28. mrz 2018 symphonie-passion - dresdner philharmonie...2018/03/28  · † 28. juli 1750 in...

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KONZERTSAAL Symphonie-Passion DRESDNER ORGELZYKLUS 28. MRZ 2018

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  • KO N Z E R T S A A L

    Symphonie-Passion D R E S D N E R O R G E L Z Y K LU S

    28. MRZ 2018

  • P R O G R A M M

    Sigfrid Karg-Elert (1877 – 1933)„Hommage an Händel“

    54 Studien in Form von Variationen über einen Grundbass von Händel (1914)

    Auguste Fauchard (1881 – 1957)Fünf Choräle über „Vexilla Regis“ (1953)

    ThemaKanon-Choral

    Fugierter ChoralHarmonisierter Choral

    Verzierter ChoralKontrapunkt-Choral

    Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)Präludium c-Moll BWV 546 (um 1723)

    „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ BWV 622Choralbearbeitung aus dem „Orgel-Büchlein“ (um 1713–1716)

    Fuge c-Moll BWV 546 (zwischen 1708 und 1717)

    Marcel Dupré (1886 – 1971)Zwei Sätze aus der „Symphonie-Passion“ op. 23 (1924)

    III Crucifixion (Kreuzigung)IV Résurrection (Auferstehung)

    Domorganist Johannes Trümpler | Orgel

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    Im kompositorischen Schaffen von Sigfrid Karg-Elert nehmen Werke für Klavier, Har-monium und Orgel den breitesten Raum ein, während Kammermusik nur in geringerem Umfang vertreten ist und Werke für Sinfonie- orchester nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dagegen verweisen zahlreiche seiner Orgelwerke hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer orchestralen Klangballungen durchaus auf sinfonische Dimensionen und auf die Möglichkeiten des spätromantischen oder impressionistischen Orchesters, fein abgestufte Klangfarben einzelner Instrumente dem geschlossenen Klangaufbau des Tutti gegen-überzustellen. Einen subtilen Umgang mit Klangfarben hatte Karg-Elert bereits ab 1904 mit seinen Arbeiten für Harmonium entwickelt (insbesondere für das Kunstharmonium, ein Druckluftinstrument mit Perkussion und Doppelexpression, dem er einen einzigartigen Werkbestand widmete). Ab 1907 inspirierte ihn die Orgel zu ähnlicher, nun aber sinfonisch geweiteter Behandlung.Sein Orgelstil sei „coloristisch“, bekundete er selbst, und neben feinsten Klangfarben-einstellungen und dynamischen Steigerungs-möglichkeiten schwebte ihm vor allem hinsichtlich der Zungenregister und der Wirkung des Schwellwerks eine französische oder englische Orgel vor, die er dem deutschen romantischen Typ mit einem leisen dritten

    HÄNDELVARIATIONENK A R G - E L E R T: „ H O M M A G E A N H Ä N D E L“

    Manual – trotz zögerlich eingestandener Verbesserung der Situation – immer noch vorzog: „Die idealste Vollkommenheit in der Ausprägung der Rohrwerke zeigt fraglos die französische oder englische Orgel, die sich stark dem Orchesterklang nähert. Auf dem Umweg über Frankreich und England gewann nun das kultivierte Rohrwerk auch in der modernen deutschen Orgel […] immer mehr und mehr Raum, nachdem zuvor lange Zeit die derbe grelle Trompete und die rohe grunzende Posaune die einzigen schreienden Überreste der glanzvollen Rohrwerksfamilie bildeten.“Die in Karg-Elerts Aussage eingeschlossene Laudatio auf die französische und englische Orgel war gewiss nicht der Anlass für seine Wahl zum Ehrenmitglied des Royal College of Organists, es sei denn indirekt: indem diese Vision vom idealen Orgelklang seine Phantasie beflügelte. Karg Elert bedankte sich für seine Ernennung, indem er sich für seine „Homage to Handel“ von jenem Komponisten inspirieren ließ, „den sowohl Deutschland als auch England für sich bean-spruchen“, und damit – in einer Zeit tiefster Feindseligkeit zwischen beiden Nationen – einen symbolischen Brückenschlag zwischen beiden vollzog.Den „54 Studien“ liegt ein achttaktiges �ema zugrunde, das bei Händel als Ostinato-Bass

  • Symphonie-Passion – Dresdner Orgelzyklus III 3

    der Passacaglia aus der Cembalosuite g-Moll HWV 432 figuriert. Karg-Elert verfährt mit demselben – allerdings leicht modifizierten – �ema mit der Kunstfertigkeit eines Kom-ponisten, der als ausgebildeter Pianist aus der Fülle der seit Händels Zeiten eingeführten klavieristischen Spielfiguren und -techniken schöpft und diese höchst wirkungsvoll auf die Orgel zu übertragen weiß. Arpeggien mit vorwärtsstrebendem Bewegungsduktus, virtuos-graziöse Ornamentik, Verzierungen, die untrennbar in die Melodiebildung integriert und zur Übung komplizierter Geläufigkeit gesteigert scheinen, Triosatz und Pedalsoli, Cembalo- und Lautenimitationen, Echos und andere Effekte werden in vielgestaltigen Variationen aneinandergereiht. Der Wechsel unterschiedlicher Ausdruckscharaktere und sinnreich gesetzte Kontrastwirkungen erzeugen Spannung und Entspannung inner-halb einer groß angelegten Steigerung zum virtuosen und klangmächtigen Finale. Der Dynamik und Formkraft des Händelschen Bassthemas entzieht sich freilich auch Karg-Elerts Komposition nicht, und es entsteht: eine Passacaglia. Vielleicht hat er seine „Hommage an Händel“ deshalb mehr als Bearbeitung denn als Komposition betrachtet und ihr zunächst auch keine Opuszahl gegeben.

    SIGFRID KARG-ELERT* 21. November 1877 in Oberndorf am Neckar† 9. April 1933 in Leipzig

    „ H O M M A G E A N H Ä N D E L“54 Studien in Form von Variationen über einen Grundbass von Händel

    Entstehung1914Widmung„Dem Royal College of Organists, London, in Hochachtung und Dankbarkeit“Spieldauerca. 15 Minuten

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    In Frankreich (wie im übrigen Mittel- und Westeuropa) stand die Orgel als kirchliches Instrument bis zum 19. Jahrhundert ebenso wenig in Frage wie das Messordinarium, in dem sie bis dahin als unverzichtbarer Bestandteil figurierte. Bald setzte jedoch ein ästhetischer Wandel ein, der das traditionelle Gefüge in eine neue Richtung lenkte. Paris, damals das in dieser Hinsicht maßgebliche Zentrum auch für Belgien und die katholi-schen Niederlande, war zugleich Hauptort der wichtigsten Entwicklungen im Orgelbau. Hier entstanden nun neue Orgeltypen in enger Wechselwirkung mit der Entstehung groß dimensionierter Orgelkompositionen und einer hohen Kultur konzertanter Dar-bietung. Vor allem waren es die Instrumente Aristide Cavaillé-Colls, die eine neuartige, virtuosere Konzeption des Orgelspiels umzusetzen erlaubten. Verwirklicht wurde sie von Komponisten, die als praktizierende Organisten vielfach zugleich Hüter Cavaillé-Collscher Instrumente waren und deren Geltung als Urbild der ‚sinfonischen‘ Orgeln in ihren Werken reflektierten. Neben der sinfonischen Richtung wirkten jedoch auch die Werke Johann Sebastian Bachs – die um

    KATHOLISCHER HYMNUS UND BACHFA U C H A R D : F Ü N F C H O R Ä L E Ü B E R „V E X I L L A R E G I S “

    die Jahrhundertmitte in Frankreich durch eine erste französische Ausgabe der Bachschen Orgelkompositionen verstärkt zugänglich gemacht wurden – und unter dem Einfluss der 1892 gegründeten Schola Cantorum auch Rückgriffe auf die Gregorianik als maßgebliche Bezugspunkte für das Orgel-musikschaffen französischer Komponisten. Unverkennbar ist das Vorbild Bachscher Orgelmusik, insbesondere das seiner Choral-bearbeitungen, in Auguste Fauchards fünf Chorälen über „Vexilla Regis“. Fauchard, 1881 in Laval (Region Pays de la Loire) geboren, interessierte sich bereits als Schüler des Chorstiftes der Kathedrale seiner Heimatstadt für die Orgel und begann zu komponieren. Er besuchte aber zunächst ein Priesterseminar und wurde 1903 zum Priester geweiht. Am Conservatoire von Paris wurde er von Alexandre Guilmant und Charles-Marie Widor im Orgelspiel unter-richtet. Ab 1925 studierte er an der Schola Cantorum Komposition bei Vincent d’Indy und Louis Vierne. 1927 wurde er zum Organisten an der großen Cavaillé-Coll-Orgel der Kathedrale zu Laval und zum Kirchen-musikdirektor der Diözese Laval berufen,

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    außerdem wirkte er als Orgelsachverständiger. Als Orgelvirtuose gab er Konzerte im In- und Ausland, und für seine Verdienste erhielt er 1953 – in einem Festakt überreicht von dem Orgelvirtuosen und Komponisten Marcel Dupré – das Kreuz der Ehrenlegion.Als �ema für Fauchards Variationszyklus „Vexilla Regis“ dient kein lutherischer Choral, sondern jener lateinische Hymnus auf das Kreuz Jesu Christi, den Venantius Fortunatus (Bischof von Poitiers, ca. 535–605) als Prozessionshymnus zur Überführung einer Kreuzesreliquie nach Poitiers gedichtet hat. Fauchard führt das �ema zu Beginn in langen Notenwerten ein und untersetzt es etwa in der Art des Bachschen „Orgel- Büchleins“ mit modal (kirchentonartlich) gehaltener Harmonik. Mit „Choral canonique“ („Kanon-Choral“) folgt ein Kanon zwischen Diskant und Bass, der durch die Mittel-stimme harmonisch ausgefüllt wird. „Choral fugué“ („Fugierter Choral“) besteht aus fugierten Vorimitationen, nach denen jeweils eine Cantus-firmus-Zeile erklingt. „Choral harmonique“ („Harmonisierter Choral“) führt in eine spätromantisch-impressionistische Klangwelt nach französischem Vorbild, der

    die Voix céleste (Streicherschwebung) eine charakteristische Farbe verleiht, und „Choral orné“ („Verzierter Choral“) führt den Cantus firmus in weit ausgreifender, reich verzierter Manier vor. Als dichter polyphoner Satz beschließt „Choral contrapunté“ („Kontra-punkt-Choral“) nach der Art Bachscher Choralpartiten die Variationsreihe.

    AUGUSTE FAUCHARD * 5. März 1881 in Laval (Frankreich)† 6. September 1957 ebd.

    F Ü N F C H O R Ä L E Ü B E R „V E X I L L A R E G I S “

    VorlageLateinischer Hymnus aus dem 6. JahrhundertEntstehung1953Spieldauerca. 13 Minuten

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    „Orgel-Büchlein, worinne einem anfahenden Organisten Anleitung gegeben wird, auf aller-hand Arth einen Choral durchzuführen, anbei auch sich im Pedalstudio zu habilitieren…“ – mit diesen Worten stellte Johann Sebastian Bach seine 1713 oder 1714 in Weimar begonnene Choralsammlung vor und ver-weist allein auf die pädagogische Absicht. Unerwähnt bleiben praktische Erwägungen, die indes in der Konzeption der Sammlung sichtbar werden: Eine Gruppe von Choral-vorspielen „de tempore“ folgt dem Ablauf des Kirchenjahres, in einer weiteren Gruppe „omne tempore“ sind die Weisen thematisch

    AUS BACHS „WÖRTERBUCH“B A C H : P R Ä LU D I U M U N D F U G E

    „ O M E N S C H , B E W E I N D E I N S Ü N D E G R O S S “

    zusammengefasst. In beiden Gruppen führt Bach einen einheitlichen Grundtyp der Choralbearbeitung vor: Der Cantus firmus erklingt wie in einem einfachen Liedsatz, ohne Zeilengliederung durch Pausen und auch ohne Zwischenspiele, in singbarer Lage und allenfalls leicht gedehnter oder verzierter Fassung. Die Pedalstimme ist obligat geführt. Die figurierte Gegenstimme zum Cantus firmus entwickelt Bach – analog zum Einheits-ablauf seiner Präludien und Fugen aus den Weimarer Jahren – in strenger motivischer Bindung aus immer wiederkehrenden Motiven. Aber während diese in der bis

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    dahin üblichen Bearbeitungs- oder Variations-praxis beliebig gewählt sind, etabliert Bach in den „Orgel-Büchlein“-Chorälen eine inhaltliche Beziehung der Begleitmotive zum Text; sie kommentieren ihn als Gestalt gewordene Grundaffekte, als rhetorische oder bildliche Figur. Die Beziehung zum Text kann offenkundig sein oder verborgene, im Text nicht erwähnte Bedeutungsschichten aufdecken. Albert Schweitzer betrachtete das „Orgel-Büchlein“ deshalb als „Wörterbuch der Bach’schen Tonsprache“, und ohne ihm unbedingt in allen Einzelheiten zustimmen zu müssen, setzen hier doch nahezu alle Aus-führungen an, die den ideellen Gehalt der Kompositionen Bachs erschließen wollen. Motive wie die abwärts führende Zweier-gruppe mit Vorhaltscharakter verleihen dem Choral „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ BWV 622 den Ausdruck des Schmerzes und Leidens – und schaffen eine Verbindung zwischen den Passionsliedern und Präludium

    und Fuge c-Moll BWV 546. Dort intonieren die eindrucksvollen Akkordblöcke, mit denen das Präludium beginnt, ein ähnliches Vorhalts- motiv, aus dem sich in höchst komplexer Manier das Material des Satzes löst. Akkord-folgen mit Seufzer-Vorhalten, die durch den Wechsel zwischen rechter und linker Hand die Illusion von Doppelchörigkeit erwecken, obligat fünfstimmige Binnenkadenz, Skalen in Triolenbewegung, chromatisch geführte Mittelstimmen und eine sich aufschwingende Figur auf dem neapolitanischen Sextakkord stehen einem rhythmisch klar profilierten Kontrasubjekt gegenüber, werden sukzessive wiederholt, durch Stimmentausch variiert und zunehmend miteinander verwoben. Aus ihrer durchführungsartigen Verquickung gehen beide Teile nochmals in umgekehrter Reihenfolge hervor, und die vollständige Wiederholung des Eingangsabschnittes gibt dem Präludium einen klaren, quasi architek-tonischen Rahmen.

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    Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die Fuge mit ihrer thematischen Basis und satztechnischen Durchführung dem Format des Präludiums nicht standhalte, und so wurde schließlich auch die Zuschrei-bung zu Bach in Frage gestellt. Auch wenn die Vorstellung, dass eine Fuge ‚größer‘ sein müsse als das Präludium, als Argument für diese Annahme wohl unzureichend ist, fällt doch auf, dass die Fuge BWV 546 eine völlig andere Gestalt gewinnt, als das �ema bzw. die ersten sechs Takte erwarten lassen. Mit einem zweiten �ema kommt ein Ansatz zur Doppelfuge ins Spiel, der aber nicht eingelöst wird, die Fünfstimmigkeit wird nicht stringent durchgehalten, der Umgang mit den Regeln kontrapunktischen Komponierens ist eher zwanglos – und erlaubt es, von der statischen Strenge des Beginns bis zum großartigen Pathos des Finales differenzierte Ausdrucksbereiche zu durchmessen. Ein Intermezzo manualiter, das mit dem übrigen Stück gedanklich nicht verbunden ist, bereitet wirkungsvoll den Schlussabschnitt vor, der mit einem letzten �emeneinsatz im Pedal kraftvoll anhebt, unter Verwendung moti- vischen Materials aus dem ersten Teil einen Orgelpunkt erreicht und mit mächtigen Akkorden schließt.

    JOHANN SEBASTIAN BACH* 31. März 1685 in Eisenach† 28. Juli 1750 in Leipzig

    P R Ä L U D I U M U N D F U G E C - M O L L B W V 5 4 6

    Entstehung des Präludiumsum 1723Spieldauerca. 7 MinutenEntstehung der Fugezwischen 1708 und 1717Spieldauerca. 5 Minuten

    „ O M E N S C H , B E W E I N D E I N S Ü N D E G R O S S “ B W V 6 2 2Choralbearbeitung aus dem „Orgel-Büchlein“

    VorlageLutherisches Kirchenlied (1530)Entstehungzwischen 1713 und 1716Spieldauerca. 5 Minuten

  • Symphonie-Passion – Dresdner Orgelzyklus III 9

    Das musikalische Schaffen von Marcel Dupré ist aufs Engste mit der Orgel ver-bunden. Erste musikalische Unterweisungen erhielt er von seinem Vater, der wie seine beiden Großväter Organist in Rouen war, und bereits mit zwölf Jahren trat er seine erste Organistenstelle in der Kirche Saint-Vivien seiner Heimatstadt an. 1902 wurde er ins Pariser Conservatoire aufgenommen, wo er u.a. bei Alexandre Guilmant (Orgel) und Charles-Marie Widor (Fugenkomposition) Unterricht hatte und bald Erste Preise in Klavier, Orgel und Fugenkomposition erhielt. Ab 1907 vertrat er Widor an der Orgel in Saint-Sulpice, ab 1916 auch Louis Vierne in Notre-Dame. 1920 erregte er die Auf-merksamkeit der Fachwelt, indem er Bachs gesamtes Orgelwerk an 10 Abenden auswendig aufführte; ein Jahr später wiederholte er

    ERGEBNIS EINER IMPROVISATIOND U P R É : Z W E I S Ä T Z E A U S D E R „ S Y M P H O N I E - PA S S I O N “

    dieselbe Konzertreihe an der Cavaillé-Coll-Orgel des Palais de Trocadéro. Die große Zeit seiner Lehrtätigkeit begann mit der Berufung zum Leiter der Orgelklasse des Pariser Konservatoriums, der weitere Lehrämter sowie 1954 die Ernennung zum Direktor desselben Instituts folgten. Duprés pädagogi-sche Arbeit schlug sich auch in Lehrwerken zu Orgelspiel, Kontrapunkt, Harmonielehre und anderen musiktheoretischen Spezial-bereichen nieder, zudem widmete er sich der Veröffentlichung von Studienausgaben der Orgelwerke Bachs, Schumanns, Mendels-sohns, Liszts, Glasunows und anderer Meister der Orgelmusik. Auch sein kompositorisches Œuvre ist zu wesentlichen Teilen der Orgel gewidmet. Die Basis von Duprés Konzerttätigkeit blieb lebenslang Paris, wo er 1934 die Nachfolge

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    von Widor als Titularorganist an Saint- Sulpice übernahm, doch bereits 1921 hatte ihm eine Einladung nach Amerika internatio-nales Renommee gesichert. Am 8. Dezember gab er im Auditorium des Kaufhauses Wana-maker in Philadelphia, wo sich die seinerzeit größte Orgel der Welt befand, ein Konzert, dessen zweiter Teil aus Improvisationen be-stand und damit die Initialzündung für Duprés „Symphonie-Passion“ op. 23 lieferte. „Ich sah, dass einige [der �emen] gregorianische Weisen waren, Jesu redemptor, Adeste fideles, Stabat mater und Adoro te. Da stand mir plötzlich die Vision einer Symphonie in vier Sätzen vor Augen, die Welt in Erwartung des Erlösers, die Geburt, die Kreuzigung. Daraus wurde schließlich meine ‚Symphonie-Passion‘, die ich bei meiner Rückkehr nach Frankreich zu komponieren begann. Als Dr. Russell meinen Plan bekanntgab, erhob sich das Publikum, und ich spielte in einem Zustand der Erregung, wie ich ihn selten erlebt habe.“ Es sollten noch fast vier Jahre vergehen, bis das gigantische programma- tische Werk in seiner heute bekannten Gestalt fertig vorlag.Der letzte Satz „Résurrection“ („Aufer-stehung“) ist als ausgedehntes Crescendo angelegt und beruht allein auf der Weise zu „Adoro te“, dem Loblied zur Eucharistie, das zu Beginn in langen Notenwerten im Pedal erscheint. Es durchwandert in kano-nischer Verarbeitung mehrere Tonstufen und wird zum Schluss nochmals in wuchtigen Akkorden intoniert.

    Dupré widmete seine „Symphonie-Passion“ op. 23 Charles Courboin. Der ursprünglich aus Antwerpen stammende Orgelvirtuose spielte häufig an der Orgel des Wanamaker Auditorium, und beide arbeiteten gemeinsam eine Disposition zur Vergrößerung des In- struments von 234 auf 451 Register aus. 1965, im Alter von achtzig Jahren, legte Dupré an seiner Lieblingsorgel außerhalb von Paris, der Cavaillé-Coll-Orgel in Saint-Ouen in Rouen, eine richtungweisende Aufnahme seiner „Symphonie-Passion“ vor.

    MARCEL DUPRÉ* 3. Mai 1886 in Rouen† 30. Mai 1971 in Meudon

    „ S Y M P H O N I E - PA S S I O N “ O P. 2 3 in vier Sätzen (Auszüge) III CrucifixionIV Résurrection

    Quasi-Uraufführung (Improvisation)8. Dezember 1921, PhiladelphiaEntstehung1921 – 1924WidmungCharles CourboinUraufführung9. November 1924, LondonSpieldauerca. 17 Minuten

  • Symphonie-Passion – Dresdner Orgelzyklus III 11

    JOHANNES TRÜMPLER, 1981 im Saarland ge-boren, absolvierte seine Studien in Orgel und Klavier an der Hochschule für Musik Köln mit Auszeichnung. Orgel und Improvisation studierte er bei Johannes Geffert und �ierry Mechler, Klavier bei Klaus Oldemeyer.Johannes Trümpler konzertiert im In- und Ausland. Das gemeinsame Konzert mit dem Simón-Bolívar-Orchester unter Gustavo Dudamel in der Bonner Beethovenhalle führte 2008 zum Einweihungskonzert der neuen Konzertsaalorgel in Caracas zusammen mit Domorganist Markus Eichenlaub. Konzert- reisen u.a. in die französischen Kathedralen von Versailles und Saint-Malo, in die englischen Kathedralen von Westminster Abbey, Gloucester, Lichfield, Bath Abbey, Norwich sowie in die Philharmonie von Chanty-Mansijsk (Sibirien) schlossen sich an.Als Abteiorganist der Benediktinerabtei Maria Laach ab 2006 spielte er an der dortigen spätromantischen Stahlhuth-Orgel seine beiden ersten Solo-CDs „Synthesen“ und „Waldszenen“ ein. 2007 gründete er die

    Laacher Orgelkonzerte, eine vielbeachtete internationale Konzertreihe. Von 2012 bis 2015 arbeitete er zusätzlich als Lehrbeauf-tragter für Korrepetition in der Opern- ausbildung der Hochschule für Musik Saar.Zum 1. April 2015 wurde er zum Dom-organisten an die Kathedrale des Bistums Dresden-Meißen (ehemalige Hofkirche Dresden) berufen. Neben seinen Diensten an der Silbermann-Orgel ist er außerdem Referent für Kirchenmusik des Bistums. Außerdem ist er seit Wintersemester 2015 Dozent für Orgelliteraturspiel und Liturgisches Orgelspiel an der Hochschule für Kirchenmusik Dresden und an der Hochschule für Musik und �eater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig.

  • 28. MRZ 2018, Kulturpalast 12

  • Symphonie-Passion – Dresdner Orgelzyklus III 13

    I. Hauptwerk C-a’’’

    Principal 16’ Principal 8’ Large open Diapason 8’ Flute major 8’ Cello 8’ Erzähler 8’ Octave 4’ Hohlflöte 4’ Quinte 2 2/3’ Octave 2’ Mixtur 4-5fach 2’ Cornet 3-5fach 2’ Trompete 8’

    II. Schwellwerk C-a’’’ Liebl. Gedackt 16’ Geigenprincipal 8’ Salicional 8’Doppelflöte 8’Rohrflöte 8’Geigenoctave 4’Flöte 4’Nasard 2 2/3’Flautino 2’Terz 1 3/5’Progressio 3-5fach 2’ Cor anglais 16’Cornopean 8’Clarinette 8’French Horn Transm. IV 8’– Tremulant

    Mit rund 4000 Pfeifen und 67 Registern wurde die Konzertsaalorgel besonders für das große sinfonische Repertoire des 19. und 20. Jahrhunderts geschaffen und nimmt da-mit unter den Dresdner Orgeln eine Sonder-stellung ein. Von der Firma Eule Orgelbau Bautzen GmbH geplant und gebaut, korres-pondiert sie technisch und klanglich mit den speziellen Anforderungen der Raumakustik

    im neuen Konzertsaal. Ihre Konstruktion ist von der Klanglichkeit eines großen Sinfonie-orchesters inspiriert und dient ihm sowohl solistisch als auch in Begleitung als adäquater Partner. Wie bei einem großen Orchester der Zeit Wagners, Brahms’, Bruckners, Mahlers oder Regers weist die Orgel eine außerge-wöhnliche dynamische Bandbreite und eine große Vielfalt an Klangfarben auf.

    DIE EULEORGEL IM KULTURPALASTO P U S 6 8 6 I V + P / 6 7

    D I S P O S I T I O N

    III. Récit-Orchestral C-a’’’

    Viola 16’Principal 8’Viol d’orchestre 8‘Concert Flute 8‘Zartgedackt 8’Aeoline 8‘Vox coelestis ab G 8‘Quintatön 8’Fugara 4’Flute octaviante 4’Octavin 2’Viol-Cornett 3fach 3 1/5’Plein jeu 5fach 4’Orchestral Oboe 8’Voix humaine 8’– Tremulant

  • 28. MRZ 2018, Kulturpalast 14

    IV. Solo

    offen:Melodia 8’Tuba sonora 8’im Schweller II. Man.:French Horn 8’

    Bombarde (frei ankoppelbar)

    im Schweller III. Manual:Bombarde 16’Trompette harmonique 8’Clairon harmonique 4’

    Pedal C-g’

    Grand Bourdon 32’ Open Wood 16’ Principal (Transmission I) 16’ Violon 16’ Subbass (Extension) 16’

    Gedacktbass (Transmission II) 16’Dulcianabass (Transmission III) 16’Octavbass 8’Violoncello (Extension) 8’Bassflöte (Extension) 8’Salicetbass (Transmission II) 8’Bourdonbass (Transmission III) 8’Octave (Extension) 4’Bassflöte (Extension) 4’Contraposaune 32’Posaune (Extension) 16’Trompetenbass 8’Clairon (Extension) 4’

    Koppeln und Spielhilfen – 10 Normalkoppeln IV-I, III-I,

    II-I, III-II, III-I, II-I, I-P, II-P, III-P, IV-P

    – 5 Normalkoppeln Bombarden- werk an I, II, III, IV und P

    – 5 Superoktavkoppeln III-III, III-I, II-II, II-I, IV-P

    – 5 Suboktavkoppeln III-III, III-I, II-II, II-I, I-I

    – Manualtausch II gegen III (Druckknopf zwischen den Manualklaviaturen)

    – 2 Schwelltritte (zusätzlich mit Handbedienung), General-schweller (Schwelltrittkopp-lung als Tritt)

    – Walze (mit 4 einstellbaren Programmen), Walze an (Tritt)

    – Setzeranlage System Eule mit unbegrenzter Zahl an Nutzern mit jeweils unbegrenzter Zahl an Kombinationsfolgen zu je 1.000 Einzelkombinationen

    – MIDI-Anschluss mit Auf-zeichnungsfunktion in einem Schubkasten links

    T E C H N I S C H E D A T E N

    Schleifladen mit elektrischen Trakuren und optoelektronischen TastenkontaktenDatenübertragung über BUS-SystemFahrbarer Spieltisch, Oberteil elektrisch höhenverstellbar4.109 Pfeifen, davon 223 aus 6 Registern im Prospekt sichtbar (incl. 96 Blindpfeifen)Größte Pfeife: Contraposaune 32’ Ton C 9,23 mGrößte Prospektpfeife: Principal 16’ C 6,73 m14 große Windladen, 18 Einzeltonladen10 Magazinbälge (für die Manuale I bis III jeweils doppelfaltig), 3 Vorbälge, 2 Normaldruck- und 1 Hochdruckventilator, auf dem Dachboden über der OrgelOrgeleigene klimagesteuerte BelüftungsanlageWinddrücke: Hauptwerk 114 mmWS, II. Manual 105 mmWS, III. Manual 118 mmWS, Bombarde und Melodia 190 mmWS, Tuba Sonora und French Horn 450 mmWS, Pedal 110 bis 127 mmWS,Stimmton: 443 Hz bei 21° C, Stimmungsart gleichschwebendMaße (Hauptteil): Breite 14,7 m, Tiefe 3,3 m, Höhe 8,5 mGesamtgewicht: etwa 20,5 Tonnen

  • Symphonie-Passion – Dresdner Orgelzyklus III 15

    8. APR 2018, SO, 11.00 UHRKULTURPALASTAUF EINLADUNG DER DRESDNER PHILHARMONIE

    Gustav Mahler JugendorchesterDas europäische Spitzen-JugendorchesterLutosławski: Sinfonie Nr. 1 Szymanowski: Violinkonzert Nr. 1Debussy: „Images pour orchestre“Lorenzo Viotti | DirigentLisa Batiashvili | ViolineGustav Mahler Jugendorchester

    9. APR 2018, MO, 14.00 UHRKULTURPALASTOrgelführungHolger Gehring, Kustos der Konzertorgel im Konzertsaal im Kulturpalast Dresden, lädt Sie zu einer musikalischen Führung durch die klangliche Vielfalt der Konzertorgel der sächsi- schen Orgelbaufirma Eule ein. Dauer: ca. 45 Min.

    29. APR 2018, SO, 18.00 UHR KULTURPALAST„Im Westen nichts Neues“ 100 Jahre Ende des Ersten WeltkriegesDupré: „De profundis“ op. 18 — OratoriumLesung aus dem Roman „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria RemarqueWerke für Orgel und Chor a cappellaMechthild Großmann | LesungGunter Berger | LeitungEva Zalenga, Christoph Pfaller, Andreas Scheibner | GesangssolistenDenny Wilke | OrgelPhilharmonischer Chor Dresden

    9. MAI 2018, MI, 20.00 UHRKULTURPALAST Musikalische TestamenteDresdner Orgelzyklus im Kulturpalast IVBach: „Vor deinen Thron tret’ ich hiermit“ aus den „Leipziger Chorälen“Mozart: Fantasie f-Moll KV 608Brahms: „Es ist ein’ Ros’ entsprungen“, „O Gott, du frommer Gott“, „O Welt, ich muss dich lassen“Franck: Drei Choräle für große OrgelOlivier Latry | Palastorganist

    5. SEP 2018, MI, 20.00 UHR KULTURPALASTBACH Anfang und Ende aller MusikDresdner Orgelzyklus im KulturpalastMit Werken von Bach, Schumann, Mendelssohn Bartholdy, Liszt und RegerMichael Schönheit | Orgel

    14. NOV 2018, MI, 20.00 UHRKULTURPALASTVom Klang der BilderDresdner Orgelzyklus im KulturpalastMussorgski: „Bilder einer Ausstellung“ (Bearbeitung für Orgel von Jean Guillou)Karg-Elert: „Pastelle vom Bodensee“ für Orgel op. 96Martin Strohhäcker | Orgel

    U N S E R E N Ä C H S T E N V E R A N S T A L T U N G E N( A U S W A H L )

    TICKETSERVICE IM KULTURPALAST

    Telefon 0351 4 866 866ticket@dresdnerphilharmonie.dewww.dresdnerphilharmonie.dewww.kulturpalast-dresden.de

  • IMPRESSUM

    DRESDNER PHILHARMONIE

    Schloßstraße 201067 DresdenTelefon 0351 4 866 282www.dresdnerphilharmonie.de

    CHEFDIRIGENT: Michael SanderlingEHRENDIRIGENT: Kurt Masur †ERSTER GASTDIRIGENT: Bertrand de BillyINTENDANTIN: Frauke Roth

    TEXT: Johanna Andrea Wolter Der Text ist ein Originalbeitrag für dieses Heft; Abdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.REDAKTION: Dr. Dennis RothGRAFISCHE GESTALTUNG: büro quer DRUCK: Elbtal Druck & Kartonagen GmbH

    BILDNACHWEIS

    Mit freundlicher Genehmigung von Breitkopf & Härtel, Wiesbaden: S. 3Wikimedia commons: S. 6, 9Christian Dijkstal: S. 11Pressestelle der Landeshauptstadt Dresden: S. 12

    Preis: 2,50 €

    Änderungen vorbehalten.

    Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass Bild- und Tonaufnahmen jeglicher Art während des Konzertes durch Besucher grundsätzlich untersagt sind.

    Orchester der Landeshauptstadt

    Dresden

    MUSIKBIBLIOTHEK

    Die Musikabteilung der Zentralbibliothek (2. OG) hält zu den aktuellen Programmen der Philharmonie für Sie in einem speziellen Regal Partituren, Bücher und CDs bereit.