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Praxisnahe Methode zur Quantifizierung von N2O Emissionen auf KläranlagenM. Sc. Pascal Kosse, Dr.-Ing. Manfred Lübken, Prof. Dr. rer. nat. Torsten Schmidt, Prof. Dr.-Ing. habil. Marc Wichern
„Bochum-Ölbachtal“ © Ruhrverband
Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik
2Praxisnahe Methode zur Quantifizierung von N2O Emissionen auf Kläranlagen08.09.16
RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM | Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik
Einleitung
Der weltweite Klimawandel ist eines der größten Herausforderungen unserer Zeit und wird in Verbindung gebracht mit den rasant zunehmenden anthropogenen Treibhausgasemissionen.
Die wichtigsten Treibhausgase – auch für den Bereich Kläranlage – sind Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffmonoxid (N2O).
Das (relative) Treibhauspotential (engl. „Global Warming Potential (GWP100)“ ist ein Maß für den relativen Effekt eines Gases zum Treibhauseffekt. GWP100 (N2O) = 296.
Globaler Emissionsanteil Abwasserbehandlung entspricht 2,8 % der geschätzten gesamten anthropogenen N2O-Emissionen (Law et al., 2012), macht jedoch 26 % aller Treibhausgasemissionen (CO2, N2O, CH4) der gesamten Abwasserbehandlung aus (Kampschreur et al., 2009).
Emissionen schwanken stark: 0,001 % - 25,30 % vom N-Zulauf.
In der Flüssigphase erwartet man Konzentrationen im mg/L Bereich.
3Praxisnahe Methode zur Quantifizierung von N2O Emissionen auf Kläranlagen08.09.16
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Wo auf der Kläranlage entstehen Treibhausgase?
Abb. 1 Schematische Darstellung der Hauptentstehungsorte für CO2, CH4 und N2O auf einer kommunalen Kläranlage (Kosse et al., 2016).
Sewer/
InfluentEffluent
Recirculation
Exce
ss s
lud
ge
(Se
co
nd
ary
slu
dg
e)
Aeration tank
Denitrification
(anoxic)
Nitrification
(aerobe)
Secondary
sedimation tank
Sludge
thickening
Aerated grit and
grease chamber
Screen
Grit
Primary
sedimation tank
Prim
ary
slu
dg
e
Centrate water
Sludge digester
Dewatering
Reject water
Sewage sludge to
incineration
Gre
ase
CH4
CH4
Pumping powerCO2
Pumping powerCO2
CH4 CO2
CH4 CO2
CH4N2O CO2
N2O
Ch
em
ica
ls
CO2
CH4
Ae
ratio
n p
ow
er
CO2
Return sludge
CH4 CO2
CH4N2ON2O CO2
4Praxisnahe Methode zur Quantifizierung von N2O Emissionen auf Kläranlagen08.09.16
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Distickstoffmonoxid (N2O)
Distickstoffmonoxid, bzw. Lachgas ist ein natürlich vorkommendes Zwischenprodukt in der (1) heterotrophen Denitrifikation, (2) der autotrophe Nitrifikation,(3) Nitrifizierer-Denitrifikation und (4) „Anammox“
NA
R
cNor/qNorNirS/NirK
unkown
cNorNirKHAOAMO
HZS
NXR
NA
R
NirS
NirK
NH4+ NH2OH NO2
- N2ONO
NO3-
N2O
NO2- N2ONO N2
HA
O
NXR
N2H4
HD
H
NO
cNo
r
HZS
Abb. 2 N2O als Zwischenprodukt in der biologischen Reinigungsstufe von Kläranlagen. AOB (rot), Ammoniakoxidierer, NOB (grün), Nitritoxidierer, Anammox (orange), Denitrifikanten (schwarz) (Kosse et al, 2016).
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Wie werden THG, bzw. N2O auf Kläranlagen gemessen?
Abb. 3 FTIR Messungen auf der Kläranlage Bochum „Ölbachtal“. Projektarbeit UTRM.
Abb. 4 N2O Messung auf der Kläranlage Viikinmäki, Helsinki (Mikola et al., 2014).
Abb. 6 FTIR Monitoring System (links). Belebungsbecken der Kläranlage HelsinkiViikinmäki in 20 m Tiefe (Kosse et al., 2016).
Abb. 5 N2O Mikrosensor.
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Aussalzmethode – Das Prinzip
Abb. 7 Aufgrund von sich bildenden Ionen-Dipol-Kräften werden Salzverbindungen in Wasser gelöst (Hydratation). Hier dargestellt am Beispiel von NaCl.
H2O-Moleküle richten sich aufgrund ihrer Dipoleigenschaft entsprechend ihrer Teilladung an den Ionen am Rand des Kristallgitters aus.
Aufgrund der sich ausbildenden Ionen-Dipol-Wechselwirkung werden die Ionen aus dem Gitter herausgelöst (Dissoziation).
Es bildet sich eine Hydrathülle um die gelösten Ionen, welches sich im Wasser verteilen, da ihre gegenseitige Anziehung durch die Ausbildung der Hydrathüllen sehr stark verringert ist (Hydratation).
Die Ionen-Dipol-Bindungen (50 – 200 kJ/mol) sind deutlich stärker, als die Dipol-Dipol-Bindungen (5 – 50 kJ/mol), die bei gelösten Gasen vorliegen, so dass die Ionen das Gas aus der wässrigen Lösung verdrängen, da weniger freie Wassermoleküle für das Gas zur Verfügung stehen (Tiwari und Uzun, 2015).
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Aussalzmethode – Versuchsaufbau
Abb. 8 In einer Schottflasche wird das Salz vorgelegt (100 mL, DURAN Group GmbH, Wertheim, Deutschland). In einem Kolbenprobermit Dreiwegehahn (100 mL, WINLAB, Windaus-Labortechnik GmbH & Co. KG, Clausthal-Zellerfeld, Deutschland) wird das ausgestrippte N2O gesammelt und in Gasspeicherbeutel überführt für die GC-WLD Messung (GSB-P/0.5, Dr.-Ing. Ritter Apparatebau GmbH & Co. KG, Bochum, Deutschland).
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0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
0.00
2.50x105
5.00x105
7.50x105
1.00x106
1.25x106
1.50x106
1.75x106
Peak a
rea [µ
V ·
s-1]
N2O [vol%]
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 5.5
0
10000
20000
30000
40000
50000
60000
Peak a
rea [µ
V ·
s-1]
N2O [vol%]
Methodenentwicklung nach DIN 38402 and DIN 32645
Spezielle GC-Säule, die N2O von CO2 auftrennen kann (ShinCarbon Säule).
Statistische Testes: Überprüfung der Varianzhomogenität, Mandel Test (Überprüfung der Linearität), David Test (Normalverteilung), Neumann Test (Überprüfung auf Trends).
Abb. 9 Kalibration für den Bereich g ∙ L-1. Nachweisgrenze (NWG) = 0,7272 vol% (rot), Erkennungsgrenze (EG) = 1,454 vol% (blau) und Bestimmungsgrenze (BG) = 2,628 vol% (grün). R2 = 0,9998.
Abb. 10 Kalibration für den Bereich mg ∙ L-1. Nachweisgrenze (NWG) = 0,1196 vol% (rot), Erkennungsgrenze (EG) = 0,2392 vol% (blau) und Bestimmungsgrenze (BG) = 0,4153 vol% (grün). R2 = 0,9980.
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NaB
r
MgS
O 4
7H2O
MgC
l 2
6H2O
NaH
2PO 4
KH 2PO 4
KCl
NaC
l
NaH
2PO 4
& M
gCl 2
6H2O
FeCl 3
Ultr
ason
ic b
atch
(10
min
)
Ultr
ason
ic b
atch
(20
min
)
Ultr
ason
ic b
atch
(30
min
)
Ultr
ason
ic b
atch
(60
min
)
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1.0
1.1
1.2
1.3
N2O
[g
L
-1]
Methodenentwicklung nach DIN 38402 und DIN 32645
Die anorganischen Salze müssen eine konstant hohe Löslichkeit haben im Temperaturbereich zwischen 0 °C und 40 °C
Einfache Handhabung für den Anwender (nicht toxisch), nicht umweltgefährdend
Es dürfen keine chemischen Nebenreaktionenauftreten, die zur Bildung oder zum Abbau von N2O führen
Vollständige Dissoziation des Salzes
Die Salze dürfen weder endotherm noch exotherm reagieren, um das Gasvolumen nicht zu beeinflussen.
Abb. 11 Ergebnisse der Evaluierung anorganischer Salze.
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Praktische Anwendbarkeit auf der KA „Bochum-Ölbachtal“
ZulaufSandfang
Nachklärbecken
Ablauf
Denitrifikation 1
Nitrifikation 1Übergang 1
Denitrifikation 2
Nitrifikation 2
Übergang 2
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Praktische Anwendbarkeit auf der KA „Bochum-Ölbachtal“
ZulaufSandfang
Nachklärbecken
Ablauf
Denitrifikation 1
Nitrifikation 1Übergang 1
Denitrifikation 2
Nitrifikation 2
Übergang 2
© Ruhrverband
12Praxisnahe Methode zur Quantifizierung von N2O Emissionen auf Kläranlagen08.09.16
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Praktische Anwendbarkeit auf der KA „Bochum-Ölbachtal“
Tabelle 1 Gemessene Lachgaskonzentrationen auf der Kläranlage Bochum „Ölbachtal“
Probenahmestelle N2O in der Flüssigphase [mg ∙ L-1]
Zulauf nicht nachweisbarSandfang nicht nachweisbar
Denitrifikation 1 10,99 ± 0,20Nitrifikation 1 6,61 ± 0,09Übergang 1 7,54 ± 0,23
Denitrifikation 2 7,74 ± 0,27Nitrifikation 2 6,21 ± 0,58Übergang 2 6,37± 0,23
Nachklärbecken 9,87 ± 0,50Ablauf nicht nachweisbar
Da im Zulauf und Ablauf kein N2O nachgewiesen wurde, dennoch aber während der biologischen Reinigungsstufe und in der Nachklärung ist zu folgern, das die Kläranlage Ölbachtal N2O Entstehungsort und Emissionsquelle zugleich ist.
Abwasserbehandlung mit N-Elimination generiert ca. 7,0 g N2O ∙ EW-1 ∙ a-1, ohne N-Elimination 3,2 g N2O ∙ EW-1 ∙ a-1 (Kosonen et al., 2016)
9,87 mg ∙ L-1 → 7,75 g N2O ∙ EW-1 ∙ a-1 | 10,99 mg ∙ L-1 → 8,62 g N2O ∙ EW-1 ∙ a-1
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Zusammenfassung und Ausblick
Das Aussalzverfahren ist eine gute alternative, bzw. auch Ergänzung zu bisherigen Verfahren, um N2O kostengünstig am Entstehungsort (i. d. Wasserphase) zu quantifizieren.
Probenahme kann prinzipiell zu gleicher Zeit an verschiedenen Reinigungsstufen erfolgen, oder aber z. B. in Abhängigkeit von thyd. Explizieter Vorteil gegenüber FTIR und Mikrosensoren.
Für eine längerfristige Etablierung muss jedoch noch eine ausgiebigere Messkampagne auf einer kommunalen Kläranlage durchgeführt werden.
Zusätzlich bietet es sich an bestehende Messkampagnen mit der Aussalzmethode zu erweitern, um ein besseres Gesamtbild aller N2O Emissionen zu bekommen. Besonders sinnvoll, da nicht entschieden werden kann, wo das N2O ausgestrippt wird.
Aussalzeffekt auch bei Metallsalzen nachweisbar.
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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt: M. Sc. Pascal Kosse ([email protected])Betreuung RUB: Prof. Dr.-Ing. habil. Marc Wichern
Dr.-Ing. Manfred LübkenBetreuung UDE: Prof. Dr. rer. nat. Torsten SchmidtPraxismentor: Dr.-Ing. Ruben-Laurids Lange (EGLV)
Laufzeit: 01.07.14 bis 31.12.18
Konsortium: Universität Duisburg-Essen, Ruhr-Universität Bochum, Hochschule Ruhr-West, EBZ Business School, Institut für Energie und Umwelttechnik e.V. (IUTA), Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI), Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gGmbH (IWW)