewiß gehört zu solch unbekümmertem Genuß das selbstverständlicheBestreben, ihn jedermann zugänglich zu machen, paßt zu solch großzü-

giger Verschwendung die natürliche Bereitschaft, alle an ihr teilhabenzu lassen. Indem das andere Subjekt den gesellschaftlichen Reichtumals etwas praesenti casu vollständig Wahrzunehmendes begreift, kannes gar nicht anders, als in diese vollständige Wahrnehmung alle Anwe-senden einzuschließen. In dem gleichen Maß, wie es als der in Überfluß

70

Page 71: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 71/155

und Fülle schwelgende Herr des Festes, als der in Saus und Braus le-

 bende festliche Eigentümer und Nutznießer Realität gewinnt, muß essich als der von seinem Segen den Stammessubjekten mitteilende Wirtund Gastgeber, als der das Füllhorn seiner Gaben über die Stammes-subjekte ausleerende festliche Spender und Wohltäter erweisen. Undwie demnach das heroisch-paradigmatisch andere Subjekt per definitio-nem seines mit dem festlichen Reichtum schwelgerisch-unbekümmertenUmgangs und verschwenderisch-großzügigen Verfahrens genötigt ist,die Stammessubjekte zu Gast zu bitten und als Teilnehmer am Genuß,als seine Festgenossen, in die Völlerei, die Verschwendung, die großeSause mit einzubeziehen, so können umgekehrt die Stammessubjekte

selbst per consequentiam der mythologisch erklärten richtungweisen-den Rolle und beispielgebenden Funktion, die sie ihm im Blick auf dengesellschaftlichen Reichtum eingeräumt haben, gar nicht umhin, seinerEinladung Folge und ihm bei seinem festlichen Werk nach besten KräftenSukkurs zu leisten. Haben die Stammessubjekte unter der Bedingungseiner mythologischen Entschärfung zum Vorfahren und Vorbild, zumtopisch-temporalen Protagonisten und logisch-modalen Prototyp ihrerselbst, sich bereitgefunden, das andere Subjekt als ihren gegenüber demWerk ihrer eigenen Hände bevollmächtigten Repräsentanten, ihr im Blickauf das eigene Hab und Gut höchstpersönliches Selbst gelten zu lassen,

so können sie nun dem, was als ihr bevollmächtigtes Selbst das andereSubjekt über das Werk ihrer Hände beschließt, schwerlich im Wege stehn,können sie dem, was als ihr höchstpersönlicher Repräsentant das andereSubjekt mit ihrem Hab und Gut anfängt, unmöglich die Gefolgschaftverweigern. So gewiß die Stammessubjekte mit dem sich identifizieren,was – komparativ zu ihnen selbst und in bestimmter Negation ihreseigenen Daseins – das andere Subjekt ante portas des Reichtums heroischist und paradigmatisch vorstellt, ohne Rücksicht darauf, daß dies hero-ische Sein und paradigmatische Vorstellen sie als solche vom Reichtumunabsehbar ausschließt und als Bewerber um ihn ad calendas graecas

disqualifiziert, so gewiß müssen sie nun auch mit dem sich solidarisieren,was – repräsentativ für sie, die bestimmt Negierten, und vielmehr anihrer, der Substituierten, Statt – das andere Subjekt mit dem Reichtumeigenwillig anfängt, unabhängig davon, daß dies selbstherrliche Vollbrin-gen ihre, der Stammessubjekte, tätige Mitwirkung einschließt und sie als

71

Page 72: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 72/155

sei’s – formal betrachtet – reguläre Helfershelfer und Mitarbeiter, sei’s –

inhaltlich gesehen – veritable Zechkumpane und Spießgesellen engagiert.Daß ihre Einbeziehung ins festliche Tun, ihre höchst aktive Beteiligungdaran, den Stammessubjekten das Einverständnis und die Solidarisie-rung mit ihm psychologisch-empirisch erleichtert, soll dabei keineswegs bezweifelt werden. Als die vom anderen Subjekt per definitionem seinerhaltlosen Genuß- und schrankenlosen Verschwendungssucht geladenenGäste und bewirteten Festgenossen gelangen die Stammessubjekte jaüberraschend doch noch in den wie immer auch konditionierten Besitzund fremdbestimmten Genuß der gesammelten Früchte ihres gemeinsa-men Arbeitsfleißes, die sie im Rahmen ihres mit dem anderen Subjektgeschlossenen mythologischen Kompromisses zuvor erklärtermaßendrangeben und dem anderen Subjekt als sein nach Tempus und Moduswohlerworbenes Privileg, sein legitimes Vorrecht überlassen müssen.Dank des festlich ungestümen und genußsüchtig ungeduldigen Erfül-lungsanspruchs, mit dem am triumphalen Ende seines heroischen Durch-marschs und zum krönenden Abschluß seiner paradigmatischen Karrieredas andere Subjekt der gewonnenen Siegprämie begegnet, und dankder in solch ungestümer Genußsucht definitionsgemäß einbegriffenenschrankenlosen Freigebigkeit, die es den Stammessubjekten als seinenselbstverständlichen Festgenossen bezeigt, haben diese plötzlich dochnoch etwas von dem, worauf sie um jener mythologischen Übereinkunft

willen gezwungen sind, begründetermaßen zu verzichten, erhalten siewider alles Erwarten nun doch noch Zugang zu jenem gemeinschaft-lich finalen Objekt, Anteil an jenem gesellschaftlich höchsten Gut, dasals Entgelt für seine Entschärfung zum relativ kontinuierlichen Herosund komparativ vergleichbaren Paradigma das andere Subjekt ihnenmit ihrer erklärten Billigung abgenommen hat. Wie sollte diese eben-so unverhoffte wie bedingte Rekuperation des unbedingt Verlorenen,diese ebenso unerwartete wie partielle Rückgewinnung des ganz undgar Drangegebenen die Stammessubjekte für das genußsüchtig-festlicheVerhalten, das am Ziel seiner heroisch-paradigmatischen Laufbahn das

andere Subjekt an den Tag legt, nicht einnehmen? Und wie also solltediese teilweise Kompensation des erlittenen Verlusts, diese konditionierteWiedergutmachung des erduldeten Schadens für die Stammessubjektekein psychologisch-empirisch starker Anreiz sein, das schwelgerischeVorgehen und verschwenderische Verfahren des anderen Subjekts in der

72

Page 73: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 73/155

 besten Ordnung zu finden? Aber wie sehr für ihre Solidarität mit dem

anderen Subjekt und seinem festlichen Tun die ihnen durch dies festlicheTun sich bietende Gelegenheit zu nicht mehr erwarteter Teilhabe undkaum mehr erhofftem Genuß ein sekundäres, psychologisch-empirischesMotiv bilden mag, so sehr bleibt der primäre, soziologisch-systematischeGrund dafür die in Sachen Reichtum uneingeschränkte Vollmacht undunbedingte Legitimation, die sie im Zuge des mit ihm geschlossenen my-thologischen Kompromisses ihm zuvor erteilt haben. Erkennen im Zugedieser mythologischen Übereinkunft die Stammessubjekte unter Verzichtauf alle eigenen Ansprüche und unter Preisgabe aller persönlichen Aspi-rationen das andere Subjekt als den kraft maßgeblicher Vorbildlichkeitseiner Stellung bevollmächtigten Eigentümer und dank kriterieller Mus-tergültigkeit seiner Haltung legitimierten Nutznießer des gesellschaftli-chen Reichtums an, so begeben sie sich damit natürlich auch des Rechts,sich über das, was das andere Subjekt mit seinem Eigentum anfängt beziehungsweise aus seinem Nießbrauch macht, ein Urteil anzumaßen,geschweige denn, solchem Beginnen kritisch entgegen oder gar störendim Wege zu sein. Wie mit dem, was statt ihrer das andere Subjekt vor demReichtum mit vollem Recht darstellt, so bleibt den Stammessubjekten nunauch mit dem, was es an ihrer Stelle mit dem Reichtum bevollmächtigtanfängt, gar nichts anderes übrig, als sich wirklichst abzufinden und mög-lichst zu identifizieren, – und zwar ganz unabhängig von den erfreulichen

oder unangenehmen Implikationen, den vorteilhaften oder nachteiligenAuswirkungen, die dies Beginnen und Tun des anderen Subjekts für dieStammessubjekte selber hat.

Soziologisch-systematisch nicht weniger determiniert als psychologisch-empirisch motiviert, haben also die Stammessubjekte allen erdenklichenGrund, der Einladung zum Fest Folge zu leisten, die per definitionemseiner umfassenden Genuß- und großzügigen Verschwendungssucht dasandere Subjekt an sie ergehen läßt. Soziologisch genötigt nicht wenigerals psychologisch verführt, haben sie allen nur denkbaren objektiv gutenGrund und subjektiv wirksamen Anreiz, dem Herrn des Festes, ihrem

Gastgeber, bei seinem Verschwendungswerk tatkräftig an die Hand zugehen und, solange es währt, zur Seite zu stehen. Und eben das tunin der Eigenschaft von Fest- und Tischgenossen des anderen Subjektsdie Stammessubjekte denn auch. Gemeinsam mit ihrem Gastgeber undin schönster Eintracht mit ihm laben sie sich an der Fülle, schwelgen

73

Page 74: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 74/155

sie im Überfluß, leben sie in Saus und Braus – solange das Fest dau-

ert, die Lustbarkeit währt. Daß nun allerdings das Fest nicht immerfortdauert, das garantiert die verschwenderische Form dieses vom Herrndes Festes inaugurierten Genusses, die verzehrende Art dieses von ihmin Mode gebrachten Schwelgens. So gewiß der Genuß des als reinesGenußmittel, dolce vita, gefaßten Reichtums, das Schwelgen in dem alsschiere Fülle, als Lust und Wonne begriffenen Überfluß die Beschaffenheiteines unbekümmert-ausschweifenden Zehrens vom Überfluß, die Formeines extensiv-verschwenderischen Umgangs mit dem Reichtum hat,so gewiß erreicht solch unbekümmerter Genuß früher oder später denPunkt, an dem der Überfluß zur Neige, der Reichtum zu Ende geht. Undso gewiß also die von aller Absicht auf Realisierung einer durch Reichtummöglichen Erfüllung freie Verschwendung der als Reichtum wirklichenFülle, die allen Anspruchs auf Kultivierung eines aus Überfluß entstehen-den Werdens bare Konsumtion eines im Überfluß bestehenden Seins diedas Fest bestimmende Devise ist, so gewiß zeigt sich früher oder späterdie Fülle des Reichtums erschöpft, das Sein im Überfluß aufgebraucht.Und daß dies theoretisch früher oder später zu Erwartende in praxi eherfrüher als später eintritt, daß tatsächlich die Lustbarkeit alles andereals ewig währt, dafür sorgt vollends jene ebenso objektiv gebotene wiesubjektiv erstrebte Mitwirkung der Stammessubjekte. Nicht zuletzt ihrehingebungsvolle Beteiligung am schwelgerischen Genuß macht, daß der

festliche Konsum einen Charakter verzehrender Effektivität entfaltet, diefeierliche Verschwendung einen Zug von erschöpfender Ausgiebigkeitgewinnt. Wie großzügig nämlich sein erlebnishungriger Umgang mitdem Reichtum und wie unbekümmert sein genußsüchtiges Schwelgenim Überfluß auch sein mag – allein auf sich gestellt, hätte der Herr desFestes sicher die größte Mühe, des Reichtums in festlicher Form Herr undmit dem Überfluß verschwenderischerweise fertig zu werden. Erst dieeinsatzfreudige Teilnahme der als Festgenossen geworbenen Stammes-subjekte am festlichen Genuß verleiht am Ende dem verschwenderischenUnternehmen die faktische Begrenztheit und praktische Fassungskraft,

die es braucht, um den Reichtum – seiner Bestimmung, reichlich zurVerfügung zu stehen, zum Trotz – wirklich aufzubrauchen beziehungs-weise den Überfluß – entgegen seiner Natur, im Überfluß vorhanden zusein – tatsächlich zu erschöpfen. Erst dadurch, daß die als Festgenossenrekrutierten Stammessubjekte mit allem Eifer und mit all ihren Kräften

74

Page 75: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 75/155

zur Konsumfähigkeit und Vergeudungskapazität des als Herr des Festes

figurierenden heroischen Paradigmas beitragen, gewinnt am Ende die-ses das nötige Format und die erforderliche Effektivität, um nicht bloßtheoretisch früher oder später, sondern praktisch eher früher als später,nämlich in aller durch seine genußsüchtige Unbekümmertheit gebotenenEile und mit aller durch seine erfüllungswütige Haltlosigkeit erzeugtenHast, mit dem Segen zurande, dem in Hülle und Fülle Gegebenen ansEnde zu kommen.

Der Heros verschwindet zusammen mit dem verschwendeten Reichtum und läßtdas andere Subjekt, das ihn verkörpert hat, als ein seiner anderen Subjektformwieder entkleidetes empirisches Stammesindividuum zurück.

Geht nicht zuletzt dank der tatkräftigen Unterstützung der als Festge-nossen geladenen Stammessubjekte der Überfluß, an dem der Herr desFestes sich labt, wirklich zur Neige, ist der vom Gastgeber und seinenGästen genossene Reichtum tatsächlich aufgezehrt, so ist dies offenbargleichbedeutend mit dem Ende des Festes überhaupt. Als eine Veranstal-tung, bei der Genuß die Form einer erschöpfend extensiven Vernichtungdes Genußmittels, Erfüllung die Gestalt einer verzehrend konsumtivenVertilgung der Fülle annimmt, währt das Fest nur eben so lange, wieder Vorrat reicht, hat es die Dauer nur eben der für die Erschöpfung desGenußmittels, die Konsumtion der Fülle benötigten Frist. Ist das Genuß-mittel verbraucht, die Fülle verschwendet, so ist auch das Fest zu Ende.Aber nicht allein das Fest ist zu Ende, auch mit dem Herrn des Festes istes aus und vorbei. Wie um den als Fest firmierenden gesellschaftlichenReichtum, so ist es auch um das als Herr des Festes figurierende heroischeParadigma geschehen. Dessen die Stammessubjekte zur Identifizierungeinladende distinktive Identität ist ja unlösbar gebunden an das Vorhan-densein von gesellschaftlichem Reichtum. Gleichermaßen Realfundament

und objektiver Inhalt, tragender Grund und wesentlicher Gegenstandder besonderen Stellung, die am Ende seines mythologisch vorgeschrie- benen Wegs das heroische Paradigma innehat, ist dieser gemeinschaft-liche Überfluß, von dem es dank seines mit auf den Weg gebrachtentopisch-temporalen Vorsprungs mit Priorität Besitz ergreift und über den

75

Page 76: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 76/155

es kraft seines unterwegs errungenen logisch-modalen Vorteils privile-

giert verfügt. Demnach aber entzieht es, wenn es nun seine Besitzergrei-fungspriorität in der geschilderten Weise einer festlichen Konsumtiondes Reichtums wahrnimmt, sich selber den Boden, auf dem es steht, denBezugspunkt, an dem es hängt, läßt es, wenn es sein Verfügungsprivilegin dem beschriebenen Sinn einer genußsüchtigen Verschwendung desÜberflusses nutzt, seine eigene Stellung gleichermaßen unhaltbar undgegenstandslos werden. Indem es den Vortritt, den die Stammessubjekteihm in bezug auf den Reichtum einräumen, als freie Bahn zur Beseitigungdieses Reichtums, das Vorrecht, das sie ihm in Ansehung des Überflusseszugestehen, als freie Hand zur Vertilgung dieses Überflusses begreift,gebraucht das heroische Paradigma die ihm verliehene Priorität, umeben das aus der Welt zu schaffen, worauf die Priorität sich objektivstützt und bezieht, verwendet es das ihm gegebene Privileg, um daszugrunde zu richten, woran das Privileg sich inhaltlich festmacht und bemißt. Was ihm am Ende bleibt, ist eine mangels Realfundament haltlosePriorität, ein Vortritt, mit dem sich nichts anfangen läßt, und ein mangelsBezugspunkt gegenstandsloses Privileg, ein Vorrecht, das zu nichts führt.Aber vielmehr ist, was sich mit der Priorität anfangen läßt und wozudas Privileg führt, nicht rein und einfach nur nichts, das statisch bloßeFehlen einer Grundlage, die dimensionslos schiere Absenz eines Bezugs,sondern das großgeschriebene Nichts einer Bodenlosigkeit, die es in der

Perspektive seines festlichen Beginnens selber heraufbeschworen, odereiner Beziehungslosigkeit, die es durch die Dynamik seines genußsüch-tigen Vorgehens selber herbeigeführt hat. Und dementsprechend ist,was ihm bleibt, auch nicht etwa nur eine Priorität des unbewegt reinenNichtstuns oder ein Privileg zum ziellos autistischen Existieren, sondernder Vortritt beim unaufhaltsamen Versinken in dieser von ihm selberhervorgerufenen Haltlosigkeit und Nichtigkeit seines Tuns, das Vorrecht,in dieser aus Eigenverschulden konsequierenden Ziel- und Gegenstands-losigkeit seiner Existenz sich unrettbar selbst zu verlieren. Indem das, wasdank festlicher Genußsucht das heroische Paradigma aufzehrt, eben das

Fundament ist, auf dem es vorrangig selber fußt, die Substanz ist, in deres bevorrechtigt selber gründet, ist nun auch, was es damit hervortreibt,eine Mangelsituation, die vornehmlich ihm selbst den Garaus macht,ein Nichts an Bestand, an dem vorzüglich es selbst zugrunde geht. DenReichtum verprassend, auf dem seine ganze besondere Existenz basiert,

76

Page 77: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 77/155

schafft das heroische Paradigma jenen als Bodenlosigkeit existentiellen

Abgrund, in dem es selber untergeht, jene als Gegenstandslosigkeit in-tentionale Leere, in der es sich auflöst. Seine Besitzergreifungsprioritätnutzend, um eben die reale Grundlage zu zerstören, auf der solche Prio-rität gilt, beziehungsweise sein Nutznießungsprivileg gebrauchend, umden empirischen Gegenstand zu beseitigen, auf den solches Privileg sich bezieht, gräbt das heroische Paradigma nolens volens die Grube, in diees mit gleicher Priorität selber fährt, reißt es wohl oder übel das Loch, indem es mit gleichem Privileg selber verschwindet.

Diese für die Biographie des heroischen Paradigmas ebenso charakteris-tische wie fatale Verknüpfung von Vertilgung des Reichtums und eigenerVernichtung, von rauschendem Genuß und tonlosem Schluß, festlichemVerschwenden und schließlichem Verschwinden wird von den Mythenebenso stereotyp wie mannigfach bezeugt. Nicht weniger monoton alszahllos sind die als letzte Station ebenso definitiven wie als Anfang vonNichts unendlichen, die für ihr Opfer ebensosehr als Mangelsituation ein-schränkenden und beengenden wie an sich als Ausdruck schierer Gegen-standslosigkeit ausufernden und grenzenlosen Löcher oder Leerräume,Gruben oder Tiefen, Klüfte oder Höhlen, Höhen oder Weiten, Fernen oderVakuen, in die hinein nach vollbrachtem Lebenslauf, nach paradigmatischabsolvierter Karriere und im unmittelbaren Anschluß an die den Lebens-lauf krönende allgemeine Lustbarkeit, das die paradigmatische Karriere

 beschließende große Fest, der Heros sich wie von ungefährt verliert,unauffällig verdrückt, spurlos verflüchtigt, ohne Rest auflöst. Sowenigdie Mythologie versäumt, am Ende der paradigmatischen Laufbahn, dieihn zum vorrangigen Eigentümer und bevorrechtigten Nutznießer desgesellschaftlichen Reichtums macht, im Heros den als Herr des Festesfigurierenden genußsüchtigen Verschwender eben dieses Reichtums zu beschwören, sowenig wird sie müde, in ihm den nach dem Verlust desÜberflusses, der das Ende des Festes markiert, selber dem Mangel, dener geschaffen, Verfallenden, selber dem Vakuum, das er kreiert, Erlie-genden zu bezeugen. Und dies nach dem Zeugnis der Mythologie dem

Heros aus seinem festlichen Umspringen mit dem Reichtum erwach-sende eigene Ende, dies ihm aus seiner Verschwendung des Überflussesentstehende existentielle Verschwinden erlebt und erfährt nun also auchdas in der Nachfolge des heroischen Paradigmas stehende und in seinenFußstapfen wandelnde andere Subjekt. Am Ende seiner im Verein mit

77

Page 78: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 78/155

den Stammessubjekten als Festgenossen zelebrierten genußsüchtigen

Vertilgung des gesellschaftlichen Reichtums, am Schluß des gemein-schaftlichen Festes, als dessen Herr, dessen Veranstalter und Gastgeber esfiguriert, beschließt, der mythologisch vorgezeichneten Schicksalskurvedes Heros folgend, den es verkörpert, auch das andere Subjekt seinenLebenslauf, endet seine Existenz und verschwindet. Dabei bedeutet seinexistentielles Verschwinden keineswegs notwendig und in der Tat nichteinmal üblicherweise, daß es zugleich als empirisches Individuum überdie Klinge springen muß. Was vielmehr bloß gehalten ist, den Geist auf-zugeben und zu verschwinden, ist das andere Subjekt in seinem kraftgesellschaftlichem Reichtum objektiven Anderssein, seiner im Kriterium

des gemeinschaftlichen Überflusses artbildend differenten Existenz undklassenspezifisch distinktiven Identität, seiner vom Mythos als heroischidentifizierten, reichtumsbezogen personalen Vorrangstellung und als pa-radigmatisch realisierten, überflußbedingt sozialen Vorzugsposition. Nurin dieser ihm als empirischem Individuum aufgesetzten, gewissermaßenmetaphysischen Stellung einer kraft Priorität des Zugangs zum gesell-schaftlichen Reichtum artbildend differenten, personalen Existenz undsozusagen systematischen Position einer dank privilegierter Verfügungüber den gemeinschaftlichen Überfluß klassenspezifisch distinktiven, so-zialen Identität ist ja das andere Subjekt konstitutiv abhängig vom gesell-

schaftlichen Reichtum, objektiv angewiesen auf den gemeinschaftlichenÜberfluß. Und nur in dieser systematischen Position wird es deshalb auchexistentiell von seinem mythologisch-verbindlich gefaßten Entschluß berührt, teils den gemeinschaftlichen Überfluß als ein zum sofortigen,verschwenderischen Gebrauch bestimmtes Genußmittel zur Dispositionzu stellen, teils sich selber als den zum Haben des verschwenderischenGenusses primär berufenen, mit der Erfüllung des festlichen Soll haupt-amtlich betrauten Herrn des Festes in Szene zu setzen. Nur als dieseartbildend differente personale Existenz und klassenmäßig distinktivesoziale Identität versinkt schließlich das andere Subjekt in dem anstelle

des gesellschaftlichen Reichtums bodenlosen Loch und Nichts, das seineam mythologischen Vorbild orientierte, heroische Genußsucht gefressenhat, verschwindet es in der statt des gemeinschaftlichen Überflussesgegenstandslosen Weite und Leere, die seine ans mythologische Mustersich haltende, paradigmatische Verschwendungssucht verbrochen hat.

78

Page 79: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 79/155

Was nicht notwendig verschwindet und im Normalfall vielmehr zurück-

 bleibt, ist das andere Subjekt in seinem um die Metaphysik jener diffe-renten Existenz gekürzten, um die Systematik jener distinktiven Identitätgebrachten empirischen Individualität, es als nicht mehr gegenüber denStammessubjekten autogenes und diskretes, sondern als nur mehr mitihnen homogenes und kontinuierliches, als in seiner empirischen Realitätselber Stammessubjekt. Indem am anderen Subjekt das Anderssein wegenfehlender Grundlage beziehungsweise mangels Gegenstands sich ver-flüchtigt, bleibt als empirisches Substrat der distinktiven Andersartigkeitnur die bestimmte Gleichartigkeit übrig, überlebt das andere Subjekt nurals ein aus seiner metaphysischen Vorrangstellung in die empirische Glie-derung der Gesellschaft redintegriertes Stammessubjekt. Dabei ist seineWiedereinordnung in die Stammesdisziplin, seine Zurücknahme in dieFormation des Stammes keineswegs derart nivellierend zu denken, daßsie dem Redintegrierten nun die Einnahme oder Beibehaltung überhaupt jeder in körperlich oder geistig besonderen Eigenschaften gründenden,technisch leitenden Funktion in der Stammespraxis unmöglich mach-te beziehungsweise ihm die Übernahme oder fortgesetzte Ausübungschlechterdings jedes auf kulturell oder sozial besonderen Leistungen beruhenden, organisatorisch führenden Amts in der Politik des Stammesverwehrte. In augenscheinlicher Vorbereitung der mythologischen Trans-formation, der das andere Subjekt unterworfen wird, ist es der potentiell

oder aktuell mit solch technisch-praktischen Leitungsfunktionen undsolch organisatorisch-politischen Führungsaufgaben betraute Personen-kreis, aus dem erfahrungsgemäß der Stamm die Anwärter für die excathedra des gesellschaftlichen Reichtums gesetzte artbildend andereSubjektform vorzugsweise rekrutiert. Indem der gesellschaftliche Reich-tum in die Stammesgemeinschaft jene artbildend qualitative Differenzeinführt, die den Grund für eine fundamentale gesellschaftliche Schei-dung, eine radikale Dichotomisierung aller gesellschaftlichen Verhältnisselegt, bringt die Stammesgemeinschaft diese Differenz – im zielstrebigenVorgriff auf ihre mit mythologischen Mitteln zu leistende Relativierung

und komparative Ermäßigung – mit schon vorhandenen funktionellenDifferenzierungen in Verbindung und macht die letzteren als quasi natür-liche Orientierungshilfen und empirische Vormarkierungen für das sub-stantielle Trennungswerk, die existentielle Scheidekunst des Reichtums,nutzbar. Aber so sehr technisch leitende Funktionen und organisatorisch

79

Page 80: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 80/155

führende Ämter als formelle Kriterien der Auswahl für die vom gesell-

schaftlichen Reichtum kreierte andere Subjektform von Bedeutung seinmögen, so wenig spielen sie als materielles Konstitutiv dieser anderenSubjektform eine Rolle. Im Gewahrsam der Stammespraxis entstande-ne Differenzierungen, die sie sind, bleiben diese Leitungsfunktioneninhaltlich-materiell Bestandteil eben der stammesgebunden empirischenFaktizität, der als einer schlechterdings äußeren Voraussetzung der gesell-schaftliche Reichtum jene von ihm gesetzte, abstrakt andere Subjektformund unvermittelt neue Existenzweise zuweist und aufhuckt. Und ebendeshalb aber, weil, ihrer formell-kriteriellen Bedeutung ungeachtet, die-se funktionellen Differenzierungen materiell-integrierender Bestandteildes der anderen Subjektform bloß äußerlich zugrunde gelegten empiri-schen Individuums bleiben, bleiben sie nun auch von dem die andereSubjektform selbst ereilenden mythologischen Konkurs normalerweiseunberührt und können im Rahmen der als Residuum oder Substrat denKonkurs überdauernden Individualität als solcher in der alten Bedeutungvon das Stammescorpus differenzierenden technisch-praktischen Funk-tionsbestimmungen respektive die Stammesgenossen unterscheidendenorganisatorisch-politischen Tätigkeitsmerkmalen wieder in Erscheinungtreten, bis neuer Reichtum das empirische Individuum neuerlich als dieäußere Grundlage für die ex improviso des Reichtums auftretende andereSubjektform rekrutiert.

80

Page 81: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 81/155

 Als direkte Konsequenz heroischer Kursorik läßt dieses vernichtende Ergebnis

deutlich werden, daß die mythologische Transformation des anderen Subjektsdurch die Stammessubjekte in Wahrheit kein bloßes, das andere Subjekt zurVerträglichkeit beredendes Vergleichsverfahren, sondern ein Sabotageakt ist, deres in den Ruin treibt.

Eindeutig und spurlos mit dem gesellschaftlichen Reichtum verschwun-den ist so am Ende nur die andere Subjektform selbst: jenes in qualitativerDifferenz artbildend andere Leben und in konstitutiver Distinktion klas-senmäßig neue Sein, das der gesellschaftliche Reichtum ex actu seinesEntstehens dem als ein metaphysischer Eingeborener von ihm erwähltenund zum Subjekt sui generis von ihm erhobenen empirischen Individuumebenso abstrakt zur Auflage macht wie unvermittelt überträgt und dasnun aber die dadurch gleichermaßen diskriminierten und desavouierten,gleichermaßen kriteriell vor den Kopf gestoßenen und existentiell insHerz getroffenen übrigen Stammessubjekte im mythologischen Gegenzug jegliche Anstrengung unternehmen, als eine – aller vorgeblich exklusivenAbstraktheit zum Trotz – in bezug auf ihr eigenes, unerwählt faktischesDasein dennoch relativ konkretisierbare Subjektposition nachzuweisen beziehungsweise als eine – aller scheinbar disjunktiven Unvermitteltheitentgegen – mit ihrer eigenen, unerhöht empirischen Individualität den-noch komparativ zu vermittelnde Existenzstellung herzuleiten. Und dies,

wie sich zeigt, mit durchschlagendem Erfolg: mit dem Erfolg nämlichnicht sowohl bloß der Konkretisierung als vielmehr geradezu der Li-quidierung, nicht sowohl bloß der Vermittlung als vielmehr kurzerhandder Vernichtung jener anderen Subjektform, mit dem Ergebnis also des beschriebenen spurlos-definitiven Verschwindens jenes vom Reichtumgesetzten anderen Subjekts und überflußentsprungen neuen Seins. Inder Tat ist der als strikte Konsequenzbeziehung direkte Zusammenhangzwischen der dem anderen Subjekt von seinen Stammesgenossen auf mythologischem Wege abverlangten Konkretisierungsprozedur und Ver-mittlungsleistung und dem am Ende des mythologischen Wegs ihm blü-

henden Verschwinden in reiner Halt- und schierer Gegenstandslosigkeitunschwer erkennbar. Schuld an dieser endlichen Halt- und schließlichenGegenstandslosigkeit, in der das andere Subjekt untergeht, ist die rück-sichtslose Konsumtionslust und exzessive Verschwendungssucht, von derdas kraft seiner mythologischen Karriere zum rechtmäßigen Eigentümer

81

Page 82: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 82/155

und notorischen Nutznießer des gesellschaftlichen Reichtums avancierte

andere Subjekt im Angesicht des erreichten Ziels befallen wird. Indemdas andere Subjekt den im Ergebnis seiner heroisch-paradigmatischenLaufbahn anerkanntermaßen von ihm erworbenen gemeinschaftlichenÜberfluß bloß als eine zu hemmungslosem Genuß und unaufhaltsamemVerbrauch einladende festlich-leichte Beute, als einen Anlaß zum ebensoallumfassenden wie alldurchdringenden Feiern begreift, ruft es jenes all-gemeine Mangelwesen, jenes durchgängige Nichts an Bestand hervor, dasin dem Maß, wie es seiner Vorrangstellung und privilegierten Existenzden gesellschaftlichen Boden und Gegenstand gleichermaßen entzieht,ihm selber nolens volens den Untergang bereiten und den Garaus machenmuß.

Diese genußsüchtig-konsumtive und festlich-verschwenderische Artaber, in der das andere Subjekt dem auf mythologischem Wege erreichtenZiel begegnet, was sonst ist sie als die strikte Beibehaltung und konse-quente Fortsetzung eben der unaufhaltsam-kursorischen und flüchtig-pauschalen Vorgehensweise, die auf jenem mythologischen Weg dasandere Subjekt beweisen muß, um überhaupt ans Ziel zu gelangen? Kraftdes Konkretisierungsbegehrens, mit dem die Stammesgenossen bei ihmintervenieren, aus seiner unbesehen abstrakten Vorrangstellung anteportas des Reichtums herausgerissen und erst einmal prinzipiell auf dieGrundstellung, die die Stammesgemeinschaft innehat, zurückgenommen

 beziehungsweise dispositionell an die Gattungseinheit, die das Stammes-corpus vertritt, zurückgebunden, ist das andere Subjekt zu jenem ebensopraktisch wiederholenden wie theoretisch erinnernden mythologischenProzeß gezwungen, der es, um den Preis allerdings einer Abschwächungseiner vorher exklusiven Abstraktheit zur bloß komparativen Differenz beziehungsweise Ermäßigung seiner zuvor disjunktiven Unvermittelt-heit zum bloß negativen Verhältnis, in seine alte Vorzugsposition zuguter Letzt zurückgelangen läßt. Dabei ist, was ihm zur prozessual letzt-endlichen Rückkehr verhilft, im wesentlichen zweierlei: zum einen derverhältnismäßige topisch-temporale Vorsprung, den es in Ansehung des

Prozesses als ganzen behaupten kann, und zum anderen der vergleichs-weise logisch-modale Vorteil, den es beim Durchgang durch die einzelnenMomente zu erringen vermag. Nur weil das andere Subjekt den Prozeßin vorväterlich-archaischer Zeit angeht, kann es am Ende im Blick auf das unverhofft prozessuale Ergebnis, den gesellschaftlichen Reichtum,

82

Page 83: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 83/155

eine Besitzergreifungspriorität behaupten, die nichts anderes zu sein

scheint als die durch die Klausel ihrer mythologisch objektiven Erklä-rung konkretisierte abstrakte Vorrangstellung von zu Anfang. Und nurweil es den Prozeß auf vorbildlich-kursorische Art durchsteht, kann eszum Schluß in bezug auf das unvorhergesehene Ziel des Prozesses, dengemeinschaftlichen Reichtum, ein Nutznießungsprivileg in Anspruchnehmen, das nichts anderes darzustellen scheint als die durch den Artikelihrer mythologisch resultativen Begründung vermittelte unmittelbareVorzugsposition von vorher. Seine heroische Archaik und seine para-digmatische Kursorik – dies beides ermöglicht es dem anderen Subjekt,von der gattungsmäßigen Grundstellung, auf die es die mythologische

Intervention der Stammesgenossen theoretisch und praktisch reduziert,sich wieder zu lösen und abzuheben, um an seinen ante portas des ge-sellschaftlichen Reichtums prärogativen Ausgangs- und privilegiertenAnsatzpunkt zurückzukehren. Wie indes archaisches Tempus und kur-sorischer Modus die Bedingung dafür bilden, daß am Ende der mytho-logischen Laufbahn das andere Subjekt sein besonderes Verhältnis zumgesellschaftlichen Reichtum wiedergewinnt, so konditionieren sie nunauch die Natur des wiedergewonnenen Verhältnisses selbst. Jedenfalls giltdas augenscheinlich für letzteren, den die Laufbahn als paradigmatische bestimmenden kursorischen Modus procedendi. Kraft seiner ebensosehr

in proteischer Unbehaftbarkeit und Wechselhaftigkeit wie in episodischerUnaufhaltsamkeit und Flüchtigkeit bestehenden kursorischen Vorge-hensweise kann gegenüber dem durchlaufenen Produktionsprozeß unddurchmusterten Professionssystem das andere Subjekt am Ende jeneUnbekümmertheit und Unbefangenheit an den Tag legen, die nach Maß-gabe ihrer Affinität zu der ihm vom Produktionsergebnis selbst, demgesellschaftlichen Reichtum, ad hoc zur Auflage gemachten und spontanabgeforderten Abstraktheit es in der Tat zur prärogativen Aneignungund zum privilegierten Genuß des letzteren prädestiniert erscheinenlassen muß. Hat aber diese im Sinne gleichermaßen der Flüchtigkeit und

der Unbehaftbarkeit kursorische Haltung dem anderen Subjekt durchden ganzen Prozeß und durch das gesamte System hindurch als Mittelzum Ziel gedient und als das Geheimnis seines Erfolgs zur Verfügunggestanden, so ist tatsächlich gar nicht einzusehen, warum sie im An- blick des Ziels und Augenblick des Erfolgs ihm plötzlich den Dienst

83

Page 84: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 84/155

aufkündigen und verlorengehen sollte. Als ineins die funktionelle Be-

dingung und charakterologische Bestimmung jener Unbekümmertheit,die ihm seinen prärogativen Zugang zum gesellschaftlichen Reichtumeröffnet und seinen privilegierten Umgang mit dem gemeinschaftlichenÜberfluß erschließt, behält das andere Subjekt diese Kursorik natürli-cherweise auch bei, nachdem es den Vorrang errungen und das Vorrechterworben hat. Im Zuge der mythologischen Karriere zweckmäßigerweiseangenommen, bleibt mangels anderer Dispositionen oder gegenteili-ger Determinationen die kursorische Haltung für das andere Subjektüber den End- und Zielpunkt der Karriere hinaus in Kraft und kondi-tioniert nicht sowohl folgerichtig als einfach nur schwerkräftig auch dasdurch die Karriere erzielte prärogative Sein und privilegierte Verhältnisselbst. Und Ausdruck beziehungsweise Äußerung dieser in aller Unbe-kümmertheit gewohnheitsmäßig fortlaufenden Flüchtigkeit und in allerUnbefangenheit charakterologisch andauernden Unbehaftbarkeit desanderen Subjekts ist das Fest, sein in der festlichen Form genußsüchtig-verschwenderischer Umgang mit dem kraft Priorität von ihm errungenenund als ein Privileg erworbenen gesellschaftlichen Reichtum. Ein undderselbe durchgängig kursorische Modus, der dort, im Produktionspro-zeß, die Züge einer etappenfressend unaufhaltsamen Arbeitswut undeines spartenverschlingend unersättlichen Funktionshungers aufweist,nimmt hier, am Ziel des Prozesses und vor den Früchten der Arbeit, die

in der Institution des Festes feste Gestalt einer produktverzehrend ex-zessiven Konsumtionslust und extensiven Verschwendungssucht an. Sogewiß die Art und Weise, wie das andere Subjekt den gesellschaftlichenProduktionsprozeß verschwindend durchläuft und das gemeinschaft-liche Professionssystem rastlos durchmustert, von seiner fundamentalkursorischen Haltung zeugt, so gewiß zeugt von der unverändert glei-chen, grundlegend kursorischen Haltung die Art und Weise, wie dasandere Subjekt in festlicher Form das Produkt des Prozesses, den ge-sellschaftlichen Reichtum, verschwenderisch durchbringt und restlosverpraßt.

Gleichermaßen der den Prozeß der Arbeit bestimmende anfänglicheModus procedendi und der den Genuß des Reichtums charakterisierendeschließliche Modus festandi entpuppt sich die durchgängig kursorischeHaltung des mythologisierenden anderen Subjekts wahrhaftig nun alsdie in der Konsequenz erscheinende Selbstnegation beziehungsweise als

84

Page 85: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 85/155

der im Effekt verkörperte Selbstwiderspruch. In ihrer ersten Bedeutung

als arbeitsprozessualer Modus procedendi ist wesentlich sie es, kraftderen das andere Subjekt sich in den prärogativen Besitz und privile-gierten Genuß des gesellschaftlichen Reichtums und gemeinschaftlichenÜberflusses bringt. Aber eben diesen Überfluß hat sie in ihrer zweitenBedeutung als genußförmiger Modus festandi die genau entgegengesetz-te Funktion, dem anderen Subjekt wieder vom Halse zu schaffen. Alsineins die Art und Weise, wie das andere Subjekt Reichtum erringt undÜberfluß erwirbt und wie es dem Errungenen zu Leibe rückt und mit demErworbenen umspringt, ist die kursorische Haltung das den Preis undGewinn in der ganzen Zweideutigkeit des Worts Davontragende, ist sieVia di levare ebensosehr wie Via di porre, das den Reichtum ebensosehrAufhebende wie Setzende, den Überfluß ebensosehr Weg- wie Herbei-schaffende, kurz, Sinnbild einer sich selbst verzehrenden Konsequenz,Inbegriff einer an sich selber zugrunde gehenden Effektivität.

Wie gewonnen, so zerronnen – das ist die Devise, nach der das an-dere Subjekt seinen von der Modalität einer prinzipiell kursorischenEinstellung beherrschten heroisch-paradigmatischen Lebenslauf absol-viert und beschließt. Weil es unterwegs zum Ziel sich nicht aufhalten,keine Rast finden, sich auf nichts einlassen darf, kann es nun auch amZiel selbst nicht verweilen, nicht zur Ruhe kommen, sich nicht nieder-lassen; weil es um des schließlichen Genusses der Früchte der Arbeit

willen den Arbeitsprozeß nur als ein flüchtiges Durcheilen von Tätig-keiten und haltloses Erproben von Fertigkeiten realisieren darf, kann esauch den schließlichen Genuß selbst nur als ein haltloses Verschwen-den von Reichtum und flüchtiges Schwelgen im Überfluß Wirklichkeitwerden lassen; weil es, um endlich Überfluß zu erwerben, vorher keinintensiv-dauerhaftes Verhältnis eingehen, keine anderen als kurzfristig-abstraktiven Beziehungen sich leisten darf, kann es auch zum Erworbe-nen selbst nur ein extensiv-flüchtiges Verhältnis aufbringen und keineanderen als kurzlebig-konsumtiven Beziehungen unterhalten. Daß diefestlich-verschwenderische Beseitigung des Reichtums, für die zu gu-

ter Letzt das als Herr des Festes figurierende heroisch andere Subjekthöchstpersönlich sorgt, nichts anderes ist als die nach dem Motto des“Wie gewonnen, so zerronnen” logisch erscheinende Konsequenz jenerihm von den Stammessubjekten als ein mythologischer Umweg aufge-drängten paradigmatischen Laufbahn, läßt nun allerdings die letztere

85

Page 86: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 86/155

selbst in einem ganz anderen, wesentlich zweideutigeren Licht sich dar-

 bieten. Als ein von den Stammesgenossen ins Spiel gebrachtes Mittel,zwischen den ad hoc exklusiven Stellungen und disjunktiven Zustän-den des Stammescorpus und des anderen Subjekts dennoch eine ArtKontinuität und Verhältnismäßigkeit herbeizuführen, macht auf denersten Blick dieser mythologische Umweg durchaus den Eindruck eineszum beiderseitigen Vorteil, und das heißt zum Nutzen nicht zuletzt desanderen Subjekts, geschlossenen Kompromisses. Dafür, daß er es nö-tigt, von einer corpuskonformen Ausgangslage und gattungsmäßigenGrundlinie aus die abstrakte Vorrangstellung, die es von Gnaden desgesellschaftlichen Reichtums selbst ohnehin bereits innehat, eigens noch

einmal zu erringen und aus eigener Kraft beziehungsweise mit seinereigenen Hände Arbeit sich zu erwerben, entschädigt und belohnt dermythologische Umweg das andere Subjekt mit der öffentlich begründe-ten Anerkennung dieses als Priorität zurückeroberten Vorrangs und alsPrivileg wiedergewonnenen Vorzugs durch die Stammesgenossen. Soanstrengend die Aufgabe, so gewichtig scheint die Entschädigung! Immervorausgesetzt natürlich, jener mythologische Umweg ist effektiv nichtsanderes als ein Umweg, tatsächlich ein für die Zielsetzung folgenlosesZwischenstadium, ein für die Sache selbst unerhebliches Zwischenspiel,und erlaubt also dem anderen Subjekt zu guter Letzt wirklich und wahr-

haftig, die unverändert gleiche Vorrangstellung wie eingangs erneut zu beziehen respektive die uneingeschränkt selbe Vorzugsposition wie zuvorwieder einzunehmen.

Genau diese Voraussetzung aber erweist die nähere Betrachtung alsunhaltbar. Wie sich bei genauerem Hinsehen zeigt, ist das andere Subjekt bis in den Kern der ihm Priorität verleihenden, abstrakt anfänglichenUnbeschwertheit, die es am Ende aufs neue erringt, und bis ins innersteMark der es privilegierenden, unvermittelt ursprünglichen Unbefangen-heit, die es zu guter Letzt wiedergewinnt, von jenem mythologischenUmweg über die Gattungsgeschichte, den es beschreibt, von jenem he-

roischen Durchmarsch durch den Stammesprozeß, den es absolviert,charakterologisch geprägt und funktionell gezeichnet. Weil es, um seineanfängliche Abstraktheit und ursprüngliche Unvermitteltheit schließlichwiederzugewinnen, erst einmal mit dem Prozeß, in den die Stammesge-nossen es theoretisch verwickeln und praktisch versetzen, fertig werden

86

Page 87: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 87/155

– und das bedeutet: ein zu diesem Ende taugliches Verfahren und ge-

eignetes Verhalten, eben jenen der heroischen Gangart eigentümlichenparadigmatisch-kursorischen Modus, ausbilden – muß, ist nun auch,was es am Ende wiedergewinnt, nicht die Abstraktheit in ihrer anfängli-chen Unbestimmtheit, nicht die Unvermitteltheit in ihrer ursprünglichenEinfachheit, sondern eine Abstraktheit, die von diesem systematischausgebildeten Verfahren wesentlich bestimmt, eine Unvermitteltheit, diedurch dieses prozessual angenommene Verhalten einschneidend cha-rakterisiert ist. Es hat also der dem anderen Subjekt mit mythologischenMitteln aufgezwungene Rekurs auf den Stammeszusammenhang durch-aus einen inhaltlich prägenden Einfluß auf die funktionelle Bestimmungder außerhalb der Gattungseinheit behaupteten abstrakten Vorrangstel-lung beziehungsweise durchaus essentiell bleibende Auswirkungen fürdie charakterologische Verfassung der jenseits des Stammeszusammen-hangs von ihm beanspruchten unvermittelten Vorzugsposition. Indem jener Rekurs das andere Subjekt dazu zwingt, um der Wiedererlangungseiner anfänglichen Vorrangstellung und Wiedereinsetzung in seine ur-sprüngliche Vorzugsposition willen praktisch-wiederholend ebensosehrwie theoretisch-erinnernd eine zum Ausbruch aus der Gattungseinheitdienliche besondere Verfahrens- und Verhaltensweise anzuwenden, be-stimmt er es am Ende dazu, die Abstraktheit der wiedergewonnenenVorrangstellung als das systematische Fazit dieser gegenüber der Gat-

tungseinheit angewandten Verfahrensweise, das heißt als Summe einesdie Gattungseinheit betreffenden fortlaufenden Abstraktionsvorgangs, beziehungsweise die Unvermitteltheit der wiederhergestellten Vorzugs-position als den logischen Ausdruck seines gegenüber dem Stammeszu-sammenhang angenommenen Verhaltensmodus, das heißt als Inbegriff eines auf den Stammeszusammenhang bezüglichen verhaltensspezifischdurchgängigen Fertigwerdens mit Vermittlungen, zu realisieren. Mitanderen Worten gelangt auf diesem als bloßer Umweg getarnten, ebensokultisch-reiterativen wie gnostisch-anamnestischen Weg, den die Mytho-logie ihm vorschreibt, das andere Subjekt zu guter Letzt dahin, daß es die

Unbeschwertheit, die es in Ansehung des gesellschaftlichen Reichtumsan den Tag legt, prinzipiell nur noch in Termini einer Entlastung von denBeschwernissen des zuvor durchlaufenen Arbeitsprozesses Wirklichkeitgewinnen beziehungsweise die Unbefangenheit, durch die es im Blickauf den gemeinschaftlichen Überfluß sich auszeichnet, wesentlich nur

87

Page 88: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 88/155

mehr im Begriff einer Befreiung von den Fesseln des vorher durchmus-

terten Systems der Arbeitsteilung zur Geltung kommen lassen kann. Vomheroisch-kursorischen Duktus seines Auszugs aus der Gattungseinheitfunktionell aufs entschiedenste gezeichnet und charakterologisch zutiefstgeprägt, kann das andere Subjekt seine Priorität verleihende anfänglicheAbstraktheit nur als prinzipiell abstraktiv beschaffene Beziehung wieder-erlangen, kann es seine privilegierende ursprüngliche Unvermitteltheitnur als wesentlich negativ bestimmtes Verhältnis neu sich erwerben.

Was das andere Subjekt am Anfang des ihm aufgezwungenen heroi-schen Umwegs über den Gattungsprozeß behauptet und am Ursprungdes ihm abgenötigten paradigmatischen Umlaufs durch das Stammessys-

tem innehat, ist eine gegenüber dem Gattungsprozeß absolut unbestimm-te Stellung. Was es hingegen am Ende des Umwegs zurückerhält, ist einein all ihrer abstraktiven Unbeschwertheit durch die Beziehung auf denGattungsprozeß relativ bestimmte Einstellung. An die Stelle des in rei-ner Negativität und Abstrakheit der Gattungseinheit entgegengesetztenanderen tritt ein modo abstractivo und via negativa aus der Gattungs-einheit selbst sich konstituierendes Differentes. An die Stelle eines denStammeszusammenhang konfrontierenden refutativ-unverbindlichenoder einfach-limitativen Nicht tritt ein aus dem Stammeszusammenhangselber umständlich extrapoliertes resultativ-obliques oder zweideutig-

integratives Nicht-mehr. Ist die so verfahrensförmig bedingte Umcharak-terisierug der dem anderen Subjekt am Ende wiedergegebenen Abstrakt-heit, die so modal bestimmte Neufunktionierung der ihm zu guter Letztzurückerstatteten Unvermitteltheit etwa nicht ein entscheidender Eingriff in die anfängliche Natur jener Abstraktheit und Unvermitteltheit? Zwar, bloß theoretisch betrachtet, möchte diese mythologische Umcharakteri-sierung der anfänglichen Abstraktheit des anderen Subjekts noch eine– bei aller Härte des Eingriffs im Rahmen der erforderlichen Kompro-mißbildung zwischen Stammescorpus und anderem Subjekt bleibendeOperation, möchte diese kultisch-gnostische Neufunktionierung seiner

ursprünglichen Unvermitteltheit noch eine – bei aller Massivität der Ver-änderung – auf der Linie der nötigen Übereinkunft zwischen den Parteiensich haltende Unternehmung scheinen. Bloß für sich genommen, möchtensie noch nichts weiter scheinen als eine zweckmäßig einfache Erfüllungund zielgebunden logische Durchführung jenes den Stammessubjekten

88

Page 89: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 89/155

als existentielles Erfordernis konzedierten Programms einer kompromiß-

 bildnerischen Ermäßigung des mit dem anderen Subjekt erscheinendenExklusiv zur bloß komparativen Differenz beziehungsweise vereinba-rungsfähigen Abschwächung des im anderen Subjekt gestaltgewordenenDisjunktiv zum bloß negativen Verhältnis. Was jenes den Stammessub- jekten mit existentieller Dringlichkeit am Herzen liegende Programmzum Ziel hat, ist eine Konkretisierung der anfänglichen Abstraktheit desanderen Subjekts in bezug auf den faktischen Zustand der Gattung, isteine Vermittlung seiner ursprünglichen Unvermitteltheit im Vergleich mitder empirischen Lage des Stammes. Und was sonst ist, bloß theoretisch betrachtet, diese mit mythologischen Mitteln vollbrachte Überführungder Stellung des anderen Subjekts aus einem in aller Abstraktheit demGattungsprozeß gegenüberstehenden, absolut anderen Topos in einenmodo abstractivo dem Gattungsprozeß entsprungenen, absolviert diffe-renten Standpunkt als eine konsequente Verwirklichung eben nur jenesProgramms; was sonst ist diese auf mythologischem Umweg erreichteVerwandlung der Position des anderen Subjekts aus einem in aller Un-vermitteltheit den Stammeszusammenhang konfrontierenden, abweisendlimitativen Nicht in ein via negativa aus dem Stammeszusammenhangresultierendes, aufhebend integratives Nicht-mehr als eine logische –wo nicht überhaupt die einzig denkbare – Lösung für eben nur jeneprogrammatische Aufgabe?

Daß es indes mit einer solchen Betrachtungsweise nicht schon sein Be-wenden haben kann, daß in dieser Sache schlichte Programmerfüllungim Interesse eines Kompromisses unmöglich die ganze Wahrheit ist,daß vielmehr tatsächlich der mythologische Eingriff in die anfänglicheAbstraktheit des anderen Subjekts ein weit über alle bloße Programmer-füllung hinaus entscheidender, die heroisch-paradigmatische Verände-rung seiner ursprünglichen Unvermitteltheit ein durch alle Problemlö-sung stracks hindurch einschneidender Eingriff ist, – genau das zeigennun die jede zielorientiert vernünftige Konsequenz über den Haufenwerfenden praktischen Konsequenzen dieser funktionalen Neubestim-

mung und modalen Umcharakterisierung des anderen Subjekts. Daßdiese Neubestimmung seiner anfänglichen Abstraktheit in einer auf dieKompromißbildung zwischen ihm und den Stammessubjekten berech-neten Zielorientierung nicht aufgeht, diese Umcharakterisierung seinerursprünglichen Unvermitteltheit in einer auf die Übereinkunft zwischen

89

Page 90: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 90/155

ihm und dem Stammescorpus gemünzten Zweckmäßigkeit sich nicht

erschöpft, – das genau lehrt das bittersüße Ende der mythologischen Ge-schichte, lehrt die auf den zweiten Blick ebenso folgerichtige wie auf denersten überraschende anschließende Etablierung des anderen Subjektsin der Rolle und Bedeutung eines Herrn des Festes, lehrt die in Formdes Festes institutionalisierte, in feste Form gebrachte Art und Weise,wie das andere Subjekt am Ende mit dem Reichtum, über den es kraftPriorität verfügt, verschwenderisch umspringt und mit dem Überfluß,den es privilegiert genießt, konsumtiv fertig wird. Indem am Ende sei-ner heroisch-paradigmatischen Laufbahn das andere Subjekt auf die beschriebene, funktionell bestimmte Weise genußsüchtig festiert und sichin der geschilderten, charakterologisch bedingten Manier veschwende-risch verlustiert, zeigt sich, daß diese funktionale Neubestimmung, der esim Interesse eines wenigstens komparativen Vergleichs mit der Gattungsich laufbahnförmig unterzieht, empirische Folgen zeitigt, die auf eine– allem mit der Laufbahn verknüpften formalen Restaurationsanspruchzum Hohn – materiale Zerstörung seiner anfänglichen Vorrangstellung,mithin aber auf die Vernichtung seiner in dieser Stellung gründendenpersönlichen Existenz hinauslaufen und die einer – allem die Karriere begleitenden scheinbaren Restitutionsvorsatz zum Tort – tatsächlichenLiquidierung seiner ursprünglichen Vorzugsposition, mithin aber derBesiegelung seines eigenen, an diese Position gebundenen Schicksals

gleichkommen.Und sub specie jener für sein weiteres Vorgehen und prospektives Be-

tragen dem anderen Subjekt aus dieser Neubestimmung entstehendenund in der Tat ebenso empirisch verheerenden wie kultisch verstricken-den Folgen, sub specie jener für sein Verhältnis zum gesellschaftlichenReichtum ihm aus dieser Umcharakterisierung entspringenden, ebensopraktisch vernichtenden wie festlich umfassenden Konsequenzen mußallerdings nun das ganze von den Stammessubjekten angezettelte my-thologische Unternehmen selbst ins Zwielicht geraten, muß der mit demZiel seiner Umcharakterisierung dem anderen Subjekt von den Stam-

mesgenossen zugemutete heroisch-paradigmatische Umweg als solcherin einem ganz anderen, wesentlich zweideutigeren Licht sich darbie-ten. Sub specie jener verheerenden Folgen muß das von den Stammes-subjekten inszenierte mythologische Unternehmen das vordergründigeAnsehen eines bloß das andere Subjekt zum Kompromiß bewegenden

90

Page 91: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 91/155

Page 92: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 92/155

. Das Geschöpf des Reichtums

Der mit Mitteln des Mythos geübte Sabotageakt der Stammessubjekte gilt aller-

dings einem Subjekt, das als ein ex improviso des Reichtums erscheinendes sichim ontologischen Bruch mit den Stammessubjekten konstituiert und dessen ab-strakte Indifferenz und unvermittelte Negativität deshalb, genauer betrachtet, ei-ner grundlegenden Revokation des Stammesdaseins gleichkommt.

Nicht zu vergessen aber, ein Subjekt treiben sie auf mythologischemWeg in den Ruin, das umgekehrt in seiner Haltung ihnen gegenüber,mag es auch subjektiv bar jeder bösen Absicht sein, objektiv eine bo-denlose Ignoranz und beispiellose Rücksichtslosigkeit an den Tag legt.Schließlich ist – wie lang und breit ausgeführt – das andere Subjekt inder abstrakten Selbstbezogenheit, in der es ihnen ex improviso ihrer ei-

genen Produktion entgegentritt, der unvermittelten Selbstgenügsamkeit,in der es ihnen aus dem hohlen Bauch des gesellschaftlichen Reichtums,den sie selber geschaffen haben, erscheint, für die Stammessubjekte dieschiere Provokation und der nackte Affront. Was das Werk ihrer eigenenHände den gemeinschaftlich Arbeitenden plötzlich als seinen wahrenEigentümer präsentiert und was es ihnen damit aus dem Stand herausals ihre resultativ wahre historische Identität und ihr objektiv wirklichesgesellschaftliches Wesen insinuiert, ist in der exklusiven Abstraktheitund disjunktiven Unvermitteltheit, in der es auftritt, die gegenüber demfaktischen Dasein des Stammeszusammenhangs gestaltgewordene plane

Negativität. In arbeitsprozeduraler Anstrengung und arbeitsteiligemEinsatz bringen die Stammessubjekte Reichtum hervor, nur um am Endeden im anderen Subjekt gestaltgewordenen Bescheid zu erhalten und diein ihm verkörperte Erfahrung zu machen, daß Reichtum hervorbringenund schaffen eines, ihn in Besitz nehmen und genießen ein toto coelo

92

Page 93: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 93/155

anderes ist und daß für letzteres tatsächlich nichts weniger gebraucht

wird als die für ersteres nötige faktische Bestimmtheit und empirischeVerfassung der Stammessubjekte, nicht weniger, positiv gesagt, erfordertist als ein in refutativer Indifferenz gegenüber jener faktischen Bestimmt-heit der Stammessubjekte absolut abstraktes Anderssein, ein in limitativerNegativität mit ihrer empirischen Verfassung unendlich unvermittelterNeubeginn.Und es ist dies von absoluter Indifferenz gegenüber der spezifischen Fak-tizität des Stammes geprägte, exklusiv abstrakte Anderssein des anderenSubjekts, diese von unendlicher Negativität in Ansehung der gewohntenStammesempirie durchdrungene, disjunktiv unvermittelte Neuanfäng-lichkeit, worauf die Stammessubjekte mit ihrem geschilderten folgen-reichen mythologischen Vorgehen reagieren – und reagieren müssen.Sollen sie mit dem anderen Subjekt, wie angesichts seiner kraft Reichtumgegebenen Präsenz unvermeidlich, sich dauerhaft abfinden und fest insBenehmen setzen, sollen sie mehr noch, wie auf Grund seiner ex cathedrades Reichtums bevorzugten Stellung unabweislich, ihm als der resultativwahren historischen Identität sich unterwerfen und mit ihm als dem ob- jektiv wirklichen gesellschaftlichen Wesen sich identifizieren, so wird einerelative Konkretisierung jener vom anderen Subjekt behaupteten Vorrang-stellung in Ansehung des von ihnen selber okkupierten Standorts, wirdeine komparative Vermittlung der vom anderen Subjekt eingenommenen

Vorzugsposition mit dem von ihnen selber vertretenen Standpunkt fürdie Stammessubjekte zum zwingenden Erfordernis und führt deshalbauch kein Weg für sie an der mythologischen Strategie vorbei, das andereSubjekt in eine – aller vorgeblich unüberbrückbaren Abstraktheit zumTrotz – dennoch demonstrierbare entwicklungsprozessuale Kontinuitätmit dem faktischen Dasein des Stammes zu bringen beziehungsweise inein – aller dem Anschein nach uneinholbaren Unvermitteltheit ungeachtet– dennoch nachweisbares lebensgeschichtliches Verhältnis zur Stammes-empirie zu setzen. Nur dadurch, daß ihnen dies gelingt, können dieStammessubjekte die exklusive Indifferenz, die das andere Subjekt ihnen

unmittelbar bezeigt, hinlänglich zur bloß komparativ spezifizierten Diffe-renz ermäßigen und die disjunktive Negativität, die es ihnen ad hoc be-weist, hinlänglich zur bloß qualitativ bestimmten Negation abschwächen,um die ihnen abverlangte rückhaltlose Identifizierung mit ihm daran zuhindern, in eine zum qualvollen Autodafé totalisierte Selbstentfremdung

93

Page 94: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 94/155

auszuufern. Wollen die Stammessubjekte dem anderen Subjekt sich ohne

die Furcht und das Zittern eines diabolischen Selbstverlusts übergebenkönnen, so bleibt ihnen nichts anderes übrig als der Versuch, die exklusivabstrakte Vorrangstellung und disjunktiv unvermittelte Vorzugsposition,in der das andere Subjekt sie vor den Kopf stößt, auf die geschilderte my-thologische Art und Weise in bezug auf ihren eigenen faktischen Zustandentwicklungsprozessual-relativ zu konkretisieren und mit ihrer eigenenempirischen Lage lebensgeschichtlich-komparativ zu vermitteln. Unddiesen Vermittlungsversuch müssen sie auch auf die Gefahr hin unter-nehmen und, genauer gesagt, ohne jede Rücksicht darauf, daß durch ihnam Ende das andere Subjekt in den Ruin getrieben wird und daß also ein

und dasselbe Verfahren, das die für eine Unterwerfung unter das andereSubjekt erforderlichen formalen Bedingungen schafft, zugleich die dafürnötige materiale Voraussetzung, das andere Subjekt selbst, zugrunderichtet beziehungsweise daß im Ergebnis eben des Vorgehens, das ihneneine Identifizierung mit dem anderen Subjekt methodisch ermöglichensoll, empirisch gar kein anderes Subjekt mehr existiert, mit dem sie sichidentifizieren könnten. Sowenig das andere Subjekt Rücksicht darauf nimmt, was es mit der abstrakten Indifferenz, die es ihrem faktischen Da-sein bezeigt, den Stammessubjekten antut, so bedenkenlos es sie vielmehrper modum seiner Negativität der existentiellsten Identitätskrise aus-

setzt, sowenig können umgekehrt die Stammessubjekte Rücksicht darauf nehmen, was sie mit ihrem mythologisch artikulierten Konkretisierungs- begehren und Vermittlungsverlangen dem anderen Subjekt einbrocken,so unbekümmert um alle Folgen und verhängnisvollen funktionellenAuswirkungen müssen umgekehrt sie auf einer Konkretisierung jenerabsoluten Indifferenz zur entwicklungsprozessual relativierten, spezifi-schen Differenz und auf einer Vermittlung jener unendlichen Negativitätzur lebensgeschichtlich bestimmten, komparativen Negation insistieren.

Und zwar müssen sie um so unbekümmerter auf ihrem Konkretisie-rungsanspruch bestehen und um so rücksichtsloser an ihrem Vermitt-

lungsversuch festhalten, als ja gerade der Umstand, daß die Konkretisie-rung sich als in Wahrheit eine Umcharakterisierung, die Vermittlung sichals in Wirklichkeit eine Neufunktionierung erweist, nach Maßgabe der bedrohlich zugespitzten Bedeutung, die er der abstrakten Indifferenz undunvermittelten Negativität des anderen Subjekts verleiht, jenen Anspruch

94

Page 95: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 95/155

und Versuch nur noch unverzichtbarer werden läßt. Was qua Konkretisie-

rung die Stammessubjekte mit dem anderen Subjekt unternehmen undwas sie qua Vermittlung mit ihm anstellen, ist ja, daß sie auf die einzigemit dem Faktum ihres eigenen Daseins verträgliche Art sein Erscheinenex improviso des Reichtums topisch interpretieren beziehungsweise auf die mit der Empirie ihres spezifischen Zusammenhangs allein vereinbareWeise sein Auftreten ante portas des Überflusses systematisch realisieren.Soll das andere Subjekt dort, wo es ex improviso des Reichtums und anteportas des Überflusses erscheint, eine mit dem Stammesdasein kompati- ble, weil relativ kontinuierliche und komparativ vergleichbare Stellungeinnehmen, so ist der Punkt, an dem es im Kraftfeld von Stamm und

Reichtum zu orten sein muß, topisch eindeutig markiert, ist die Stelle, ander es im Kontext von Produktion und Produkt einzuordnen sein muß,systematisch klar definiert: Es kann sich nirgends sonst aufhalten als amEnde und Ziel des zur Entstehung von gesellschaftlichem Reichtum füh-renden Produktionsprozesses. Soll also die Vorrangstellung des anderenSubjekts ex improviso des Reichtums in der entferntesten Kontinuitätsbe-ziehung zum faktischen Stammesdasein wahrnehmbar und im geringstenKomparationsverhältnis mit dem empirischen Stammeszusammenhangerkennbar sein, so muß das andere Subjekt dies faktische Dasein desStammes auf irgendeine – wie auch immer kursorische – Art hinter sich

gebracht und zur objektiv-topischen Voraussetzung haben, muß es diesenempirischen Zusammenhang des Stammes auf irgendeine – wie auchimmer proteische – Weise absolviert und zur sachlich-systematischenGrundlage haben, kurz, es muß ein durch dies faktische Dasein bedingtesAnderssein, ein auf diesen empirischen Zusammenhang rückbezüglicherNeuanfang sein. Nichts weiter unternehmen mit ihrem mythologischenKonkretisierungs- und heroisch-paradigmatischen Vermittlungsversuchdie Stammessubjekte, als dem anderen Subjekt diese um einer relati-ven Kontinuität seiner Vorrangstellung mit dem Stammesdasein willenunabdingbare Topologie nachzuweisen, ihm diese im Interesse einer

komparativen Kompatibilität seiner Vorzugsposition mit dem Stammes-zusammenhang unverzichtbare Systematik zu vindizieren. Nichts weiterunternehmen sie als den Versuch, das andere Subjekt da, wo es aus ihrerSicht hingehört: am Ende des Produktionsprozesses, sich selber orten, esdort, wo es sub specie ihres Daseins und Zusammenhangs systematisch

95

Page 96: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 96/155

zu sein hat: ausgangs des Professionssystems, sich selber einordnen zu

lassen.Und diese aus der Sicht der Stammessubjekte natürliche topische An-ordnung und systematische Einordnung des anderen Subjekts ist nun,weit entfernt davon, es in seiner anfänglichen Stellung bloß interpre-tativ zu konkretisieren und in seiner ursprünglichen Position vermit-telnd zu realisieren, vielmehr eine es im Innersten verändernde modaleUmcharakterisierung, eine es von Grund auf revidierende funktionaleNeubestimmung. Sie ist, mit anderen Worten, eine topische Anordnung,die überhaupt nur auf Kosten des anfänglich erscheinenden Subjektsdurchführbar, eine systematische Einordnung, die nur überhaupt umden Preis des ursprünglich auftretenden Subjekts vollziehbar ist. Weitentfernt davon, sich als ein das Stammesdasein objektiv-topisch voraus-setzendes, bedingtes Anderssein problemlos realisieren beziehungsweiseals ein im Stammeszusammenhang sachlich-systematisch gründender,relativer Neuanfang umstandslos identifizieren zu lassen, ist das andereSubjekt vielmehr in der anfänglichen Abstraktheit seines Erscheinensund in der ursprünglichen Unvermitteltheit seines Auftretens ein gegendies faktische Dasein des Stammes unbedingt sich konstituierendes undverhaltendes Sein, ein gegen eben diesen empirischen Zusammenhangdes Stammes absolut sich initiierender und behauptender Anfang. Es istein Subjekt, das zwar vor dem stammesproduzierten Reichtum zu stehen,

keineswegs aber das reichtumproduzierende Stammesdasein hinter sichzu haben, zwar ante portas des Überflusses zu erscheinen, mitnichtenaber a processu des Stammes zu sein beansprucht, ein Subjekt, das zwarda, wo der Stammesprozeß hinführt, sich aufzuhalten prätendiert, beilei- be aber nicht via Stammesprozeß dorthin gelangt sein will. Wie aber ist esdann dorthin gelangt? Wie, wenn nicht via Stammesprozeß, will heißenunter der Voraussetzung des faktischen Stammesdaseins und auf derGrundlage des empirischen Stammeszusammenhangs, hat es zu seinerVorrangstellung im Blick auf den Reichtum kommen, seine Vorzugsposi-tion ante portas des Überflusses gewinnen können? Unschwer erkennbar

auf dem einzigen Weg, der als Alternative zum Stammesprozeß offen-steht, auf einem Weg, der dem anderen Subjekt tatsächlich ja auch vonAnfang dieser Überlegungen an mit naiver Selbstverständlichkeit als derseine konzediert worden ist und der aber erst in der jetzigen alternativenFassung, der direkten Gegenüberstellung mit dem Stammesprozeß, in

96

Page 97: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 97/155

seiner ganzen Monstrosität und Tragweite deutlich wird: nämlich auf 

dem Weg des Reichtums selbst, via des Überflusses als solchen! Als inseiner anfänglichen Abstraktheit vom Stammesdasein unbedingt un-abhängiges Sein und in seiner ursprünglichen Unvermitteltheit vomStammeszusammenhang absolut freier Anfang kann das andere Subjektsich allein deshalb behaupten, weil es nicht bloß ante portas, sondernauch im genauen Sinne des Wortes ex improviso des Reichtums erscheint,weil es nicht bloß im Angesicht des Überflusses auftritt und im Blick auf ihn da ist, sondern auch stricto sensu dem Augenblick des Überflussesentspringt und wortwörtlich aus seinem Schoß hervortritt. Als ein unbe-dingt unabhängig von der faktischen Voraussetzung des Stammesdaseins

sich konstituierendes Sein, ein absolut frei von der empirischen Grund-lage des Stammeszusammenhangs sich initiierender Anfang erscheinenkann das andere Subjekt allein deshalb, weil seine einzige konstitutionelleVoraussetzung eben der Reichtum selbst, seine ausschließliche existentiel-le Grundlage der Überfluß als solcher ist. In seinsmäßiger Unbedingtheitnicht durch das Stammesdasein hindurchgegangen und in absoluterAnfänglichkeit nicht aus dem Stammesprozeß hervorgegangen kann dasandere Subjekt allein deshalb sein, weil es aus der genau entgegengesetz-ten Richtung kommt und vielmehr dem Resultat des Stammesprozesses,dem Reichtum und Überfluß selbst, entstammt.

Daß das andere Subjekt, statt aus dem reichtumproduzierenden Stam-mesdasein hervorgegangen zu sein, vielmehr im diametralen Gegensatzdazu dem stammesproduzierten Reichtum entspringt, ist die allein wahreErklärung für das unbedingte Sein, als das das andere Subjekt unmittelbarsich verhält, und für die absolute Anfänglichkeit, in der es ursprünglichsich behauptet. So begriffen, kehrt die abstrakte Exklusivität, in der solchunbedingtes Sein dem Stammesdasein entgegentritt, unübersehbar ihreextremistisch wahre Physiognomie hervor, und gibt die unvermittelteDisjunktivität, mit der solch absoluter Anfang dem Stammesprozeß be-gegnet, unabweislich ihre radikalisiert wirkliche Bedeutung zu erkennen

– eine Bedeutung, die ebenfalls bereits seit Beginn der Überlegungenim Ansatz aufgefaßt wurde, ohne doch als solche realisiert zu werden.Diese Disjunktivität, mit der als absoluter Anfang das andere Subjektauftritt, ist, dem wirklichen Grund solcher Absolutheit zufolge, kein bloßtypischer Ausdruck eines im Reichtum vollzogenen, epistemologisch

97

Page 98: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 98/155

 bestimmten Bruchs des anderen Subjekts mit dem Faktum des Stam-

mesdaseins, sondern spezifischer Ausweis eines kraft anderen Subjektsvollbrachten, existentialontologisch entschiedenen Sprungs des Reich-tums selbst aus aller qua Stammesdasein definierten Faktizität; ist, statteinfach Merkmal einer vom anderen Subjekt mittels Reichtum durchge-setzten generellen Dispensation und Freisetzung vom Kontinuum desStammeszusammenhangs, vielmehr Schibboleth einer vom Reichtumselbst erwirkten Initiation und Einsetzung des anderen Subjekts jenseitsaller im Stammeszusammenhang bestehenden Kontinuität. Indem daseinzige, was in seiner abstrakten Ursprünglichkeit und unvermitteltenAnfänglichkeit das andere Subjekt hinter sich hat, eben der Reichtumist, den es vor sich hat, das einzige, worauf als auf seine bestimmen-de Voraussetzung und tragende Grundlage es zurückblicken kann, dasals Überfluß okkupierende Anliegen ist, das es vor Augen hat, erweistsich sein Erscheinen ante portas des Reichtums als ein Setzungs- undEinsetzungsvorgang, ein Initiations- und Konstitutionsakt, der, weit ent-fernt davon, in der Bedeutung bloß einer essentiellen Ablösung vomvorausgesetzten Stammesdasein, eines empiriologisch gründlichen Auf-räumens mit den zugrundeliegenden Existenzbedingungen des Stammessich zu erschöpfen, vielmehr nichts Geringeres darstellt als einen gegendie stammesförmige Voraussetzung als solche geführten existentiellen Be-freiungsschlag, einen gegen die stammesmäßige Existenzgrundlage selbst

sich wendenden fundamentalen Tilgungsakt. Hier bloß eine Abkehr vonallemal schon Vorausgesetztem anzunehmen, einen Bruch mit jedenfallsdoch Zugrundeliegendem zu supponieren, heißt einer perspektivischenTrägheit nachgeben, – jener Wahrnehmungsträgheit nämlich, die dem ha- bituellen Festhalten an der stammesförmigen Voraussetzung entspringt,dem eingefleischten Insistieren auf der stammesmäßigen Grundlage ent-spricht und die zur unwillkürlichen Zurücknahme des anderen Subjektsin die unter dieser Voraussetzung stehende prozessuale Ebene führt, seineRedintegration in die auf dieser Grundlage sich entfaltende historischeDimension zur Folge hat. Aber solch Festhalten an der stammesförmi-

gen Voraussetzung schlägt offenbar ja der unbedingten Konstitutiondes anderen Subjekts stracks ins Gesicht, läuft augenscheinlich seinerabsoluten Initiation diametral zuwider, ist contradictio in adjectum, Miß-achtung des kraft anderen Subjekts klar gefällten Verdikts, und petitioprincipii, Erschleichung eines trotz anderen Subjekts festen Bodens und

98

Page 99: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 99/155

Page 100: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 100/155

gesamten, auf solcher Grundlage aufbauenden historischen Dimension.

Indem es ex improviso des Reichtums entspringt und ex cathedra desÜberflusses entsteht, nur um in reflektorisch unwillkürlicher Umkehroder resultatorisch direkter Rückwendung den Reichtum als exklusivseinen Gegenstand in Besitz zu nehmen und den Überfluß als disjunktivseinen Zweck mit Beschlag zu belegen, verkörpert das andere Subjekt einals alternativer Bezugspunkt unbedingtes Sein, vor dem der Stamm mitseinem Dasein nicht sowohl zurücktritt, als vielmehr sich auflöst, so alshätte er nie existiert, stellt es einen als neuer Ausgangspunkt absolutenAnfang dar, hinter dem der Stamm mit seiner Geschichte nicht sowohlzurückbleibt, als vielmehr verschwindet, so als wäre er niemals gewesen.Als das vom Reichtum abstrakt gesetzte Suppositum einer spontan reich-tumzentrierten Inversionsbewegung oder vom Überfluß unvermitteltlancierte Prinzip einer freihändig überflußbestimmten Reflexion-in-sichkonstituiert das andere Subjekt ein Verhältnis, das die vom Stamm un-terhaltene Beziehung zum Reichtum nicht etwa bloß modo praeteritoabdankt und ersetzt, sondern vielmehr omni modo widerruft und ver-drängt, initiiert es eine Domäne und Sphäre, die der den Stamm mit demÜberfluß verbindenden Ebene und Dimension nicht etwa bloß historischein Ende, sondern vielmehr ontologisch den Garaus macht. UnbedingtesAnderssein, als das es dank seiner Konstitution ex improviso des Reich-tums auftritt, und absoluter Neuanfang, als der es kraft seiner Initiation

ex cathedra des Überflusses erscheint, erweist sich das andere Subjektexklusiv im Sinne nicht einfach einer spezifisch historischen, sondern viel-mehr einer generisch ontologischen Ausschließung des Stammesdaseins,verhält es sich disjunktiv in dem Verstand, daß es den Stammeszusamen-hang nicht einfach nur phänomenalempirisch a posteriori substituiert,sondern ihn vielmehr modallogisch a priori eliminiert.

Und wie, strukturell gefaßt, die Exklusivität, in der das andere Subjektex improviso des Reichtums auftritt, in der radikalisierten Bedeutungeiner kraft unbedingter Konstitution ontologischen Annullierung derStammesebene überhaupt und dank absoluter Initiation apriorischen Eli-

minierung der Stammesdimension als solcher sich präsentiert, so nimmt,funktionell gesehen, die Indifferenz und Negativität, die das andere Sub- jekt dem Stammesdasein bezeigt, hierbei einen entsprechend extremisier-ten Sinn an. Als die Haltung eines partout aus nichts als aus Überflußgenerierten, unvordenklich absoluten Neuanfangs ist jene Indifferenz

100

Page 101: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 101/155

nicht etwa bloß die Attitüde dessen, der vom zugrundeliegenden Stam-

mesdasein kraft eines von letzterem dispensierenden und zu eigenememanzipierenden epistemologischen Bruchs prinzipiell nichts mehr wis-sen will, sondern, weit schlimmer, die Einstellung dessen, der dank einessua sponte originierenden und sich ganz in sich reflektierenden existen-tialontologischen Sprungs von solcher Stammesgrundlage konstitutionellgar nichts wissen kann, ist jene Negativität nicht einfach nur die Orien-tierung dessen, der ex post einer mit der peremptorischen Etablierungseiner selbst synonymen, umfassenden Relegation des vorausgesetz-ten Stammes diesen nicht mehr in Betracht zieht und pauschal vergißt,sondern ist sie, schrecklicher noch, die Bestimmung dessen, der ad hocder mit einer apriorischen Annullierung der Stammesvoraussetzungals solcher identischen, grundlegenden Initiation seiner selbst jene garnicht erst vorsieht und egal ignoriert. So gewiß die Exklusivität, in derex improviso des Stammesreichtums das andere Subjekt der Stammes-gemeinschaft gegenüber erscheint, das Stammesdasein nicht etwa bloßhistorisch unwirklich, sondern vielmehr ontologisch unmöglich werdenläßt beziehungsweise den Stammeszusammenhang nicht einfach nurfür a posteriori erledigt erklärt, sondern a priori ungeschehen macht,so gewiß ist die Indifferenz, die das andere Subjekt dem Stamm dem-gemäß bezeigt, nicht Ausdruck einer die prozessuale Stammesebeneempirisch nicht mehr akzeptierenden Schroffheit und Rücksichtlosigkeit,

sondern Zeichen einer diese Ebene logisch erst gar nicht implizierendenUnschuld und Ahnungslosigkeit, ist die Negativität, mit der das ande-re Subjekt dementsprechend dem Stamm begegnet, nicht bloß eine diehistorische Stammesdimension dem pauschalen Vergessen ausliefernde,selbstbewußt entschiedene, rücksichtslos verneinende Haltung, sonderneine diese Dimension der egalen Verdrängung preisgebende, bewußtlosentscheidende, ahnungslos vernichtende Einstellung. Als die Haltungdessen, der das, was er konfrontiert, nicht sowohl historisch schachmattsetzt, als vielmehr ontologisch aus der Welt schafft, respektive die Ein-stellung dessen, der das, was er ersetzt, nicht sowohl empirisch ablöst,

als vielmehr logisch ausschließt, kann jene Indifferenz gar nicht anders,als den Charakter eines magischen Spiegels anzunehmen, der, was sichin ihm erblickt, im selben Augenblick spurlos eskamotiert, und kann jene Negativität gar nicht anders, als die Bedeutung eines perspektivi-schen Fluchtpunkts zu gewinnen, der, was sich auf ihn bezieht, so als

101

Page 102: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 102/155

hätte es nie existiert, zunichte werden läßt. Verhalten eines Subjekts,

das, weit entfernt davon, dem zugrundeliegenden anderen Dasein undvorausgesetzten früheren Beginnen des Stammes bloß a posteriori seineWirklichkeit und Relevanz zu bestreiten, diesem mehr noch a priori dieMöglichkeit und Existenz verschlägt, präsentiert sich jene Indifferenzden Stammessubjekten mit der fatalen Unwiderstehlichkeit eines allesverzehrenden kalten Feuers, und begegnet ihnen jene Negativität mitder infernalen Unergründlichkeit eines alles verschlingenden schwarzenLochs.

 Haben, von daher gesehen, die Stammessubjekte jeden nur denkbaren Grund,

dem anderen Subjekt den beschriebenen mythologischen Prozeß zu machen, sokönnte höchstens bedauerlich erscheinen, daß diesem Prozeß nicht nur das andereSubjekt, der Gegner, sondern auch die Streitsache selbst, der Reichtum, zumOpfer fällt.

Wie sollte diese rückwirkend extinktive Indifferenz und a priori revo-kative Negativität, mit der ein anderes Subjekt, das kraft seines abstraktenSeins aus nichts als aus Reichtum unbedingtes Anderssein und dankseines unvermittelten Beginnens aus nichts als aus Überfluß absoluterNeuanfang ist, ihrem Dasein begegnet, die Stammessubjekte nicht inAngst und Schrecken versetzen? Wie sollte sie ihnen nicht zum kategori-schen Anspruch und drakonischen Imperativ werden, das andere Subjekt,wenn irgend möglich, jener fatalen Unbedingtheit zu entkleiden und um jeden Preis, auch den der auf es zurückgewendeten Fatalität, einer topi-schen Verknüpfung mit ihrem eigenen, andernfalls von der Revokation betroffenen Dasein zu überführen, es, wenn im entferntesten gangbar, jener verderblichen Absolutheit zu entreißen und, koste es, was es wolle,und sei’s auch auf Kosten des ihm heimgezahlten Verderbens, einer syste-matischen Eingliederung in ihren eigenen, andernfalls der Annullierungverfallenden Zusammenhang zu unterziehen? Tatsächlich muß sich imBlick auf diese im anderen Subjekt ihrem faktischen Dasein begegnende

apriorische Revokationsfigur und ihrem empirischen Zusammenhangwiderfahrende rückwirkende Annullierungstrope den Stammessubjektenihre Vermittlungsaufgabe in einer ganz anderen Zuspitzung darstellen.Offenbar geht es ja gegenüber dem so als unbedingtes Sein sich konsti-tuierenden anderen Subjekt gar nicht primär, wie oben angenommen,

102

Page 103: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 103/155

ums Problem identitätslogischer Behauptung, sondern vielmehr um die

Frage existentialontologischen Überlebens, gar nicht hauptsächlich, wieoben unterstellt, ums Problem der Aufrechterhaltung eines vertretbarenSelbstseins, sondern vielmehr um die Frage der Erhaltung des nacktenSeins selbst. Das heißt, es handelt sich für die Stammessubjekte nichteinfach nur darum, einer mit der Figur des anderen Subjekts sie in derEbene ihres eigenen Daseins ereilenden kapitalen Identitätskrise undessentiellen Selbstentfremdung entgegenzuwirken, sondern vielmehrdarum, einer in der Gestalt des anderen Subjekts ihre Daseinsebene alssolche konfrontierenden existentialontologischen Verdrängung und ihreEntfaltungsdimension schlechthin betreffenden fundamentallogischenTilgung zu entrinnen. Sowenig das ex improviso des Reichtums erschei-nende andere Subjekt überhaupt auf einer mit den Stammessubjektengemeinsamen Ebene sich befindet und in einer die Stammessubjekteeinschließenden Dimension sich aufhält, sowenig kann es einfach nurdarum gehen, es mit Rücksicht auf das Stammesdasein prozessual zukonkretisieren, es in bezug auf den Stammeszusammenhang historisch zuvermitteln. Und so gewiß vielmehr der reichtumentsprungen wahre Sinndieses anderen Subjekts ein das Stammesdasein a priori revozierenderontologischer Ebenenwechsel und den Stammeszusammenhang rück-wirkend annullierender generischer Dimensionssprung ist, so gewiß istdie im Zentrum aller prozessualen Konkretisierungsbemühung stehende

primäre Aufgabe eine als modale Umcharakterisierung durchgesetztetopische Verknüpfung des anderen Subjekts mit eben jener sonst von ihmrevozierten Ebene des Stammesdaseins, ist die den Kern aller historischenVermittlungsanstrengungen bildende eigentliche Zielsetzung eine alsfunktionale Neubestimmung durchschlagende systematische Eingliede-rung des anderen Subjekts in eben jene andernfalls von ihm annullierteDimension des Stammeszusammenhangs. Weil in actu seines gegenüberdem Stammesdasein unbedingt sich konstituierenden Andersseins dasandere Subjekt die Stammessubjekte ontologisch zu annihilieren auf demSprung beziehungsweise modallogisch zu eliminieren im Begriff steht, ist

 jene Aufgabe einer topischen Zurücknahme des anderen Subjekts in dieprozessuale Ebene des vorausgesetzten Stammesdaseins ein nicht sowohlauf die identitätslogische Behauptung der Stammessubjekte als vielmehrauf ihren existentialontologischen Bestand gerichtetes unbedingtes Er-fordernis, hat jene Zielsetzung einer systematischen Redintegration des

103

Page 104: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 104/155

anderen Subjekts in die historische Dimension des zugrundeliegenden

Stammeszusammenhangs die absolute Priorität einer nicht sowohl dasSelbstsein der Stammessubjekte als vielmehr ihr Sein selbst betreffendenconditio sine qua nihil. Was sub specie der vom anderen Subjekt alssolchem eröffneten absolut neuen Perspektive Ausdruck einer bloßenWahrnehmungsträgheit der Stammessubjekte, ihres bloßen Beharrensauf einem ebenso überholten wie eingefahrenen Standpunkt scheinenmöchte, ist mithin für die Stammessubjekte selbst in specie der mit jeneranderen Sichtweise ihnen zugedachten ontologischen Eskamotierungoder modallogischen Eliminierung der in Wirklichkeit wesentliche Kernall ihrer das andere Subjekt angehenden Konkretisierungs- und Vermitt-

lungsbemühungen.Und weit entfernt also, daß die folgenreich modale Umcharakterisie-rung und funktionale Neubestimmung des anderen Subjekts nur eineunwillkürliche Begleiterscheinung oder unverhoffte Nebenwirkung sei-ner kraft Mythologisierung durchgesetzten relativen Konkretisierungund qua Heroisierung vollzogenen komparativen Vermittlung wäre,ist sie vielmehr das innerste Kernstück dieser mythologisch-relativenKonkretisierung, der zentrale Effekt seiner heroologisch-komparativenVermittlung. Als ein Alter ego, das die Stammessubjekte nicht etwa bloßidentitätslogisch abstößt, sondern mehr noch existentialontologisch wi-

derruft, ein Homo novus, der die Stammesgenossen nicht etwa bloßempirisch depotenziert, sondern logisch unmöglich macht, ist das andereSubjekt ad hoc seines absoluten Erscheinens ein Faktor, der gar nichtprimär nach prozessualer Konkretisierung, sondern nach topischer Ver-knüpfung, gar nicht vornehmlich nach historischer Vermittlung, sondernnach systematischer Eingliederung verlangt und bei dem deshalb der no-minelle Konkretisierungsversuch der Stammessubjekte mit gutem Grunddie Form eines existentiellen Umcharakterisierungsverfahrens annimmt beziehungsweise das aktuelle Vermittlungsvorhaben mit vollem Rechtdie Bedeutung einer essentiellen Umfunktionierungsveranstaltung ge-

winnt. Wollen die Stammessubjekte gegenüber dem sich ex improviso desReichtums unbedingt konstituierenden und de profundis des Überflussesabsolut initiierenden anderen Subjekt ontologisch bestehen, so bleibtihnen schlechterdings nichts anderes übrig, als dem anderen Subjekt seineunbedingte Konstitution mythologisch auszutreiben und es im Sinne

104

Page 105: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 105/155

seiner topischen Angliederung an den Komplex des Stammesdaseins mo-

dal umzucharakterisieren, ihm seine absolute Initiation heroologisch zuverschlagen und es im Verstand seiner systematischen Eingliederung inden Kontext des Stammeszusammenhangs funktional neuzubestimmen.

Und zwar müssen sie das ohne jede Rücksicht auf die realen Folgenund, genauer gesagt, in völliger Gleichgültigkeit gegen die fatalen Aus-wirkungen tun, die in Ansehung seiner Stellung zum gesellschaftlichenReichtum diese Umcharakterisierung in einen kursorischen Protagonistendes Stammesprozesses und Neufunktionierung zu einem proteischenPrototyp des Stammeszusammenhangs für das andere Subjekt hat. So-wenig das andere Subjekt Rücksicht auf die ontologisch katastrophale

Wirkung und modallogisch vernichtende Konsequenz nimmt, die seinad hoc des Überflusses unbedingtes Auftreten für das vorausgesetzteStmmesdasein beinhaltet, sowenig können umgekehrt die Stammessub- jekte Rücksicht auf die charakterologisch zerstörerischen Auswirkun-gen und funktionslogisch fatalen Folgen nehmen, die ihr Versuch, jenerontologischen Katastrophe durch eine topische Uminterpretation undsystematische Neubestimmung des anderen Subjekts zu entrinnen, fürdas letztere selbst heraufbeschwört. Da es gegenüber dem unmittelbar alsein ebenso indifferenter Aggressor wie negativistischer Verdränger figu-rierenden anderen Subjekt für die Stammessubjekte um nichts Geringeres

geht als um den ontologisch ausgemachten Fortbestand beziehungswei-se ums modallogisch entschiedene Überleben, haben sie ebensowenigAnlaß zur vorsorglichen Rücksichtnahme auf wie Grund zum nach-träglichen Bedauern über die praktischen Folgen, die aus ihren gegendas andere Subjekt ergriffenen systematischen Schutzvorkehrungen fürdas letztere selbst entstehen. Welchen besonderen Wert, welche positi-ve Bedeutung hätte denn wohl in seiner sie ontologisch revozierendenIndifferenz und modallogisch eliminierenden Negativität das andereSubjekt für die Stammessubjekte, daß sie die katastrophale Abfuhr, dieihr Versuch, seine Indifferenz zu beheben, ihm unabsichtlich erteilt, sich

zu Herzen nehmen, den fatalen Konkurs, in den ihr Bemühen, seineNegativität zu beschwichtigen, es unwillkürlich verwickelt, bedauernmüßten?

Schwer nehmen könnten sie höchstens, daß in jenen fatalen Konkursdes anderen Subjekts auch und vor allem das Produkt ihrer eigenen

105

Page 106: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 106/155

Arbeit verstrickt, daß von jener dem anderen Subjekt erteilten vernich-

tenden Abfuhr auch und entscheidend das Werk ihrer Hände betroffenist. Das heißt, aufs Gemüt schlagen könnte ihnen höchstens, daß derfatal charakterlichen Veränderung, der um ihres eigenen ontologischenFortbestands willen sie das andere Subjekt unterwerfen müssen, nichtzuletzt das zum Opfer fällt, worum es ihnen doch ursprünglich undvor aller anderen Subjektivität zu tun ist; daß die katastrophal funktio-nale Neubestimmung, die im Interesse ihres eigenen modallogischenÜberlebens sie dem anderen Subjekt angedeihen lassen müssen, auchund wesentlich im Verlust dessen resultiert, in dessen Hervorbringungihr kooperatives Arbeiten, ihr Dasein als Stammessubjekte, seine Erfül-lung findet; daß sie, kurz, die Umcharakterisierung des anderen Subjektsmit dem Opfer des eigenhändig von ihnen geschaffenen gesellschaftli-chen Reichtums bezahlen, die Neufunktionierung des anderen Subjektsmit dem Verlust des von ihnen selber produzierten gemeinschaftlichenÜberflusses büßen müssen. Indes, noch ehe der Gedanke sich recht zuartikulieren vermag, entlarvt er sich schon als Schein, als einzig undnur einem Mangel an Folgerichtigkeit geschuldete Täuschung. Voraus-setzung für solch ein Bedauern wäre ja, daß die Stammessubjekte mitdem gesellschaftlichen Reichtum tatsächlich jene den Übergang in einenontologisch differenten Status betreffenden Erwartungen verbänden, diesie auf den ersten Blick mit ihm zu verbinden, in den gemeinschaftlichen

Überfluß wirklich jene auf die Überführung in einen qualitativ neuenZustand gerichteten Hoffnungen setzten, die sie unmittelbar in ihn zusetzen schienen. Wie aber sollte das noch möglich sein angesichts derexistentialontologisch vernichtenden Kränkung, die mit der Figur desreichtumentsprungen anderen Subjekts das Werk ihrer Hände ihnenvielmehr zufügt, angesichts der modallogisch tödlichen Not, die in derPerson des überflußentsprossen anderen Subjekts ihr eigenes Produktihnen vielmehr bereitet? Schließlich ist es der gesellschaftliche Reich-tum selbst, der ex improviso seiner Hervorbringung das andere Subjektkreiert, ex tempore seiner Erzeugung den Homo novus erschafft und

der damit den Stammessubjekten statt des erwarteten, vielversprechendintegrativen, objektiv anderen Status ein alles verstellend exklusives,anderes subjektives Statut beschert, statt der erhofften, erfüllungsträch-tig initiativen, neuen Objektivität nichts als eine verdrängungssüchtigdisjunktive, neue Identität verleiht. Das heißt, es ist der Überfluß selbst,

106

Page 107: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 107/155

der dadurch, daß er ihnen das andere Subjekt nicht sowohl limitativ

vor die Nase setzt, als vielmehr eliminativ mitten ins Gesicht pflanzt,sie kraft anderen Subjekts nicht sowohl effektiv ersetzt, als vielmehrrevokativ verdrängt, den Stammessubjekten statt der historiologischenErfüllung ihre ontologische Auflösung in Aussicht stellt, ihnen statt derempiriologischen Verwirklichung ihre modallogische Vernichtung vorAugen führt. Wie sollten da die Stammessubjekte mit dem gesellschaft-lichen Reichtum noch etwas, das ihnen Anlaß gäbe, sich aus seinemVerlust ein Gewissen zu machen, anfangen, wie dem gemeinschaftlichenÜberfluß etwas, das ihnen Motiv wäre, über sein Verschwinden Bedau-ern zu empfinden, abgewinnen können? Was allein sie dem Reichtumabgewinnen können, hat er ihnen ja deutlich genug zur Anschauunggebracht: das im anderen Subjekt verkörperte Momentum eines ihnenexklusiv vorgestellten unbedingten Andersseins, das als anderes Subjektgestaltgewordene Kruzifizium eines ihnen disjunktiv vorgehaltenen abso-luten Neuanfangs. Und unmißverständlich klargemacht hat der Reichtumihnen damit ja auch, was allein sie mit ihm anfangen können: ihre eigene,im Momentum jenes unbedingten Seins augenblicklich angezeigte on-tologische Revokation, ihre persönliche, im Kruzifizium jenes absolutenAnfangs kruzifikatorisch ausgemachte, modallogische Annullierung.Haben die Stammessubjekte da nicht allen Grund, über das durch dieSchutzvorkehrungen, die sie gegen jenen absoluten Neuanfang treffen

müssen, verursachte Verschwinden des gemeinschaftlichen Überflussesnicht allein kein Bedauern zu empfinden, sondern vielmehr von Herzenfroh zu sein? Wenn in actu jenes ebenso absolut disjunktiven wie unbe-dingt exklusiven anderen Subjekts der Reichtum ihre an ihn geknüpftenErwartungen derart nachdrücklich enttäuscht und ihre in ihn gesetztenHoffnungen derart gründlich zerstört, müssen die Stammessubjekte dannnicht heilfroh sein, daß die Umcharakterisierung und Neufunktionierung,die sie dem anderen Subjekt angedeihen lassen und durch die sie ihmdie ontologisch verheerende Spitze abbrechen, den modallogisch ver-nichtenden Stachel ziehen, ihnen nebst dem letzteren selbst auch gleich

den sie derart enttäuschenden Reichtum vom Halse und aus den Augenschafft? Müssen sie nicht die Tatsache, daß das Danaergeschenk, das inGestalt jener unbedingt anderen Existenz der Reichtum ihnen macht,dank der Wendung, die sie ihm geben, sich verhängnisvoll gegen denSchenkenden selbst kehrt, sei’s, moralisch gesprochen, als gerechte Strafe

107

Page 108: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 108/155

ansehen, sei’s, pragmatisch genommen, als glückliche Fügung erkennen?

So gewiß der gesellschaftliche Reichtum nichts anderes im Schild führt,als kraft anderen Subjekts zum Urheber ihrer ontologischen Tilgung undmodallogischen Ausschließung zu werden, so gewiß dürfen und müssendie Stammessubjekte sich glücklich schätzen, daß dank der Umcharak-terisierung und Neufunktionierung, die sie dem anderen Subjekt zuteilwerden lassen, nun umgekehrt sie zum Stifter der mythologischen Auflö-sung und des reallogischen Verschwindens eben dieses gesellschaftlichenReichtums werden.

Was indes den Reichtum zm Untergang verurteilt, ist nicht erst der ihm von

den Stammessubjekten gemachte Prozeß, sondern im Prinzip bereits der vonihm selbst verschuldete eklatante Widerspruch, sich im anderen Subjekt überseine eigenen, im Stammesdasein bestehenden Existenzbedingungen ontologisch-revokativ hinwegzusetzen.

Kommt den Stammessubjekten aber, recht besehen, diese Anstifterrolleim Blick auf die schließliche Beseitigung des Reichtums überhaupt zu?Sind sie mit dem, was sie anstiften, überhaupt mehr als bloße Vollstreckereines Gerichts, das in Wahrheit der Reichtum selbst über sein Hauptgebracht hat, mehr als einfache Betreiber eines Urteils, das in Wirklichkeit

der Überfluß selbst über sich verhängt hat? Zwar, daß es seine mytholo-gische Umcharakterisierung und heroologische Neufunktionierung ist,was dem anderen Subjekt die konstitutionelle Flüchtigkeit verleiht, dankderen es dann den Reichtum im rauschenden Fest verschleudert, demÜberfluß in besinnungsloser Völlerei den Garaus macht – dies steht außerFrage. Und ebenso steht außer Frage, daß mittels jener charakterologi-schen Konversion, zu der sie das andere Subjekt verleiten, die Stammes-subjekte wesentlichen Anteil am überstürzten Vergehen des Reichtumshaben. Aber während die dem anderen Subjekt vindizierte konsumtiveFlüchtigkeit und destruktive Unstetigkeit für es selbst die Relevanz einer

als veritable Charakterkonversion prinzipiellen Zustandsveränderungund eines als fundamentale Umfunktionierung existentiellen Glücks-wechsels gewinnt, hat sie, recht besehen, für das Schicksal des gesell-schaftlichen Reichtums diese alles entscheidende Bedeutung doch wohlnicht. Sein Schicksal entschieden hat ja der Reichtum bereits durch die

108

Page 109: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 109/155

Kreation des anderen Subjekts als solchen, die Setzung einfach nur jenes

als anderes Subjekt auftretenden unbedingt anderen Seins und absolutneuen Anfangs. Unbedingt anderes Sein, als das es der Reichtum kreiert,und absolut neuer Anfang, als den es der Überfluß setzt, ist das andereSubjekt ja gegenüber dem vorausgesetzten Stammesdasein und dem inihm verwirklichten Produktionsprozeß, der in ihm verkörperten Arbeits-organisation. Was sonst aber ist dieser im Stammesdasein verwirklichteProduktionsprozeß als der Ort des Werdens und Quell der Entstehungdes Reichtums selbst, was sonst ist diese im Stammeszusammenhangverkörperte Arbeitsorganisation als die dem Überfluß eigene Bedingungder Möglichkeit, die conditio sine qua non seines Bestehens? Und wennalso kraft jenes als absoluter Neuanfang initiierten anderen Subjekts derReichtum in der als a priori revokatives Ausschließungsverfahren undals rückwirkend eliminativer Disjunktionsvorgang beschriebenen Weisegegen das vorausgesetzte Stammesdasein sich verwahrt, verwahrt essich dann nicht ebensowohl gegen seinen eigenen Werdegang und Ent-stehungsprozeß, entscheidet er sich dann nicht zugleich und notwendiggegen die Möglichkeit und den Bestand seiner selbst? Verschlägt sichder Überfluß, indem er in Gestalt des anderen Subjekts dem Dasein derStammessubjekte den als ontologischer Widerruf unwiderruflichen Lauf-paß gibt und ihrem Zusammenhang eine als modallogische Annullierungvernichtende Abfuhr erteilt, nicht seinen eigenen realen Seinsgrund,

seine eigene zentrale Existenzbedingung? Entzieht er sich nicht, indemer den Stamm a priori exklusiv revoziert, die Stammessubjekte rück-wirkend disjunktiv eliminiert, die produktive Voraussetzung, aus der erselber hervorgeht, die kollektive Grundlage, auf der er selber beruht, nurum stattdessen einem Subjekt sich anheimzugeben, das nach Maßgabeseiner als unbedingtes Anderssein wesentlich nicht-produktiven Konsti-tution und im Kriterium seiner als absoluter Neuanfang ganz und gardiskreten Initiation gar nicht anders kann, als ihm, dem Reichtum, seinenach Abtrennung von der produktiven Voraussetzung unaufhaltsameSchwindsucht und Vergänglichkeit nachzuweisen, ihn, den Überfluß,

seines nach Ablösung von der kollektiven Grundlage unabwendbarenMangels an kontinuierlicher Existenz zu überführen?Denn in der Tat: was sonst bleibt dem anderen Subjekt in dem allem

Produktionsprozeß unbedingt enthobenen Anderssein, in dem es sichangesichts des Reichtums konstituiert, zu tun übrig, als den Reichtum,

109

Page 110: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 110/155

dem es sich gegenübersieht, auszukosten und aufzuzehren; was sonst ist

es in der allem Arbeitszusammenhang absolut entzogenen Neuanfäng-lichkeit, in der es sich vor dem Überfluß initiiert, anzufangen imstande,als den Überfluß, mit dem es sich konfrontiert findet, auszuschöpfenund aufzubrauchen? Zwar vielleicht nicht in der Weise aufzubrauchen,wie es nach seinem heroischen Durchmarsch durch den Stammespro-zeß und nach der auf diesem Wege ihm widerfahrenen charakterlichenVeränderung und funktionellen Neubestimmung Überfluß verbraucht. Jene konsumtive Flüchtigkeit am Reichtum und verschwenderische Halt-losigkeit im Überfluß, die seinem durch die mythologische Einführungveränderten Charakter entspringt, seiner durch die heroische Aufführungneubestimmten Funktion entspricht, ist vielleicht dem ursprünglichenWesen des anderen Subjekts fremd. Nicht rasende Konsumtion, son-dern gemächliche Absorption, nicht extensive Verschwendung, sondernintensive Verwendung, nicht festliches Ausschweifen, sondern stillesAuskosten liegt möglicherweise in der Natur des von der mythologischenKursorik nicht bereits gezeichneten, durch die proteische Existenz desHeros nicht schon geprägten anderen Subjekts. Was in der abstraktenEinfachheit seines Andersseins das andere Subjekt im Reichtum suchte,wäre demnach nicht rauschender Genuß der Sinne, sondern nüchterneBefriedigung von Bedürfnissen; was es in der unvermittelten Präsenzseiner Neuanfänglichkeit mit dem Überfluß anfinge, wäre nicht dessen

zielstrebig durchgesetzte Auflösung und Verflüchtigung, vielmehr seineeigene, zweckmäßig durchgeführte Konkretisierung und Ausbildung.Aber so zentral dieser charakterologisch oder funktionslogisch bedingteUnterschied in der konsumtiven Strategie für das andere Subjekt sel- ber sein mag, so marginal bleibt er letztlich für den gesellschaftlichenReichtum. Durch die ontologische Wende, die initiatorische Umkehr,die er in actu des anderen Subjekts vollzieht, vom Produktionsprozeßdes Stammes unbedingt abgeschnitten, geht der Reichtum so oder soschließlich zu Ende, verbraucht und erschöpft er sich früher oder spä-ter in der einen nicht weniger als in der anderen Genußstrategie und

Verzehrsform. Ob er vom anderen Subjekt verschwendet oder verwen-det, konsumiert oder absorbiert wird, mag für das andere Subjekt allencharakterologisch grundlegenden Unterschied machen und die Bedeu-tung einer schlechthin entscheidenden Alternative haben – für ihn, dendurch seine radikale Subjektwahl, seinen totalen Besitzerwechsel von

110

Page 111: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 111/155

 jedem Entstehungsprozeß abstrahierten, von jeglichem Nachschub abge-

schnittenen Überfluß selbst, kann dies eigentlich nicht mehr ergeben alseine bloß prozedurale Nuance, nicht mehr als eine Schattierung in derAttitüde seines Verschwindens, im Stil seines Vergehens. Auch die in-nigste Absorption räumt am Ende mit dem kraft exklusiver Subjektwahlallen seinen Quellen entfremdeten Reichtum auf, auch der intensivsteGebrauch macht schließlich reinen Tisch mit dem kraft disjunktiven Besit-zerwechsels seiner sämtlichen Zuflüsse beraubten Überfluß. So gewiß imanderen Subjekt als solchem der Reichtum eine revokativ unbedingte Ent-scheidung gegen seinen eigenen Entstehungsprozeß und seine eigenenExistenzbedingungen trifft, um an die Stelle des produktiven Vorgangsein ganz und gar rezeptives Verhältnis zu setzen, an die Stelle seiner kraftkollektiver Arbeitsleistung unerschöpflichen Hervorbringung seine dankprivativer Verbrauchsbeziehung erschöpfende Vereinnahmung tretenzu lassen, so gewiß hat er sein eigenes Verschwinden im wesentlichenvorprogrammiert, sich selber im Prinzip zum Untergang verurteilt, undsteht nicht eigentlich das reale Faktum, sondern höchstens der temporaleModus seiner letztendlichen Auflösung in Frage, ist nicht eigentlich dasals ein So oder So ausgemachte Daß, sondern einzig und bloß das als einFrüher oder Später unentschiedene Wann seiner schließlichen Tilgungzweifelhaft.

Und so gesehen, kann nun tatsächlich auch der mythologische Ein-

griff der Stammessubjekte in den Werdegang des anderen Subjekts nichteigentlich für den Bestand des gesellschaftlichen Reichtums entschei-dend sein, kann die charakterliche Disposition, die solch mythologischerEingriff dem anderen Subjekt beschert, die funktionelle Bestimmtheit,die solch heroologische Manipulation ihm verleiht, höchstens eine Ent-wicklung befördern helfen, die der gesellschaftliche Reichtum selbst mitseiner Konstituierung des anderen Subjekts als solchen bereits in dieWege geleitet, der gemeinschaftliche Überfluß selbst mit seiner Initiierungeines überhaupt anderen Seins und neuen Anfangs schon in Gang gesetzthat. Mag die charakterlich bedingte konsumtive Verschwendungssucht

und funktionell bestimmte Lust an der exzessiven Zerstreuung, die seinmythologischer Exkurs dem anderen Subjekt einträgt, dem Überfluß nochso rasant abträglich, noch so abrupt verderblich sein, sie vollzieht amÜberfluß doch immer nur das geschwinder und dementsprechend früher,was gemächlicher und demgemäß später auch ein dem anderen Subjekt

111

Page 112: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 112/155

ursprünglich eigenes absorptives Verwendungsstreben, ein ihm natürli-

cher integrativer Entfaltungsdrang mit dem Reichtum vollbringen würde.Mag die mythologisch motivierte Kursorik, die heroologisch induzierteHaltlosigkeit, mit der das andere Subjekt dem Reichtum begegnet, die-sem auch noch so rasch den Rest geben, mit ihm auch noch so effektivaufräumen, sie hält sich doch allemal in der Logik eines Vorgehens, bleibtallemal Spielart eines Verfahrens, das auch in minder kursorischer Formdarauf hinausläuft, dem Reichtum den Garaus zu machen. Auch in dercharakterologisch katastrophalen Wendung, der funktionslogisch rui-nösen Fassung, die die mythologische Intervention der Stammessubjekteihm gibt, kann, scheint’s, das Verhältnis des anderen Subjekts zum ge-sellschaftlichen Reichtum im Prinzip nichts anderes unter Beweis stellenals den existentialen Widersinn, den zentralen Widerspruch, der ihm abovo seiner Etablierung durch den Reichtum selbst eignet und dessenAufdeckung die dem anderen Subjekt aufgezwungene Charakterkonver-sion höchstens forcieren, dessen Hervortreten die dem anderen Subjektabgenötigte Umfunktionierung nur akzelerieren kann: den Widersinnnämlich, daß im anderen Subjekt der gesellschaftliche Reichtum ein Sein begründet, das ihm, dem Reichtum selber, seine Existenzgrundlage ver-schlägt; den Widerspruch, daß im anderen Subjekt der gemeinschaftlicheÜberfluß einen Anfang stiftet, der ihn, den Überfluß selbst, seiner Ent-stehungsbedingungen beraubt. Anderssein ist die andere Subjektinstanz,

durch die der Reichtum ex improviso seiner selbst die Stammessubjekteersetzt, in der Bedeutung eines revokativ unbedingten Ausschlusses allenReichtum hervorbringenden stammesbedingten Produktionsprozesses,Neuanfang ist das neue Subjektprinzip, das ante portas seiner selbst derÜberfluß an die Stelle der Stammesinstitution treten läßt, im Verstandeines rückwirkend absoluten Bruchs mit allem Überfluß erzeugendenstammesspezifischen Arbeitszusammenhang. Was läßt nun von demdergestalt aller produktiven Bedeutung baren Anderssein anderes sicherwarten, als daß es, am Reichtum, vor den es gestellt ist, sich labendund entfaltend, diesen verzehrt und vertilgt, was sonst läßt von dem um

 jeglichen generativen Verstand gebrachten Neuanfang sich annehmen,als daß er, im Überfluß, den er vorfindet, lebend und sich entwickelnd,diesen aufbraucht und erschöpft? Kann als das partout keinen Reich-tum produzierende Anderssein, als das das am produzierten Reichtumerscheinende andere Subjekt sich konstituiert, in letzterem anders als

112

Page 113: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 113/155

auf dessen Rechnung und zu dessen Lasten subsistieren? Kann als der

absolut keinen Überfluß erzeugende Neuanfang, als der das vor demerzeugten Überfluß auftretende andere Subjekt sich initiiert, in letzteremanders als auf dessen Kosten und um dessen Preis sich konstituieren? Sogewiß der Reichtum in dem absolut neuen Anfang, den er macht, sichvon seinen eigenen Quellen und Ressourcen losreißt, von seinem eigenenZuwachs und Nachschub abschneidet, so gewiß ist es nur eine Frage derZeit, wann jener im Überfluß sich entwickelnde neue Anfang mit demÜberfluß aufgeräumt hat und fertig ist. Und so wahr also im Principiumprimum jenes absolut neuen Anfangs der Überfluß sich gegen seine eige-nen Existenzbedingungen entscheidet, so wahr ist jener im Überfluß sichmachende neue Anfang der Anfang vom Ende des Überflusses selbst.

Mehr als diese logische Konsequenz des widersinnigen Verhaltens desgesellschaftlichen Reichtums als solchen kann schließlich auch die dasandere Subjekt mythologisch umcharakterisierende und heroologischneufunktionierende Intervention der Stammessubjekte nicht zeitigen.Was solche Intervention allein erwirken kann, ist ein früheres Hervor-treten dieser logischen Konsequenz des dem Procedere des Überflus-ses innewohnenden Widerspruchs. Dadurch daß die Stammessubjektedem vom Reichtum gesetzten anderen Subjekt via einer kursorischenWiederholung des Stammesprozesses den verändernden Charakter ei-nes Protagonisten der auf mythologischem Wege erfüllten Zeit verlei-

hen, daß sie dem vom Überfluß lancierten Alter ego per medium einesproteischen Nachvollzugs des Stammeszusammenhangs die alterierteFunktion eines Herrn des die heroologische Laufbahn krönenden Festsvindizieren, schaffen sie es, die dem anderen Subjekt an sich vielleichteher angemessene absorptive Methodik, die ihm möglicherweise eigeneNeigung zur verhaltensintensiven Verwendung des Reichtums durcheine konsumtive Kursorik, einen unwiderstehlichen Hang zur haltlos-extensiven Verschwendung des Überflusses zu ersetzen und also vom an-deren Subjekt das im kurzen Prozeß herbeiführen zu lassen, was in seinerursprünglichen Verfassung das andere Subjekt zwar früher oder später

auch erreichen würde, was dann aber eher eine Sache des Eile-mit-Weile,eher ein Ergebnis des Langsam-aber-sicher wäre. Solche heroologischeBeschleunigung des Verfahrens ist für die Stammessubjekte durchauskein geringer Gewinn. Schließlich sind sie die eigentlichen Opfer jenesWechselbalgs eines unbedingt anderen Seins, den der gesellschaftliche

113

Page 114: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 114/155

Reichtum unversehens in die Welt setzt, sind sie die eigentlich Notleiden-

den unter jenem Spuk eines absolut neuen Anfangs, den der Überfluß suasponte zutage fördert. Sie sind es, die durch das Erscheinen des anderenSeins ontologisch verdrängt und revokativ von der Bildfläche verbanntwerden, die sich durch das Auftreten des neuen Anfangs modallogischeliminiert und rückwirkend aus der Szene ausgeschlossen finden. Unddeshalb muß die mythologisch erwirkte Verkürzung des Reichtumsbe-seitigungsverfahrens, das ihnen ermöglicht, jenen reichtumentstiegenenWechselbalg zum Verschwinden zu bringen und selber wieder die Bild-fläche zu betreten, den Stammessubjekten als ein wesentlicher Beitraggelten. Aber so groß ihr Beitrag zum Erfolg auch sein mag, den konstitu-tiven Grund zum Erfolg legen sie nicht. Was sie tun, hält sich vielmehr

im Rahmen einer Disposition, die nicht erst sie mit ihrer mythologischenUmcharakterisierung des vom Reichtum eingeführten anderen Subjektstreffen, sondern die bereits der Reichtum selbst mit seiner Einführung desanderen Subjekts als solchen schafft, bleibt also in der Konsequenz einerKonditionierung, deren Urheber nicht etwa sie mit ihrer interpretativenBehandlung jenes überflußentsprungenen Alter ego sind, sondern derenUrsache nur der jenes Alter ego entspringen lassende generative Überflußselber ist.

Derart unverblümt ist die Art, wie der Reichtum sich gegen seine eigenen Exis-tenzbedingungen vergeht, daß es am Ende sinnvoller erscheint, dieses Faktumzum Ausgangspunkt einer Neubewertung des vom Reichtum an den Tag geleg-ten Verhaltens zu machen, als unter der stillschweigenden Voraussetzung, esmüsse dem Reichtum jedenfalls um seine eigene Existenz zu tun sein, ihm immernur sein Verhalten als widersprüchlich vorzuhalten.

Er, der Überfluß, ist es, der in actu des anderen Subjekts jene ihm sel- ber allen Grund entziehende, widersinnige Gründung vollzieht, derennatürliche Folge seine früher oder später vollbrachte eigene Tilgung,seine, egal ob schnell und gründlich, ob langsam oder sicher effektuierte

eigene Beseitigung ist. Derart natürlich erscheint diese aus der Gründungdes Reichtums sich herleitende Folge, daß uns nun allen Ernstes Beden-ken bezüglich der Realität jenes der Gründung angeblich anhaftendenWidersinns anwandeln, Zweifel am Vorhandensein jenes der Stiftung vor-geblich innewohnenden Widerspruchs überkommen müssen. Tatsächlich

114

Page 115: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 115/155

scheint unsere Behauptung eines gründungsimmanenten Widerspruchs

mit unserer Feststellung einer gründungsbezogen natürlichen Folge-richtigkeit gar nicht gut zusammenzustimmen. Von einem Widerspruchim Procedere des Überflusses läßt sich ja nur dann reden, wenn manausgeht von einem ernstlichen Mißverhältnis zwischen dem, was er mitseiner Gründung tut, und dem, was er mit ihr will, von einem gravieren-den Mißverständnis zwischen der objektiven Intention, die er mit seinerStiftung verfolgt, und der subjektiven Absicht, die er mit ihr verbin-det. Bestimmter gesagt, läßt sich von einem Widerspruch dann, und nurdann, reden, wenn man annimmt, daß der Reichtum jenes unbedingteAnderssein, das er aus eigener Kraft kreiert, auch aus eigenen Stückenetablieren, jenen absoluten Neuanfang, den er aus sich heraus initiiert,auch von sich aus kontinuieren will, wenn man also voraussetzt, daß erentgegen der logistischen Unhaltbarkeit, deren er mit jenem Neuanfangsich selber überführt, den letzteren nicht bloß ad hoc zu begründen,sondern auch ad infinitum zu erhalten, ihn nicht bloß prinzipiell zu ma-chen, sondern auch substantiell zu realisieren beabsichtigt, daß er mithin,ungeachtet seiner in Gestalt jenes Andersseins verkörperten pauschalenSelbstnegation und erklärten radikalen Absage an sich selbst, für denFortbestand des Andersseins eine grundlegende Rolle zu spielen und bei dessen Fortentwicklung ein tragender Faktor zu sein beansprucht.Läßt sich aber angesichts der natürlichen Offenheit, mit der der Reichtum

 jenes Anderssein als ein Sein zur Vernichtung seiner, des Reichtums,selbst konstituiert, angesichts der logischen Unmißverständlichkeit, mitder der Überfluß jenen Neuanfang als den Anfang vom Ende seiner,des Überflusses, selbst initiiert, diese Voraussetzung wirklich aufrecht-erhalten? Können wir wirklich glauben, daß der Reichtum jenes ihmallen Nachschub und Rückhalt offenkundig verschlagende, unbeding-te Anderssein gründet, ohne die natürliche Folge dieser Gründung inBetracht zu ziehen, daß er jenen ihn aller Quellen und Ressourcen un-mißverständlich beraubenden, absoluten Neuanfang stiftet, ohne derlogischen Konsequenzen seiner Stiftung gewahr zu sein? Ist wirklich

vorstellbar, daß er in Gestalt seiner Gründung derart unverkennbar sichselber den Grund entzieht und dennoch als Grundlage seiner Gründungzu subsistieren vorhat, daß er in actu seiner Stiftung derart eindeutig Leibund Leben preisgibt und doch als ein Leibgeber und Lebensspender fürseine Stiftung Bestand zu haben beansprucht? Kann die Schizophrenie

115

Page 116: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 116/155

des Überflusses denn wirklich so groß sein, daß er für ein Sein dasein will,

das er als Sein zur Vernichtung seiner selbst existent werden läßt, kannseine Verblendung wirklich so weit gehen, daß er einen Anfang fortführenwill, den er als Anfang vom Ende seiner selbst einführt? Was zwingt unseigentlich, dem Reichtum diese – der Vernunft und Logik seiner Grün-dung augenscheinlich zuwiderlaufende – Absicht des Überlebens zwecksErhaltung des Gegründeten zu unterstellen, ihm diesen – dem Geist undBuchstaben seines Beginnens klärlich widerstreitenden – Anspruch auf Kontinuität zwecks Fortführung des Angefangenen beizulegen? Undwas eigentlich hindert uns, in Übereinstimmung mit der Vernunft seineskonstitutiven Tuns und im Einklang mit dem Geist seines initiatorischenBeginnens ihm eine an Selbstvergessenheit gemahnende völlige Gleich-gültigkeit gegenüber seinem eigenen Fortbestand anschließend an denKonstitutionsakt zu attestieren, ihm ein zur Selbstverneinung geratendeskomplettes Desinteresse an seinem post-initiatorisch weiteren Schicksalzuzugestehen?

Sobald wir, von der Unglaublichkeit des Widerspruchs, den der Über-fluß vermeintlich begeht, auf Gedanken gebracht, uns entschließen, unserErkenntnisverfahren zu ändern und, statt noch länger von einer demReichtum bloß unterstellten Absicht her die mangelnde Folgerichtigkeitseines Verhaltens demonstrativ herauszustellen, vielmehr von der innerenKonsequenz seines Verhaltens her seine Absicht induktiv herauszufinden,

erscheint, was er tut, ebenso einsinnig wie klar, ebenso widerspruchsfreiwie unmißverständlich: Weit entfernt davon, jenes Sein, das er konstitu-tiert, auch substantiieren, jenen Anfang, den er initiiert, auch kontinuierenzu wollen, erschöpft er seine ganze Absicht im Konstitutionsakt selbst, beschränkt er all seinen Anspruch auf eben die intitiatorische Tat alssolche und legt im Blick auf sein eigenes weiteres Ergehen eine in actudessen, was er konstituiert, manifeste und mit Selbstaufgabe synonymeGleichgültigkeit an den Tag, stellt er in Ansehung seiner eigenen sonsti-gen Belange ein im Moment dessen, was er initiiert, evidentes und vonSelbstverneinung ununterscheidbares Desinteresse unter Beweis. Ist in

 jenem Anderssein, das er gründet, diese Gleichgültigkeit des Reichtumsgegenüber seinem eigenen, weiteren Ergehen etwa nicht manifest? Zeugt,daß mittels der Konstitution jenes Andersseins der Reichtum sich zur bo-denlosen Destitution eines mangels produktiven Existenzgrunds früheroder später verbrauchten Restpostens verurteilt, daß kraft der Initiation

116

Page 117: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 117/155

 jenes Neuanfangs der Überfluß sich der haltlosen Schwindsucht einer

ohne generative Bezugsquelle sei’s schnell und gründlich, sei’s langsam,aber sicher vertilgten letzten Reserve ausliefert, etwa nicht von selbst-vergessener Gleichgültigkeit, von selbstverneinendem Desinteresse? Undverurteilt der Reichtum sich etwa nicht zu solch bodenloser Destitution,liefert er sich etwa nicht solch haltloser Schwindsucht aus, wenn er auf die beschriebene Manier in actu jenes unbedingten Andersseins seine eigenenEntstehungsfaktoren revokativ verdrängt, im Moment jenes absolutenNeuanfangs seine eigenen Existenzbedingungen rückwirkend annulliert?Und ob er sich verurteilt! Und wie er sich ausliefert! Vom starren Blick auf eine dem Reichtum blindlings unterstellte Erhaltungsabsicht pro domoseiner Gründung befreit und erlöst von der Fixierung auf einen ihm wieselbstverständlich beigelegten Kontinuitätsanspruch pro cura seiner Stif-tung, werden wir plötzlich gewahr, zu welch kompletter Selbstaufgabemit seiner in actu jenes Andersseins beschlossenen ontologischen Revo-kation und im Moment jenes Neuanfangs entschiedenen modallogischenAnnullierung des Überfluß erzeugenden Stammeszusammenhangs ersich in Wahrheit bereitfindet. Und zwar die ganze, komplette Selbst-aufgabe, die der Reichtum betreibt, nehmen wir wahr! Das heißt eineSelbstaufgabe, die in ihrer vollständigen Tragweite durch das Reden von bodenloser Destitution, von haltloser Schwindsucht, noch immer nichtrichtig erfaßt und vielmehr noch immer gründlich verfehlt wird.

Indem wir das auf Grund der Konstitution jenes Andersseins onto-logisch revokative Tun des Reichtums ungeschminkt und durch keinedem Reichtum unterstellte weitere Absicht verunklart zu Gesicht bekom-men, fällt es uns wie Schuppen von den Augen. Wir nehmen mit einemMal wahr, wie wenig selbst unser Bild vom Reichtum als destituier-tem Restposten, unsere Figur des Überflusses als schwindsüchtig letzterReserve den wirklichen Implikationen der auf Grund jenes Anderss-eins vom Reichtum vollbrachten ontologischen Revokation der eigenenEntstehungsfaktoren und der wahren Bedeutung der kraft jenes Neuan-fangs vom Überfluß vollzogenen modallogischen Elimination der eigenen

Existenzbedingungen gerecht wird. Unsere Rede vom Restposten, voneiner qua Überfluß letzten Reserve, geht ja davon aus, daß die in jenemAnderssein verkörperte Gleichgültigkeit, mit der der Reichtum seineeigenen Entstehungsfaktoren preisgibt, ihn, den durch diese Faktorenentstandenen Reichtum selbst, unmittelbar gar nicht berührt und in all

117

Page 118: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 118/155

seiner Substantialität ausspart, um ihn dann erst in der natürlichen Folge

seiner nunmehr bodenlosen Destitution einem sei’s früheren, sei’s spä-teren Untergang zu überantworten; geht davon aus, daß die in jenemNeuanfang verewigte Negation, der der Überfluß seine eigenen Exis-tenzbedingungen verfallen läßt, den aus diesen Existenzbedingungenhervorgegangenen Überfluß selbst ad hoc völlig ungeschoren und in allseiner Positivität zurückläßt, um ihn dann erst in der logischen Kon-sequenz seiner hiernach haltlosen Schwindsucht einem sei’s schnellenund gründlichen, sei’s langsamen, aber sicheren Verderben anheimzu-geben. Aber verträgt sich eigentlich diese Vorstellung vom Reichtum alseinem von der Preisgabe der eigenen Entstehungsfaktoren unmittelbarunberührten Restposten mit dem als ontologischer Revokationsvorgangcharakterisierten unbedingten Duktus der Preisgabe, dem als modallogi-sches Eliminationsverfahren deklarierten absoluten Modus der Negation?Unbedingt ist ja, wie wir uns oben gegen alle perspektivische Wahr-nehmungsträgheit haben klarmachen müssen, die in der Konstitution jenes Andersseins Gestalt gewordene Gleichgültigkeit gegenüber denEntstehungsfaktoren des Reichtums deshalb, weil sie nicht einfach bloßein definitiv wirkliches Fertigwerden, vielmehr ein resultativ gründli-ches Aufräumen mit ihnen ausdrückt, Funktion nicht einfach bloß ei-ner abschließenden Ablösung, sondern vielmehr einer rückwirkendenAuslöschung dieser Entstehungsfaktoren ist. Und absolut also ist, wie

wir, aller optischen Selbsttäuschungsneigung zum Trotz, uns vor Augengeführt haben, die mit der Initiation jenes Neuanfangs Ereignis gewor-dene Negation der dem Überfluß eigenen Existenzbedingungen darum,weil sie nicht einfach bloß ein aposteriorisches Zurücklassen, eine realeRefutation und radikale Relegation, sondern vielmehr ein apriorischesUngeschehenmachen, eine pauschale Revokation und fundamentale Eli-mination dieser Existenzbedingungen ist. Darin besteht ja, wie wir mitvieler Anstrengung realisiert haben, die konstitutionelle Unbedingtheit jenes ex improviso des Reichtums auftretenden Andersseins, daß es dieals Stammesdasein und Produktionsprozeß des Stammes ihm an sich

doch vorausgesetzten Entstehungsfaktoren des Reichtums nicht sowohl bloß im epistemologischen Bruch distanziert und hinter sich läßt, sondernvielmehr im existentialontologischen Sprung eskamotiert und aus derWelt schafft. Damit steht und fällt, wie wir mit Müh und Not gewahrgeworden sind, die initiatorische Absolutheit jenes aus dem hohlen Bauch

118

Page 119: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 119/155

des Überflusses erscheinenden Neuanfangs, daß er mit den als Stam-

meszusammenhang und Arbeitsorganisation des Stammes ihm an sichdoch zugrundeliegenden Existenzbedingungen des Überflusses nichtsowohl im empirischen Aposteriori fertig zu werden und Schluß zu ma-chen versteht, sondern vielmehr im logischen Apriori prinzipiell nichtszu schaffen hat und auch nichts anzufangen weiß. Läßt sich aber derReichtum als ein von dieser im vollen Sinn ontologischen Katastropheder eigenen Entstehungsfaktoren unberührter Restposten überhaupt vor-stellen, läßt er sich als eine von dieser in aller Form modallogischenKatabolie der eigenen Existenzbedingungen ausgesparte letzte Reserveüberhaupt denken? Ist vernünftigerweise vorstellbar, daß der Reichtumals Produkt eines a priori ungeschehen gemachten Prozesses Geltung behauptet? Ist logischerweise denkbar, daß der Überfluß als Resultateines rückwirkend annullierten Vorgangs Bestand hat? Dem ganz undgar rhetorischen Charakter dieser Erkundigungen gemäß liegt die Ant-wort auf der Hand: So gewiß in Gestalt jenes absoluten Neuanfangs derReichtum seine eigenen Entstehungsfaktoren und Existenzbedingungennicht etwa bloß empirisch ablöst, sondern logisch ausschließt, nicht etwa bloß historiologisch ersetzt, sondern ontologisch verdrängt, so gewiß bezieht er in diese logische Ausschließung seiner Entstehungsfaktorensich selber mit ein, unterwirft er dieser ontologischen Verdrängung seinerExistenzbedingungen ebensosehr auch sich selbst. Wie sollte er das, wasihn entstehen läßt, als a priori veschwunden setzen, sich, das Entstan-dene, aber als ein dennoch a posteriori Gegebenes aufrechterhalten, wiedas, was ihn bedingt, für rückwirkend null und nichtig erklären, sich, dasBedingte, indes als nach wie vor da und vorhanden behaupten? Indemkraft jenes unbedingten Andersseins der Reichtum den Prozeß, aus demer selber hervorgeht, ontologisch revoziert beziehungsweise den Zusam-menhang, dem er selber entspringt, modallogisch eliminiert, revoziert erzugleich und ebensosehr sich, das durch den Prozeß Produzierte selbst,eliminiert er auch und genausogut sich, das aus dem ZusammenhangResultierende als solches.

119

Page 120: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 120/155

. Der absolute Anfang

Nur unsere in den eingefahrenen Bahnen des Mythos sich verlaufende Wahrneh-mungsträgheit hat uns gehindert, zur Kenntnis zu nehmen, daß der Reichtum inseine kraft anderen Subjekts verfügte ontologische Revokation des reichtumpro-duzierenden Stammesdaseins logischerweise sich selber einschließt.

Befreit von der aller vorurteilslosen Wahrnehmung ins Gesicht schla-genden hypostatisch falschen Vorstellung und hypothekarisch fixen Ideeeines vom Reichtum mit dem Anderssein, das er konstituiert, verknüpf-ten selbstbezüglich eigenen Anspruchs und mit dem Neuanfang, den erinitiiert, verfolgten selbstkontinuierlich weiteren Interesses, werden wirder im Gegenteil jeder Selbstbezugnahme gründlich den Boden entzie-henden unbedingten Selbstaufgabe ansichtig, die kraft der Konstitution

 jenes Andersseins der Reichtum tatsächlich vollzieht, werden wir dervielmehr jegliche Kontinuitätsabsicht von vorneherein gegenstandslosmachenden absoluten Selbstverneinung inne, die mit der Initiation jenesNeuanfangs der Überfluß in Wirklichkeit praktiziert. Weit entfernt davon, bloß eine kontingente Folgeerscheinung der Trennung des Überflussesvon seinen Existenzbedingungen zu sein, ist diese Selbstaufgabe vielmehreine in der Natur jener Verzichtleistung gelegene logische Implikation,eine im Prinzip jenes Trennungsakts beschlossene innere Konsequenz.Als ganz und gar innere Konsequenz des Akts und Modus, durch den derReichtum seine eigenen Entstehungsfaktoren a priori widerruft, durchund durch logische Implikation der Art und Weise, wie er seine eigenen

Existenzbedingungen rückwirkend ungeschehen macht, hat diese Selbst-aufgabe nicht etwa bloß, wie wir beim oberflächlich ersten Hinsehenmeinten, die akzidentielle Gestalt einer passiv verheerenden Gleichgül-tigkeit des Reichtums in Anbetracht seines historiologisch weiteren Erge-hens, sondern die essentielle Form einer aktiv vernichtenden Indifferenz

120

Page 121: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 121/155

in Ansehung seines ontologisch prinzipiellen Bestehens, nicht etwa bloß,

wie uns auf den unbedarft ersten Blick scheinen wollte, den sekundärenCharakter einer am residualen Bestand des Überflusses zehrenden, empi-risch beiläufigen Negation, sondern die elementare Bedeutung einer insexistentiale Zentrum des Überflusses treffenden, logisch zwangsläufigenNegativität. Bezüglich der im Stammesdasein bestehenden Entstehungs-faktoren des Reichtums haben wir diese a priori zunichte machendeIndifferenz, die in Gestalt jenes unbedingten Andersseins der Reichtuman den Tag legt, diese rückwirkend ungeschehen machende Negativität,die er in actu jenes absoluten Neuanfangs unter Beweis stellt, zur Kennt-nis genommen und gegen alle qua Mythos verbreitete anderslautendeVersion des Verhältnisses, gegen alle mythologisch lancierte Reinterpre-tation des Sachverhalts uns vor Augen geführt. Aller mythologischenIrreführung und darauf bauenden eigenen Wahrnehmungsträgheit zumTrotz, haben wir in bezug auf das Reichtum schaffende Stammesda-sein deutlich eingesehen, wie wenig jenes ex improviso des Reichtumsentstandene Anderssein in der Funktion einer diesen Stammesprozeßempiriologisch abschließenden, spezifischen Differenz, einer dies Stam-mesdasein historiologisch ablösenden und restlos hinter sich zurücklas-senden, bestimmten Negation sich erschöpft und wie sehr ihm vielmehrdie ganze Bedeutung einer diesen Stammesprozeß logisch ausschlie-ßenden grenzenlosen Indifferenz, einer dies Stammesdasein ontologisch

widerrufenden und spurlos hinter sich verschwinden lassenden, un-endlichen Negativität zukommt. Aus solcher Einsicht dann aber auchdie den Reichtum selber betreffende natürliche Folgerung zu ziehen,haben wir versäumt. Der streng logischen Konsequenz, daß jene kraftAnderssein dem Stammesdasein bezeigte revokative Indifferenz zugleichdessen Resultat und Schöpfung, den Reichtum selber, umfaßt, daß jenequa Neuanfang dem Stammesprozeß bewiesene vernichtende Negativitätsich notwendig auf dessen Produkt und Erzeugnis, den Überfluß alssolchen, erstreckt, daß also jene den Entstehungsfaktoren des Reichtumsvon ihm selber bezeigte, a priori annullatorische Nichtachtung die voll-

ständigste Selbstaufgabe in sich schließt, jene den Existenzbedingungendes Überflusses von ihm selber erteilte, rückwirkend eliminative Abfuhrder rückhaltlosesten Selbstverneinung gleichkommt, – dieser logischenKonsequenz haben wir uns standhaft verschlossen. Statt die in jenemNeuanfang, den der Überfluß initiiert, verkörperte absolute Negativität

121

Page 122: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 122/155

als eine wesentlich auf ihn selber rückbezügliche Haltung zur Kenntnis

zu nehmen, haben wir sie, einer schier unwiderstehlichen Wahrneh-mungsträgheit nachgebend, sich kurzerhand auf den Stammesprozeß beschränken, mit dem Stammesdasein bescheiden lassen und gegen alleindifferentistische Vernunft an der vom Mythos behaupteten affirmativenBeziehung jenes Neuanfangs zum Überfluß und positiven Bindung anihn festgehalten. Während wir einerseits die mythologische Konstruktioneiner systematisch konsekutiven Einbindung jenes überflußgezeugtenNeuanfangs in den Überfluß erzeugenden Stammesprozeß gründlichkorrigiert und als eine mit der absoluten Initiation jenes Neuanfangseigentlich unvereinbare falschmünzerische Unterstellung und irrefüh-rende Darstellung entlarvt haben, haben wir andererseits in bezug auf den systematischen Zusammenhang jenes Neuanfangs mit dem Über-fluß diese mythologische Version kritiklos beibehalten und wider allesunserer Aufdeckungsarbeit und Erkenntnis gerdezu auf der Zunge lie-gende bessere Wissen bis jetzt kultiviert. Haben wir schon eingesehen,daß die revokativ unbedingte Indifferenz und annullatorisch absolu-te Negativität, in der jenes andere Subjekt erscheint, mit der ihm vomMythos zugewiesenen topischen Stelle ausgangs des Stammesdaseinsund systematischen Stellung anschließend an den Stammesprozeß sichschlechterdings nicht verträgt, so hat uns das keineswegs gehindert, inÜbereinstimmung mit der zweiten Hälfte der mythologischen Topik und

Systematik jenes andere Subjekt auch weiterhin eingangs des Reichtumszu orten und als an letzterem ansetzend, mit ihm den Anfang machend zu bestimmen. Statt zu begreifen, daß mit der gleichen konstitutionellen Un- bedingtheit, mit der jenes reichtumentsprungene Anderssein das hinterihm liegende Stammesdasein beseitigt, es logischerweise auch mit demihm vorliegenden Produkt des Stammesdaseins, eben dem Reichtum,aufräumt, daß mit derselben initiatorischen Absolutheit, mit der jenerüberflußgezeugte Neuanfang den von ihm abgesetzten Stammesprozeßtranszendiert, er notwendigerweise auch über das ihm vorgesetzte Re-sultat des Stammesprozesses, eben den Überfluß, hinweggeht, – statt

dies zu begreifen, haben wir in blinder Anhänglichkeit an die vom My-thos kultivierte Lesart alles darangesetzt, jenes reichtumentsprungeneAnderssein, seiner konstitutionellen Unvereinbarkeit mit dem Stammes-dasein zum Trotz, als ein dennoch an dessen Schöpfung, dem Reichtum,seinen Widerhalt und Bezugspunkt vorfindendes Sein zu denken, jenen

122

Page 123: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 123/155

überflußgezeugten Neuanfang, seiner initiatorischen Unvermittelbarkeit

mit dem Stammesprozeß ungeachtet, als ein dennoch an dessen Her-vorbringung, dem Überfluß, seinen Gegenstand und Reflexionspunktsich nehmendes Resultat uns vorzustellen. So groß war unsere an diemythologische Lesart sich klammernde Blindheit der Optik, daß wiruns zu den absonderlichsten topischen Verrenkungen, den aberwitzigs-ten systematischen Konstruktionen bereitfanden, um jenem Andersseinim Nirgendwo zwischen ontologisch ungeschehen gemachtem Stam-mesdasein und dennoch empirisch existentem Daseinsprodukt einenPlatz anzuweisen beziehungsweise jenem Neuanfang die Einordnung imNichts zwischen logisch ausgeschlossenem Stammesprozeß und dennoch

historisch vorhandenem Prozeßresultat zu ermöglichen, um also jenesAnderssein zwar in keiner Weise nach dem Stammesdasein und aus ihmherkommend, nichtsdestoweniger aber auf seine Art vor dem Reichtumund auf ihn hinzielend erscheinen, jenen Neuanfang zwar absolut jen-seits des Stammesprozesses und außerhalb aller vom Stammesprozeß bestimmten Dimension, dessenungeachtet aber definitiv diesseits desÜberflusses und im Rahmen einer auf den Überfluß gemünzten Perspek-tive auftreten zu lassen.Und nichts sonst als diese dem reichtumentsprungenen Anderssein denReichtum, dem es entspringt, als seine respektive Grundlage unterstel-

lende, mythologisch bedingte Wahrnehmungsträgheit hat uns erlaubt, jenem Anderssein den konstitutionellen Widersinn und prinzipiellenWiderspruch anzulasten, als dessen bloß forcierte Realisierung das he-roologische Vorgehen uns dann in vollständiger Verkehrung des wahrenSachverhalts sich hat darstellen können. Nur diese an die Mythologiesich klammernde Halbherzigkeit der Wahrnehmung und Inkonsequenzder Sichtweise hat uns dazu gebracht, dem Reichtum einen konzeptio-nellen Widersinn bei der Konstituierung jenes Andersseins vorzuwerfen,der doch in Wahrheit allererst der des die Konstitution jenes Anderss-eins interpretierenden Mythos selber ist. Der Mythos ist es, der jenem

reichtumentsprungenen Anderssein eine topische Anordnung aufdrängt,die, wie sie es einerseits das Reichtum produzierende Stammesdaseindefinitiv abtun und ersetzen, so andererseits ebenso definitiv den vomStammesdasein produzierten Reichtum sich vorsetzen läßt; er ist es, der jenem überflußgezeugten Neuanfang eine systematische Einordnung

123

Page 124: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 124/155

verpaßt, die, wie sie ihn einerseits mit dem Überfluß erzeugenden Stam-

mesprozeß entschieden Schluß machen und fertig werden, so andererseitsebenso entschieden mit dem vom Stammesprozeß erzeugten Überflußden Anfang machen läßt. Und der Mythos also ist es, der damit jenesAnderssein in den offenbaren konstitutionellen Widersinn verstrickt, einePosition zu beziehen, der es zugleich durch Entfernung ihrer spezifischenExistenzbedingungen den Boden entzieht; er ist es, der jenen Neuanfangin den manifesten initiatorischen Widerspruch verwickelt, einen Gegen-stand zu haben, den es zugleich durch Beseitigung seiner wesentlichenEntstehungsfaktoren gegenstandslos werden läßt. Der gesellschaftlichfabrizierte Mythos, und nicht etwa der gesellschaftlich produzierte Reich-tum selbst ist es, der jenes reichtumentsprungene Anderssein auf denReichtum zu rekurrieren und damit auf eine Grundlage sich zu stellenveranlaßt, die es seiner ganzen Konstitution nach gerade ad absurdumvölliger Grundlosigkeit führt; der gemeinschaftlich inszenierte Mythos,und keineswegs der gemeinschaftlich hervorgebrachte Überfluß selbstist es, der jenen überflußgezeugten Neuanfang dem Überfluß sich zu-zuwenden und damit auf ein Objekt Bezug zu nehmen zwingt, das erdoch seiner ganzen Initiation nach gerade dem Nichts völliger Gegen-standslosigkeit überantwortet. Und weit entfernt davon, einen Widersinnherausbringen zu können, der der Konstitution jenes reichtumentsprun-genen Andersseins immanent, der Initiation jenes überflußgezeugten

Neuanfangs eigen wäre, fördert demnach der Mythos nur die Sinnwid-rigkeit zutage, zu der er zuvor sua sponte jenes Anderssein überredetund aus eigenen Stücken jenen Neuanfang verleitet hat. Weit entferntdavon, den tödlichen Keim eines vom Überfluß selbst der Konstitution jenes Andersseins eingepflanzten konzeptionellen Widersinns und derInitiation jenes Neuanfangs beigemengten intentionalen Widerspruchsentwickeln und zur Entfaltung bringen zu können, läßt der Mythos nureben die verderbliche Saat suggestiver Umorientierung und interpreta-tiver Irreführung aufgehen, die er in ganz und gar eigener Regie in den jungfräulichen Boden jener Konstitution eingebracht beziehungsweise in

den unschuldigen Schoß jener Initiation hineinpraktiziert hat.Für sich genommen, das heißt vor ihrer mythologischen Auslegung,ist, wie wir nun endlich gewahr sind, die Initiation jenes überflußge-zeugten Neuanfangs absolut frei von solchem intentionalen Widerspruch.Sie ist so gewiß frei davon, wie das Fertigwerden mit dem Überfluß

124

Page 125: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 125/155

erzeugenden Stammesprozeß, das sie verkörpert, syllogistisch gleichbe-

deutend ist mit einem entsprechenden Fertigwerden auch mit dem vomStammesprozeß erzeugten Überfluß selbst. Indem der Reichtum jenesihm entspringende Anderssein im Duktus einer apriorischen Revokationdessen konstituiert, was ihn, den Reichtum, hat entstehen lassen, revo-ziert – wie wir längst hätten einsehen können, hätte uns nicht unserein den heroologischen Bahnen sich verlaufende Wahrnehmungsträgheit bis jetzt daran gehindert – in der Konstitution jenes Andersseins derReichtum auch und logischerweise sich selbst. Eben die ontologisch un- bedingte Indifferenz und modallogisch absolute Negativität, die in derKonstitution jenes Andersseins und mit der Initiation jenes Neuanfangsder Reichtum seinen eigenen Entstehungsfaktoren und Existenzbedin-gungen beweist, beweist er logischerweise auch sich selbst. Wie könnteangesichts seiner in dem Anderssein, das er konstituiert, manifestenindifferentistischen Haltung und in dem Neuanfang, den er initiiert,evidenten negativistischen Einstellung seinem eigenen ontologischenBestand gegenüber der Reichtum noch der widersinnigen Absicht ver-dächtig sein, jenes Anderssein nicht bloß konstituieren, sondern auch auseigenen Stücken etablieren, beziehungsweise jenen Neuanfang nicht bloßinitiieren, sondern auch mit eigenen Mitteln kontinuieren zu wollen? Sowahr vielmehr der Reichtum ein Sein kreiert, das seiner ganzen unbe-dingten Konstitution nach im ontologischen Jenseits nicht etwa nur desReichtum produzierenden Stammesdaseins, sondern auch und zugleichdes vom Stammesdasein produzierten Reichtums selbst sich befindet, sowahr der Überfluß einen Anfang lanciert, der seiner ganzen absolutenInitiation nach in modallogischer Transzendenz nicht etwa bloß zumÜberfluß erzeugenden Stammesprozeß, sondern auch und ebensosehrzu dem vom Stammesprozeß erzeugten Überfluß selbst sich ereignet,so wahr hat das Tun des Reichtums mit solchem allein aufs Konto dermythologischen Interpretation gehenden Widersinn nichts zu schaffen,ist das Beginnen des Überflusses frei von solchem ausschließlich derheroologischen Intervention anzulastenden Widerspruch.

125

Page 126: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 126/155

Einen Sinn ergibt die in der Konstituierung des anderen Subjekts einbegriffene

Selbstaufhebung des Reichtums nur, wenn das andere Subjekt ein unbeding-tes Anterius und absolutes Prius und deshalb seine Konstitution in WahrheitRestitution, seine Initiation in Wirklichkeit Repristination, das heißt Wieder-herstellung eines apriorischen Seins ist, das die ganze aposteriorische Stamme-sorientierung mitsamt dem ihr entspringenden Reichtum nicht etwa als einenobligatorischen Vor- und Durchgang resultativ zurückläßt, sondern als einenillusorischen Ab- und Irrweg revokativ zurücknimmt.

Konzeptionell ohne den Widersinn, in den allererst seine mythologi-sche Rückbeziehung auf den Reichtum es verstrickt, ist also jenes reich-tumentsprungene Anderssein, weil und insofern es ein Sein ist, das seinerunmittelbaren Konstitution nach in die ontologische Revokation des ihmzugrundeliegenden Stammesdaseins, die es darstellt, logischerweise auchund gerade das ihm vorliegende Produkt dieses Stammesdaseins, denReichtum selbst, miteinbegreift. Prinzipiell frei von dem Widerspruch,in den allererst seine heroologische Rückbindung an den Überfluß ihnverwickelt, ist jener überflußgezeugte Neuanfang, weil und insofern erein Anfang ist, der seiner unvermittelten Initiation nach in die modal-logische Annullierung des ihm vorausgesetzten Stammesprozesses, dieer verkörpert, notwendig zugleich das ihm vorgesetzte Resultat die-ses Stammesprozesses, den Überfluß als solchen, miteinschließt. Ob wir

aber damit, daß uns gelungen ist, sein konstitutives Tun des Vorwurfskonzeptionellen Widersinns zu entledigen, für die Rehabilitation desReichtums viel gewonnen und nämlich im Blick auf die Anerkennungseines Beginnens im Charakter einer mehr noch sinnvollen Aktion undeines überhaupt vernünftigen Vorhabens etwas erreicht haben, will unszweifelhaft scheinen. Fast will uns scheinen, als sprächen wir dies initia-torische Beginnen von der Anklage eines intentionalen Widerspruchs nurlos, um es stattdessen des baren Unsinns und der schieren Absurdität zuüberführen. Wie nämlich, wenn nicht als bei allem fehlenden Widersinn barer Unsinn soll uns erscheinen, daß der gesellschaftliche Reichtum

ein Anderssein konstituiert, das, dem Geiste seiner konstitutionellenUnbedingtheit entsprechend, jegliches ihm zugrundeliegende Dasein,das Produkt dieses Daseins, eben den das Anderssein konstituieren-den Reichtum, eingeschlossen, für a priori null und nichtig erklärt, umdemnach an nichts sich zu halten, auf nichts sich zu stellen als an sich

126

Page 127: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 127/155

und auf sich, das unbedingte Sein selbst? Wie, wenn nicht als bei aller

Widerspruchsfreiheit schiere Absurdität soll uns vorkommen, daß dergemeinschaftliche Überfluß einen Neuanfang initiiert, der, der Logik sei-ner prinzipiellen Absolutheit folgend, jenen ihm vorausgehenden Prozeß,das Resultat dieses Prozesses, eben den den Neuanfang initiierendenÜberfluß, einbegriffen, rückwirkend ungeschehen macht, um hiernachaus nichts sich zu machen, mit nichts zu beginnen als aus sich und mitsich, dem absoluten Anfang als solchem? Für was, wenn nicht für plat-terdings unsinnig sollen wir halten, daß der gesellschaftliche Reichtumsich anstelle des Stammesdaseins ein Sein kreiert, das die konstitutionelleBeschaffenheit hat, als eine auch und zugleich diesen Reichtum, der sie

kreiert, ontologisch revozierende creatio ex nihilo aufzutreten und sich inSzene zu setzen? Als was, wenn nicht als geradezu absurd soll uns gelten,daß der gemeinschaftliche Überfluß anstelle des Stammesprozesses einenAnfang initiiert, der die prinzipielle Bestimmung hat, als ein nicht zuletztdiesen Überfluß, der es initiiert, modallogisch eliminierendes Principiuma priori zu erscheinen und sich ins Werk zu setzen? Welchen Sinn sollergeben, daß der Reichtum ein Sein konstituiert, das seine Konstituierungdurch den Reichtum konstitutionell widerruft und für null und nichtigerklärt? Was für einen Verstand soll beweisen, daß der Überfluß einenAnfang initiiert, der seine Initiation durch den Überfluß prinzipiell zu-

rücknimmt und ungeschehen macht? Wie kann der Reichtum ein Seinkonstituieren, das unbedingt ist im Sinne auch und gerade seiner ontolo-gischen Freisetzung von der Bedingung, die es konstituiert? Wie kann derÜberfluß einen Anfang initiieren, der absolut ist im Verstande auch undgerade seiner modallogischen Lossprechung von der Beziehung, die ihninitiiert?

Indem so aber unsere rhetorische Verwunderung über den unvorstell- baren Unsinn eines derart bedingungslos unbedingten Seins und bezie-hungslos absoluten Anfangs sich stillschweigend zur methodischen Er-kundigung nach dem doch vielleicht vorstellbaren Sinn solchen Seins und

auszumachenden Verstand solchen Anfangs zusammennimmt, drängtsich uns die einzig mögliche Lösung des Rätsels auch schon auf undspringt uns in die Augen, unter was für besonderen Umständen jenereichtumentsprungene Creatio ex nihilo keineswegs unsinnig, in wel-chem speziellen Fall jenes überflußgeborene Principium a priori durchaus

127

Page 128: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 128/155

nicht absurd ist. Einen guten Sinn ergibt jene selbst noch das, was sie kon-

stituiert, im Konstitutionsakt widerrufende Schöpfung aus dem Nichts,und einen klaren Verstand beweist jener sogar noch das, was ihn initiiert,im Augenblick der Initiation zurücknehmende uranfängliche Anfangoffenbar dann, wenn die Konstituierung in Wahrheit Restitution, dieInitiation in Wirklichkeit Repristination ist: Restitution nämlich einesSeins, das allem reichtumproduzierenden Stammesdasein unbedingt vor-ausliegt und im Verhältnis zu dem das letztere nichts als eine Ablenkungund Abweichung darstellt, eine Verirrung, die in die Länge und Breite derReichtumproduktion hinein sich kontinuiert, um erst im Resultat, im pro-duzierten Reichtum selbst, plötzlich wieder auf jenes im Stich gelassenewahre Sein im voraus zurückzukommen; und Repristination also einesAnfangs, der allem überflußerzeugenden Stammesprozeß absolut vor-hergeht und mit Rücksicht auf den der letztere nichts als einen Ab- undUmweg bedeutet, eine Fehlentwicklung, die durch die ganze Überfluß-erzeugung hindurch sich prolongiert, um erst im Schluß, im erzeugtenÜberfluß selbst, unversehens wieder zu jenem versäumten wirklichenAnfang von vorher zurückzuführen. Dann offenbar, wenn die Gründung,die der gesellschaftliche Reichtum vollbringt, wenn die Stiftung, die dergemeinschaftliche Überfluß vollzieht, in Wahrheit Wiederherstellungeines Status quo ante ist, von dem das gesamte Stammesdasein nichtsals abgebracht und abgehalten hat, in Wirklichkeit Rückkehr an einen

Ausgangspunkt ist, von dem der ganze Stammesprozeß einzig und alleinentfernt und abgeführt hat, – dann, und nur dann, kann das Gegründeteden Sinn eines in den ontologischen Widerruf des Stammesdaseins, denes darstellt, auch und natürlich das Produkt des Stammesdaseins, ebenseinen Gründer, den Reichtum selbst, miteinschließenden unbedingtenSeins behaupten, kann das Gestiftete den Verstand eines in die modal-logische Zurücknahme des Stammesprozesses, die es verkörpert, auchund notwendig das Erzeugnis des Stammesprozesses, eben seinen Stifter,den Überfluß als solchen, miteinbegreifenden absoluten Anfangs bewei-sen. Dann, und nur dann, wenn das andere Subjekt, das der Reichtum

konstituiert, keine das Stammesdasein verdrängende neue Existenz ist,die der Reichtum aus sich heraus entspringen läßt, sondern ein vomStammesdasein verdrängtes altes Sein ist, zu dem er von sich aus zu-rückspringt, wenn das andere Subjekt, das der Überfluß initiiert, keinden Stammesprozeß abbrechendes späteres Prinzip ist, das der Überfluß

128

Page 129: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 129/155

selbstherrlich hervorkehrt, sondern ein vom Stammesprozeß abgebro-

chener früherer Anfang ist, zu dem er selbstverleugnend zurückkehrt,– dann, und nur dann, kann der Konstitutionsakt sinnvoll in der Formeiner mit allem, was vorausliegt, einschließlich dem Konstituierendenselbst, restlos aufräumenden unbedingten Konversion erscheinen, kannder Augenblick der Initiation verständlicherweise in der Gestalt eineralles, was vorhergeht, das Initiierende selbst eingeschlossen, spurlos til-genden absoluten Reduktion auftreten. Nur wenn das, was der vomStammesdasein produzierte Reichtum tut, der vom Stammesprozeß er-zeugte Überfluß beginnt, Rücksprung zu einem durch den Irrweg desStammesdaseins toto coelo verdrängten, ursprünglich wahren Sein, Rück-

kehr zu einem durch die Fehlentwicklung des Stammesprozesses omnimodo verschenkten, uranfänglich wirklichen Anfang ist, kann die indiesem Tun enthaltene Selbstaufgabe des Reichtums, die mit diesemBeginnen verknüpfte Selbstverneinung des Überflusses den guten Sinneiner Selbstnegation des Negativen vor dem restituierten Positiven, denklaren Verstand einer Selbstauflösung des Falschen und Scheins vor demrepristinierten Wahren und Wirklichen beweisen.

Von der mythologisch wahrnehmungsträgen Vorstellung einer zwangs-läufigen Intention jenes reichtumentsprungenen Andersseins auf denReichtum und naturgegebenen Aspiration jenes überflußentstandenen

Neuanfangs auf den Überfluß mit vieler Mühe uns lösend, sehen wir,wie sehr im genauen Gegenteil jenes Anderssein in den ontologischenWiderruf des Stammesdaseins, den es darstellt, notwendig das Produktdes Stammesdaseins, eben den Reichtum selbst, mit einschließt, wie sehr jener Neuanfang in die modallogische Zurücknahme des Stammesprozes-ses, die er verkörpert, das Ergebnis des Stammesprozesses, den Überflußals solchen, mit einbegreift und wie unbedingt fremd jenem Anderss-ein die ihm auf mythologischem Weg vindizierte Rückbeziehung auf den Reichtum, dem es entspringt, in Wahrheit also ist, wie absolut fern jenem Neuanfang die ihm mit heroologischen Mitteln attestierte Rück-

 bindung an den Überfluß, dem er entstammt, in Wirklichkeit liegt. Wirsehen, wie in actu seiner zum Gattungssprung ausschlagenden Kon-stitution jenes ex improviso des Reichtums entspringende Andersseinaus dem ganzen kraft Stammesdasein entworfenen Reichtumsprospektunbedingt herausspringt, wie im Augenblick seiner in Transzendenz

129

Page 130: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 130/155

umschlagenden Initiation jener aus dem Hinterhalt des Überflusses ent-

stehende Neuanfang von der gesamten qua Stammesprozeß entfaltetenÜberflußperspektive absolut Abstand nimmt, um Anderssein nicht ausReichtum, sondern einzig und allein aus sich selbst, um Neuanfang nichtim Überfluß, sondern nur und ausschließlich an sich selbst zu sein. Dieseunbedingte Freisetzung des reichtumentsprungenen Andersseins vomReichtum und absolute Lossprechung des überflußentstandenen Neuan-fangs vom Überfluß erlöst nun zwar das jenes Anderssein konstituierendeTun des Reichtums von all dem konzeptionellen Widersinn, in den wir eszuvor verwickelt glaubten; aber sie absolviert es dem Anschein nach nur,um es stattdessen als baren Unsinn bloßzustellen. Oder ist eine Kreation,mit der ihr Schöpfer partout nur die Absicht verknüpft, sie als eine auch

und gerade ihn vergessen machende Creatio ex nihilo ins Werk zu setzen,ist eine Konstitution, deren konstitutiver Sinn die ontologische Tilgungalles dessen ist, was dem Konstituierten voraus und zugrunde liegt, etwakein barer Unsinn? Ist ein Beginnen, mit dem der Initiator das eine Zielverfolgt, es als ein nicht zuletzt ihn verschwinden lassendes Initium apriori in Szene zu setzen, ist eine Initiation, deren prinzipieller Zweck diemodallogische Eliminierung dessen insgesamt ist, was dem Initiiertenvorhergeht, etwa nicht absurd? Keine Frage: ein Konstitutionsvorgang,der im Produkt nichts effektuiert als seine eigene restlose Reductio adabsurdum, ein Initiationsakt, der im Resultat nichts exekutiert als seinen

eigenen spurlosen Saltus in vanum, ist bar jeden Sinns, ist absurd, essei denn – und damit entdeckt sich uns also der einzig übrigbleibendewahre Sinn jenes reichtumentsprungenen Andersseins, der allein nochin Betracht kommende wirkliche Verstand jenes überflußentstandenenNeuanfangs –, es sei denn, die Konstitution ist in Wahrheit Restitution,die Initiation in Wirklichkeit Repristination. Als einfacher Ausdruck derRestitution eines allem reichtumbezüglich weiteren Stammesdasein un- bedingt vorausliegenden ursprünglichen Seins beziehungsweise innereKonsequenz der Repristination eines jeglichem überflußorientiert spä-teren Stammesprozeß absolut vorhergehenden uranfänglichen Anfangsgewinnt die Selbstaufhebung, die in actu jenes ihm entspringenden An-

dersseins der Reichtum signalisiert, eben den natürlichermaßen gutenSinn, den sie sonst vermissen läßt, und beweist die Selbstverneinung, zuder sich im Moment jenes ihm entstammenden Neuanfangs der Überflußversteht, exakt den logischerweise klaren Verstand, der ihm andernfallsfehlt.

130

Page 131: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 131/155

In dem ex improviso des Reichtums sich restituierenden anderen Subjekt haben

die Stammessubjekte vor sich, was sie selber noch sein könnten, wären sie nichtdem Reichtum nachgejagt, und finden insofern ihre ganze reichtumorientierteStammesperspektive als eine sich selber ad absurdum führende bodenlose Illusionund folgenlose Fehlhandlung von Grund auf entwirklicht und von Anfang bisEnde entwertet.

Gibt die im Konstitutionsakt manifeste Selbstaufgabe des Reichtumsdie Konstitution jenes ex improviso des Reichtums erscheinenden An-dersseins als vielmehr Restitution eines jenseits aller abwegigen Reich-tumproduktion als unbedingtes Anterius subsistierenden ursprünglichen

Seins zu erkennen, gibt die im Initiationsmoment evidente Selbstnegationdes Neuanfangs die Initiation jenes ex cathedra des Überflusses auftreten-den Neuanfangs als vielmehr Repristination eines vor aller irrtümlichenÜberflußerzeugung als absolutes Prius prozedierenden uranfänglichenAnfangs zu verstehen, so unterliegt damit unsere schon mehrfach korri-gierte Vorstellung von dem Eindruck, den auf das Stammesdasein jenesreichtumentsprungene Anderssein macht, noch einmal einer weiterenund in ihrer Zuspitzung durch nichts mehr zu überbietenden Korrektur.Ihre Notwendigkeit schöpft diese unüberbietbar korrektive Zuspitzungund letztgültig radikalisierte Neufassung daraus, daß als ein in inte-

grum unbedingter Anteriorität restituiertes Sein jenes Anderssein diegleiche ontologische Indifferenz, die es dem Stammesdasein bezeigt,auch und gerade dem, woraus es sich restituiert, dem vom Stammes-dasein produzierten Reichtum selbst, beweist, daß als ein in pristinumabsoluter Priorität reduzierter Anfang jener Neuanfang mit derselbenhistoriologischen Negativität, mit der er dem Stammesprozeß begegnet,auch und nicht zuletzt dem, woraus er sich repristiniert, eben dem vomStammesprozeß erzeugten Überfluß als solchem, entgegentritt. Solange jenes als unbedingtes Anderssein reichtumentsprungene andere Subjektuns als eine ex improviso des Reichtums geschöpfte und im Verhältnis

zum Stammesdasein spontan andere Existenz gelten durfte, durfte es unsals gegebenermaßen auf den Reichtum als auf den Ort seines Entstehens bezogen erscheinen, und konnten wir deshalb der Überzeugung huldi-gen, daß seine Tragweite für das Stammesdasein sich in der Rolle eineserfolgreichen Bewerbers um diesen von letzterem produzierten Reichtum

131

Page 132: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 132/155

erschöpfe. In der vermeintlich sicheren Annahme, daß jenes reichtument-

sprungene Anderssein seinen als relativer Bezugspunkt naheliegendenexistentiellen Rückhalt an dem Reichtum finde, dem es entsprungen,seinen als reflexiver Bestimmungsgrund selbstverständlichen kriteriellenAnhalt an dem Überfluß habe, aus dem es entstanden, konnten wir desguten oder vielmehr bequemen Glaubens sein, das einzige Problem,das jenes andere Subjekt dem Stammesdasein bereite, liege darin, daßes diesem in der angegebenen Form einer ihm gegenüber ontologischvernichtenden Indifferenz die Frucht seiner Arbeit, den produziertenReichtum, entreiße, um ihn als exklusiv sein – kraft solcher Indifferenz behauptetes – Eigentum mit Beschlag zu belegen, daß es ihm im ge-schilderten Modus einer ihm gegenüber historiologisch unendlichenNegativität das Werk seiner Hände, den erzeugten Überfluß, entwende,um ihn als disjunktiv sein – kraft solcher Negativität beanspruchtes – Pri-vileg zu genießen. Wir konnten, mit anderen Worten, meinen, daß das imVerhältnis zum Stammesdasein abstrakte Anderssein jenes reichtument-sprungenen anderen Seins eben in seiner durch die Indifferenz gegenüberder stammesförmigen Produktion des Reichtums bedingten, exklusiv beschaffenen Disposition und Eignung zum produzierten Reichtum selbst bestehe, daß die im Vergleich mit dem Stammesprozeß unvermittelteNeuanfänglichkeit jenes überflußentstanden neuen Anfangs in nichtssonst als seiner der Negativität gegenüber der stammesmäßigen Erzeu-

gung des Überflusses geschuldeten, disjunktiv bestimmten Beziehungund Neigung zum erzeugten Überfluß als solchem gründe. Jetzt aber, daunsere schließliche Einsicht in die unendliche und nämlich den Reichtumals solchen betreffende Bedeutung ihrer Negativität uns dazu bringt, jene vermeintlich ex improviso des Reichtums entspringende, inständigandere Existenz als vielmehr das à fonds perdu des Stammesdaseinssubsistierende, ursprünglich eine Sein zu verstehen, jene dem Anscheinnach schlußendlich neue Identität ex cathedra des von den Stammessub- jekten erzeugten Überflusses als vielmehr die in Wirklichkeit uranfänglichalte Identität in aeternis der Überfluß erzeugenden Stammessubjekte zu

 begreifen, können wir unmöglich länger dieser bequemen Überzeugungvon einer natürlichen Bindung jener anderen Existenz an den Reichtumselbst, einer logischen Beziehung jener neuen Identität auf den Überflußals solchen anhängen. Jetzt, da das vorgeblich anders Konstituierte alsin Wahrheit das restituiert Eine sich erweist, das scheinbar neu Initiierte

132

Page 133: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 133/155

als das in Wirklichkeit repristiniert Alte sich herausstellt, können wir

einfach nicht länger mehr übersehen, daß jenes reichtumentsprungeneAnderssein, weit entfernt davon, in einer durch revokative Indifferenzgegenüber dem Stammesdasein ausgezeichneten, exklusiv besonderenBindung an den vom Stammesdasein produzierten Reichtum zu beste-hen, vielmehr seinen Bestand in einer indifferentistischen Revokation derüberhaupt ganzen im Stammesdasein entfalteten Reichtumsdimensionhat, daß jener überflußentstandene Neuanfang, weit entfernt davon, ineiner durch eliminative Negativität in Ansehung des Stammesprozes-ses charakterisierten, disjunktiv eigenen Beziehung zum Überfluß zugründen, vielmehr seinen Grund in einer negativistischen Eliminationder schlechthin gesamten kraft Stammesprozeß entwickelten Überfluß-perspektive findet. Und jetzt also, da jenes dem Stammesdasein abruptwiderfahrende, vermeintlich fremde Protos sich als ein dem Stammes-dasein in Wahrheit eigenes, unvermittelt zugrundeliegendes Anteriusentpuppt, ja jenes in scheinbar endzeitlicher Transzendenz in excelsis desStammesprozesses neu erscheinende, allentscheidende Ad hoc sich als eintatsächlich in urzeitlicher Immanenz de profundis des Stammesprozesseswieder zum Vorschein kommendes grundverschiedenes Prius enthüllt,können wir gar nicht mehr umhin, das eigentliche Problem, das jenesandere Subjekt den Stammessubjekten bereitet, nicht darin zu sehen, daßes ihnen den Reichtum wegnimmt und entreißt, sondern vielmehr darin,

daß es ihnen den Reichtum entwertet und verschlägt, den wahren undwirklichen Tort, den es ihnen antut, nicht darein zu setzen, daß sie vonihm um den Überfluß gebracht und erleichtert werden, sondern vielmehrdarein, daß sie angesichts seiner sich im Überfluß geprellt und hintersLicht geführt finden.

Indem wir das vermeintliche Protos als wahrhaftiges Anterius, dasscheinbare Ad hoc als tatsächliches Prius begreifen lernen, werden wir ge-wahr, daß das, was der Reichtum anstelle des Stammesdaseins dergestaltrestituiert, nichts ist, was den Stammessubjekten den Reichtum streitigmacht, sondern vielmehr etwas, das ihr ganzes Streben nach Reichtum ad

absurdum führt, nichts ist, was sie um das ersehnte Leben im Überfluß betrügt, sondern vielmehr etwas, das dies ersehnte Leben im Überflußinsgesamt als Betrug entlarvt. Als dem Stammesdasein ursprünglich vor-ausliegendes, unbedingtes Anterius, dem Stammesprozeß uranfänglichvorhergehendes, absolutes Prius ist jenes dem Reichtum entspringende

133

Page 134: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 134/155

andere Sein ein Sein, dessen Anderssein in nichts als in seiner anteriori-

schen Verhältnislosigkeit zum Reichtum, also darin besteht, daß ihm alsursprünglicher Existenz Reichtum schlechterdings nichts sagt, unbedingtnichts bedeutet, stellt jener aus Überfluß entstehende neue Anfang einenAnfang dar, dessen Neuanfänglichkeit in nichts als in seinem a priorifehlenden Bezug zum Überfluß, eben darin gründet, daß er als uranfäng-liches Prinzip mit Überfluß partout nichts im Sinn, absolut nichts zu tunhat. Während die Stammessubjekte dank Reichtumproduktion einemSein im Reichtum zustreben, kraft Überflußerzeugung einem Leben imÜberfluß nachjagen, setzt ihnen der produzierte Reichtum nicht etwa alsdies Sein im Reichtum, sondern vielmehr an seiner Stelle ein Sein vor, beidem das als ursprüngliches Sein des Stammesdaseins selbst ausgemachteAnderssein eben sein anteriorisches Abstehen von der ganzen im Stam-mesdasein erstrebten Reichtumsdimension ist, zieht ihnen der erzeugteÜberfluß nicht etwa als dies Leben im Überfluß, sondern vielmehr stattseiner einen Neuanfang vor, bei dem die als der uranfängliche Anfangdes Stammesprozesses selbst identifizierte Neuanfänglichkeit eben in sei-nem apriorischen Rücktritt von der gesamten durch den Stammesprozeßverfolgten Überflußperspektive besteht. Muß diese unverhoffte Wendungauf die Stammessubjekte nicht den fürchterlichen Eindruck einer höchstfatalen Durchkreuzung, ja zutiefst absurden Widerlegung all ihrer bisdahin gehegten Erwartungen, einer kontingent finalen Enttäuschung und

Vereitelung, ja paradox prinzipiellen Täuschung und Verhöhnung ihrersämtlichen bis zu diesem Zeitpunkt kultivierten Hoffnungen machen?Der derart unverhofften Wendung zufolge hat das Stammesdasein imStreben nach einem als Sein im Reichtum deklarierten Erfüllungszustandmit dem Reichtum eine Objektivität geschaffen, die ihm sein eigenes,à fonds perdu ursprüngliches Sein, mithin das als Erfüllungszustandvorhält, was es um der Schaffung dieser vielversprechenden Objektivitätwillen hat aufgeben und zurücklassen müssen, haben die Stammessub- jekte auf der Jagd nach einem als Leben im Überfluß definierten höchstenGlück mit dem Überfluß eine Realität erzeugt, die ihnen ihren eigenen, in

aeternis uranfänglichen Anfang, mithin das als höchstes Glück vorführt,was sie um der Erzeugung dieser glückverheißenden Realität willenpreisgegeben und im Stich gelassen haben. Das heißt aber, die Stammes-subjekte haben mittels Reichtumproduktion ein Hirngespinst angestrebt,das, wie der produzierte Reichtum selber ihnen am Ende darlegt, deshalb

134

Page 135: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 135/155

Hirngespinst ist, weil sie es als ihr ursprünglich eigenes Sein unwider-

ruflich haben verloren geben müssen, um es im Reichtum erstreben zukönnen; sie sind kraft Überflußerzeugung einer Fata Morgana nachgejagt,an der, wie der erzeugte Überfluß selber ihnen schließlich klarmacht,das Illusionäre dies ist, daß sie sie als ihr uranfänglich eigenes Lebenunwiederbringlich haben fahrenlassen müssen, um ihr im Überfluß nach- jagen zu können. Sie haben per medium der Reichtumproduktion etwaswerden wollen, was sie nach Auskunft des produzierten Reichtums indem Augenblick irrevozibel aufgehört haben zu sein, in dem sie es permedium der Reichtumproduktion haben werden wollen, haben kraftÜberflußerzeugung etwas erreichen wollen, wovon sie laut erzeugtemÜberfluß an eben dem Punkt sich irreparabel getrennt haben, an dem siesich aufgemacht haben, es kraft Überflußerzeugung zu erreichen. Wasder Reichtum den Stammessubjekten mit jenem Anderssein vor Augenführt, der Überfluß ihnen mit jenem Neuanfang zu Bewußtsein bringt,ist die ungeheure Paradoxie, die unfaßliche Absurdität, daß das Sein imReichtum, auf das sie aus sind, eben das identisch ursprüngliche Seinist, dem sie entstammen und das sie noch immer sein könnten, wärensie nur nicht auf den qua Stammesdasein Gestalt gewordenen unseligenGedanken verfallen, es im Reichtum wiederfinden zu wollen, daß alsodas Leben im Überfluß, hinter dem sie her sind, eben das archaisch uran-fängliche Leben ist, aus dem sie kommen und in dem sie hätten bleiben

können, hätten sie nicht den qua Stammesprozeß Funktion gewordenenunheilvollen Vorsatz gefaßt, es im Überfluß neu anzufangen.

Und zwar bringt der Reichtum den Stammessubjekten ihr ursprünglicheigenes Sein, das sie noch sein könnten, nicht etwa bloß im formaliterausgesagten Modus wohlverstandener Irrealität, als eine in Wahrheit un-widerruflich vertane Gelegenheit und in Wirklichkeit unwiederbringlichvergebene Möglichkeit, nicht etwa bloß als dasjenige zu Bewußtsein, wasangesichts der unübersehbar reellen Präsenz des Reichtums selbst auf den Charakter einer in nur ideeller Repräsentanz vergänglichen Vorstel-lung beziehungsweise auf die Bedeutung einer als rein gespenstische

Reminiszenz fiktiven Gegenwart sich beschränkte, sondern er führt esihnen im materialiter ausgemachten Zustand wohlbehaltener Realität,eben als in integrum restituiertes leibhaftiges Sein, als in pristinum re-duzierten lebendigen Anfang und damit als dasjenige vor Augen, wasim Gegenteil durch seine restituierte Leibhaftigkeit dazu angetan ist, den

135

Page 136: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 136/155

auf es rekurrierenden Reichtum seines Scheins von lebendiger Evidenz

zu entkleiden und im Charakter stattdessen eines zur nur phantasma-gorischen Anschauung entfalteten sinnlosen Trugbilds beziehungsweisein der Bedeutung einer zur rein illusionären Gegenwart ausgebildetenzwecklosen Einbildung bloßzustellen. Indem das, was der Überfluß stattdes aus ihm erhofften Lebens ihnen in aller Lebendigkeit vorführt, ihreigenes, auf der Jagd nach Überfluß fahrengelassenes, uranfänglichesLeben vor jeder Überflußerspektive ist, büßt diese überflußorientiertePerspektive alles historisch reale Dasein und jede systematisch prozessua-le Faktizität ein und gewinnt der diese Perspektive vollendende Überflußselbst den Charakter einer phänomenalen Täuschung, die in der Tat zu

nichts Wirklicherem taugt als zu einer reduktiven Bloßstellung ihres eige-nen sinn- und aussichtslos täuschenden Charakters, die Bedeutung einerfinalen Irreführung, die wahrhaftig zu nichts Wesentlicherem dient alszu einer konkursiven Aufdeckung ihrer eigenen zweck- und hoffnungs-los irreführenden Bedeutung. So gewiß das, was der Reichtum anstelledes von ihm erwarteten Erfüllungszustands kreiert, statt des aus ihmerhofften Kairos initiiert, nur ein in der alten Leibhaftigkeit restituierterZustand der Fülle im anteriorischen Vorhinein aller Reichtumproduk-tion, ein in der früheren Lebendigkeit repristinierter Augenblick derWahrheit im apriorischen Voraus jeder Überflußerzeugung ist, so gewiß

hört dieser Reichtum auf, als systematischer Faktor jenes restituiertenSeins dazustehen, als historischer Realisator jenes repristinierten Le- bens zu firmieren, und nimmt vielmehr sub specie jenes restituiertenSeins die Scheinhaftigkeit eines seinen von Grund auf gesamten Pro-spekt für historisch sinnlos erklärenden, trugschlüssigen Unterfangens,die Unwirklichkeit eines seine von Anfang an ganze Perspektive alssystematisch überflüssig entlarvenden, irreführenden Beginnens an. Erhört auf, sich im Anschein einer zwischen Ausgangs- und Endpunktveritablen Vermittlungsinstanz, eines zwischen Prinzip und Ergebnis ef-fektiven Prozeßmoments zu behaupten, und stellt sich stattdessen als der

Kulminationspunkt einer Fehlanzeige dar, die am Ende nichts vermitteltals die im wiedergewonnenen Ausgang manifeste Sinnlosigkeit ihrerselbst, figuriert als der Fluchtpunkt einer Fehlentwicklung, die im Resul-tat nichts herausbringt als die im wiederhergestellten Prinzip evidenteeigene Überflüssigkeit. Als ein auf nichts als aufs leibhaftig ursprüngliche

136

Page 137: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 137/155

Sein verfallender Wendepunkt, ein auf nichts als auf den lebendig uran-

fänglichen Anfang zurückkommender Umschlagspunkt ist der ReichtumFazit eines Prozesses, der, weit entfernt davon, die historische Qualitäteines zum Ergebnis führenden zweckmäßigen Vorgehens zu beweisen,vielmehr bloß die hysterische Beschaffenheit einer im Ergebnis sich ver-lierenden ziellosen Abschweifung an den Tag legt; ist er Höhepunkt einerBewegung, die, weit entfernt davon, die systematische Funktion einerresultativ vollbrachten praktischen Ausführung zu erfüllen, sich vielmehrim illusorischen Gehabe einer prinzipiell gescheiterten phantastischenIrreführung erschöpft. Weit entfernt davon, Realisierungsmedium undErfüllungsort für ein mit ihm zum Erfolg gebrachtes, effektiv empirischesVorhaben und einen in ihm ans Ziel gelangten, resultativ historischenFortschritt zu sein, ist der Überfluß bloß ineins das Vollzugsorgan unddie Richtstätte für ein mit ihm ad absurdum geführtes, objektiv illuso-risches Beginnen und einen in ihm zur Strecke gebrachten, prinzipiellhalluzinatorischen Verlauf. Statt Einlösungsmoment einer zur faktischenRealisierung des schlußendlich wahren Seins fortschreitenden prakti-schen Kraftanstrengung, ist der Reichtum vielmehr Offenbarungseideiner auf die phantastische Suspendierung des ursprünglich wahrenSeins hinauslaufenden neurotischen Fehlleistung, statt Position des Po-sitiven eines auf das glückliche Ende, das er sich prospektiv vornimmt,gerichteten historisch-werkbildnerischen Prozesses, ist der Überfluß viel-

mehr Negation des Negativen eines an den wirklichen Anfang, den erprojektiv preisgibt, fixierten hysterisch-trugbildnerischen Regresses. AlsSchlußpunkt, der nichts anderes erschließt als das ursprünglich wahreSein, das war, bevor die Wendung zum Reichtum geschah, als Endstand,der nichts Neues eröffnet als das uranfänglich wirkliche Leben, das an-fing, ehe die Aussicht auf den Überfluß begann, stellt in der Leibhaftigkeit jenes restituiert ursprünglichen Seins, in der Lebendigkeit jenes uran-fänglich repristinierten Anfangs der Überfluß seine ganze illusorischeIrrtümlichkeit zur Schau, seine völlige halluzinatorische Vergeblichkeitunter Beweis und reißt in diese manifeste Selbstentwertung das gesamte

auf ihn bezogene Stammesdasein mit hinein, zieht in diese Selbstent-wirklichung den kompletten auf ihn gerichteten Stammesprozeß mithinab. Indem der Überfluß auf genau den historisch uranfänglichen Mo-ment zurückkommt, von dem die gesamte nachfolgende Überflußer-zeugung ersichtlich nichts als phantasmagorisch abgeführt hat, gewinnt

137

Page 138: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 138/155

die gesamte den Stammesprozeß ausmachende Überflußerzeugung die

Bedeutung einer irrealen Episode, die als eine nichts als ihre eigene Auf-lösung erzielende Unterbrechung im historischen Kontinuum mit demWiedereinsetzen jenes uranfänglichen Moments definitiv aus und viel-mehr infinitiv vorbei ist. In eben der leibhaftig ursprünglichen Aktua-lität wiederauftretend, die auch das Stammesdasein hatte, ehe es auf seine zum Reichtum als zum objektiven Beweis der eigenen Vergeb-lichkeit führende illusorische Existenz sich einließ, und in genau derlebendig uranfänglichen Momentanität wiedereinsetzend, in der auchder Stammesprozeß sich befand, bevor er in seine auf den Überfluß alsauf die demonstrative Offenlegung der eigenen Gegenstandslosigkeithinauslaufende halluzinatorische Prozessualität verfiel, verweist jenesin integrum seiner Urspünglichkeit restituierte Sein das Stammesdaseinmitsamt dem von ihm produzierten Reichtum, also den ganzen kraftStammesdasein entworfenen Reichtumsprospekt, in das Nichts einesänigmatisch dimensionslosen Zwischenraums im lückenlos fortgesetztenempirischen Vorgang, versetzt jener in pristinum seiner Uranfänglichkeitreduzierte Anfang den Stammesprozeß einschließlich des von ihm er-zeugten Überflusses, mithin die gesamte qua Stammesprozeß entfalteteÜberflußperspektive, in den Irrealis einer traumatisch perspektivlosenUnterbrechung im bruchlos wiederhergestellten historischen Kontinu-um. In der Tat besteht darin das unbedingte Anderssein jenes restituiert

anderen Seins, daß es, weit entfernt davon, in der Immanenz des Reich-tumsprospekts bloß in anderer Form und Gestalt als das Stammesdaseinvor dem Reichtum zu erscheinen, vielmehr durch sein Erscheinen dieganze reichtumsprospektive Immanenz des Stammesdaseins leibhaftigtranszendiert und als unempirisch bodenlosen Schein sich verflüchtigenläßt; besteht genau darin die absolute Neuanfänglichkeit jenes repristi-niert neuen Lebens, daß es, weit entfernt davon, in der Konseqenz derÜberflußperspektive bloß unter anderen Umständen und mit andererVitalität als der Stammesprozeß gegenüber dem Überfluß aufzutreten,vielmehr mit seinem Auftreten die ganze überflußbezogene Konsequenz

des Stammesprozesses lebendig überspringt und als unhistorisch wesen-losen Schemen zum Verschwinden bringt. Jener resultative Sprung eximproviso des Reichtums, der als ein im Angesicht des Reichtums figu-rierender Sprung vom Stammesdasein zurück in ein dem Stammesdaseinzugrundeliegendes ursprüngliches Sein sich ereignet, jener spekulative

138

Page 139: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 139/155

Satz aus dem Hinterhalt des Überflusses, der als ein ante portas des

Überflusses okkurierender Satz durch den Stammesprozeß hindurch ineinen dem Stammesprozeß vorhergehenden uranfänglichen Anfang sichvollzieht, ist so in Wahrheit als sub specie des in aller Leibhaftigkeit resti-tuierten ursprünglichen Seins selbst ein ontologisch unbedingter Sprungheraus aus der ganzen durchs Stammesdasein gebildeten Reichtumsdi-mension, die der phänomenalen Vergeblichkeit und Nichtigkeit einerempirisch fruchtlosen Abschweifung verfällt, ist in Wirklichkeit als inactu des in aller Lebendigkeit repristinierten uranfänglichen Anfangs alssolchen ein historiologisch absoluter Satz hinweg über die gesamte quaStammesprozeß entfaltete Überflußperspektive, die in der intentionalen

Irrtümlichkeit und Irrealität einer historisch folgenlosen Unterbrechungversinkt.

Für das reichtumsorientierte Stammesdasein bedeutet das in integrum restituier-te ursprüngliche Sein des anderen Subjekts eine revokative Irrealisierung. Als Re-aktion darauf ist die mythologische Uminterpretationsveranstaltung der aufs on-tologisch Ganze gehende Versuch, das andere Subjekt der Reichtumsorientierungzu überführen und damit dem Stammesdasein seine Realität zurückzugewinnen.

Wie sollten die Stammessubjekte den im strengsten Sinn ontologisch

extinktiven Bescheid, den jenes andere Sein ihnen und ihrem ganzenDaseinsprospekt erteilt, den in umfassendster Bedeutung historiologischexekutiven Garaus, den jener Neuanfang ihnen und ihrer gesamten pro-zessualen Perspektive macht, akzeptieren können? Wie sollten sie wi-derstandslos hinnehmen können, daß jenes ex improviso des Reichtumserscheinende leibhaftig ursprüngliche Sein ihr ganzes produktives Daseinmitsamt dem von ihm produzierten Reichtum ins ontologische Nichtseines vor dem restituiert empirischen Blick jenes Seins verschwindendenhalluzinatorischen Prospekts verbannt, daß jener ad hoc des Überflussesauftretende lebendig uranfängliche Anfang ihren ganzen schöpferischen

Prozeß mitsamt dem durch ihn erzeugten Überfluß in den historiologi-schen Irrealis einer vor der repristiniert historischen Kontinuität jenesAnfangs sich auflösenden perspektivischen Täuschung verweist? In derTat: wie uns jetzt erst das ganze Ausmaß der Katastrophe, das ganze Maßan apriorischer Irrealisierung oder rückwirkender Annullierung deutlich

139

Page 140: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 140/155

wird, so wird uns auch jetzt erst die ganze Notwendigkeit der vor solcher

Katastrophe zu bewahren bestimmten mythologischen Uminterpretati-onsveranstaltung, das schlechthin Zwingende der solcher apriorischenIrrealisierung oder retrospektiven Annullierung zu wehren gedachten he-roologischen Revisionsverhandlung erkennbar! Solange das ex improvisodes Reichtums erscheinende, unbedingt andere Sein uns als eine natürli-chermaßen auf den Reichtum bezogene Existenz, ein notwendigerweiseauf den Überfluß angewiesenes Prinzip vorkommen durfte und solangealso die ontologisch unbedingte Indifferenz jenes anderen Seins sich nurerst gegen das Reichtum produzierende Stammesdasein zu richten undvor dem produzierten Reichtum selber haltzumachen, sich nicht auchauf den erzeugten Überfluß selbst zu erstrecken schien, solange konntesolch mythologische Uminterpretationsveranstaltung noch den Eindruckmachen, sich mit dem Anspruch einer bedingten Rehabilitation des durchdas andere Sein unbedingt disqualifizierten Stammesdaseins zu begnü-gen, sich in der Aufgabe einer relativen Redintegration des durch denneuen Anfang absolut exkommunizierten Stammesprozesses zu erschöp-fen. Das heißt, sie konnte noch in der Absicht aufzugehen scheinen, durchdie Überführung jenes vor dem Reichtum unbedingt anhebenden ande-ren Seins in ein das Stammesdasein als Bedingung aufhebendes identi-sches Wesen, durch den Nachweis jenes im Überfluß absolut anfangendeninitialen Präsens als eines den Stammesprozeß relativ beendenden fi-

nalen Perfekts die Wiederaufnahme des im Sinn einer ontologischenRevokation aus dem Verhältnis zum Reichtum restlos ausgeschlossenenStammesdaseins in eben dieses Verhältnis und Wiederanbindung des imVerstand einer historiologischen Annullierung vom Zusammenhang mitdem Überfluß spurlos abgeschnittenen Stammesprozesses an eben diesenZusammenhang durchzusetzen. Nun aber, da die Wahrnehmung jenesalternativ zum Stammesdasein reichtumentsprungen anderen Seins alsder à fonds perdu des Stammesdaseins restituierten, ursprünglich einenSubstanz, da die Realisierung jenes im Bruch mit dem Stammesprozeßüberflußgeboren neuen Anfangs als der à temps perdu des Stammespro-

zesses repristinierten, uranfänglich gleichen Arché uns hat klar werdenlassen, wie sehr die Indifferenz und Negativität, die jenes andere Sein anden Tag legt, auch und zuletzt den Reichtum betrifft, aus dem sie sichrestituiert, wie sehr also die vermeintlich bloß prospektiv entschiedeneWendung in dem vom Stammesdasein unterhaltenen Reichtumsbezug in

140

Page 141: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 141/155

Wahrheit einer über den ganzen Prospekt entscheidenden Abwendung

von der Reichtumsbezüglichkeit des Stammesdaseins als solcher gleich-kommt, der vermeintlich bloß die Kontinuität suspendierende definitiveSprung in der qua Stammesprozeß entfalteten Überflußperspektive inWirklichkeit einen das ganze Kontinuum transzendierenden indefini-ten Sprung heraus aus der stammesprozessualen Überflußorientierung bedeutet und wie sehr das als Restitutio in integrum firmierende Wieder-auftreten jenes ursprünglich einen Seins, das als Reductio in pristinumfunktionierende Wiedereintreten jenes uranfänglich alten Anfangs zu ei-ner als ontologischer Widerruf ausgemachten apriorischen Irrealisierungder gesamten im Stammesdasein bestehenden Reichtumsdimension führt beziehungsweise in einer als historiologische Zurücknahme durchschla-genden rückwirkenden Annullierung der kompletten qua Stammespro-zeß entwickelten Überflußperspektive resultiert, – nun also müssen wirerkennen, daß es bei der von den Stammessubjekten inszenierten my-thologischen Uminterpretationsveranstaltung um weit Grundlegenderesgeht als bloß um eine Rehabilitation des Stammesdaseins in bezug auf den Reichtum, bloß um eine Redintegration des Stammesprozesses in dieÜberflußorientierung, nämlich um nichts Geringeres als um die Rettungder qua Stammesdasein entworfenen Reichtumsbeziehung selbst, um dieErhaltung der kraft Stammesprozeß eingeschlagenen Richtung auf denÜberfluß als solcher. Wir müssen erkennen, daß es nicht bloß darum geht,

das vom anderen Sein ontologisch ausgeschlossene Stammesdasein alsSeinsfaktor in ein bestehendes Verhältnis des anderen Seins zum Reich-tum wiederaufzunehmen, den durch den Neuanfang historiologischabgeschnittenen Stammesprozeß als Prozeßmoment in eine gegebeneVerknüpfung des Neuanfangs mit dem Überfluß wiedereinzubringen,sondern darum, eben dies Verhältnis des anderen Seins zum Reichtumals das ontologisch Bestehende nachzuweisen, diese Bindung des Neu-anfangs an den Überfluß als das historiologisch Gegebene vorzuführen.Weil das, was als in integrum unbedingter Ursprünglichkeit restituiertes jenes andere Sein anzeigt, was als in pristinum absoluter Uranfänglichkeit

reduzierter jener Neuanfang bedeutet, nicht bloß eine in Reaktion auf den Reichtum ausgemachte Revokation des reichtumbezogenen Stam-mesdaseins, sondern eine in actu des Reichtums entschiedene Revokationder im Stammesdasein entworfenen Reichtumsbeziehung überhaupt,nicht bloß eine im Blick auf den Überfluß vollzogene Annullierung des

141

Page 142: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 142/155

überflußorientierten Stammesprozesses, sondern eine im Augenblick des

Überflusses vollbrachte Annullierung der qua Stammesprozeß entfaltetenÜberflußperspektive schlechthin ist, besteht die mythologische Umin-terpretationsaufgabe der Stammessubjekte nicht einfach darin, einemvor dem Reichtum stehenden und auf den Reichtum bezogenen abstraktanderen Sein das ihm zugrundeliegende Stammesdasein als seine Grund-lage konkret werden zu lassen, einem an den Überfluß gebundenen undzum Überfluß sich verhaltenden, unvermittelt neuen Anfang den ihmvorausgesetzten Stammesprozeß als seine Voraussetzung zu vermitteln,vielmehr geht sie dahin, jenes abstrakt andere Sein durch die Konkre-tisierung mittels des zugrundeliegenden Stammesdaseins überhaupterst als vor dem Reichtum stehendes, reichtumbezogenes realisierbar, jenen unvermittelt neuen Anfang durch Vermittlung mit dem voraus-gesetzten Stammesprozeß allererst als zum Überfluß sich verhaltenden,überflußorientierten identifizierbar werden zu lassen; erschöpft sich alsodie heroologische Revisionsforderung der Stammessubjekte nicht schondarin, ein dem Reichtum exklusiv immanentes, mit dem Überfluß dis- junktiv intimes anderes und neues Subjekt aus einem stammesabsoluten,stammeskontingenten in ein stammesrelatives, stammeskonsequentesSubjekt umzufunktionieren, sondern zielt vielmehr darauf, durch solcheUmfunktionierung jenes andere Subjekt der tatsächlichen Transzendenzgegenüber dem Reichtum, in der es ursprünglich auftritt, der wahrhafti-

gen Fremdheit gegen den Überfluß, in der es uranfänglich erscheint, zuentreißen, um es in dieser Immanenzbeziehung zum Reichtum überhaupterst vorstellig, in diesem Intimverhältnis zum Überfluß allererst einsichtigwerden zu lassen.

Daß kraft seiner ex improviso des Reichtums unbedingten Konstitution jenes exklusiv andere Subjekt, weit entfernt davon, bloß einen abstrakti-ven Bruch mit der Kontinuität des zugrundeliegenden Stammesdaseins,einen demonstrativen Schluß mit der Konsequenz des vorausgesetztenStammesprozesses darzustellen, vielmehr eine aus unbedingter Indif-ferenz entschiedene ontologische Revokation der ganzen im Reichtum

 bestehenden Grundlage, eine zur absoluten Negativität ausgemachtehistoriologische Elimination der gesamten als Stammesprozeß perennie-renden Voraussetzung bedeutet, – dies widerstrebend von uns in Erfah-rung gebrachte Factum brutum konnte uns das in jenem anderen Seinden Stammessubjekten beschiedene Los eigentlich schon fatal genug

142

Page 143: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 143/155

vorkommen lassen. Nun aber, da wir die unbedingte Konstitution jenes

anderen Seins als natürlichen Ausdruck einer Restitution in integrumunbedingter Ursprünglichkeit verstanden, die absolute Initiation jenesneuen Anfangs als logische Form einer Reduktion in pristinum absolu-ter Uranfänglichkeit begriffen und von daher denn auch zur Kenntnisgenommen haben, daß die ontologische Revokation, die jenes restituierteine Sein im Ursprung bedeutet, die historiologische Elimination, fürdie jener repristiniert alte Anfang in origine steht, weit entfernt davon, bloß das reichtumproduzierende Stammesdasein zu umfassen, vielmehrauch und gerade den produzierten Reichtum selbst betrifft und mithindie ganze in der Reichtumproduktion bestehende Stammesdimension

ereilt, – nun also zeigt sich uns erst die eigentliche Fatalität des in je-nem anderen Sein den Stammessubjekten beschiedenen Loses. Indemkraft seiner realiter restituierten anteriorischen Ursprünglichkeit jenesformaliter reichtumkonstituierte unbedingte Anderssein den Reichtum,dem es entspringt, als den an sich selber vergehenden Augenblick derWahrheit eines einzigen großen, qua Stammesdasein begangenen Irrtumszurücknimmt, raubt er nicht mehr bloß mit ontologischer Gründlich-keit den Stammessubjekten ihr Sein, sondern nimmt zugleich diesemSein der Stammessubjekte seinen Sinn. Indem dank seiner substantia-liter repristinierten, apriorischen Uranfänglichkeit jener kategorialiter

überflußinitiierte Neuanfang den Überfluß, dem er entsteigt, als den insich selber verschwindenden Fluchtpunkt einer durchgängig totalen,qua Stammesprozeß verfolgten Fehlentwicklung ausmacht und spurloseliminiert, entreißt er nicht einfach nur den Stammessubjekten Leib undLeben, sondern verschlägt darüber hinaus diesem Leib der Stammessub- jekte jegliche Funktion, ihrem Leben sämtliche Logik. Als Instanz, die,während sie formaliter als Verkörperung eines vom Stammesdasein kraftReichtumsbeziehung ins Werk gesetzten Andersseins figuriert, realiter jenes Anderssein als außerhalb allen Reichtumsbezugs subsistierendesunbedingt anteriorisches Sein à fonds perdu des Stammesdaseins Gestalt

annehmen läßt; als Moment, das, während es kategorialiter als Einlösungeines vom Stammesprozeß mittels Überflußorientierung herbeigeführtenNeuanfangs firmiert, substantialiter jenen Neuanfang als jenseits jederRichtung auf den Überfluß perennierendes, absolut apriorisches Prinzipà temps perdu des Stammesprozesses zur Erscheinung bringt, überführt

143

Page 144: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 144/155

 jenes neue Subjekt die Stammessubjekte im Ergebnis ihres reichtum-

produktiven Tuns nicht etwa bloß ihrer subjektiv eigenen Nichtigkeit,sondern ist das Ergebnis, dessen es sie überführt, die objektiv eigentlicheIrrealität ihres ganzen reichtumproduktiven Vollbringens, macht es kei-neswegs bloß mit ihnen, den Überfluß erzeugenden Stammessubjekten,als mit einer im Resultat, dem erzeugten Überfluß, überflüssigen Grund-lage und entbehrlichen Voraussetzung kurzen Prozeß, sondern machtes mit ihnen als mit der Grundlage und Voraussetzung eines als diesererzeugte Überfluß schlechterdings überflüssigen und überhaupt entbehr-lichen Resultats reinen Tisch. Im ontologisch revokativen Rücksprungund historiologisch eliminativen Rekurs eben dort umstandslos wiedereinsetzend und bruchlos erneut anhebend, wo die Dazwischenkunft desStammesdaseins es in seiner ursprünglichen Integrität bloß zwischen-zeitlich gestört, es in seiner uranfänglichen Kontinuität bloß zeitweiligunterbrochen hat, erklärt jenes restituiert eine Sein den ganzen auf denReichtum konzentrierten Stammesprospekt, die ganze Stammesdaseinund Reichtum umfassende, eingeschobene Stammesdimension für einesinnlose Fehlorientierung und schimärisch verfliegende Illusion, redu-ziert es die gesamte im Überfluß kulminierende Stammesperspektive,die gesamte Stammesprozeß und Überfluß einbegreifende, eingeschal-tete Stammesgeschichte auf eine gegenstandslose Leerlaufreaktion undepisodisch verschwindende Halluzination.

Und diese ontologisch unbedingte Irrealisierung, die ex anteriori jenesin integrum restituierten einen Seins im Ursprung die ganze reichtum-produzierende Sphäre des Stammesdaseins ereilt, diese historiologischabsolute Annullierung, die a priori jenes in pristinum reduzierten ur-anfänglich alten Anfangs dem gesamten überflußerzeugenden Äon desStammesprozesses widerfährt, müssen also die Stammessubjekte mitihrer mythologischen Uminterpretationsveranstaltung und heroologi-schen Revisionsverhandlung abwenden. Als Strategie, die auf ein Seinantwortet, das in actu seines als unbedingter Rücksprung ausgemachtenAuftretens ex improviso des Reichtums nicht bloß das reichtumprodu-

zierende Stammesdasein selbst, sondern auch den Sinn dieses Daseins,die Reichtumproduktion als solche, ad absurdum führt, dient solchemythologische Uminterpretation nicht eigentlich der Absicht, jenem Seineinen im Stammesdasein bestehenden Grund nachzuweisen, sonderndem Vorhaben, es durch seine Begründung im Stammesdasein einer –

144

Page 145: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 145/155

all seiner anteriorischen Reichtumsüberhobenheit zum Trotz – dennoch

sich herstellenden Beziehung auf den Reichtum allererst zu überführen.Als Verfahren, das auf einen Anfang reagiert, der im Moment seines alsabsoluter Regreß vollbrachten Erscheinens ad hoc des Überflusses nichtnur den überflußerzeugenden Stammesprozeß in specie, sondern auchdie Logik dieses Prozesses, die Überflußerzeugung in genere, für nullund nichtig erklärt, verfolgt solche heroologische Revision keineswegs bloß den Zweck, einen mit dem Überfluß anhebenden Neuanfang inden vorausgesetzten Stammesprozeß systematisch einzubinden, sondernwesentlich und primär das Ziel, durch diese systematische Einbindung inden Stammesprozeß jenen Neuanfang in die Position eines mit dem Über-

fluß Anhebenden überhaupt erst zu versetzen. Als Gegenmittel zu einemSein, das in actu seines Erscheinens ex improviso des Reichtums die ganzekraft Stammesdasein gebildete Reichtumsdimension unterläuft und denCharakter einer diese Dimension restlos irrealisierenden, restituiert ur-sprünglichen Wirklichkeit annimmt; als Abwehrmechanismus gegenübereinem Anfang, der im Hier und Jetzt seines Auftretens ad hoc des Über-flusses die gesamte qua Stammesprozeß entfaltete Überflußperspektiveüberspringt und die Bedeutung einer diese Perspektive spurlos disquali-fizierenden, repristiniert apriorischen Gegenwart gewinnt, – als dagegenaufgebotenes Schutz- und Heilmittel erfüllt die das andere Subjekt durch

seine Begründung im Stammesdasein, seine Übersetzung in den Stam-mesprozeß mythologisch interpretierende Veranstaltung die Aufgabe, dieim Sinne ihrer ontologischen Revokation irrealisierte Reichtumsdimen-sion selbst die Wirklichkeit eines topisch allgemeinen Bezugsrahmenswiedererlangen, die im Verstand ihrer historiologischen Annullierungdisqualifizierte Überflußperspektive als solche in der Eigenschaft einersystematisch verbindlichen Orientierungsrichtung wiedererstehen zulassen. So gewiß das reichtumentsprungen andere Sein, der überflußge- boren neue Anfang die ganze Reichtumsdimension aus seinem restituiertursprünglichen Zusammenhang ausschließt und als einen bloß halluzina-

torischen Zwischenfall restlos revoziert, die gesamte Überflußperspektiveaus seiner repristiniert uranfänglichen Geschichte ausscheidet und alseine bloß phantasmagorische Unterbrechung spurlos eliminiert, so gewißgeht es nicht einfach darum, jenes andere Sein im Medium der Reichtums-dimension dazu zu zwingen, das Stammesdasein als seine insonderheit

145

Page 146: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 146/155

eigene Grundlage sich nachweisen zu lassen, sondern darum, es per me-

dium des ihm nachgewiesenen Stammesdaseins dahin zu bringen, ebendiese Reichtumsdimension als seine in Wirklickeit eigene Bestimmungsich vorführen zu lassen; geht es nicht eigentlich darum, jenen Neuanfangim Modus der Überflußperspektive zu einer Berücksichtigung des Stam-mesprozesses als der ihm in specie eigenen Voraussetzung anzuhalten,sondern darum, ihn per modum der ihm eingegebenen Rücksicht auf denStammesprozeß zu einer Rehabilitation eben dieser Überflußperspektiveals der ihm in genere eigenen Zielrichtung zu bewegen.

Daß die generelle Überführung des anderen Subjekts in die Reichtumsperspek-

tive zugleich mit einer speziellen Rehabilitation dieser Perspektive einhergehtund schließlich die das andere Subjekt ausschaltende Liquidation des Reich-tums selbst zur Folge hat, erscheint angesichts der ursprünglichen Negativitätdes anderen Subjekts als eine ökonomische Meisterleistung, die der mythologi-schen Uminterpretation, mittels deren sie vollbracht wird, das Zeugnis einer alsSelbsterledigung ingeniösen Krisenbewältigung ausstellt.

Dabei bedeutet es für die Stammessubjekte einen nichts weniger alsunerwünschten Nebeneffekt und alles andere als unerheblichen Zusatz-gewinn, daß dieses primäre Anliegen einer topischen Bezugnahme und

systematischen Ausrichtung jenes restituiert anteriorischen Seins auf diean sich von ihm revozierte Überflußperspektive in genere auch dem se-kundären Interesse einer empirischen Rücksichtnahme und historischenReflexion jenes anderen Seins auf den zugleich mit der Überflußper-spektive von ihm eliminierten Stammesprozeß in specie Rechnung trägt.In der Tat zeugt es von der beispiellosen Ökonomie der von den Stam-messubjekten mit jenem ursprünglich anderen Sein vorgenommenenmythologischen Interpretation, daß dabei in der Weise, wie es geschieht,das eine, die generelle Rehabilitation der Reichtumsdimension durch jenes anteriorische Sein, mit dem anderen, der speziellen Rekapitulation

des Stammesprozesses durch jenen apriorischen Anfang, verknüpft undvielmehr verschmolzen erscheint. Wie, wenn nicht als höchst rationellsoll uns gelten, daß ein und derselbe mythologisch-proteische Umlauf imStammesdasein und heroologisch-kursorische Durchmarsch durch denStammesprozeß, der jenes andere Subjekt unwillkürlich dazu bringt, sich

146

Page 147: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 147/155

als reichtumbezogenes topisch zu definieren, als überflußgebundenes

systematisch zu orientieren, es nolens volens auch dazu zwingt, diesenReichtumsbezug im Detail des Stammesdaseins empirisch zu konkretisie-ren und seine Überflußbindung mit den stammesprozessualen Momentenhistorisch zu vermitteln. Ein und dasselbe heroologische Vehikel, das,aufs Ganze gesehen, der Absicht dient, jenem als absolut apriorischerAnfang ebenso revokativ anderen wie eliminativ neuen Subjekt den kraftStammesprozeß erzeugten Überfluß als den ihm eigenen systematischenVorsatz nahezubringen, erfüllt, für sich genommen, zugleich den Zweck,diesen den Überfluß erzeugenden Stammesprozeß als solchen jenemuranfänglichen Neuanfang als seine eigene empirische Grundlage und

historische Voraussetzung nachzuweisen und zu Bewußtsein zu bringen.Ehe es weiß, wie ihm geschieht, findet durch seine – ihm mit mythologi-scher List unterstellte – Beziehung auf den bestehenden Reichtum, seine –ihm mit heroologischer Tücke nahegelegte – Richtung auf den gegebenenÜberfluß jenes andere Subjekt sich aus einem ex anteriori revokativen Ur-sprung und a priori eliminativen Uranfang in ein ex principio affirmativesWesen und ab initio introduktives Beginnen umgewandelt, das nicht etwa bloß den als Reichtumsdimension subsistierenden, als Überflußperspek-tive perennierenden allgemeinen Sinn der Stammessubjekte bestätigt,sondern das solcher Bestätigung zugleich ihr als Stammesdasein existie-

rendes, als Stammesprozeß funktionierendes besonderes Sein teilhaftigwerden läßt. Aus einer als substantielle Transzendenz hervorgekehr-ten Macht, die kraft ihrer in integrum restituierten Ursprünglichkeit dieganze reichtumbezogene Stammessphäre einschließlich des Reichtumsselbst für rückwirkend null und nichtig erklärt, verwandelt sich durchden Dreh der ihm aufgegebenen mythologischen Rezension eines sei-nem Erscheinen angeblich zugrundeliegenden, proteisch stammesartigenDaseins, durch den Coup der ihm aufgetragenen heroologischen Rekapi-tulation eines seinem Auftreten vorgeblich vorausgesetzten, kursorischstammesförmigen Prozesses jenes andere Subjekt in eine als kriterielles

Transzendental wiedergekehrte Instanz, die die Stammessubjekte ebennicht bloß in genere ihres Reichtumsbezugs reaffirmiert, im großen undganzen ihrer Überflußorientierung rehabilitiert, sondern die zugleich die-sen reaffirmierten Reichtumsbezug in specie der den Stammessubjekteneigenen Sphäre reproduziert, diese rehabilitierte Überflußorientierung

147

Page 148: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 148/155

in allen Einzelheiten der für die Stammessubjekte charakteristischen

Geschichte realisiert.Im mythologisch interpretativen Schnellverfahren und heroologischkurzen Revisionsprozeß legen die Stammessubjekte dar, wie durch dieeinfache Supposition eines seinem Erscheinen ante portas des Reichtumszugrundeliegenden stammesmäßigen Verhaltens jenes reichtumentsprun-gen andere Subjekt sich aus einer die Stammessphäre unvordenklichrevozierenden Transzendenz in ein sie aus dem Gedächtnis rezitierendesTranszendental, aus einem die Stammesgeschichte von vornherein elimi-nierenden Paradox in ein sie im nachhinein reaffirmierendes Paradigmaverwandeln, wie es sich aus einem das ganze reichtumsdimensionierteStammesdasein unbedingt dementierenden restituiert ursprünglichenSein in ein gleichermaßen die Reichtumsdimension überhaupt und dasStammesdasein im Detail reproduzierendes, konstitutiv ursächlichesWesen umkehren, aus einem den gesamten überflußorientierten Stam-mesprozeß für absolut nichtig erklärenden, repristiniert uranfänglichenAnfang in ein zugleich die Überflußperspektive in genere und den Stam-mesprozeß in specie realisierendes, initiativ urheberschaftliches Prinzipumfunktionieren läßt. So ökonomisch aber diese mythologische Konver-sionsmethode mit ihrem doppelten Erfolg erscheinen, so effektiv dieseheroologische Umfunktionierungsprozedur mit ihrem ineins umfänglichgenerellen und ausführlich speziellen Ergebnis anmuten mag, ihre ei-

gentliche Großartigkeit und ihr tatsächliches Ingenium beweist sie erstdarin, daß sie jenes andere Subjekt dazu bringt, über diese ineins auf die Reichtumsdimension in genere und das Stammesdasein in speciegemünzte Rehabilitationsleistung hinaus eine den Reichtum selbst be-treffende Liquidationsaufgabe wahrzunehmen, einen auf den Überflußals solchen zielenden Exekutionsauftrag zu erfüllen. Oder wie sonst,wenn nicht als beispiellos ingeniös soll uns vorkommen, daß ein unddieselbe mythologisch proteische Methode und heroologisch kursorischeProzedur, die den Stammessubjekten dazu dient, jenes andere Subjektentgegen seiner ursprünglich unbedingten Indifferenz und uranfäng-

lich absoluten Negativität als einen existentialen Vertreter des Reichtumproduzierenden Stammesdaseins, einen realen Verfechter des Überflußerzeugenden Stammesprozesses mit Beschlag zu belegen, ihnen auchnoch dazu taugt, das neue Subjekt im Einklang mit seiner ursprünglichenIndifferenz und uranfänglichen Negativität als einen egalen Vertilger des

148

Page 149: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 149/155

vom Stammesdasein produzierten Reichtums selbst, einen pauschalen

Vernichter des kraft Stammesprozesses erzeugten Überflusses als solchennutzbar zu machen? Dieser kraft Stammesprozeß erzeugte Überfluß istes ja, der ex improviso seiner Produktion das Menetekel jenes die gan-ze Stammesdimension als ex anteriori sinnlosen Schein entlarvenden,restituiert ursprünglichen Seins den Stammessubjekten an die Wandmalt, der ad hoc seiner Erzeugung das Alles-ist-eitel jenes die ganzeStammesperspektive zum a priori überflüssigen Beginnen erklärenden,repristiniert uranfänglichen Anfangs ihnen ins Blickfeld rückt und sie da-mit zwingt, zu der beschriebenen heroologischen Revisionsverhandlungihre Zuflucht zu nehmen. Wenn ihnen mittels solcher heroologischen Re-vision gelingt, jenes andere Sein aus einem die ganze Stammesdimensionfundamental bedrohenden Menetekel in ein sie transzendental bezeu-gendes Schibboleth zu verwandeln, jenen neuen Anfang aus einer dieStammesperspektive a priori annullierenden Nichtigkeitsanzeige in einesie prinzipiell sanktionierende Richtigkeitserklärung umzufunktionieren,so ist das wahrhaftig schon rationelle Abwehrstrategie und ökonomischesKrisenmanagement genug. Glückt ihnen aber mittels solcher Uminterpre-tation zugleich, jenes als Reaffirmator der Stammesdimension in Dienstgenommene andere Sein als den Liquidator dessen in der Stammesdi-mension in Gebrauch zu nehmen, was die Schuld an seinem ursprünglicheigenen menetekelhaften Erscheinen trägt, jenen zum Initiator der Stam-

mesperspektive bestimmten neuen Anfang zum Exterminator dessenin der Stammesperspektive zu bestellen, was verantwortlich für seinuranfänglich eigenes, alles vereitelndes Auftreten ist, – muß das dannnicht in der Tat als Inbegriff einer effektiven Abwehrleistung, als Höhe-punkt ingeniöser Krisenbewältigung beeindrucken? Nicht genug damit,daß kraft seiner mythologisch-proteischen Einübung in das Stammes-dasein jenes neue Subjekt das reichtumbezogene Szenarium, das es alssinnloses Interludium ursprünglich zu revozieren anhebt, im genau-en Gegenteil reaffirmiert, den überflußorientierten Ablauf, den es alshalluzinatorischen Leerlauf uranfänglich für null und nichtig zu erklä-

ren ansetzt, umgekehrt vielmehr als voll und ganz richtig bezeugt, – estilgt in der Konsequenz solch mythologischer Einübung, im Zuge solchheroologischer Einführung zuletzt auch noch den im Reichtum selber bestehenden Fluchtpunkt des Szenariums, der es als den ursprünglichrevokativen Spielverderber, als der es einsetzt, überhaupt erst ins Spiel

149

Page 150: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 150/155

 bringt, exterminiert den mit dem Überfluß als solchem sich ergeben-

den Wendepunkt im Ablauf, der es als den uranfänglich vernichtendenAussteiger, als der es anhebt, allererst auf den Plan ruft. Kaum daß auf Grund seiner mythologischen Uminterpretation jenes andere Subjektdie Stammessubjekte von der in ihm Gestalt gewordenen Bedrohungeiner die ganze Stammessphäre umfassenden substantiell-empirischenIrrealisierung entbunden, von der in ihm manifesten Gefahr einer die ge-samte Stammesrichtung ereilenden existentiell-historischen Eliminierungdispensiert hat, befreit es sie dank derselben mythologischen Neufassunggleich auch noch von der in der Stammessphäre auftretenden Realität,die diese in ihm verkörperte Irrealisierungsdrohung mit sich führt, demin der Stammesrichtung vorfallenden limen, der diese mit ihm präsenteEliminierungsgefahr heraufbeschwört.

Und indem es dies tut, indem es mit der gleichen proteischen Unwider-stehlichkeit, mit der es das reichtumbezogene Stammesdasein freizügigreaffirmiert, den Bezugspunkt selbst, den Reichtum, freigebig liquidiert,mit der gleichen kursorischen Unaufhaltsamkeit, mit der es den überfluß-orientierten Stammesprozeß reproduziert, den Zielpunkt als solchen, denÜberfluß, eliminiert, schafft es am Ende sich selber aus der Welt. Indemes aus der kraft seiner reaffirmierten Stammesdimension den Reichtumentfernt, der ihm ermöglicht, in ihr zu erscheinen und sich in Szene zusetzen, indem es der dank seiner rehabilitierten Stammesperspektive

den Überfluß entzieht, der ihm erlaubt, in ihr aufzutreten und sich zurGeltung zu bringen, beraubt sich jenes andere Subjekt seines eigenenempirisch-phänomenalen Grunds und historisch-eventualen Bodens undverliert sich in jener ursprünglich ontologischen Differenz, aus der esex improviso des Reichtums in Erscheinung trat, verschwindet in je-ner uranfänglich historiologischen Transzendenz, aus der es ad hoc desÜberflusses hervortrat. Dank seiner mythologischen Neufassung ausge-rechnet der Instanz den Garaus machend, die zu ihm den dimensionalentscheidenden Anhaltspunkt bietet, den perspektivisch schlagendenBeweisgrund liefert, verliert sich jenes neue Subjekt in der Grundlosigkeit

eines allen Anhalts baren fundamentalontologischen Jenseits, zur Ge-genstandslosigkeit eines jedem Nachweis entzogenen außerhistorischenPrius. Im Eifer des heroologischen Gefechts schlachtet es das trojanischePferd, das ihm seine die Stammessphäre zum Offenbarungseid treibende, bedrohliche Immanenz verleiht, sprengt es die fünfte Kolonne, die ihm

150

Page 151: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 151/155

zu seiner die Stammesrichtung ad absurdum führenden, gefährlichen

Präsenz verhilft, und überläßt in durch nichts vermittelter, unbedingterAbsenz die reaffirmierte Stammessphäre sich selbst, gibt in zu nichtsverhaltener, absoluter Transzendenz der rehabilitierten Stammesrichtungden Weg frei. In geradezu komischer Perfektionierung der Rolle desMohren, der nach getaner Schuldigkeit gehn kann, bereitet es schon imTun der Schuldigkeit selbst sein am Ende zwangsläufiges Verschwindenund seinen zuletzt automatischen Abgang vor. Buchstäblich in seiner my-thologischen Aufgabe aufgehend und in seinem heroologischen Tun sichverlierend, schafft sich jenes Anderssein selbsttätig aus der Welt und läßtdie Stammessubjekte in schönster Eintracht mit ihrem vom Ballast seiner

zweideutigen Erfüllung im Reichtum befreiten, reaffirmierten Daseinzurück, stellt sie in bestem Einklang mit ihrem der Hypothek seiner da-naergeschenklichen Vollendung im Überfluß entronnenen, rehabilitiertenProzeß wieder her.

Im ungestörten Vollbesitz ihres Daseins zurückgelassen, als unange-fochtene Herren ihres Prozesses wiederhergestellt bleiben die Stammes-subjekte nun so lange, bis dieser Prozeß, seiner auf Kooperation undArbeitsteilung beruhenden inhärenten Produktivität und konsequentenSchöpfungskraft gemäß, erneut gesellschaftlichen Reichtum hervorbringt,mithin das ins Werk setzt, was abermals jenes abstrakt andere Sein auf 

den Plan treten, einmal mehr jenen unvermittelt neuen Anfang sich inSzene setzen läßt. Sobald das geschieht, sobald ad hoc des reproduzier-ten Überflusses jenes in integrum unbedingter Anteriorität restituierte,revokativ ursprüngliche Sein wieder erscheint, jener in pristinum abso-luter Apriorizität reduzierte, eliminativ uranfängliche Anfang wiederauftritt, müssen die Stammessubjekte zum Schutz vor der mit jenemexistent ursprünglichen Sein ihnen drohenden Irrealisierung, zur Ab-wehr der in jenem präsent uranfänglichen Anfang ihnen bevorstehendenAnnullierung erneut zu der geschilderten mythologischen Interpretati-onsveranstaltung ihre Zuflucht nehmen. Einmal mehr, heißt das, müssen

sie jenes restituiert ursprüngliche Subjekt durch eine in actu seines Er-scheinens ihm aufgehalste proteische Repräsentation des ihm als dieeigene Grundlage supponierten Stammesdaseins, durch eine im Au-genblick seines Auftretens ihm abgenötigte kursorische Rekapitulationdes ihm als die eigene Voraussetzung suggerierten Stammesprozesses

151

Page 152: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 152/155

dazu bewegen, die ontologisch-transzendente Haltung eines mit Reich-

tum überhaupt nichts im Sinn habenden, revokativ einen Seins jenseitsdes Stammesdaseins aufzugeben und die topisch-immanente Stellungstattdessen eines das Stammesdasein überhaupt hinter sich habenden,resultativ anderen Wesens diesseits des Reichtums einzunehmen, diehistoriologisch-absolute Prätention eines mit Überfluß gar nichts anfan-gen könnenden, indifferent universellen Anfangs im verhältnislosen Vor-aus des Stammesprozesses fallenzulassen und die systematisch-relativePosition stattdessen eines mit dem Stammesprozeß ein für allemal fertiggewordenen, different speziellen Prinzips mit Vorzugsverhältnis zumÜberfluß zu beziehen. Einmal mehr müssen sie es dazu bringen, seine beispiellos anmaßliche Rolle eines die ganze Stammesdimension als sinn-loses Blendwerk revozierenden anteriorischen Ursprungs und Archetyps,eines die gesamte Stammesperspektive als gegenstandslosen Leerlauf ignorierenden apriorischen Urbilds und Änigmas mit der vergleichsweisevertretbaren Funktion eines diese Stammesdimension als seiner eige-nen Hände Werk realisierenden archaischen Vorfahren und Prototyps,eines diese Stammesperspektive als den Lebenslauf seiner selbst exer-zierenden kursorischen Vorbilds und Paradigmas zu vertauschen. Undeinmal mehr müssen sie es per modum solch mythologischer Umorientie-rung, per ductum solch heroologischer Umfunktionierung dazu verleiten,zum krönenden Abschluß seiner Reaffirmation der Stammesdimension,

seiner Rehabilitation der Stammesperspektive eben der im Reichtum bestehenden Gefahrenquelle zu Leibe zu rücken, die schuld ist am Er-scheinen jener kraft mythologischer Umorientierung mit knapper Notzur transzendentalen Bestimmung zurückgenommenen fundamentalenBedrohung der Stammesdimension, die es selber an sich ja darstellt,verantwortlich ist für das Auftreten jener mittels heroologischer Umfunk-tionierung gerade noch zur epochalen Zäsur entschärften existentialenKrise der Stammesperspektive, die es selber unmittelbar verkörpert. Ein-mal mehr müssen sie es dazu verführen, seine zur spezifischen Differenzkonkretisierte selbstzufriedene Indifferenz und zur bestimmten Negation

vermittelte eigenbrötlerische Negativität gegenüber aller Überflußerzeu-gung als genußsüchtige Indolenz und verschwenderische Destruktivitätgegen den erzeugten Überfluß als solchen zu kehren und so mit demSchoße, dem es entsprungen, am Ende sich selber zugrunde zu richten,mit dem Grunde, dem es entstiegen, zu guter Letzt sich selbst aus der

152

Page 153: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 153/155

Welt zu schaffen. Einmal mehr müssen sie jenes andere Subjekt dazu

motivieren, durch den in bezug auf den Reichtum eliminativen Effektseines in Ansehung der Reichtumsdimension reaffirmativ gewendetenSeins sich selber überflüssig zu machen, durch die in specie des Über-flusses destruktive Konsequenz seines in genere der Überflußerzeugungkonstruktiv bestimmten Tuns sich selber kurzerhand entbehrlich werdenzu lassen.

Sooft jenes restituiert andere Subjekt aus dem hohlen Bauch des Reich-tums auftaucht, um die ganze reichtumproduzierende Stammessphäreex anteriori zu revozieren, sooft es aus dem Hinterhalt des Überflusseshervorbricht, um den gesamten überflußerzeugenden Stammeskontextfür a priori null und nichtig zu erklären, genausooft findet es sich diesermythologischen Konversion unterworfen, die aus dem die Gemeindezu zerstören gekommenen Verleugner und Saulus den im Dienste derGemeinde sogar zum Selbstopfer bereiten Bezeuger und Paulus werdenläßt, die den hochfahrenden Autarchen, der in actu seines selbstherrlichvernichtenden Seins dem Stamm die Existenz verschlägt und allein denPlatz behauptet, in den großherzigen Patriarchen verkehrt, der infolge sei-nes aufopferungsvoll begründenden Tuns sich selber den Garaus machtund dem Stamm das Feld überläßt. Jedesmal wieder schlüpft es in eineRolle, durch die an die Stelle eines um den Preis der Stammessphäre sichetablierenden zeitlos-anteriorischen Widersachers und Wechselbalgs der

Stammessubjekte ihr auf Kosten seiner selbst die Stammessphäre substan-tiierender vorzeitlich-archaischer Vorfahr und Prototyp, an die Stelle einesmit seinem ganzen Selbst für die Unwirklichkeit des Stammeszusammen-hangs einstehenden objektiv apriorischen Paradoxes ein bis zur völligenSelbstaufhebung die Wirklichkeit des Stammeszusammenhangs bezeu-gendes initiatorisch paradigmatisches Subjekt tritt. Immer erneut siehtes sich jener heroologischen Umfunktionierung ausgesetzt, die zugleichihm, dem betroffenen Subjekt selbst, mit jedem weiteren Mal, mit jedemneuerlichen Eintreten des Falles immer charakterkonformer und funkti-onsgerechter vorkommen, immer mehr den überwältigenden Eindruck

eines unwiderstehlich naturgemäßen und unausweichlich folgerichtigenVorgangs machen muß. In der Tat gewahrt in dem Maß, wie die mytholo-gische Uminterpretationsveranstaltung sich wiederholt, die heroologischeRevisionshandlung zur praktischen Routine wird, jenes a priori neueSubjekt die ihm kraft Uminterpretation oktroyierte fremdbürtige Rolle

153

Page 154: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 154/155

des einen Vorfahren mehr und mehr als einen von seinen eigenen vielen

Vorgängern in dieser Rolle ihm überlieferten angestammten Part, begreiftes die ihm per Revision übertragene unvorhergesehene Aufgabe, Para-digma für den Stamm zu spielen, zunehmend als das althergebrachteAmt, es seinen in bezug auf diese Aufgabe eigenen Vorbildern nachzutun.Das heißt, es gewinnt, was objektiv Umcharakterisierung zu etwas An-dersartigem, Umfunktionierung in etwas Fremdes ist, für das betroffeneSubjekt selbst den anheimelnden Charakter einer Identifizierung bloßmit seinesgleichen, die vertraute Funktion einer Realisierung nur voneigenem. In dem Maß, wie ein anderes Subjekt nach dem andern sichex improviso des Reichtums verführen läßt, in die mythologische Rolledes ebensosehr den Reichtum vor wie den Stammesprozeß hinter sichhabenden archaischen Prototyps der Stammessubjekte zu schlüpfen unddas heißt auf die heroologische Funktion eines gleichermaßen topischund systematisch in der Stammessphäre verhaltenen kursorischen Prot-agonisten des Stammes sich einzulassen, – in eben dem Maß erhält für dieaufeinanderfolgenden Subjektgenerationen dieser Vorgang zunehmendden primären Sinn einer Wahrnehmung der genealogisch eigenen Tra-dition, einer Anerkennung der historiologisch eigenen Bestimmung. Inperfekter Überblendung dort des Faktums der heroologischen Funktionmit hier dem Vorgang ihrer ständig wiederholten Ausübung wird derVorfahr der Stammessubjekte für das betroffene Subjekt zur Grundfigur

 jener langen Reihe von Artgenossen, die im geforderten Rollenspiel ihmschon vorausgegangen sind und in deren Fußstapfen zu treten seinegenealogisch eigene Tradition es verpflichtet; wird das Vorbild des Stam-mes für es zum Inbegriff all jener vielen seinesgleichen, die bereits inder vorgezeichneten Weise vor ihm funktioniert haben und deren Bei-spiel zu folgen seine historiologisch eigene Bestimmung ist. Wie sollteangesichts dieser den archaischen Vorfahren der anderen mit den his-torisch eigenen Vorgängern, das heroische Paradigma des Stammes mitden empirischen Vorläufern seiner selbst verquickenden und also dasSelbstentäußerungsverlangen mit einem Selbstfindungsversprechen, die

Entfremdungsforderung mit einer Identifizierungsofferte amalgamieren-den Entwicklung das betroffene Subjekt der mythologischen Verführung je widerstehen, der heroologischen Verhaftung sich irgend entziehenkönnen? Wie sollte es die Verführung auch nur als solche empfinden, dieVerhaftung als solche wahrnehmen können? So gewiß die Rolle, zu der

154

Page 155: 1 mythos

8/19/2019 1 mythos

http://slidepdf.com/reader/full/1-mythos 155/155

es sich verführt findet, ihm als ein kraft der Artgenossen, die sie vor ihm

gespielt haben, angestammter Part erscheint, so gewiß die Funktion, auf die es sich festgelegt sieht, ihm als ein kraft der vielen seinesgleichen, diesie vor ihm ausgeübt haben, angeborenes Amt sich darstellt, so gewißgilt ihm jene Verführung zur mythologisch fremden persona als bloßeEinweisung in die genealogisch eigene Persönlichkeit, jene Entäußerungan die heroologisch fremde Beschaffenheit als bloße Erinnerung an diehistoriologisch eigene Bestimmung. Und weil das so ist, gibt es für das jeweils betroffene Subjekt kein Entkommen aus der ihm angetragenenmythologischen Rolle, kein Entrinnen vor der ihm aufgetragenen he-roologischen Funktion. Ein ums andere Mal, in ewiger Wiederholung,erscheint jenes Subjekt aus dem Hinterhalt des Reichtums in der unbe-dingten Indifferenz eines die Stammessphäre ex anteriori revozierendenursprünglichen Seins, beweist es sich aus dem hohlen Bauch des Über-flusses in der absoluten Negativität eines die Stammesorientierung apriori annullierenden uranfänglichen Anfangs, nur um sich durch sei-ne als genealogische Umfunktionierung in den bis zum Selbstverlustsich einsetzenden Retter, den bis zur Selbstaufgabe sich verausgabendenErhalter eben der Stammessphäre, eben der Stammesorientierung zu