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    ajkovskijs Klavierzyklus Die Jahreszeiten op. 37bis

    Les Saisons.12 morceaux caractristiques.

    No 1. Janvier. Au coin du feu.Am Kamin 1

    Im Winkel stiller Freude schienDie Nacht im Dmmer wider.Das Feuer schwindet im Kamin,Die Kerze brannte nieder.

    A. Pukin

    No 2. Fvrier. Carnaval.Butterwoche [Karneval]

    Bald rauscht auf das reiche GastmahlDer beschwingte Karneval.

    Frst P. Vjazemskij

    No 3. Mars. Chant de l'alouette.Lied der Lerche

    Hoch am Himmel lichte Wellen,Blten auf den Feldern schwingen,Und der Lerchen FrhlingsliederIn die blauen Fernen klingen.

    A. Majkov

    No 4. Avril. Perce-neige.Das Schneeglckchen.

    Das Schneeblmchen schautSo blulich und wei.Und ringsum tautLetzter Schnee und Eis.

    Ihr Trnen, geweintUm vergangenes Leid,Mit Trumen vereintVon glcklicher Zeit.

    A. Majkov

    No 5. Mai. Les nuits de Mai.Weie Nchte

    Welch eine Nacht! Welch eine Lust in allem!Mein Dank dem Heimatland bei Mitternacht!Herausgetreten aus des Winters Wallen,Wie frisch und rein der neue Maien lacht.

    A. Fet

    No 6. Juin. Barcarolle.Barkarole

    Komm rasch zum Ufer, die WellenWerden uns kssen den Fu,Sterne mit heimlichem KummerStrahlen hoch ber uns.

    A. Pleeev

    No 7. Juillet. Chant du faucheur.Schnitterlied

    Schnitter, recke dich,Greift, ihr Hnde, aus,

    1 Deutsche bersetzung der poetischen Motti zu ajkovskijs "Die Jahreszeiten" aus Gedichten russischer Auto-ren von Reinhard Lauer. Zu diesen vom Verleger Bernard nachtrglich ausgewhlten Epigrammen siehe unten.

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    Blas uns ins Gesicht,Warmer Mittagswind!

    A. Kol'cov

    No 8. Aot. La moisson. (Scherzo.)Ernte

    Bauern, gro und klein,Zogen aus zur Mahd,Mhen Roggen, derHoch im Halme steht.

    Lang in Reihen sindGarben aufgestellt,Von den Fuhren nachtsKreischt es wie Musik.

    A. Kol'cov

    No 9. Septembre. La chasse.Jagd

    Heraus, heraus, das Horn erschallt;Schon reiten in der frhen StundeDie muntren Treiber in den Wald,Es springt die Koppel flinker Hunde.

    A. Pukin (aus: "Graf Nulin")

    No 10. Octobre. Chant d'automne.Herbstlied

    Es frbt und mausert sich unser kleiner Hag.Bltter werden gelb, im Wind flattern sie herab.

    Graf A. Tolstoj

    No 11. Novembre. Troka.Auf der Troika

    Schau den Weg niemals an mit Trauer,Lauf der Troika niemals hinterdrein.Und bezwinge im Herzen auf DauerDeine traurige Unrast allein.

    N. Nekrasov

    No 12. Dcembre. Nol. (Tempo di Valse.)Weihnachtszeit

    Junge Mdchen sagten wahrAm Dreiknigstage:Ihren Schuh zur Tr hinausWarfen sie mit Fragen.

    V. ukovskij

    ajkovskijs "Jahreszeiten", neben der Folge von vierundzwanzig kostbaren Klavierstcken "la Schumann" fr Kinder (Kinderalbum op. 39) sein beliebtester Klavierzyklus, verdanken wireiner schnen Idee des Petersburger Verlegers Nikolaj Bernard. Im November 1875 bat erajkovskij, als Musikbeilagen fr die zwlf Jahrgangsnummern 1876 seiner Zeitschrift"Nouvelliste" jahreszeitlich passende Klavierstcke zu komponieren. ajkovskij, gelocktdurch ein hohes Honorar und "sehr in Stimmung, mich jetzt mit Klavierstcken zu beschfti-gen"2 schrieb die zwlf Stcke von Ende 1875 bis Mai 1876. Als vollstndige Sammlung mitdem Untertitel "Zwlf charakteristische Bilder" erschienen sie ebenfalls noch 1876 bei Ber-nard und, neu gestochen, als "12 Morceaux caractristiques op. 37bis" 1885 bei ajkovskijsHauptverleger P. I. Jurgenson. (Die Opuszahl 37 hat Jurgenson zweimal vergeben, zuerst1879 an die Grande Sonate.)

    Bewut hat sich ajkovskij bei der Komposition der "Jahreszeiten" auf die Erwartungeneiner breiten, gebildeten und musikinteressierten Subskribentenschaft eingestellt. Dem Verle- 2 Brief an N. M. Bernard vom 24. November 1875, Band V der ajkovskij-Gesamtausgabe, Moskau 1959,Nr. 419.

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    ger Bernard schrieb er am 13. Dezember 1875, als er ihm die autographe Druckvorlage fr dieersten beiden Stcke schickte: "Wenn Ihnen das zweite Stck [fr die Februar-Nummer 1876des "Nouvelliste"] untauglich erscheint [ und wenn] sie eine Umarbeitung der 'Butterwo-che'3 wnschen, so genieren Sie sich bitte nicht und seien Sie berzeugt, da ich Ihnen recht-zeitig, d.h. zum 15. Januar, ein anderes Stck schreiben werde. Sie zahlen mir einen so unge-heuren Preis, da Sie das volle Recht haben, jede nderung, Ergnzung, Krzung und Neu-komposition zu verlangen."4 Das allerdings hat Bernard, der 1873-1875 schon vier einzelneRomanzen Tschaikowskys (ohne Opuszahl) als Beilagen zum "Nouvelliste" publiziert hatte,nicht fr ntig befunden.

    Bernard hatte nicht nur den Gesamttitel des Zyklus und die Titel der einzelnen Stckevorgegeben, er stellte ihnen auch jeweils einige Zeilen aus Gedichten bekannter russischerLyriker voran, die mehr oder weniger assoziativ mit den Titeln der Kompositionen harmonie-ren. Diese Epigramme werden in der bersicht oben in der deutschen bertragung von Prof.Dr. Reinhard Lauer, Gttingen, mitgeteilt.5 Offenbar hat Bernard die Epigramme erst nachder Komposition der Stcke ausgewhlt; man darf sie also nicht als "literarische Vorlage"oder gar als "Programm" der Kompositionen verstehen. Deren charakteristische "Bilder", sohat der bekannte Musikforscher Boris Asaf'ev in seiner Russischen Musikgeschichte (Lenin-grad 1930) geschrieben, stellten "eine Poetisierung der russischen Natur und des lndlichenAlltags" dar, "betrachtet aus dem Blickwinkel des Lebens in den Herrenhusern." Verleger undIllustrator der Erstausgabe scheinen dies ganz hnlich gesehen zu haben: Die den Stcken jeweilsvorangehenden Titelseiten sind mit entsprechenden genrehaften Darstellungen (Kupferstichen)6 aus-gestattet. (hnliche Abbildungen gibt es brigens in Jurgensons Originalausgaben des Kinderalbumsop. 39 und der Sechzehn Kinderlieder op. 54.)

    Wie reizvoll es auch scheinen mag darber zu spekulieren, welche bildlichen oder poeti-schen Assoziationen die von Bernhard vorgegebenen Titel beim Komponisten ausgelst ha-ben knnten und welche "malenden" musikalischen quivalente ajkovskij auch gefundenhat fr das turbulente Volksfest in der Karnevals- bzw. "Butterwoche" (Februar), fr das zwit-schernde Frhlings-"Lied der Lerche" (Mrz), die herrschaftliche "Jagd" (September) und dieklingelnde "Troika"-Fahrt (November) alle Stcke sind, ebenso wie die reizenden Miniatu-ren des Kinderalbums op. 39, Charakterstcke im Schumannschen Sinne, musikalisch-poeti-sche Stimmungsbilder und sogar, wie im Falle der "Ernte" (August), "absolute Musik" (imAutograph lautet der Haupttitel des Stckes: "Scherzo") oder, im Falle der Weihnachtsnum-mer, ein Tanz in Form eines eingngigen Walzers.

    Thomas Kohlhase

    3 "Butterwoche": die russische Karnevalswoche. Das Februar-Stck trgt den Titel "Carnaval".4 Band V der ajkovskij-Gesamtausgabe, Moskau 1959, Nr. 426.5 Ebenso wie in der Neuausgabe der "Jahreszeiten" aus dem Jahre 2007 im Verlag Schott (ED 20094), derenNotentext, von einigen Lesarten abgesehen (siehe Vorwort: Zum Notentext), demjenigen in Band 69a der Neuenajkovskij-Gesamtausgabe folgt. Vgl. im brigen Reinhard Lauers Beitrag Literarisierung der Musik ajkovskijs "Jahreszeiten", in: Tschaikowsky-Gesellschaft. Mitteilungen 14 (2007), S. 12-27. Dort findet manauch im Anhang, S. 25-27, "Die poetischen Motti zu ajkovskijs "Die Jahreszeiten" aus Gedichten russischerAutoren im russischen Original und in deutscher bertragung von Reinhard Lauer". Die originalen russischenEprigramme samt englischer bersetzung findet man z.B. in: Band 69a der Neuen ajkovskij-Gesamtausgabe, S.3-62; in englischer bersetzung auch in: The Tchaikovsky Handbook, hg. von Alexander Poznansky und BrettLangston, 2 Bnde, Bloomington & Indianapolis 2002, Band 1, S. 320.6 Sie sind reproduziert in einer Neuausgabe der "Jahreszeiten" des Verlags Muzyka erschienen, Moskau 1989.

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    Die Quellen

    Die Originalquellen der "Jahreszeiten" sind:

    1. Autographe Druckvorlage im Staatlichen Zentralen "Glinka"-Museum fr Musikkultur,Moskau. Signatur: f. 88, No. 114; Nr. 4 (April) fehlt. Von dieser Quelle gibt es zweikommentierte Faksimile-Ausgaben, deren erste 1978 im Verlag Muzyka, Moskau, er-schienen ist; Begleittext (russisch, englisch und deutsch) von Elena Orlova. (EinzelneSkizzen und ein Konzept der "Jahreszeiten" sind nicht erhalten.)

    2. Erstausgabe in Form der zwlf einzelnen Nummern als Beilagen zu der in St. Petersburg imVerlag Bernard erscheinenden Monatszeitschrift "Nouvelliste",7 Januar bis Dezember1876. Auerdem, Ende des Jahres, als Gesamtheft, Verlag Bernard, Petersburg 1876.Jeweils mit den Plattennummern 6636-6647. Einzelne Nummern des Zyklus sindschon bald nach Erscheinen von Bernards Ausgaben auch auerhalb Rulands erschie-nen, so z.B. 1878 bei Robert Forberg in Leipzig (Juni. Barcarolle). 1881 brachte AdolphFrster in seinem Berliner Verlag den gesamten Zyklus heraus: Die Jahreszeiten. 12charakteristische Bilder f. d. Pfte. Revidirte und mit Fingersatz versehene Ausgabe vonCarl Klindworth. (Siehe dazu im einzelnen Band 69a der Neuen ajkovskij-Ausgabe,S. 160 f.)

    3. Ausgaben von ajkovskijs Originalverlag P. I. Jurgenson, Moskau.; zuerst 1885 (ein Ex-emplar dieser Ausgabe konnte bisher nicht nachgewiesen werden). Eine Neuausgabeist 1890 bei Jurgenson erschienen, und zwar in Band III von ajkovskijs Oeuvres com-pltes pour le piano. Und postum (z.B. 1903) mit dem Zusatz Nouvelle dition revueet corrige part l'auteur en 1891 (fr eine solche Revision im Jahr 1891 gibt es aller-dings keine Evidenz); dieser Ausgabe folgen zahlreiche weitere sptere Ausgaben der"Jahreszeiten".

    7 Inhaltsverzeichnis der zwlf Hefte: siehe im einzelnen in Band 69a der Neuen ajkovskij-Gesamtausgabe,S. 158 f. ajkovskijs Stcke stehen je